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  • · Fachbeitrag · Forderungsausfallversicherung

    Wirksamkeit von Besonderen Bedingungen, die von den eingeschlossenen AHB abweichen

    von VRiOLG a.D. Werner Lücke, Telgte

    • 1.Wird in den Bedingungen einer als Zusatzversicherung vereinbarten Forderungsausfallversicherung auf die (im konkreten Fall) auch Vermögensschäden einschließenden AHB verwiesen, werden in den zu dieser Versicherung vereinbarten Besonderen Bedingungen aber nur Personen- und Sachschäden als versichert bezeichnet, besteht kein Versicherungsschutz für Vermögensschäden.
    • 2.Das Bedingungswerk ist auch nicht intransparent.
    • 3.Die dem VN typischerweise unbekannte Entstehungsgeschichte bleibt bei der Auslegung von AGB außer Betracht.

    (BGH 13.2.13, IV ZR 260/12, Abruf-Nr. 131959)

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der VN nimmt den VR aus einer zusätzlich zu einer Privathaftpflichtversicherung abgeschlossenen Forderungsausfallversicherung wegen des (Vermögens-) Schadens aus betrügerischen Handlungen eines Dritten in Anspruch. Dem Vertrag liegen die AHB, in der abweichend von Nr. 1 AHB 2008 neben Personen- und Sachschäden auch Vermögensschäden versichert waren, sowie Besondere Bedingungen für die Forderungsausfallversicherung zugrunde. Nach den Besonderen Bedingungen besteht Versicherungsschutz auch für vorsätzliches Handeln des Dritten. Allerdings wird der Haftpflichtschaden im Sinne der Besonderen Bedingungen wie in Nr. 1 AHB 2008, also als Personen- und Sachschaden, definiert. Vermögensschäden sind dort nicht genannt.

     

    Klage und Berufung, mit der die Intransparenz der Bedingungen gerügt worden war, sind erfolglos geblieben. Der BGH hat die zugelassene Revision als zu Unrecht zugelassen und unbegründet nach § 552a S. 1 ZPO durch Beschluss zurückgewiesen.

     

    • Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen nicht. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch ist zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich. Es handelt sich lediglich um die Auslegung von Versicherungsbedingungen im Einzelfall.

     

    • Zunächst weist das Berufungsgericht zutreffend darauf hin, dass im Streitfall grundsätzlich auch Vermögensschäden vom Versicherungsschutz umfasst wären. Ferner ist eine Ausweitung des Deckungsschutzes auch für vorsätzliche Schädigungshandlungen des Dritten erfolgt. Insoweit wird die abweichende Regelung der AHB abbedungen. Dieser möglichen Erweiterung des Versicherungsschutzes auf Vermögensschäden stehen allerdings die Besonderen Bedingungen entgegen.

     

    • Hiernach ist Haftpflichtschaden im Sinne dieser Bedingungen das Schadenereignis, das den Tod, die Verletzung oder Gesundheitsschädigung von Menschen (Personenschaden) oder die Beschädigung oder Vernichtung von Sachen (Sachschaden) zur Folge hatte und für dessen Folgen der VN den Dritten aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts auf Schadenersatz in Anspruch genommen hat. Somit besteht in der Forderungsausfallversicherung gerade kein Deckungsschutz für reine Vermögensschäden. Vielmehr wird der Deckungsumfang auf denjenigen beschränkt, der grundsätzlich auch in den AHB vorgesehen ist. Ein derartiger Haftpflichtschaden liegt hier nicht vor.

     

    • Diese auch vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der Versicherungsbedingungen steht nicht im Gegensatz zu den Entscheidungen des OLG Celle vom 30.4.09 (VersR 09, 1257). Diesem Urteil lagen andere Bedingungen zugrunde, die keine speziellen Besonderen Bedingungen für die Definition des Haftpflichtschadens im Sinne der Forderungsausfallversicherung enthalten haben. Ein Fall der Divergenz liegt daher nicht vor. Rechtsgrundsätzliche Fragen oder solche zur Fortbildung des Rechts sind gleichfalls nicht ersichtlich.

     

    • Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Der vom VN geltend gemachte Widerspruch zwischen den AHB und den Besonderen Bedingungen besteht nicht. Die Besonderen Bedingungen regeln zunächst allgemein, dass sich Inhalt und Umfang der Schadenersatzansprüche in entsprechender Anwendung nach dem Deckungsumfang der Privathaftpflichtversicherung dieses Vertrags richten. Dabei geht es nicht nur um die Frage, ob lediglich Sach- und Personenschäden versichert oder zusätzlich Vermögensschäden erfasst werden. Vielmehr wird umfassend auf sämtliche Regelungen hinsichtlich Deckungsumfang, Leistungsausschlüsse etc. verwiesen. Die sich daran anschließende Regelung zum Haftpflichtschaden im Sinne der Besonderen Bedingungen ist eine Sonderregelung für diese Versicherung. Ihr kann der verständige VN ohne Weiteres entnehmen, dass im Bereich der Forderungsausfallversicherung nur Personen- und Sachschäden mit den daraus resultierenden Folgeschäden, nicht dagegen reine Vermögensschäden, versichert sind.

