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  • · Fachbeitrag · Private Krankenversicherung

    Selbstbehalt gilt für das Kalenderjahr, nicht für das Jahr des Erstattungsantrags

    | Der vereinbarte Selbstbehalt in einem privaten Krankenversicherungsvertrag bezieht sich nicht auf das Jahr des Erstattungsantrags. Er ist vielmehr für jedes einzelne Behandlungsjahr in Abzug zu bringen, sofern sich dies aus den Tarifbedingungen ergibt. Hierauf wies der BGH hin. |

     

    Sachverhalt

    Der VN unterhält eine private Krankenversicherung. Die Parteien streiten um die Auslegung des unter Ziffer 1.9 der Tarifbedingungen geregelten Selbstbehalts. Dort heißt es:

     

    • „Von den tariflichen Leistungen nach den Ziffern 1.1 bis 1.8 wird ein Jahresselbstbehalt abgezogen. Er beträgt je versicherte Person im Kalenderjahr maximal nach Leistungsstufe 1.200 EUR ...“

     

    Weiter ist vereinbart, dass der Tarif als Teil III der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung nur gültig ist in Verbindung unter anderem mit Teil I, Musterbedingungen (MB/KK 09), in denen es unter anderem wie folgt lautet:

     

    • „§ 6 Auszahlung der Versicherungsleistungen
    • 1.1 Die Aufwendungen werden jeweils dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem die Behandlung erfolgte bzw. die Mittel bezogen wurden. ...“

     

    Der VN reichte beim VR im Jahre 2014 zwei Erstattungsanträge für von ihm gezahlte ärztliche Honorare ein. Der erste Antrag betraf ärztliche Behandlungen im Jahre 2013, der zweite Antrag ärztliche Behandlungen in den Jahren 2013 und 2014. Der VR zog in beiden Fällen jeweils den Selbstbehalt von 200 EUR von den tariflichen Leistungen ab.

     

    Der VN ist der Auffassung, dass der vereinbarte Selbstbehalt auf das Kalenderjahr der Antragstellung zu beziehen ist. Deshalb habe der Selbstbehalt nur einmal abgezogen werden dürfen. Er verlangt zum einen 200 EUR erstattet. Zum anderen möchte er festgestellt haben, dass der Selbstbehalt in der Weise Anwendung findet, dass die Leistungen des VR nur in den Jahren um den Selbstbehalt gekürzt werden, in denen der VR Leistungen für den VN erbringt. Der Beklagte meint, der Selbstbehalt beziehe sich auf das Kalenderjahr, in dem die Behandlung erfolgt sei.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Der BGH weist in seinem Beschluss darauf hin, dass er die Revision nach § 552a Abs. 1 ZPO zurückweisen will. Nach Ansicht des Senats liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vor (8.2.17, IV ZR 543/15, Abruf-Nr. 192723).

     

    Gleichwohl macht der BGH deutlich, dass die Klage zu Recht abgewiesen wurde. Das folgt insbesondere aus der Auslegung des Tarifwerks. Der Tarif bildet vorliegend den Teil III der Allgemeinen Versicherungsbedingungen.

     

    Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht (u.a. BGH VersR 16, 1184 Rn. 22).

     

    • Dieser VN wird annehmen, dass er sich in Höhe des festgelegten Betrags an den in dem jeweiligen Jahr entstandenen Kosten beteiligen muss, wenn ein jährlicher Selbstbehalt in der Krankenversicherung vereinbart wurde. Es drängt sich auf, dass die vorgesehene Beteiligung an den anfallenden Kosten der Kalkulation einer niedrigeren Prämie dient. Bereits dieser Umstand legt es nahe, den jährlichen Selbstbehalt auf den tatsächlichen Anfall der Kosten zu beziehen. Es kann nicht darauf ankommen, wie der VN die Erstattungsanträge willkürlich steuert und zusammenfasst.

     

    • Etwaige hieran noch aufkommende Zweifel werden jedenfalls durch § 6 Nr. 1.1 MB/KK 09 ausgeräumt. Diese Regelung ist ausdrücklich auch auf den Tarif anzuwenden. Dort ist gerade für die Auszahlung der Versicherungsleistungen bestimmt, dass die zu erstattenden Aufwendungen dem Behandlungsjahr zugerechnet werden. Daraus wird deutlich, dass ein bei der Auszahlung zu berücksichtigender Selbstbehalt eben nicht auf das Jahr des Erstattungsantrags zu beziehen ist. Spätestens aufgrund dieser Festlegung bleibt kein Raum für eine Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB .

     

    • Ebenso kommt es nicht darauf an, dass auch eine andere Regelung möglich gewesen wäre. Der VN beruft sich dabei auf die öffentlich-rechtlichen Beihilferegelungen des Landes Berlin. Diese sind aber dem durchschnittlichen VN ohnehin nicht bekannt.

     

    Relevanz für die Praxis

    In entsprechenden Fällen müssen Sie prüfen, was in den Bedingungen bzw. in den in Bezug genommenen Tarifen geregelt ist. In den allermeisten Fällen wird man so zu dem auch vom BGH gefundenen Ergebnis kommen.

     

    Quelle: Ausgabe 07 / 2017 | Seite 116 | ID 44737630