05.03.2009 | Unfallversicherung
Darlegungs- und Beweislast bei Geistes- oder Bewusstseinsstörung als Unfallursache
von VRiOLG a.D. Werner Lücke, Telgte
1. Eine Bewusstseinsstörung (§ 2 I Abs. 1 AUB 94, Nr. 5.1.1 AUB 2005) liegt vor, wenn die dem Versicherten bei normaler Verfassung innewohnende Fähigkeit, Sinneseindrücke schnell und genau zu erfassen, sie geistig zu verarbeiten und auf sie angemessen zu reagieren, ernstlich beeinträchtigt ist. Sie muss einen Grad erreicht haben, bei dem die Gefahrenlage nicht mehr beherrscht werden kann. |
2. Behauptet der VR eine Geistes- oder Bewusstseinsstörung als Unfallursache, muss sich der VN dazu erklären (sekundäre Darlegungslast). |
3. Macht der VN keine näheren Angaben und bleibt als plausible Erklärung für den Unfall nur eine Geistes- oder Bewusstseinsstörung, so ist diese als Unfallursache anzusehen. |
(OLG Hamm 14.5.08, 20 U 148/07, Abruf-Nr. 090658) |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Der VN war nachts aus seinem offenen Schlafzimmerfenster (Brüstungshöhe 82,5 cm) im 1. Stock gestürzt. Der VR berief sich u.a. auf den vereinbarten Ausschluss, wonach Unfälle durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen nicht versichert seien. Der VN hat dazu die Auffassung vertreten, eine solche habe nicht vorgelegen. Vor dem Sturz aus dem Fenster sei lediglich eine vorübergehende Kreislaufstörung eingetreten, welche den Unfall ausgelöst habe. Ein Schlafwandler sei er jedenfalls nicht.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Kreislaufstörung sei geradezu der klassische Fall einer Bewusstseinsstörung i.S. der Bedingungen. Auch deren Ursächlichkeit für den Unfall habe der VN selbst vorgetragen.
In der Berufungsinstanz hat der VN geltend gemacht, keine konkrete Erinnerung an das Unfallgeschehen mehr zu haben. Die Darstellung einer vorübergehenden Kreislaufstörung als Unfallursache beruhe auf einer Vermutung von ihm. Das OLG hat die Berufung unter Hinweis auf die zutreffenden Gründe der Entscheidung des LG zurückgewiesen. Wenn der VN die Kreislaufstörung nunmehr bestreiten wolle, handele es sich um neues, streitiges Vorbringen, das nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen sei.
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