     

    • Soweit der VN darauf verweist, die Bestimmungen hätten übersichtlicher gestaltet werden können, mag dies zutreffen, führt aber nicht dazu, dass die hier getroffene Regelung intransparent wäre. Darauf, ob Bedingungen noch klarer und verständlicher hätten formuliert werden können, kommt es für die Beurteilung nicht an (Senat VersR 12, 1113 Rn. 26 m.w.N.).

     

    • Es bestehen entgegen der Auffassung der Revision auch keine Anhaltspunkte für ein reines Redaktionsversehen des VR. Welche Absichten der VR bei der Fassung der Klausel hatte, steht nicht fest. Hierauf kommt es ohnehin nicht an. Die dem VN typischerweise unbekannte Entstehungsgeschichte von Versicherungsbedingungen hat bei ihrer Auslegung außer Betracht zu bleiben (Senat VersR 12, 1253 Rn. 19). Von einer unklaren Klausel gemäß § 305c Abs. 2 BGB kann keine Rede sein.

     

    Praxishinweis

    Die Zulassung der Revision sollte nur beantragt werden, wenn ein Zulassungsgrund aufgezeigt werden kann (§ 543 Abs. 2 ZPO). Wenn die Zulassung wegen abweichender ober- oder höchstrichterlicher Rechtsprechung erfolgen soll, muss deshalb geprüft werden, ob die Entscheidung wirklich in Widerspruch zu der erstrebten Entscheidung steht. Das war hier nicht der Fall. Gerade im Bereich der Forderungsausfallversicherung gibt es derartig viele unterschiedliche Bedingungen, dass ein Vergleich der dazu ergangenen Urteile selten einen Widerspruch aufzeigen wird. Das gilt auch für die VK 12, 187 und VK 09, 206 besprochenen Entscheidungen.

     

    Das Transparenzgebot verlangt vom Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen, dass die Rechte und Pflichten des Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar dargestellt sind und die Klauseln darüber hinaus die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGH VersR 07, 1690, Rn. 16). Eine Regelung ist deshalb auch dann intransparent, wenn sie etwa an verschiedenen Stellen in den Bedingungen niedergelegt ist, die nur schwer miteinander in Zusammenhang zu bringen sind, oder wenn der Regelungsgehalt auf andere Weise durch die Verteilung auf mehrere Stellen verdunkelt wird (BGH VersR 12, 1113, Rn. 21).

     

    Davon kann keine Rede sein, wenn der Versicherungsumfang zunächst allgemein für alle vereinbarten Versicherungen umschrieben wird und dann in den Besonderen Bedingungen eine abweichende Regelung für eine einzelne der vereinbarten Versicherungen getroffen wird, wie das mit der Versicherung von Vermögensschäden der Fall gewesen ist. Die Besonderen Bedingungen gehen wie immer den davon abweichenden allgemeinen Regelungen vor. Dies erkennt auch der durchschnittliche VN. Wenn allerdings durch die äußere Gestaltung der Bedingungen ihr Regelungsinhalt nicht mehr zuverlässig erkennbar ist („verdunkelt wird“), kann das anders sein. Dies muss deshalb in jedem Einzelfall besonders geprüft werden. Dass man es auch besser machen könnte, reicht aber nicht, wie der BGH entschieden hat, um Unwirksamkeit bejahen zu können.

     

    Dass die Entstehungsgeschichte von AGB bei deren Auslegung unberücksichtigt bleiben muss, entspricht gefestigter Rechtsprechung auch des BGH. Die Vorstellungen des Bedingungsverfassers über den Umfang des mit den Bedingungen gewährten Versicherungsschutzes und damit die Frage, ob ein Redaktionsversehen vorliegt, gehören nach der besprochenen Entscheidung dazu.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Wird in einer Privathaftpflichtversicherung der Versicherungsschutz auf die Deckung von Forderungsausfällen des VN erweitert, so gelten auch im Rahmen der erweiterten Deckung die vereinbarten Risikobegrenzungen und Risikoausschlüsse, OLG Stuttgart VK 12, 187
    • Zum vorsätzlichen Handeln des Schädigers bei der Forderungsausfallversicherung: OLG Celle VK 09, 206
    Quelle: Ausgabe 07 / 2013 | Seite 118 | ID 40074080