06.05.2010 | Kfz-Kaskoversicherung
Unfallflucht des VN: Nur bei Bagatellschaden besteht keine Leistungsfreiheit des VR
von VRiOLG a.D. Hellmut Münstermann, Aachen
1. Das unerlaubte Verlassen der Unfallstelle ist auch bei eindeutiger Haftungslage zulasten des VN eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit, die bei Vorliegen des objektiven und subjektiven Tatbestandes des § 142 StGB zur Leistungsfreiheit des VR führt. |
2. Bei einem Bagatellschaden entfällt die Wartepflicht. Ein Fremdschaden von 100 EUR ist nicht mehr als Bagatellschaden anzusehen. |
(OLG Celle 19.11.09, 8 U 79/09, Abruf-Nr. 101265) |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Der VN parkte nach Verlassen einer Gastwirtschaft sein Fahrzeug nach rückwärts aus. Dabei fuhr er nach einem kurzem Halt rückwärts gegen eine Hauswand. Dabei wurden sein Fahrzeug schwer (Reparaturkosten ca. 9.000 EUR) und die Hauswand leicht beschädigt (Schaden ca.190 EUR). Dennoch setzte er seine Fahrt fort. Später unterrichtete er den VR von dem Unfall. Der VR hat Kasko-Leistungen abgelehnt. Das LG hat die Klage des VN abgewiesen. Die Berufung des VN hatte keinen Erfolg.
Der VR ist wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung des VN gem. § 7 I Abs. 2 S. 4 AKB, § 6 Abs. 3 S. 1 VVG a.F., § 142 StGB leistungsfrei. Auch bei zulasten des VN eindeutiger Haftungslage hat der VR ein schutzwürdiges Interesse an der Aufklärung des Sachverhalts. Dies erstreckt sich auch auf Tatsachen, die zum Verlust des Versicherungsschutzes führen können, etwa nach § 61 VVG a.F. Durch nachträgliche Angaben ist die Aufklärung hingegen nicht zuverlässig gewährleistet.
Durch das unerlaubte Verlassen der Unfallstelle, ohne die erforderlichen Feststellungen seiner Person, seines Fahrzeugs und seiner Beteiligung zu ermöglichen, hat der VN gegen § 142 Abs. 1 Nr.1 StGB verstoßen. Es handelt sich nicht um einen Bagatellschaden, bei dem keine Wartepflicht besteht. Der eingetretene Fremdschaden liegt über 100 EUR und ist nicht als belanglos anzusehen.
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