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  • 04.08.2008 | Rechtsschutzversicherung

    Unrechtmäßige Zwangsvollstreckung: Zeitliche Einordnung des Versicherungsfalls

    von RA Dr. Friedrich Bultmann, Berlin
    1. Im Falle einer Anspruchskonkurrenz ist bei der zeitlichen Bestimmung des Eintritts des Versicherungsfalls im Rahmen des § 14 ARB 75 jeder in Betracht kommende Anspruch für sich zu prüfen.  
    2. Die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen wegen unberechtigter Zwangsvollstreckung ist eine Wahrnehmung von Rechten aus gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen i.S.d. § 14 Abs. 1 ARB 75.  
    (OLG Stuttgart 14.2.08, 7 U 200/07, Abruf-Nr. 082314)  

     

    Sachverhalt

    Die VN ist beim VR seit 1993 rechtsschutzversichert (ARB 75). Der Vertrag umfasst Familienrechtsschutz und Rechtsschutz für Grundstückseigentum und Miete. Der mitversicherte Ehemann begehrt Deckungsschutz für eine beabsichtigte Klage gegen die Kreissparkasse B. Mit der Klage sollen Zahlungsansprüche geltend gemacht werden, die darauf gestützt werden, dass die Kreissparkasse B 2003 in eine dem Ehemann der Klägerin gehörende Immobilie die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung aus einer Grundschuld betrieben hat. Sowohl die zugrunde liegenden Darlehensverträge als auch die Sicherungsabrede sollen wegen einer gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßenden Vollmacht des Vertreters unwirksam gewesen sein, der für den Ehemann der VN diese Verträge 1990 abgeschlossen hat.  

     

    Der VR verweigert den Deckungsschutz und beruft sich auf Vorvertraglichkeit, weil die 1990 abgeschlossenen Verträge von Anfang an rechtsunwirksam waren. Der beabsichtigte Rechtsstreit sei damit bereits bei Abschluss des Versicherungsvertrags im Keim angelegt gewesen. Es gehe um die Auseinandersetzung in einem Vertrag. Auch die Rückabwicklung eines nicht wirksam zustande gekommenen Vertrags oder der Streit um dessen Wirksamkeit sei gemäß § 14 ARB 75 ein Streit über vertragliche Ansprüche. Das LG hat den VR antragsgemäß zum Deckungsschutz verurteilt.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Berufung des VR hat in der Sache keinen Erfolg. Der Ehemann der VN kann die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung bezüglich der im Jahre 2003 erfolgten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auf Schadenersatzansprüche aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen stützen. Die Zwangsvollstreckung ist zwar ein Akt staatlicher Hoheitsgewalt. Der Vollstreckungseingriff begründet zwischen dem Vollstreckungsgläubiger und dem im Titel genannten Schuldner eine Sonderbeziehung privatrechtlicher Art, die für den Vollstreckungsgläubiger Pflichten zur Wahrung der Interessen des Schuldners erzeugen kann. Die Verletzung dieser Pflichten führt zu einem Schadenersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung (BGH VersR 85, 81). Diese Anspruchsgrundlage kommt zwischen Ehemann und der Kreissparkasse B in Betracht; außerdem auch ein Anspruch aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 1 BGB. Maßnahmen der Zwangsvollstreckung können das Eigentum verletzen. Die Entziehung einer Sache ist ein Unterfall der Eigentumsverletzung. Es handelt sich bei den mit der beabsichtigten Rechtsverfolgung geltend gemachten Ansprüchen somit um Schadenersatz „aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen“ i.S.d. § 14 Abs. 1 ARB 75.