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  • 10.12.2008 | Gebäudeversicherung

    Hausschwamm – keine Obliegenheiten
    des VR in der Gebäudeversicherung

    von RiOLG Dr. Dirk Halbach, Köln

    1. Der Versicherungsvertrag nach dem VVG enthält einen grundlegenden Unterschied zu dem sonstigen Vertragstypus des Allgemeinen Schuldrechts des BGB. Aus dem Gesamtgefüge der §§ 61 ff. VVG a.F. ergibt sich, dass vertragliche Obliegenheiten grundsätzlich nur den VN, nicht aber den VR treffen.  
    2. Mit der in §§ 62, 63 VVG a.F. normierten Rettungsobliegenheit – diese gelten für den gesamten Bereich der Schadensversicherung – wird der VN angehalten, die Entwicklung des Schadens nicht sich selbst zu überlassen, sondern um seine Abwendung und, wenn dies nicht (mehr) möglich ist, um seine Eindämmung bemüht zu sein.  
    3. Im Rahmen des § 62 VVG a.F. ist der VR nicht verpflichtet, dem VN Weisungen zu erteilen, wie der Schaden abgewendet oder gemindert werden kann. Der VR hat (nur) ein Weisungsrecht, aber keine Weisungspflicht. Erteilt er Weisungen, können (nur) schuldhaft fehlerhafte Weisungen einen Schadenersatzanspruch des VN nach § 280 Abs. 1 BGB auslösen, wenn der durch die fehlerhafte Weisung entstandene Schaden die sonst geschuldete Versicherungsleistung übersteigt.  
    (OLG Thüringen 17.09.08, 4 U 978/06, Abruf-Nr. 083643)

     

    Sachverhalt

    Die Parteien sind durch eine Gebäudeversicherung vertraglich verbunden und streiten über die Einstandspflicht des VR. Der VN stellte am 13.2.03 einen Wasserschaden in seinem Haus fest. Aus der Deckenkonstruktion tropfte Wasser in das im Erdgeschoss gelegene Ladengeschäft. Ursache war eine Heizungsleckage im Obergeschoss. Für Maßnahmen zur Behebung des Wasserschadens im Frühjahr 03 (Austausch des defekten Pressrings an einem Heizungsrohr, maschinelle Fußbodentrocknung) erhielt der VN eine Versicherungsleistung von 1.000 EUR. 04 stellte der VN fest, dass die Möbel in der im Obergeschoss gelegenen Küche in den Fußboden einsanken. Über die Ursache führten die Parteien ein selbstständiges Beweisverfahren.  

     

    Das Sachverständigengutachten stellte einen durch Feuchtigkeitseinwirkung hervorgerufenen intensiven Pilzbefall (Brauner Hausschwamm) der Holzdielen des Küchenfußbodens fest. Der VN nimmt den VR im Wege der Leistungs- und Feststellungsklage auf Versicherungsleistung in Anspruch. Er behauptet, die Heizungshavarie im Jahr 2003 sei für die schwammbedingte Zerstörung des Obergeschoss-Holzfußbodens und der Erdgeschoss-Holzbalkendecke ursächlich. Das LG hat dem Zahlungsantrag stattgegeben. Der VR habe seine vertragliche Nebenpflicht zur umfassenden Feststellung des Schadenhergangs und -umfangs verletzt. Dies führe zur Schadenersatzhaftung nach § 280 Abs. 1 BGB. Den Feststellungsantrag hat es als unzulässig abgewiesen. Dieses Urteil greifen beide Parteien mit der Berufung an. Nur die Berufung des VR hatte Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Zu Recht hat das LG den Feststellungsantrag als unzulässig abgewiesen. Eine – zumindest überschlägige – Bezifferung des Gesamtsanierungsaufwands ist dem VN nicht nur möglich, sondern entgegen seinem Dafürhalten auch zumutbar. Die Klärung des Umfangs des nunmehr seit 3 ½ Jahren bekannten Hausschwammbefalls liegt im ureigenen Klägerinteresse und ist nach der plausiblen Einschätzung des Sachverständigen auch ohne das vom VN befürchtete Aufreißen sämtlicher Fußböden, nämlich mittels endoskopischer Untersuchung der Holzböden möglich. Bei dieser Sachlage ist der VN von seiner prozessualen Pflicht, den Umfang des ihm entstandenen Schadens zu ermitteln und zu beziffern, nicht entbunden.