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  • · Fachbeitrag · Rechtsschutzversicherung

    Kann die Rechtsschutzversicherung einen Keil zwischen Mandant und RA treiben?

    von VRiOLG Frank-Michael Goebel, Rhens

    | Für den Rechtsanwalt ist besondere Vorsicht geboten, wenn der Rechtsschutz-VR nicht den erbetenen Kostendeckungsschutz erteilt. Nach einer aktuellen BGH-Entscheidung kann der VR statt die Kostennote auszugleichen auch Deckungsschutz für deren Abwehr erteilen, d.h. für einen Streit zwischen Mandant und RA über die Gebührenberechtigung. Hier sollte früh - durch eine Vorschussrechnung - agiert und nicht nur reagiert werden. Ziel sollte es sein, dem VR das eigene Vorgehen plausibel zu erklären und im Sinne des Mandanten als notwendig, zweckmäßig, folgerichtig und vor diesem Hintergrund kostenoptimiert darzustellen. |

     

    Sachverhalt

    Der VN schloss bei dem VR eine Rechtsschutzversicherung ab. Es galten die ARB 75. 1995 und 1996 beteiligte er sich als atypischer stiller Gesellschafter an zwei Gesellschaften. Wegen dieser Beteiligungen wandte er sich 2004 an einen RA. Der VR gewährte zunächst Kostenschutz für Ansprüche gegen die Anlagegesellschaften. Dann sagte er dem VN auch Kostenschutz im erbetenen Umfang für ein Vorgehen gegen Konzeptanten, Initiatoren und ehemalige Vorstände wegen Betrugs und anderer unerlaubter Handlungen zu. Der Rechtsstreit mit den Anlagegesellschaften endete mit einem Vergleich. Dieser blieb jedoch ohne wirtschaftlichen Ertrag, weil die Gesellschaften in Insolvenz gerieten.

     

    2011 sollte der Kostenschutz erweitert werden, um Ansprüche gegenüber den Wirtschaftsprüfern geltend zu machen. Der VR wies darauf hin, dass er bereits Deckungsschutz für die Rechtsverfolgung gegenüber Tätern und Tatbeteiligten gewährt habe. Es liege nur eine Angelegenheit vor. Es bedürfe keiner weitergehenden Kostenübernahme, da keine weiteren Kosten entstünden. Zugleich bewilligte er dem Kläger Deckungsschutz zur Abwehr unberechtigter Gebührenansprüche seiner Rechtsanwälte. Hiergegen wendet sich der VN mit seiner Klage. In deren Verlauf verlangten seine Bevollmächtigten für die außergerichtliche Tätigkeit gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft eine 1,8-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VVRVG und für die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens gegen diese eine weitere 1,3-Geschäftsgebühr nach Nr. 2303 Nr. 4 VVRVG. Nachdem die Geschäftsgebühr angerechnet wurde, verblieb ein Betrag von 3.689 EUR. Die Klage wurde auf Freistellung von dieser Forderung geändert.

     

    Der VR wandte ein, das tatsächliche Vorgehen sei unnötig gewesen. Daher seien die Kosten nicht zu erstatten. Das LG ist dem gefolgt, während das OLG lediglich die Kosten für das Schlichtungsverfahren anerkannte. Hiergegen habe beide Parteien die zugelassene Revision eingelegt, um den maximalen Prozesserfolg zu erzielen.

     

    Der BGH teilt die Auffassung des LG und fasst dies in drei Leitsätzen wie folgt zusammen:

     

    • 1. Der Anspruch des VN aus der Rechtsschutzversicherung ist auf die Befreiung von den bei der Wahrung der rechtlichen Interessen entstehenden Kosten gerichtet.
    • 2. Der VR kann diesen Befreiungsanspruch hinsichtlich der von ihm nach § 2 Abs. 1 a) ARB 75 zu tragenden gesetzlichen Vergütung eines Rechtsanwalts auch dadurch erfüllen, dass er dem VN Kostenschutz für einen etwaigen Gebührenprozess zwischen dem VN und seinem Prozessbevollmächtigten zusagt.
    • 3. § 158n S. 3 VVG i.d.F. vom 28.6.90 hindert den Deckungsschutz gewährenden VR nicht, eine Gebührenforderung des Anwalts mit der Begründung abzuwehren, es handele sich um unnötige Kosten.
     

