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  • 01.03.2006 | Haftpflichtversicherung

    Im Deckungsprozess muss auf den Vorwurf des Haftpflichtprozesses zurückgegriffen werden

    von VRiOLG Werner Lücke, Hamm/Telgte
    Im Deckungsprozess ist nur der Vorwurf zu prüfen, der der Verurteilung im rechtskräftig entschiedenen Haftpflichtprozess zu Grunde gelegt worden ist (BGH 28.9.05, IV ZR 255/04, Abruf-Nr. 053551).

     

    Sachverhalt

    Eine Anwältin war im Haftpflichtprozess zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt worden, weil sie Mandantengelder zu Unrecht ausgezahlt und damit fahrlässig gegen Treuhandspflichten verstoßen habe. Ihr Vermögensschadenhaftpflicht-VR lehnte Deckung ab. Sie habe wissentlich pflichtwidrig (Ausschluss nach § 4 Nr. 5 AVB - WB) gehandelt und im Übrigen wegen verzögerter Unterrichtung gegen Informationspflichten (Obliegenheitsverletzung nach § 5 II AVB) verstoßen. Das OLG hat die Klage abgewiesen, weil kein Versicherungsfall vorliege: Der Zahlungsanspruch der Geschädigten ergebe sich originär als Erfüllungsanspruch aus dem Treuhandvertrag und nicht erst aus positiver Vertragsverletzung.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Revision hatte Erfolg. Im Deckungsprozess ist ausnahmslos der Vorwurf zu prüfen, der dem VN im Haftpflichtprozess gemacht worden ist und der der Verurteilung zu Grunde liegt. Dies war hier positive Vertragsverletzung, die einen Versicherungsfall begründet. Die Bindungswirkung der Feststellungen im Haftpflichtprozess geht aber nur soweit, wie sie dort entscheidungserheblich sind. Für die Verurteilung reichte Fahrlässigkeit aus. Die Frage der wissentlichen Pflichtverletzung stellte sich dort nicht. Diese Frage ist deshalb im Deckungsprozess zu prüfen. Sie war vom OLG nicht rechtsfehlerfrei bejaht worden.  

     

    Die Obliegenheitsverletzung der VN (sie hatte den VR ein Jahr lang nicht über den Fortgang des Haftpflichtprozesses informiert) führte nicht zur Leistungsfreiheit. Der VR war zugleich GebäudeVR und in dieser Eigenschaft über den Fortgang des Prozesses unterrichtet. Der VR muss sich die in der anderen Abteilung vorhandenen Kenntnisse zurechnen lassen, wenn er weiß oder auf Grund der Angaben des VN wissen müsste, dass dort Kenntnisse vorhanden sind.