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  • · Fachbeitrag · Kfz-Kaskoversicherung

    Leasing-Pkw: Diese Besonderheiten bei der Differenzkasko müssen Sie beachten

    von VRiOLG a.D. Hellmut Münstermann, Aachen

    Hat der Leasinggeber nach Totalschaden oder Entwendung des versicherten Leasingfahrzeugs im Leasingvertrag auf die Geltendmachung des Differenzschadens (Differenz zwischen Ablöse- und Wiederbeschaffungswert) verzichtet, hat er auch aus der im Kaskoversicherungsvertrag des Leasingnehmers vereinbarten „Differenzkasko bei geleastem Fahrzeug“ insoweit keinen Anspruch gegen den VR (OLG Bamberg 13.12.12, 1 U 85/12, Abruf-Nr. 130382).

     

    Sachverhalt

    Die Kl. ist Rechtsnachfolgerin der A. Leasing GmbH und nimmt den VR aus abgetretenem Recht aus 13 Vollkaskoversicherungen auf restliche Leistungen in Anspruch. Die Leasingnehmer hatten ihre bei der A geleasten Fahrzeuge bei dem VR kaskoversichert. Diese Fahrzeuge wurden entwendet oder erlitten Totalschaden. Der VR regulierte sämtliche Schadensfälle bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts jeweils innerhalb von drei Monaten nach dem Schadenstag.

     

    In den Leasingverträgen war u.a. vereinbart: „Der Leasinggeber verzichtet im Falle eines Diebstahls oder einer von ihm ausgesprochenen Kündigung wegen Totalschadens auf die Differenz zwischen Ablösewert und Wiederbeschaffungswert, wenn die Versicherungsleistung binnen drei Monaten ab Schadenstag bei ihm eingeht.“ In den Kaskoversicherungsverträgen war 
unter A.2.6.1 AKB u.a. vereinbart: „Bei Totalschaden, Zerstörung oder Verlust eines geleasten Pkw erhöht sich in der Vollkasko ... die Leistung auf den 
Ablösewert des Fahrzeugs, der sich aus der Abrechnung des Leasinggebers ergibt (Differenzkasko bei geleastem Pkw).“

     

    Die Kl. verlangt in den 13 Fällen Zahlung der Differenz zwischen Ablösewert und Wiederbeschaffungswert i.H.v. insgesamt 43.434,76 EUR. Das LG hat der Klage i.H.v. 40.649,22 EUR stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Von den Berufungen beider Parteien hat nur diejenige des VR Erfolg. Das OLG hat die Klage insgesamt abgewiesen.

     

    Entscheidungsgründe

    Der von der Kl. geltend gemachte Anspruch besteht schon dem Grunde nach nicht. Mit den von den Leasingnehmern abgeschlossenen Kaskoversicherungen sollte das Eigentümerinteresse an der Erhaltung der versicherten Fahrzeuge abgedeckt werden. Eigentümer der Fahrzeuge war die Leasinggeberin. Für die Berechnung der Entschädigung ist auf die Leasinggeberin und nicht auf die VN abzustellen. Das Interesse der Kl. als Rechtsnachfolgerin der Leasinggeberin lässt sich anhand der Leasingverträge bestimmen. Danach hat sie bei Totalschaden oder Entwendung grundsätzlich Anspruch auf Ersatz des Ablösewerts. Allerdings hat sie auf die Differenz zwischen Ablösewert und Wiederbeschaffungswert bei Regulierung innerhalb von drei Monaten ausdrücklich verzichtet. Die Bedingung ist vorliegend in allen Fällen eingetreten. Der ihr auszugleichende Sachschaden beschränkt sich auf den Wiederbeschaffungswert.

     

    Die Kl. kann auch nicht unter Berufung auf die von ihren Leasingnehmern abgeschlossene GAP-Versicherung und abweichend von ihren sich aus den Leasingverträgen ergebenden Rechten den Differenzschaden ersetzt verlangen. In der Kaskoversicherung besteht nur Anspruch auf Erstattung des Wiederbeschaffungswerts. Die Leasingnehmer können sich jedoch gegen das sie belastende Risiko absichern, vom Leasinggeber nicht nur in Höhe des versicherten Wiederbeschaffungswerts, sondern auf den meist höheren Ablösewert in Anspruch genommen zu werden. Aus der Intention der sog. GAP-Versicherung wird deutlich, dass Gegenstand dieser Zusatzversicherung nicht das Eigentümerinteresse der Leasinggeberin, sondern das Risiko einer Versicherungslücke aufseiten der VN ist.

     

    Im Übrigen konnte der Differenzbetrag von der Abtretung der Ansprüche der Leasingnehmer gegen den VR schon deshalb nicht umfasst sein, weil eine solche Leistungsverpflichtung des VR gegenüber den VN in keinem Fall bestand. Die Leasingnehmer können von der Leasinggeberin - nach Bedingungseintritt - nur in Höhe des Wiederbeschaffungswerts in Anspruch genommen werden. Sie haben keinen Differenzschaden zu tragen und haben insoweit auch keinen der Abtretung zugänglichen Anspruch auf Auszahlung einer Versicherungsleistung.

     

    Praxishinweis

    Bei Totalschaden oder Verlust eines Leasingfahrzeugs setzt der Leasingnehmer (VN) seine Erwartungen auf die Entschädigung aus der von ihm abgeschlossenen Kaskoversicherung nicht selten zu hoch an.

