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  • 01.05.2006 | Unfallversicherung

    Anwendung der Gliedertaxe auf Teilversteifung

    von VRiOLG Werner Lücke, Hamm
    1. Ist für die Funktionsuntüchtigkeit eines Arms im Schultergelenk oder eines Fußes im Fußgelenk die volle Entschädigung vereinbart, ist diese bei vollständiger Versteifung der entsprechenden Gelenke auch zu zahlen, wenn die sonstigen Funktionen des Arms/Fußes erhalten sind.  
    2. Mit der Entschädigung abgegolten sind auch die auf den übrigen Körper ausstrahlenden Folgen. Anders verhält es sich nur, wenn solche Auswirkungen dort zu einem weiteren Gesundheitsschaden führen.  
    3. Bescheinigt ein Arzt innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall, dass „voraussichtlich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Grade verbleiben“ werde, reicht das für eine ärztliche Feststellung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 AUB 97 aus.  
    (zu 1-3 (Fuß): OLG Düsseldorf 13.12.05, I-4 U 3/05, Abruf-Nr. 061131; zu 1-2 (Schulter): OLG Karlsruhe 14.10.05, 12 U 167/05, Abruf-Nr. 060303)  

     

    Praxishinweise

    Die Auslegung der Gliedertaxe zur Funktionsunfähigkeit einzelner Gelenke (Leitsatz 1) entspricht seit BGH VersR 03, 1163 = r+s 03, 427 ständiger Rechtsprechung. Sie wird aber als unbillig empfunden (Knappmann in Prölss/Martin, 27. Aufl., § 7 AUB 94, Rn. 24) und ist es im Ergebnis auch. Sie beruht nicht auf einer interessengerechten Auslegung der Bedingungen. Vielmehr soll bei mehrdeutigem Auslegungsergebnis das dem VN Günstigste herangezogen werden. Achtung: Neuere Bedingungswerke verwenden mit Rücksicht auf diese Rechtsprechung bereits wieder geänderte Bedingungen.  

     

    Das OLG Karlsruhe hat diese zur vollständigen Versteifung ergangene Rechtsprechung ohne weiteres auf die Teilversteifung übertragen. Dies scheint nach § 7 I (2) b) AUB 94 folgerichtig, ist aber gleichwohl problematisch. Kann der durchschnittliche VN wirklich bei einer Teilbeeinträchtigung des Fußes im Fußgelenk (z.B. Versteifung eines der beiden Sprunggelenke) davon ausgehen, dass dann der Grad der Gelenkversteifung, nicht aber der Grad der Beeinträchtigung des Fußes maßgeblich ist? Die verwirrende Formulierung („Fuß im Fußgelenk“) findet sich in § 7 I (2) b) AUB 94 nicht. Auffällig ist auch, dass von anderen Gerichten eine solch weitgehende Auslegung der Bedingungen bislang nicht vertreten worden ist. Das Problem scheint noch nicht abschließend entschieden.  

     

    Auch die Ausführungen zu den Ausstrahlungen von Schäden auf körpernähere Körperteile entsprechen der ständigen Rechtsprechung. Ihnen ist nichts hinzuzufügen. Problematisch kann insoweit nur sein, ob es sich nur um (mit der Entschädigung) abgegoltene Ausstrahlungen oder um einen weiteren, selbstständigen Gesundheitsschaden handelt. Dieser wäre dann nach dessen Sitz (z.B. nach Bein- statt nach Fußwert) zu entschädigen.