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  • 01.01.2006 | Lebensversicherung

    Intransparenz: Berechnung der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswerts

    von RiLG Dr. Sven Marlow, Berlin
    Die im Treuhänderverfahren durchgeführte Ersetzung der durch die Urteile vom 9.5.01 (s.u.) wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot für unwirksam erklärten Klauseln in Allgemeinen Bedingungen der Lebensversicherung (LV) über die Berechnung der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswerts, den Stornoabzug und die Verrechnung der Abschlusskosten durch inhaltsgleiche Bestimmungen ist unwirksam. Nach den Maßstäben des § 306 Abs. 2 BGB ergibt sich: Der Stornoabzug entfällt. Die beitragsfreie Versicherungssumme und der Rückkaufswert bei Kündigung dürfen einen Mindestbetrag nicht unterschreiten. § 172 Abs. 2 VVG gilt auch bei der kapitalbildenden LV (BGH 12.10.05, IV ZR 162/03, Abruf-Nr. 052956).

     

    Sachverhalt

    Mit Urteilen vom 9.5.01 (VersR 01, 839 = r+s 01,433 und VersR 01, 841 = r+s 01, 386) hatte der BGH Klauseln in Allgemeinen Bedingungen für die kapitalbildende LV u.a. über die Berechnung der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswerts wegen Intransparenz für unwirksam erklärt. Diese machten dem VN vor allem die mit der Beitragsfreistellung und der Kündigung in den ersten Jahren verbundenen erheblichen wirtschaftlichen Nachteile nicht hinreichend deutlich: In den ersten Jahren sind keine oder allenfalls geringe Beträge zur Bildung einer beitragsfreien Versicherungssumme oder eines Rückkaufswerts vorhanden. Grund dafür ist die zunächst volle Verrechnung der Sparanteile der Prämien mit den im Wesentlichen aus der Vermittlungsprovision bestehenden einmaligen Abschlusskosten (sog. Zillmerung).  

     

    Als Folge dieser Entscheidungen hatten die VR ihre unwirksamen Klauseln durch inhaltsgleiche Klauseln im sog. Treuhänderverfahren nach § 172 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 VVG ersetzt. Zahlreiche VN nahmen die Entscheidungen zum Anlass, ihre LV zu kündigen und Auskunft über den Rückkaufswert ohne Abschlusskosten und Stornoabzug sowie dessen volle Auszahlung zu verlangen. Gegen die Klauselersetzung wurde eingewandt, dass § 172 Abs. 2 VVG nur auf reine Risikoversicherungen gem. § 172 Abs. 1 VVG anwendbar sei, nicht aber auch auf die kapitalbildende LV, zudem die Klauselersetzung bei bereits gekündigten Verträgen nicht mehr in Betracht komme. Eine wegen Intransparenz für unwirksam erklärte Klausel könne nicht durch eine inhaltsgleiche ersetzt werden.  

     

    Entscheidungsgründe

    Zunächst einmal sind §§ 172 Abs. 1, 2 VVG auch auf die kapitalbildende LV – also die „Kapitalversicherung, Rentenversicherung, fondsgebundene LV“ – und nicht nur auf die reinen Risikoversicherungen (z.B. Todesfallversicherung mit fester Laufzeit, BUZ-Versicherung, Dread-Disease-Versicherung) anwendbar. Zudem erfasst § 172 Abs. 2 VVG auch im Zeitpunkt der Klauselersetzung bereits gekündigte oder beitragsfrei gestellte Verträge. Denn die Ergänzung ist i.S.v. § 172 Abs. 2 VVG „zur Fortführung des Vertrags“ notwendig, da die Unwirksamkeit den Vertrag hinsichtlich der Leistungspflichten von Anfang an lückenhaft macht, so dass die lückenfüllende Vertragsergänzung auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zurückwirkt.