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  • · Fachbeitrag · Kfz-Haftpflichtversicherung

    KfZ-Haftpflichtversicherer haftet nicht bei umstürzenden E-Scooter

    | Das LG Köln hat kürzlich darauf hingewiesen, dass der Kfz-Haftpflichtversicherer eines E-Scooters nicht haftet, wenn der E-Scooter umstürzt und ein anderes Fahrzeug beschädigt. |

     

    Sachverhalt

    Der Kläger parkte seinen Pkw auf der Straße in der Nähe seines Wohnhauses. Später stellte eine unbekannte Person einen E-Scooter, der bei der Beklagten kraftfahrzeughaftpflichtversichert ist, auf dem Bürgersteig in einem Abstand von ca. 30-50 cm zum Pkw ab. Als der Kläger später zu seinem Fahrzeug zurückkehrte, war dieses beschädigt. Der E-Scooter war umgekippt und auf das Fahrzeug des Klägers gefallen. Nachdem der Kläger die Beklagte durch anwaltliches Schreiben außergerichtlich erfolglos u. a. zur Begleichung von Reparaturkosten des Pkw aufgefordert hatte, erhob er Zahlungsklage vor dem AG Köln. Er stützte sich dabei insbesondere darauf, dass der vorherige Nutzer des Rollers diesen unsachgemäß abgestellt habe. Hierdurch sei die Gefahr für ein Umkippen auf ein ordnungsgemäß geparktes Fahrzeug geschaffen worden. Das AG folgte dieser Argumentation nicht und wies die Klage als unbegründet ab.

     

    Entscheidungsgründe

    Das LG hat durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass es beabsichtigte, die Berufung des Klägers zurückzuweisen (LG Köln ‌31‌.7‌.24‌, 6 S ‌79‌/‌24, Abruf-Nr. ‌xxxxxx). Der Kläger hat daraufhin die Berufung zurückgenommen.

     

    Das LG führt dabei in seiner Begründung insbesondere aus, dass das Amtsgericht zu Recht einen Schadenersatzanspruch des Klägers gemäß den §§ 7, 18 StVG verneint habe. Dies fechte der Kläger mit der Berufung auch nicht an. Vielmehr wende er sich allein gegen die amtsgerichtliche Ablehnung eines Schadenersatzanspruchs nach § 823 Abs. 1 BGB. Auch insoweit sei die amtsgerichtliche Entscheidung indes nicht zu beanstanden. Denn auch ein deliktischer Anspruch sei vorliegend weder wegen eines Verhaltens der Halterin/Vermieterin des E-Scooters noch wegen des Verhaltens des unbekannten Fahrers/Mieters gegeben.

     

    Zwar habe die Vermieterin des E-Scooters eine Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der von ihr betriebenen E-Roller. Sie schaffe in ihrem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage, indem sie gewerblich E-Scooter vermiete und diese im Stadtgebiet aufstellen lasse. Als Verkehrssicherungspflichtige müsse sie daher die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Dies umfasse dabei diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend halte, um andere vor Schäden zu bewahren.

     

    Zu berücksichtigen bleibe jedoch, „dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden“ könne. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt sei daher genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht werde, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich halte. Dass die Vermieterin der E-Scooter „hiergegen verstoßen hätte, weil sie etwa keine regelmäßigen Kontrollen vornehmen würde, ob ihre Scooter ordnungsgemäß abgestellt worden sind“ sei dagegen weder vorgetragen noch sonst erkennbar.

     

    Auch ein schuldhaftes Fehlverhalten des Nutzers des streitgegenständlichen E-Scooters liege nach den weiteren Ausführungen des LG nicht vor. Gemäß § 11 Abs. 5 eKFV würden für das Abstellen von E-Scootern die für Fahrräder geltenden Parkvorschriften entsprechend gelten. Da Fahrräder ‒ mit Ausnahme von Kinderfahrrädern (§ 24 Abs. 1 StVO) ‒ unbestritten dem Fahrzeugbegriff des § 2 Abs. 1 StVO unterfallen, sei dementsprechend auch das Abstellen von Zweirädern Parken im Rechtssinne. Grundsätzlich würden die in § 12 StVO getroffenen Regelungen auch für Fahrräder gelten, soweit sich aus dem Wortlaut der Regelungen oder ihrem Sinn und Zweck nichts Anderes ergebe. Aus diesem Grunde lasse das Straßenverkehrsrecht nach allgemeiner Meinung das Abstellen von Fahrrädern im Bereich der hier allein in Rede stehenden Gehwege ‒ vorbehaltlich der Grundregel des § 1 Abs. 2 StVO ‒ ohne Einschränkungen zu. Das sich aus § 12 Abs. 4 StVO grundsätzlich ergebende Verbot des Parkens auf Gehwegen gelte für Fahrräder daher nicht. Das Parken eines E-Scooters auf dem Gehweg sei vor diesem Hintergrund nach Ansicht des LG nicht von vorneherein unzulässig. Zudem sei weder ein Verstoß gegen die Verbote des § 1 Abs. 2 StVO als sogenanntes Schutzgesetz im deliktischen Schadenersatzrecht (vgl. § 823 Abs. 2 BGB) gegeben, noch sei das in Rede stehende Verhalten des Mieters des E-Scooters als fahrlässig anzusehen (vgl. § 823 Abs. 1 BGB).

     

    Relevanz für die Praxis

    Nach der Begründung des LG ist nämlich bereits nach dem Vorbringen des Klägers unklar, ob die Person die den E-Scooter zuletzt gemietet hat, diesen überhaupt an der Auffindesituation platziert hat. Es ist gleichermaßen möglich, dass ihn eine dritte Person später nach dem Abstellen versetzt hat. E-Scooter sind zwar im nicht freigeschalteten Zustand durchaus schwer, aber nicht vollkommen immobil.

     

    Der Mieter hätte ein willkürliches Umstellen/Umstoßen durch einen Dritten auch nicht bei der Wahl des Abstellorts berücksichtigen müssen. Im innerstädtischen Raum wie dem Streitgegenständlichen ist kaum ein Abstellort denkbar, an dem ein E-Scooter derart sicher geparkt werden könnte, dass er auch, wenn er ein bis zwei Meter versetzt würde, beim Umfallen keine Sachen wie Fahrzeuge, Schaufenster oder Fassaden beschädigen würde. Vor allem aber würde eine solch weitreichende Pflicht faktisch eine Gefährdungshaftung begründen. Die hat der Gesetzgeber angesichts der § 8 Nr. 1 StVG, § 1 eKFV, § 11 Abs. 5 eKFV gerade nicht gewollt.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2025 | Seite 30 | ID 50276004