08.06.2010 | Rohbauversicherung
Bestimmung des Versicherungswerts und Unterversicherung beim Fertighausrohbau
von RiOLG Dr. Dirk Halbach, Köln
Enthält ein Vertrag über eine Wohngebäudeversicherung auch eine Rohbauversicherung, so bestimmt sich bei einem den Rohbau betreffenden Versicherungsfall der für die Frage der Unterversicherung maßgebende Versicherungswert nach dem tatsächlichen Wert des Rohbaus unmittelbar vor dem Schadensfall (OLG Karlsruhe 18.2.10, 12 U 167/09, Abruf-Nr. 101608). |
Sachverhalt
Der VN nimmt den VR aus einer Gebäudeversicherung im Zusammenhang mit einem Brandschaden in Anspruch. Unter dem 28.6.06 stellte der VN mit Hilfe eines Versicherungsmaklers unter Verwendung eines Vordrucks einen Antrag auf eine Wohngebäude- einschließlich Feuerrohbauversicherung für ein zu errichtendes Fertighaus. Hinsichtlich der Bauart wurde in dem Formularantrag von den vorgegebenen Möglichkeiten die Fertighausklasse 1 ausgewählt. Als erfüllte Bedingung gab der VN an, das Gebäude solle zu mindestens 50 Prozent Wohnzwecken dienen. Dem folgte der im Formular vorgedruckte Hinweis, dass der gewählte Tarif bei gewerblicher Nutzung von mehr als 50 Prozent nicht gelte. Unter dem 3.7.06 stellte der VR den Versicherungsschein unter Einbeziehung der VGB 88 über einen gleitenden Neuwert von 14.300 M aus. Am 7.9.06 brannte der Rohbau nach Durchführung von Dachdeckerarbeiten im Heißklebeverfahren teilweise nieder.
Der VR trat vom Versicherungsvertrag zurück und erklärte gleichzeitig dessen Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Begründet wurde dies zum einen mit einer zum Antragsformular abweichenden Bauartklasse der gewählten Bauausführung sowie zum anderen damit, dass die zur gewerblichen Nutzung vorgesehene Fläche mehr als 50 Prozent der Gesamtfläche des Objekts ausmache. Das im Wege des Sachverständigenverfahrens gem. § 22 VGB 88 erstellte Gutachten bezifferte den Brandschaden auf 124.165 EUR zzgl. Aufräum- und Schadensminderungskosten von 11.600 EUR bzw. 1.000 EUR und ordnete das Haus in die Fertighausklasse FHG 2 ein. Der VN hat nicht in Abrede gestellt, dass das Haus der FHG 2 zuzuordnen sei und nicht wie im Formular des Maklers in FHG 1. Der VR hätte den Vertrag aber auch bei zutreffender Einstufung abgeschlossen, da die eigenen Formulare lediglich zwischen Ein- und Mehrfamilienhäusern unterscheiden. Der VR hat behauptet, bei dem Haus handele es sich um ein völlig neues Baukonzept aus hochbrennbaren Materialien, das bereits kein Fertighaus darstelle, allenfalls aber der Bauartklasse 3 zuzuordnen sei. Namentlich habe das Haus als Musterhaus nicht ständig bewohnt werden und angesichts der gewerblichen Nutzung zu über 50 Prozent auch nicht ausschließlich Wohnnutzung dienen sollen.
Das LG hat der Klage in Höhe eines Betrags von 100.626,41 EUR teilweise stattgegeben. Der VR sei weder vom Vertrag wirksam zurückgetreten, noch habe er erfolgreich angefochten. Der VN müsse sich allerdings wegen Unterversicherung eine proportionale Kürzung des Entschädigungsbetrags gefallen lassen. Abzustellen sei nicht auf den Versicherungswert des Rohbaus am Schadenstag, sondern auf den zu erwartenden Fertigstellungszustand. Hiergegen richtet sich die Berufung des VN. Er wendet sich gegen die Kürzung wegen Unterversicherung und verfolgt daneben sein Begehren wegen Mietausfall, Baupreissteigerung und Mehrkosten durch Umsatzsteuererhöhung weiter. Die Berufung hatte überwiegend Erfolg.
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