· Fachbeitrag · Unfallversicherung
Vorschuss statt Erstbemessung: Wann wird die Invaliditätsentschädigung fällig?
von RA Marc O. Melzer und RA Nikolaos Penteridis, beide FA MedR, FA SozR, FA VersR, Bad Lippspringe
| Anhand der Regulierungspraxis vieler Unfallversicherer ist zunehmend zu beobachten, dass die „Erstbemessung“ des unfallbedingten Invaliditätsgrads immer häufiger auf die für die „Neufestsetzung“ geltende Dreijahresgrenze hinausgeschoben wird. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist dies - aus Sicht des VR - nachvollziehbar. Ob der VR sich damit allerdings an seine eigenen „Spielregeln“ (die Versicherungsbedingungen) hält, ist kritisch zu hinterfragen. |
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Der VN erleidet einen Unfall, den er dem VR anzeigt. Er legt ihm fristgerecht eine ärztliche Bescheinigung vor, aus der hervorgeht, dass er unfallbedingt einen Dauerschaden erlitten hat. Sodann macht er bedingungsgemäß Leistungen geltend. Der VR holt ein Gutachten ein. Daraus ergibt sich ein Grad der Invalidität von derzeit 50 Prozent. Eine Prognose zur angefragten dauernden Höhe enthält das Gutachten nicht. Auch eine Nachuntersuchung wird nicht empfohlen. Der VR leistet sodann einen Vorschuss nach einem Grad der Invalidität von 25 Prozent. Im Begleitschreiben führt er aus, beim VN sei es zwar im ersten Unfalljahr zu einer unfallbedingten Invalidität gekommen, der dauernde Grad der Invalidität stünde allerdings noch nicht fest. Daher müsse der Grad der Invalidität vor Ablauf der Dreijahresfrist erneut ärztlich begutachtet werden. Der VN macht Leistungen nach einem Grad der Invalidität von 30 Prozent im Rechtsweg geltend. Der VR lässt vortragen, die Klage sei als derzeit unbegründet abzuweisen, da der Anspruch auf die Invaliditätsentschädigung noch nicht fällig sei. |
1. Erstbemessung und Neubemessung
Der durchschnittliche und verständige VN, der nach einem Unfall - vermutlich erstmals - die vereinbarten Versicherungsbedingungen studiert, um zu erfahren, wann und in welcher Höhe er die versprochene Invaliditätsleistung zu fordern berechtigt ist, geht nach ständiger Rechtsprechung des BGH regelmäßig zunächst vom Wortlaut der Klausel und deren erkennbaren Sinnzusammenhang aus. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeit eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (BGHZ 123, 83, 85).
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