01.01.2007 | Rechtsschutzversicherung
Wann greift die Zugangsfiktion bei der Kündigung des Rechtsschutzversicherers?
1. Die Zugangsfiktion gem. § 10 Abs. 1 S. 2 VVG greift nur, wenn der VR eine Kündigung an eine ihm vom VN mitgeteilte Anschrift sendet. |
2. Die nachträgliche Berufung auf mangelnde Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung gem. § 18 Abs. 1b ARB 94 ist ausgeschlossen, wenn der VR die Leistung aus anderen Gründen (hier: wegen Vertragskündigung) abgelehnt hat. |
(OLG Köln 17.1.06, 9 U 103/05, Abruf-Nr. 063066) |
Sachverhalt
Mit Schreiben vom 3.9.99 kündigte der VR den Rechtsschutzversicherungsvertrag des VN wegen Schadenshäufigkeit. Zu dem Schreiben teilte die Post dem VR mit, dass der Empfänger unter dieser Anschrift nicht zu ermitteln sei. Sodann wurde das Kündigungsschreiben per Einschreiben/Rückschein an die Abschrift „B-Straße“ versandt. Dort wurde ein Benachrichtigungsschein hinterlegt. Nach Ablauf der Abholfrist sandte die Post das Schreiben an den VR zurück, mit dem Hinweis „nicht abverlangt“. Ende 1999 meldete der VN, dass er am 20.11.99 bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt worden sei und bat um Rechtsschutzbewilligung für diesen Schadensfall. Der VR lehnte mit Schreiben vom 16.12.99 die Kostenübernahme ab und berief sich auf Vertragsbeendigung mit Wirkung zum 9.10.99. Im November 2004 reichte der VN zunächst Feststellungsklage ein, dass der VR zur Gewährung von Rechtsschutz für den Unfall vom 20.11.99 verpflichtet sei. Später bezifferte er seinen Anspruch. Der VR hielt die Kündigung vom 3.9.99 für wirksam. Zur Wirksamkeit der Kündigungserklärung verwies er im Berufungsverfahren auf die Zugangsfiktion des § 10 Abs. 1 VVG. Zudem sei der Anspruch aufgrund des Ablehnungsschreibens vom 16.12.99 auch verjährt. Das LG gab der Klage statt, die Berufung blieb erfolglos.
Entscheidungsgründe
Der VN hat nach Ausgleich seiner Rechtsverfolgungskosten einen Zahlungsanspruch gegen den VR in Höhe des nunmehr bezifferten Klagebetrags:
- Die Kündigung vom 3.9.99 ist nicht wirksam geworden. Die Zugangsfiktion gem. § 10 Abs. 1 S. 2 VVG greift nicht ein. Dass der VN zunächst unter der Anschrift gewohnt haben soll, an die der VR das erste Kündigungsschreiben gerichtet hatte, ist nicht nachgewiesen und wird als neues Vorbringen gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zugelassen. Es ist auch keine wirksame Zustellung am Wohnsitz des VN in der B-Straße erfolgt. Der Benachrichtigungsschein ersetzt nicht den Zugang des Einschreibebriefs (BGH NJW 98, 976). Nach der Mitteilung der Post, dass der Empfänger den Brief nicht abgeholt habe, hätte ein weiterer Zustellversuch erfolgen müssen. Dies ist nicht geschehen, die Kündigung ist deshalb nicht wirksam.
- Der Rechtsschutzanspruch (in Form des Kostenerstattungsanspruchs) ist nicht verjährt. Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahrs, in dem erstmals Maßnahmen zur Wahrnehmung der rechtlichen Interessen eingeleitet werden. Vorliegend wurde 2004 wegen des Unfalls ein Haftpflichtprozess geführt. Die Deckungsschutzklage von November 2004 ist deshalb nicht verjährt.
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