    Relevanz für die Praxis

    Für den Fall des BGH galt noch das alte VVG und die ARB 75. Dies ist nichts Ungewöhnliches, weil noch sehr viele alte Verträge existieren und in den auch hier betroffenen Beteiligungsfällen der Versicherungsfall häufig noch vor dem 1.1.09 liegt. Ungeachtet dessen entspricht der zunächst einschlägige § 158n VVG a.F. dem heutigen § 128 VVG. Die Entscheidung büßt an Aktualität mithin nichts ein. § 158n VVG a.F. (§ 128 VVG n.F.) sei aber gar nicht einschlägig. Er betreffe nur die Leistungspflicht dem Grunde nach, nicht aber in der Höhe.

     

    Der BGH ist der Auffassung, dass der VR sich nicht darauf beschränken muss, die verlangten Kosten des RA auszugleichen oder dies gänzlich abzulehnen. Er habe vielmehr auch die Alternative, sich der Auseinandersetzung zu stellen und dem VN Versicherungsschutz für die Abwehr der Forderung zu bieten.

     

     

    Der Anspruch aus der Rechtsschutzversicherung ist nach gefestigter Rechtsprechung des Senats darauf gerichtet, von den bei der Wahrung der rechtlichen Interessen entstehenden Kosten befreit zu werden (BGH NJW 14, 3030; BGH VersR 99, 706). Der VR verspricht, den VN vor konkreten Vermögensnachteilen zu schützen, sodass dieser im Rechtsschutzfall nicht mit Kosten belastet wird. Hinsichtlich des Inhalts dieser Pflicht knüpft der BGH an das allgemeine Zivilrecht an:

     

    • Eine vertraglich zugesagte Freistellungsverpflichtung umfasse nach allgemeinen Regeln auch die Pflicht des VR, den VN von unbegründeten Ansprüchen freizustellen (BGH NJW 11, 479; BGH NJW 02, 2382). Dieser allgemeine Grundsatz gelte auch für Rechtsschutzversicherungen.

     

    • Den VN vor einer Kostenlast zu schützen, könne aber eben auch durch eine Abwehr der Kostenlast geschehen. Weder die ARB noch das Gesetz - auch in der neuen Fassung - enthalten vorrangige Bestimmungen.

     

    • Das Ergebnis stimme zudem mit der in der Rechtsschutzversicherung angelegten Trennung zwischen Versicherungsvertrag und Mandatsverhältnis überein. Es benachteilige den VN nicht unangemessen.

     

    All das begründet der BGH ausführlich.

     

    PRAXISHINWEIS | Der BGH misst dem Umstand kein entscheidendes Gewicht bei, dass der VR den VN zugleich als Mandanten des RA, der sein Vertrauen genießt, in Stellung bringt. Dies gilt insbesondere, wenn der RA seine Gebühren als Vorschuss einfordert und beim VR aufläuft und nun ein Prozess droht, während der Mandant noch auf ein engagiertes Tätigwerden des RA hofft. Der BGH meint, der RA könne das schon trennen.

     

    Wenn der RA aber ohne oder ohne angemessene Gebühren arbeiten soll, wird das schwierig und scheint wenig lebensnah. Um das Vertrauensverhältnis (und das Mandat) zu erhalten, wird der RA dem Mandanten gleichwohl das Risiko der Durchsetzung seiner Gebührenforderung abnehmen müssen.

     

     

    Weiterführender Hinweis

    • Die Sonderausgabe „Typische Probleme mit dem Rechtsschutzversicherer finden Sie auf vk.iww.de unter Downloads -> Sonderdrucke
    Quelle: Ausgabe 02 / 2016 | Seite 30 | ID 43791695