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  • · Fachbeitrag · Gebäudeversicherung

    Keine Deckung für Nässeschäden durch Regenwasser aus einem Fallrohr mit Doppelfunktion

    von RiOLG a.D. und RA Dr. Dirk Halbach, Köln

    Ein Regenfallrohr, das an eine Zuleitung zu einer im Gebäude befindlichen Regenwasserzisterne angeschlossen ist, ist zugleich Fallrohr und Zuleitungsrohr der Wasserversorgung. Ein Ausschluss von Nässeschäden „durch Regenwasser aus Fallrohren außerhalb des Gebäudes“ erstreckt sich daher auch auf Nässeschäden im Gebäude durch Regenwasser, das außerhalb aus einer solchen Leitung ausgetreten ist (OLG Frankfurt a.M. 25.3.15, 7 U 12/14, Abruf-Nr. 145297).

     

    Sachverhalt

    Der VN unterhält eine Gebäudeversicherung, die das Risiko Leitungswasser nach den VGB 2008 einschließt. Nach § 3 Nr. 2 sind außerhalb von Gebäuden „Bruchschäden an den Zuleitungsrohren der Wasserversorgung …, soweit diese Rohre der Versorgung versicherter Gebäude oder Anlagen dienen…“ gedeckt. Nach § 3 Nr. 3a sind Nässeschäden gedeckt, wenn „das Leitungswasser bzw. Wasser … aus Rohren der Wasserversorgung (Zu- und Ableitungen) oder damit verbundenen Schläuchen, den mit diesem Rohrsystem verbundenen sonstigen Einrichtungen oder deren wasserführenden Teilen ausgetreten“ ist. In § 3 Nr. 4a aa) heißt es: „nicht versichert sind ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen Schäden durch Regenwasser aus Fallrohren außerhalb des Gebäudes.“

     

    In dem Gebäude entstand 2012 ein Nässeschaden. Ursache war nach den Feststellungen eines vom VR beauftragten Regulierers ein undichtes Verbindungsstück zwischen einer Regenrinne ca. 20 cm über dem Boden und dem Fallrohr, das zur Regenwasserzisterne im Keller führt. Das in der Zisterne gesammelte Wasser wird im Leitungsnetz des Hauses weiterverwendet.

     

    Der VN macht Schadenbeseitigungskosten in Höhe von 7.760,42 EUR geltend. Darin sind - insoweit unstreitig r- 360 EUR netto für die Leckortung enthalten. Der VR hält sich nicht für eintrittspflichtig. Es handele sich nicht um ein Rohr der Wasserversorgung, sondern lediglich um ein Regenfallrohr um Niederschlagswasser abzuleiten. Ein solches Rohr diene auch dann nicht der Wasserversorgung, wenn das Regenwasser nicht in die Kanalisation geleitet werde, sondern in einer Zisterne zur Weiterverwendung gesammelt werde. Das Risiko des Eintritts einer versicherten Gefahr sei beim Sammeln des Niederschlagswassers in einer Zisterne zur späteren Verwendung nicht geringer, sondern eher höher, als wenn das Wasser in die Kanalisation eingeleitet oder zum Versickern auf das Grundstück geleitet werde. Jedenfalls greife der Risikoausschluss in § 3 Nr. 4 a) der Bedingungen ein. Die Bedingungen seien auch transparent. Ein durchschnittlicher VN erwarte nicht, dass Schäden aus außenliegenden Regenfallrohren gedeckt seien.

     

    Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung hatte nur teilweise Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe

    Dem VN steht eine Entschädigung nur wegen des Rohrbruchschadens, jedoch nicht wegen des Nässeschadens zu.

     

    In der Gebäudeversicherung und demgemäß auch in den hier vereinbarten Bedingungen in § 3 VGB 2008 werden beim Risiko Leitungswasserversicherung Nässeschäden und Bruchschäden unterschieden. Die für die Leckortung entstandenen Kosten sind dem Bruchschaden zuzuordnen. Demgegenüber dienen die Kosten für Trocknung und Renovierung der Beseitigung von Nässeschäden. Versichert ist hier nur der Bruchschaden. Die Nässeschäden sind dagegen nicht versichert. Die vereinbarten Bedingungen umfassen zwar nach der primären Risikobeschreibung beide Schäden. Der Nässeschaden wird aber durch die Ausschlussklausel in § 3 Nr. 4a aa) vom Versicherungsschutz wieder ausgenommen.

