12.01.2011 | Kfz-Kaskoversicherung
Fahrzeugentwendung: Anhörung des VN nach § 141 ZPO ist subsidiär
von VRiOLG a.D. Hellmut Münstermann, Aachen
1. Das Berufungsgericht ist verpflichtet, einen in erster Instanz vernommenen Zeugen erneut zu vernehmen, wenn es dessen Glaubwürdigkeit anders als der Erstrichter beurteilen oder die protokollierte Aussage anders als die Vorinstanz verstehen oder würdigen will. |
2. Hat der VN einen Zeugen für das äußere Bild einer Fahrzeugentwendung (Abstellen und Nichtwiederauffinden) benannt, kann dessen Vernehmung nicht durch die persönliche Anhörung des VN ersetzt werden. Die Anhörung nach § 141 ZPO kommt erst in Betracht, wenn dem VN kein Zeuge für das äußere Bild zur Verfügung steht und er sich tatsächlich in Beweisnot befindet. |
(BGH 10.11.10, IV ZR 122/09, Abruf-Nr. 104301) |
Sachverhalt
Der VN nimmt den VR aus der Teilkaskoversicherung wegen Entwendung eines Motorrads in Anspruch. Der VR hat das Eigentum des VN und die Entwendung bestritten. Das LG hat zu beiden Punkten Beweis durch Zeugenvernehmung erhoben und sodann der Klage stattgegeben.
Auf die Berufung des VR hat das OLG die Klage nach Anhörung des VN ohne erneute Vernehmung der Zeugen abgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der VN Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Die Beschwerde hatte Erfolg. Der BGH hat das Urteil des OLG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.
Entscheidungsgründe
Das OLG hat den Anspruch des VN auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs.1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Das Berufungsgericht ist verpflichtet, einen in erster Instanz vernommenen Zeugen erneut zu vernehmen, wenn es dessen Glaubwürdigkeit anders als der Erstrichter beurteilen oder die protokollierte Aussage anders verstehen oder würdigen will. Würdigt das Berufungsgericht eine Zeugenaussage anders als der Erstrichter, ohne den Zeugen erneut selbst zu vernehmen, verletzt es das rechtliche Gehör der benachteiligten Partei. Die erneute Vernehmung kann allenfalls unterbleiben, wenn sich das Berufungsgericht auf Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen.
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