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  • · Fachbeitrag · Versicherungsvertragsrecht

    Prämienanpassung: Begründung ‒ Verjährung ‒ Strategien ‒ Taktiken

    von RA Sascha Conradi, FA VersR und RA Michael Schneider, beide Jordan Fuhr Meyer GbR RAe StB, Bochum

    | Der BGH hat sich am 16.12.20 (IV ZR 294/19, Abruf-Nr. 219856 und IV ZR 314/19, Abruf-Nr. 219857 ) mit der Begründung einer Prämienanpassung in der privaten Krankenversicherung und am 17.11.21 (IV ZR 113/20, Abruf-Nr. 225892 ) mit der Verjährung von Rückforderungsansprüchen nach einer Prämienanpassung in der privaten Krankenversicherung auseinandergesetzt. Der Beitrag beleuchtet die Folgen dieser Entscheidungen. |

    1. Anforderungen an die Begründung der Prämienanpassung

    Nach § 203 VVG ist die Prämienerhöhung in der PKV an vier Voraussetzungen gebunden.

     

    Übersicht / Voraussetzungen der Prämienerhöhung nach § 203 VVG

    Nach § 203 VVG ist die Prämienerhöhung in der PKV an diese Voraussetzungen gebunden:

     

    • Unabhängiger Treuhänder
    • Zunächst einmal darf der VR die Prämienerhöhung nicht nach Gusto festsetzen, sondern nur kalkulatorisch, d. h. auf der Grundlage der Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeiten. Er muss also die Wirklichkeit in seinen Tarifen abbilden. Daher soll in letzter Instanz nicht der VR, sondern ein unabhängiger Treuhänder über die Prämienerhöhung entscheiden.
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    • Unabhängig ist sicher nicht, wer bei der Versicherung angestellt ist. Ob, wer nur einen Auftraggeber oder nur wenige Auftraggeber aus der Versicherungswirtschaft hat, unabhängig oder nicht vielmehr doch wirtschaftlich abhängig ist, darüber wird sich trefflich streiten lassen.

     

    • Prüfung und Zustimmung durch den Treuhänder
    • Ferner muss der Treuhänder nicht nur formal zustimmen, sondern auch anhand der vorstehenden Kriterien versicherungsmathematisch prüfen. Das setzt freilich voraus, dass der Treuhänder nicht nur unabhängig, sondern auch versicherungsmathematisch kompetent ist.
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    • Mitteilung der Neufestsetzung und deren Begründung an den VN
    • Dem VN sind Neufestsetzung einschließlich deren Begründung mitzuteilen.
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      • So muss zunächst eine Mitteilung erfolgen. Hierfür stellen sich die üblichen und allbekannten Zugangsnachweisprobleme.
      • Die Mitteilung muss die Neufestsetzung enthalten, d. h. der VN muss einen Betrag ablesen können, den er ab jetzt monatlich auf die Versicherung zu entrichten hat.
      • Außerdem muss die Mitteilung eine Begründung enthalten, deren Inhalt, Umfang und Qualität den Kern der beiden BGH-Entscheidungen aus 2020 ausmacht.
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    • Hier stellte sich die Frage, ob der VR nur die Rechnungsgrundlage (Versicherungsleistungen oder Sterbewahrscheinlichkeit) anzugeben hat, deren Veränderung die Prämienanpassung veranlasst hat, oder ob er auch mitteilen muss, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat. Diskutiert worden war auch eine Pflicht zur Angabe weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, z. B. der Rechnungszins.
    • Der BGH hat sich nun versichererfreundlich mit einer Minimalqualität der Begründung begnügt: Anzugeben sei nur die Tatsache, dass sich Versicherungsleistungen oder Sterbewahrscheinlichkeit oder beides geändert hätten, ohne eine Höhe der Änderung dieser Rechnungsgrundlagen mitzuteilen oder andere Faktoren wie den Rechnungszins offenzulegen.
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    • Dem VN ist damit freilich wenig gedient. Bei den schmalen Angaben kann er nicht nachrechnen, ob das Anpassungsverlangen des VR und die Prüfungsfeststellungen des Treuhänders berechtigt sind oder nicht. Der BGH hat seine Begründung damit auf eine bloße Formalie reduziert, die freilich einzuhalten ist: Der Schwellenwert (aus Gesetz oder AVB) eines der beiden Faktoren oder beider muss überschritten sein, und dies muss mitgeteilt werden. Punkt.

     

    • Ablauf einer 1-Monats-Frist
    • Erst nach Ablauf einer 1-Monats-Frist (Beginn des 2. Monats) ab der formal korrekten Mitteilung erlangt dann die Prämienneufestsetzung, die einseitig durch den VR erfolgt ist, auch für den VN Geltung.