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  • · Fachbeitrag · Unfallversicherung

    BGH entscheidet zur Kürzung wegen Vorschäden und zum Zeitpunkt der gerichtlichen Erstfestsetzung

    von VRiOLG a.D. Werner Lücke, Telgte

    • 1. Findet das Schultergelenk in den Bestimmungen der Gliedertaxe über Verlust oder völlige Funktionsbeeinträchtigung eines Arms keine Erwähnung, ist der Invaliditätsgrad bei einer Gebrauchsminderung der Schulter nicht nach der Gliedertaxe, sondern den Regeln zur Invaliditätsbestimmung für andere Körperteile zu ermitteln (Abgrenzung zu BGH r+s 06, 387 und r+s 12, 143 „Arm im Schultergelenk“).
    • 2. Die fristgebundene ärztliche Invaliditätsfeststellung muss die Schädigung sowie den Bereich, auf den sich diese auswirkt, ferner die Ursachen, auf denen der Dauerschaden beruht, so umreißen, dass der VR bei seiner Leistungsprüfung vor der späteren Geltendmachung völlig anderer Gebrechen oder Invaliditätsursachen geschützt wird und stattdessen den medizinischen Bereich erkennen kann, auf den sich die Prüfung seiner Leistungsverpflichtung erstrecken muss (Fortführung BGH VersR 07, 1114).
    • 3. Die Kürzung wegen Vorschädigung setzt auch außerhalb der Gliedertaxe voraus, dass dieselben Körperteile oder Sinnesorgane betroffen sind.
    • 4. Bei einer gerichtlichen Erstfestsetzung sind grundsätzlich alle bis zur letzten mündlichen Verhandlung eingetretenen Umstände heranzuziehen.

    (BGH 1.4.15, IV ZR 104/13, Abruf-Nr. 176308)

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der VN hatte eine Unfallversicherung abgeschlossen, der der AUB 2010 vergleichbare Bedingungen zugrunde lagen. Der VN hatte sich bei einem Sturz im Oktober 2005 eine Schulterprellung sowie eine Sprengung des linken Schultereckgelenks, der Verbindung des Schlüsselbeins mit dem Schulterblatt, mit positivem Klaviertastenphänomen (im Schweregrad Tossy II) zugezogen. Innerhalb eines Jahres nach dem Sturz traten dauerhafte Beeinträchtigungen im Bereich der linken Schulter ein, deren Umfang zwischen den Parteien streitig ist. Mit Schreiben vom 13.10.06 attestierte der behandelnde Arzt als Dauerschaden eine „Gebrauchsminderung der li. Schulter“.

     

    Das LG hat die Invalidität nach Armwert zum Stichtag ein Jahr nach dem Unfall ermittelt. Davon hat es die aus einem mehr als sechs Jahre zurückliegenden Unfall damals zugrunde gelegte und entschädigte Invalidität von 1/7 Armwert als Vorinvalidität abgezogen. Die vom VN behauptete Verletzung des Sternoclaviculargelenks, der Verbindung des Schlüsselbeins mit dem Brustbein, sei, auch wenn der Gerichtssachverständige das Gegenteil meine, nicht unfallursächlich. Das OLG hat die Berufung zurückgewiesen. Das Urteil des LG sei richtig. Soweit es um die behauptete Unfallursächlichkeit der Verletzung des Sternoclaviculargelenkes gehe, bedürfe es einer Beweisaufnahme auch deshalb nicht, weil diese Verletzung durch das allein fristgerecht erstattete Attest nicht erfasst sei.