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  • 05.06.2008 | Unfallversicherung

    Wann besteht Folgenlosigkeit bei Rückforderung?

    von VRiOLG a.D. Werner Lücke, Telgte
    1. Fordert der VR gezahlte Leistungen wegen einer Obliegenheitsverletzung zurück, trägt er die Darlegungs- und Beweislast auch insoweit, als im Aktivprozess des VN dieser sich entlasten müsste. Dies gilt nicht nur für die Vorsatzvermutung des § 6 Abs. 3 VVG a.F., sondern auch für die Frage der Relevanz bzw. der Entbehrlichkeit der Relevanzprüfung wegen fehlender Folgenlosigkeit der Obliegenheitsverletzung.  
    2. Folgenlos ist eine Obliegenheitsverletzung, wenn der VR nicht zuviel gezahlt hat, wenn er nicht mit zusätzlichen, sonst nicht entstandenen Kosten belastet worden ist und wenn er nicht, auch nicht vorübergehend, mit für ihn nachteiligen Konsequenzen daran gehindert wurde, sachgemäße Entschlüsse zu fassen und den Sachverhalt aufzuklären.  
    (BGH 10.10.07, IV ZR 95/07, VersR 08, 241, Abruf-Nr. 081609)  

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der VN hatte die Frage nach dem Bestehen weiterer Unfallversicherungen, wie schon zuvor im Antrag auf Abschluss der Versicherung, zu Unrecht verneint. Der VR, der ausgehend von einem niedrigeren Invaliditätsgrad weniger gezahlt hatte als der andere VR, erklärte die Anfechtung und den Rücktritt vom Vertrag und verlangte die Entschädigung zurück. Das OLG hat der Klage stattgegeben, weil die Obliegenheitsverletzung für den VR nicht folgenlos geblieben sei und hier zur Leistungsfreiheit führe. Der BGH hat das Urteil aufgehoben und zur Prüfung der Frage der Leistungsfreiheit wegen der Anfechtung zurückverwiesen: Folgenlosigkeit sei wegen der Entschädigungsleistung unstreitig gewesen. Andere Nachteile habe der dafür beweispflichtige VR nicht aufgezeigt. Wegen mangelhafter Belehrung fehle es an der danach erforderlichen Relevanz.  

     

    Praxishinweis

    Der Leitsatz 1 bringt nichts wirklich Neues. Dass der VR im Rückforderungsprozess die Darlegungs- und Beweislast in vollem Umfang auch insoweit hat, als im Aktivprozess des VN dieser sich etwa wegen einer gesetzlichen Vermutung entlasten muss (§ 6 Abs. 3 VVG a.F.), ist seit BGH VersR 95, 281 dessen ständige Rechtsprechung. Vergleichbares gilt für die Relevanzrechtsprechung (z.B. BGH VersR 98, 447). Von umso größerer Bedeutung ist Leitsatz 2. Der BGH äußert sich explizit zu der in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstrittenen Frage (OLG Köln r+s 07, 100; KG VK 07, 179 = VersR 08, 394), wann von Folgenlosigkeit auszugehen, mithin – zum alten Recht – Relevanz bedeutsam ist, ferner zum Kausalitätsgegenbeweis des § 6 Abs. 3 S. 2 VVG a.F.  

     

    • Im Streitfall hatte der VN das Bestehen einer weiteren Unfallversicherung trotz Frage verschwiegen. Im Rückforderungsprozess musste der VR für Leistungsfreiheit darüber hinaus entweder Vorsatz und Relevanz bzw. Entbehrlichkeit der Relevanzprüfung oder grobe Fahrlässigkeit und Ursächlichkeit darlegen und ggf. beweisen. In der Praxis sind die entsprechenden Klagen fast immer unschlüssig oder, wie auch im Streitfall, nur wegen einer etwa erklärten Anfechtung schlüssig. Hierauf sollte aber das Gericht stets hingewiesen werden.

     

    • Vorsatz wird in solchen Fällen oft unstreitig bleiben müssen. Anderenfalls muss der VN nämlich auch im Rückforderungsprozess darlegen, wie es zu dem objektiven Verstoß kommen konnte. Dies muss der VR dann widerlegen.