     

    Fehlerhaft ist in der Regel schon, wenn der VN vom Betrag der Abrechnung des Leasingvertrags durch die Leasinggeberin ausgeht. Dieser Betrag ist meist höher als der vom VR nach den AKB zu entschädigende Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs. Es besteht ohne Weiteres kein Gleichlauf zwischen den Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag einerseits und aus dem Leasingvertrag andererseits.

     

    Mitunter überbrücken AKB - so unter A.2.6.1 auch im Besprechungsfall - die dadurch entstehende Entschädigungslücke durch die Vereinbarung einer „Differenzkasko“. Danach erhöht sich der Versicherungsanspruch auf den Ablösewert des Fahrzeugs, der sich aus der Abrechnung der Leasinggeberin ergibt.

     

    Ein Weiteres kommt hinzu. Die Kaskoversicherung ist bei Leasingfahrzeugen in der Regel Versicherung für fremde Rechnung nach §§ 43 ff. VVG (§§ 74 ff. VVG a.F.). VN und Eigentümer des Fahrzeugs sind nicht personengleich. Der Leasingnehmer ist VN, der Leasinggeber ist als Eigentümer des Fahrzeugs Versicherter. Sieht man die Kaskoversicherung als reine Sachversicherung an, ist regelmäßig nur das Interesse des Eigentümers an der Erhaltung der Sache gedeckt (Sacherhaltungsinteresse = Wiederbeschaffungswert). Nicht versichert ist hingegen das Interesse des nutzungsberechtigten Nichteigentümers, nicht vom Eigentümer wegen Beschädigung oder Verlustes des Fahrzeugs in Anspruch genommen zu werden (Sachersatzinteresse = Ablösebetrag). Denn bei Einbeziehung dieses Risikos würde die Kaskoversicherung zu einer Haftpflichtversicherung (BGH VersR 94, 85).

     

    Danach ist bei der Entschädigung nicht auf den Leasingnehmer als VN, sondern auf die Verhältnisse des Leasinggebers abzustellen. Dieser ist i.d.R. vorsteuerabzugsberechtigt. Die Entschädigung ist demnach netto ohne Umsatzsteuer zu berechnen. Diese Regelung ist folgerichtig, trifft jedoch nachteilig einen Leasingnehmer/VN, der nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist.

     

    In einer späteren Entscheidung hat der BGH (VK 08, 102 = VersR 08, 634) seine Ansicht aufgegeben, in einer Sachversicherung könne über das Sacherhaltungsinteresse hinaus nicht zusätzlich das Sachersatzinteresse des nutzungsberechtigten Nichteigentümers einbezogen werden. Dabei ging es um die Kaskoversicherung eines Fahrzeugs, das zum Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft gehörte. Eigentümer war die rechtlich verselbständigte Gesamthand. Das Sachersatzinteresse der Gesellschafter, die intern das versicherte Fahrzeug nutzen durften, war als mitversichert anzusehen.

     

    RECHTSPRECHUNG DES BGH |  Unterhält eine Personengesellschaft für ein zum Gesellschaftsvermögen gehörendes Kfz eine Kaskoversicherung, sind Träger des versicherten Sacherhaltungsinteresses nicht die einzelnen Gesellschafter, sondern es ist dies die rechtlich verselbstständigte Gesamthand. Das Sachersatzinteresse der Gesellschafter, die gesellschaftsintern dazu berufen sind, das versicherte Kfz zu benutzen, ist jedoch regelmäßig als mitversichert anzusehen.

     

    Wie ausgeführt ist der Leasinggeber als Eigentümer des Fahrzeugs Versicherter. Er ist Inhaber des materiellen Versicherungsanspruchs aus der Versicherung für fremde Rechnung (§ 44 Abs. 1 S. 1 VVG; § 75 Abs. 1 S. 1 VVG a.F.). Der Leasingnehmer/VN hat jedoch die Verfügungsbefugnis über diesen Anspruch (§ 45 Abs. 1 VVG; § 76 Abs. 1 VVG a.F.). Danach steht ihm z.B. die Klagebefugnis zu.

     

    Das OLG bezieht sich im Urteil mehrfach auf die von den Leasingnehmern/VN an die Leasinggeberin vorgenommene Abtretung ihrer Ansprüche aus den Vollkaskoversicherungen. Das ist jedoch zu hinterfragen. Inhaber der Kaskoansprüche aus den Versicherungen waren nicht die Leasingnehmer/VN, sondern die Leasinggeberin als Versicherte der von den VN abgeschlossenen Versicherungen. Eine Abtretung der Versicherungsansprüche an den Versicherten - der diese Ansprüche bereits hat - läuft somit ins Leere. Allenfalls kann darin die Zustimmung der Leasingnehmer/VN liegen, der Leasinggeberin auch die Verfügungsbefugnis über ihre Ansprüche zu verschaffen.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Wer ist Träger des versicherten Sacherhaltungsinteresses? (hier: Vereinsmitglieder eines Luftsportvereins): OLG Hamm VK 12, 73
    • Einzelne Gesellschafter sind in der OHG mitversicherte Personen: OLG Hamm VK 12, 83
    Quelle: Ausgabe 07 / 2013 | Seite 115 | ID 39843040