07.05.2009 | Rechtsschutzversicherung
BGH entscheidet Streitfrage zu den Voraussetzungen für einen Rechtsschutzfall
von RA Dr. Friedrich Bultmann, Berlin
1. Die Festlegung eines verstoßabhängigen Rechtsschutzfalls i.S.v. § 14 Abs. 3 S. 1 ARB 75 (entsprechend für § 4 Abs. 1 S. 1c ARB 94) richtet sich allein nach den vom VN behaupteten Pflichtverletzungen. |
2. Dieses Vorbringen muss (erstens) einen objektiven Tatsachenkern im Gegensatz zu einem bloßen Werturteil enthalten, mit dem er (zweitens) den Vorwurf eines Rechtsverstoßes verbindet, der den Keim für eine rechtliche Auseinandersetzung enthält, und worauf er (drittens) seine Interessenverfolgung stützt. |
3. Auf die Schlüssigkeit, Substanziiertheit und Entscheidungserheblichkeit dieser Behauptungen kommt es nicht an. |
4. Nach diesen Grundsätzen kann die Androhung einer betriebsbedingten Kündigung, wenn ein unterbreitetes Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags abgelehnt wird, einen Rechtsschutzfall auslösen. |
(BGH 19.11.08, IV ZR 305/07, Abruf-Nr. 083645) |
Sachverhalt
Der VN begehrt von seinem Rechtsschutz-VR die Erstattung gezahlter Rechtsanwaltskosten. Dem Versicherungsvertrag liegen die ARB 75 zugrunde. Versichert sind Familien und Verkehrsrechtsschutz für Nichtselbstständige, die auch nach § 26 Abs. 5 c ARB die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Arbeitsverhältnissen umfasst. Anfang 2006 teilte der Arbeitgeber des VN mit, dass sein Arbeitsplatz im Rahmen eines Restrukturierungsprogramms gestrichen und ihm gekündigt werde, wenn er nicht den angebotenen Aufhebungsvertrag annehme. Im Fall einer Kündigung sollte es für den VN keine Abfindung geben. Eine Abfindung war jedoch für den Fall der Annahme des angebotenen Aufhebungsvertrags vorgesehen. Eine Sozialauswahl hat nach Behauptung des Arbeitgebers stattgefunden, nähere Angaben wurden verweigert. Nachdem der Kläger in den Betriebsrat gewählt wurde, erfolgte keine Kündigung mehr.
Der VR lehnte Versicherungsschutz ab, weil ein Versicherungsfall nicht eingetreten sei. Das bloße Inaussichtstellen einer Kündigung begründe als reine Absichtserklärung im Gegensatz zu einer unberechtigt erklärten Kündigung keine Veränderung der Rechtsposition des VN und damit keinen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften. Das Aufhebungsangebot habe sich im Rahmen der Privatautonomie bewegt. Die Klage des VN war in allen Instanzen erfolgreich.
Entscheidungsgründe
Der VR ist verpflichtet, dem VN Versicherungsschutz zu gewähren und die geltend gemachten Anwaltskosten zu erstatten. Der dagegen erhobene Einwand, es fehle am Eintritt eines Versicherungsfalls greift nicht durch. Der Rechtsschutzfall ist nach dem insoweit ausschließlich maßgeblichen Vortrag des VN zum Vorgehen seines Arbeitgebers eingetreten.
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