Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Nachricht · Einbruchdiebstahlversicherung

    Umfang der Leistungspflicht des VR bei Entwendung von Bargeld aus einem Geldschrank

    von RiOLG Dr. Dirk Halbach, Köln

    • 1. Ein verschlossener Panzer-Geldschrank i.S.d. Bedingungen einer Einbruchsversicherung für eine Gaststätte liegt nicht mehr vor, wenn das Schloss einer Einwurfschublade regelmäßig nicht betätigt wird und durch die Öffnung - wenn auch mit einiger Mühe - Geld entnommen werden kann.
    • 2. In derartigen Fällen kann allerdings die - geringere - Entschädigung geschuldet sein, die die Versicherungsbedingungen für die Entwendung von Geld „aus unter anderem Verschluss in Behältnissen, die erhöhte Sicherheit gewähren“ vorsehen.

    (OLG Karlsruhe 17.6.14, 12 U 151/13, Abruf-Nr. 142792)

     

    Sachverhalt

    Der VN als Betreiber eines Gastronomiebetriebs, verlangt aus einem Versicherungsvertrag Ersatz des ihm bei einem Einbruch aus einem Geldschrank entwendeten Bargelds. Die Bedingungen der sogenannten Gastro-Police, die seit Juli 2011 vereinbart waren, sehen unter anderem Folgendes vor:

     

    • (§ 13 Nr. 1.4. der Bedingungen):

    Für Bargeld (…) ist die Entschädigung

    • a)in verschlossenen Panzer-Geldschränken, gepanzerten Geldschränken, Stahlschränken der Sicherheitsstufen B bis E bzw. VdS-Widerstandsgrade I bis X oder mehrwandigen Stahlschränken mit einem Mindestgewicht von 300 kg, eingemauerten Stahlwandschränken mit mehrwandiger Tür auf 15.000 EUR begrenzt;
    • b)unter anderem Verschluss in Behältnissen, die erhöhte Sicherheit gewähren, und zwar auch gegen die Wegnahme der Behältnisse selber, auf 2.000 EUR begrenzt;
     

    Der Versicherungsschein enthält in der Rubrik „Besonderheiten“ folgende Regelung: „Die Entschädigungsgrenze für Bargeld im Geldschrank C2F mit einem Mindestgewicht von 300 kg oder mit Verankerung mit Boden/Wand wird auf 15.000 EUR erhöht.“ Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Entschädigungsgrenze durch diese Bestimmung nicht „auf“, sondern „um“ 15.000 EUR erhöht werden sollte.

     

    Bei Vertragsabschluss hatte der VN in der Gaststätte bereits einen Schubladentresor aufgestellt, um Bargeld darin aufzubewahren. Die eingebaute Schublade, durch die das Bargeld in den Tresor eingeworfen wird, ist durch ein eingebautes Schloss gesondert abschließbar. Eine Verankerung des Tresors am Boden besteht nicht. Bei einem Einbruch wurden drei kleine Tresore aufgebrochen. Daneben war es den Tätern gelungen, Geld aus dem großen Schubladentresor zu entwenden. Dazu hatten sie den 325 kg schweren Tresor umgedreht und - vermutlich durch Schütteln - die einzelnen Geldeinwürfe herausgefischt.

     

    Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die versicherungsvertraglichen Voraussetzungen für einen Einbruchdiebstahl und damit für eine Versicherungsleistung des VR grundsätzlich gegeben sind. Der VR hat demgemäß auch für den Inhalt der drei kleinen Tresore Ersatz geleistet. Streitig ist zwischen den Parteien allerdings, ob der VR auch für die entwendeten Geldsummen aus dem großen Schubladentresor einstandspflichtig ist. Für diese hat er lediglich einen Teilbetrag von 250 EUR geleistet. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des VN hatte teilweise Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe

    Der VN hat Anspruch auf weitere versicherungsvertragliche Entschädigung in Höhe von 1.750 EUR, weil ihm „unter anderem Verschlusses“ verwahrtes Bargeld entwendet worden ist. Weitergehende Zahlungen, wie sie für Entwendung von Bargeld aus einem verschlossenen Geldschrank vorgesehen sind, kann er dagegen nicht beanspruchen.

     

    Nach § 13 Nr. 1.4 a) der vereinbarten Bedingungen ist Bargeld bis 15.000 EUR - individualvertraglich erhöht auf 30.000 EUR - versichert, wenn es unter anderem in verschlossenen Panzer-Geldschränken untergebracht ist. Das war hier nicht der Fall. Als „verschlossen“ wird der durchschnittliche VN, dessen Anschauungen den Maßstab für die Auslegung allgemeiner Versicherungsbedingungen bilden, einen Geldschrank nur dann ansehen, wenn sämtliche Öffnungen verschlossen sind, die so groß sind, dass aus ihnen - sei es auch mit einiger Mühe - der Inhalt hinausbefördert werden kann, ohne ein Schloss aufzubrechen. Der VN räumt ein, dass die Einwurfschublade des Tresors bei dem Einbruch nicht verschlossen war. Von diesem in erster Linie am Wortlaut orientierten Verständnis der AVB könnte nur dann abgewichen werden, wenn der erkennbare Zweck der Bedingungen es rechtfertigen würde, von einem verschlossenen Geldschrank auch dann auszugehen, wenn eine zum Hinausbefördern des Inhalts hinreichend große Öffnung zwar vorhanden ist, diese aber nur mit erheblichem Aufwand genutzt werden kann. Eine solche einschränkende Auslegung der Bedingungen wäre indes nur dann gerechtfertigt, wenn - anders als hier - andere technische Vorrichtungen vorhanden wären, die gleich einem Schloss den Zugriff auf den Tresorinhalt verhindern.

