· Fachbeitrag · Krankenversicherung
Berufliche Anforderungen sind bei der medizinischen Notwendigkeit zu berücksichtigen
von RA Marc O. Melzer, FA Medizin-, Sozial-, VersR, Bad Lippspringe
(LG Göttingen 20.11.14, 9 S 16/11, Abruf-Nr. 145192) |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Die VN, von Beruf Lehrerin, unterhielt beim VR eine private Krankheitskostenversicherung. Aufgrund einer Hörminderung schaffte sie sich ein Hörgerät an. Dafür verlangte sie vom VR Kosten i.H.v. 5.000 EUR erstattet. Der VR wollte den vollen Betrag jedoch nicht zahlen. Er berief sich auf eine Übermaßversorgung. Nach seiner Ansicht hätte die Hörminderung mit näher bezeichneten Vergleichsgeräten mindestens in gleicher Weise ausgeglichen werden können. Im Klageverfahren führte die VN an, dass sie in ihrer beruflichen Situation als Lehrerin vor der Klasse auf ein Mehrkanalsystem mit sechs bis acht Kanälen angewiesen sei. Diese seien einzelnen verstärkt und in der Dynamik einstellbar. Zudem sei das Gerät mit einer leistungsfähigen Störschallunterdrückung ausgestattet. Im Übrigen könne sie nicht auf die kostengünstigere Behandlung verwiesen werden, wenn mehrere Behandlungsalternativen verfügbar wären. Das ergebe sich aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH VersR 03, 581; OLG Köln r+s 13, 611).
Das LG hat ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Danach würde die VN mit den aufgezeigten Vergleichsgeräten sogar ein besseres Ergebnis als mit dem streitgegenständlichen Gerät erzielen. Die Klage wurde daher abgewiesen. Zwar sei die berufliche Situation der VN bei der Frage der medizinischen Notwendigkeit der Heilbehandlung zu berücksichtigen. Der VR habe jedoch bewiesen, dass die bestehende Hörminderung mit den von ihm genannten Vergleichsgeräten kostengünstiger ausgeglichen werden könne. Daher seien die Voraussetzungen der Übermaßbehandlung erfüllt. Die VN werde auch nicht auf eine kostengünstigere Behandlungsalternative verwiesen, sondern auf die einzig mögliche Behandlung mittels Hörgerät. Daher komme es auf die von ihr zitierte Rechtsprechung nicht an.
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