· Fachbeitrag · Private Krankenversicherung
Das gilt, wenn der Versicherungsschutz bereits vor Ende der Widerrufsfrist beginnt
| Als Hinweis auf ein Widerrufsrecht nach § 9 Abs. 1 S. 1 VVG genügt ein grundsätzlicher Hinweis auf die Existenz eines Widerrufsrechts bzw. ein Hinweis darauf, dass überhaupt ein Widerrufsrecht besteht. |
1. Umfassende Belehrung ist nicht erforderlich
Hierauf wies das OLG Jena hin (26.2.21, 4 U 307/20, Abruf-Nr. 222844). Nicht erforderlich ist eine in jeder Hinsicht ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht, etwa über die formalen Anforderungen seiner Ausübung oder den Fristbeginn (Anschluss an OLG Karlsruhe 17.5.19, 12 U 141/17, VersR 19, 865).
2. Besonderheit bei der Rückabwicklung im Widerrufsfall
Beginnt der Versicherungsschutz bereits vor Ende der Widerrufsfrist, gilt eine Besonderheit bei der Rückabwicklung. § 9 Abs. 1 S. 1 VVG bestimmt: „Übt der VN das Widerrufsrecht nach § 8 Abs. 1 VVG aus, hat der VR nur den auf die Zeit nach Zugang des Widerrufs entfallenden Teil der Prämien zu erstatten, wenn der VN in der Belehrung nach § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 auf sein Widerrufsrecht, die Rechtsfolgen des Widerrufs und den zu zahlenden Betrag hingewiesen worden ist und zugestimmt hat, dass der Versicherungsschutz vor Ende der Widerrufsfrist beginnt.“
3. Konkludente Zustimmung zum Beginn des Versicherungsschutzes
Die Zustimmung des VN zum Beginn des Versicherungsschutzes vor Ende der Widerrufsfrist kann nach Ansicht des OLG Jena auch konkludent erteilt werden. Das OLG führt dazu aus: Wird ein VN in einem fett gedruckten Absatz unmittelbar vor seiner Unterschrift wie folgt auf ein Widerrufsrecht hingewiesen: „Bevor Sie diesen Antrag unterschreiben, lesen Sie bitte auf der Rückseite die „Vertragsgrundlagen und Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen. Sie enthalten unter anderem einen Hinweis auf das Widerrufsrecht ...“ und liegt der Vertragsbeginn nur drei Tage nach dem Datum der Antragsunterzeichnung, so liegt in der Antragstellung eine konkludente Zustimmungserklärung im Sinne von § 9 Abs. 1 S. 1 VVG. Der VR darf aufgrund dieser Umstände davon ausgehen, dass dem VN sein Widerrufsrecht bekannt ist. Dazu bedarf es nicht der Überlassung eines Durchschlags des Antragsformulars oder des Nachweises eines tatsächlichen Lesens.
MERKE | § 9 Abs. 1 VVG ist eine Spezialregelung gegenüber den im BGB enthaltenen allgemeinen Vorschriften über die Widerrufsfolgen und verdrängt § 346 Abs. 1 BGB nur, wenn sie tatbestandsmäßig anwendbar ist (Anschluss an BGH 13.9.17, IV ZR 445/14, Abruf-Nr. 196918). |