     

    Es war vorgetragen worden, dass es bei dem verwendeten Tresor möglich gewesen sei, bei einem auf dem Kopf stehenden Tresor durch sogenanntes „Fishing“ an das Geld heranzukommen. Technische Einrichtungen, die einen Zugriff verhindern könnten - etwa zusätzliche Klappen oder Ähnliches - sind nicht dargetan worden. Der vom VN angestellte Vergleich zwischen einem Einwurfschlitz oder einer (unverschlossenen) Schublade mit dem Briefkastenschlitz eines Einfamilienhauses trägt nicht.

     

    Die für die Entscheidung des Falls maßgebliche Regelung des Versicherungsvertrags lässt sich auch nicht dahin einschränkend auslegen, dass eine unverschlossene Öffnung unbeachtlich ist, wenn eine Herausnahme einzelner Gegenstände zwar nicht durch technische Einrichtungen ausgeschlossen, aber durch das Eigengewicht des Tresors und die Art der Öffnung erschwert wird. Eine solche beschränkende Auslegung würde den Begriff des „verschlossenen“ Panzer-Geldschranks weitgehend konturlos werden lassen. Zudem bestünde die Schwierigkeit der Auslegung darin, dass der Aufwand für eine Inhaltsentnahme nicht nur von der Konstruktion des Geldschranks, sondern auch von der Größe der eingelegten Gegenstände und von dem Füllstand abhängig wäre.

     

    Auf die in § 13 Nr. 1. 4 a) geregelten Voraussetzungen eines Versicherungsschutzes für Bargeld bis 30.000 EUR käme es nicht an, wenn die Parteien eine nach § 305b BGB vorrangige individuelle Abrede getroffen hätten, dass der erhöhte Versicherungsschutz auch gewährt werden soll, wenn die vorhandene Einwurfschublade nicht abgeschlossen wird. Das war nicht der Fall.

     

    Die Klage hat aber teilweisen Erfolg, weil das Geld des VN zwar nicht in einem verschlossenen Panzer-Geldschrank, aber - wie es § 13 Nr. 1.4 b) der Bedingungen vorsieht - „unter anderem Verschluss in Behältnissen, die erhöhte Sicherheit gewähren“ - aufbewahrt worden ist. Dass eine abweichende Formulierung gewählt worden ist, wird der durchschnittliche VN dahin verstehen, dass nicht zwingend betätigte Schlösser an allen Öffnungen verlangt sind. Vielmehr soll es genügen, wenn das Bargeld nicht offen aufbewahrt wird, sondern in Behältnissen, die nicht offen sind und erhöhte Sicherheit gegen Wegnahme des Inhalts gewähren. So war es vorliegend.

     

    Praxishinweis

    Das Unterbringen von Sachen in Tresoren führt in Entwendungsfällen häufig zu Regulierungsproblemen, weil sich der VR auf Entschädigungsgrenzen beruft.

     

    Bei den hier vorliegenden Entschädigungsgrenzen der Gastro - Police handelt es sich um objektive Risikobegrenzungen. Zutreffend hat das Gericht angenommen, dass ein verschlossener Panzer-Geldschrank nicht mehr anzunehmen ist, wenn Geld aus der Einwurfschublade entnommen werden kann. Gleichwohl kommt eine geringere Entschädigung in Betracht, wenn die Voraussetzungen der Entwendung aus einem Behältnis nach näherer Maßgabe vorliegen.

     

    Entschädigungsgrenzen für Wertsachen und Wertschutzgrenzen enthält im Bereich der Hausratversicherung A § 13 Nr. 1 b), 2 b) VHB 12. Eine Entschädigung kommt nur in Betracht, wenn Gegenstände aus Wertschutzschränken als Sicherheitsbehältnissen entwendet werden, die durch die VdS Schadenverhütung GmbH oder eine gleichermaßen qualifizierte Prüfstelle anerkannt sind. Dazu hat neuerdings das LG Flensburg (20.1.14, 4 O 71/13, Abruf-Nr. 142694) entschieden, dass ein Tresor der Sicherheitsstufe B nach VDMA Blatt 24992 allein noch nicht eine Zertifizierung im Sinne der VHB darstellt. Der Nachweis einer Verankerung gemäß den Vorschriften des Herstellers ist nicht erbracht, wenn dem VN keine Einbauanleitung des Herstellers vorliegt, aus der sich ergeben könnte, ob Schwerlastdübel oder einfache Baumarktdübel vorgegeben waren und neben der Rückwand auch der Boden des Tresors verdübelt werden sollte.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 170 | ID 42959659