     

    • Der Versicherungsschutz für Bruchschäden außerhalb von Gebäuden erstreckt sich auf Zuleitungsrohre der Wasserversorgung, wenn die Rohre der Versorgung versicherter Gebäude dienen. Das in dem Regenfallrohr gesammelte und abgeleitete Regenwasser wird hier einer im Gebäude befindlichen Zisterne zugeführt, die mit Wasserleitungen im Haus verbunden ist. Das gesammelte Wasser wird auch für Handwaschbecken und zur Gartenbewässerung verwendet. Daher dient das Wasser und damit die Leitung auch der Versorgung des Gebäudes. Es handelt sich um eine Doppelfunktion. Ohne künstliche Aufspaltung kann dabei nicht gesagt werden, das Fallrohr sei bis zu einem bestimmten Abschnitt, etwa soweit es oberirdisch oder außerhalb des Gebäudes verläuft, nur Fallrohr und zur Regenwasserableitung bestimmt, unterirdisch oder im Gebäude aber ein Zuleitungsrohr der Wasserversorgung.

     

    • Für Nässeschäden wird Versicherungsschutz gewährt, wenn das Wasser aus Rohren der Wasserversorgung ausgetreten ist. Das Fallrohr ist aber wegen seiner Doppelfunktion bereits oberirdisch als Rohr der Wasserversorgung anzusehen. Daher liegt es auf der Hand, dass diese Voraussetzung hier gegeben ist. Jedoch greift der Ausschluss für Schäden durch Regenwasser aus Fallrohren außerhalb des Gebäudes ein. Die Ansicht des VN, der Ausschluss greife schon deshalb nicht ein, weil er sich nur auf Schäden außerhalb des Gebäudes beziehe, trifft nicht zu. Die Ortsangabe „außerhalb des Gebäudes“ bezieht sich nach dem Aufbau der Bedingungen eindeutig nur auf das Wort „Fallrohre“ und nicht auf das allen Fallgruppen vorangestellte Wort „Schaden“. Der Ausschluss ergreift den Nässeschaden, denn es handelt sich um einen Schaden durch Regenwasser, das aus einem Fallrohr stammt. Denn daran, dass es sich um ein Regenfallrohr handelt, ändert der Umstand nichts, dass das Regenwasser zugleich der Zisterne zugeführt wird.
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    • Den Bruchschaden umfasst der Ausschluss dagegen nicht, denn der Schaden an der Leitung ist nicht durch Regenwasser entstanden. Der VN hat daher Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 428,40 EUR, zuzüglich anteiliger Anwaltskosten aus diesem Streitwert für die vorgerichtliche Tätigkeit, die unter dem Gesichtspunkt des Verzugs zu ersetzen sind.

     

    Praxishinweis

    Regenfallrohre als Rohre der Wasserversorgung haben die Rechtsprechung schon öfter beschäftigt.

     

    • Rechtsprechungsübersicht

    Rohre der Wasserversorgung sind dem Wasserdurchfluss dienende Behältnisse aus beliebigem Material, welche nach dem Sprachgebrauch des täglichen Lebens fest bzw. fest verarbeitet sein müssen.

    Martin, SVR, E I 25, 29;

    LG Stuttgart VersR 93, 474:

    (Wasserabstellschieber kein versichertes Zuleitungsrohr)

    Nicht erfasst sind Regenabflussrohre, soweit sie nicht auch häusliche Abwässer aufnehmen (Mischwasser aus Niederschlagswasser und Abwasser).

    OLG Frankfurt a.M.

    r+s 00, 334 zu VGB 88

    § 6 Nr. 3 d) VGB 2003 ist dahin auszulegen, dass ein durch Witterungsniederschläge verursachter Leitungswasserschaden nicht nur dann vorliegt, wenn sich das Niederschlagswasser selbst zurückstaut, sondern auch, wenn dies unmittelbar zum bestimmungswidrigen Austritt von Leitungswasser führt.

     OLG Hamm

    r+s 14, 357

    Eine Regenwassersammelanlage unterfällt nicht der Rohrbruchversicherung, weil kein einheitliches Rohrleitungssystem vorliegt. Ein Regenfallrohr, welches unterirdisch zu einer solchen Anlage führt, ist ein Zuleitungsrohr der Wasserversorgung. Der Teil der oberirdisch von der Dachrinne bis zur Erdeinmündung verläuft, stellt kein Rohr der Wasserversorgung dar, da dieser Teil ausschließlich dazu dient, Regenwasser abzuführen.

    OLG Dresden

    VersR 08, 1210

    Anders zu VGB 94: Unter die Bestimmung des § 6 Nr. 1 b VGB 94 fällt jegliche mit dem Rohrsystem der Wasserversorgung verbundene sonstige Einrichtung. Dazu gehört auch das der Dachentwässerung dienende Regenfallrohr nebst Einlauf. Damit sind auch Schäden gedeckt, die durch bestimmungswidrigen Austritt aus dem Regenfallrohr entstehen.

    OLG Koblenz

    VersR 11, 1260

     

     

    Zutreffend argumentiert das OLG, dass aus dem Umstand, dass die Doppelfunktion des Rohrs hier zu einem primären Einschluss, aber sekundär zu einem Ausschluss führt, gegen die Transparenz nichts hergeleitet werden kann. Auch ein durchschnittlicher VN kann unschwer erkennen, dass der VR für Schäden durch Regenwasser, das aus Fallrohren außerhalb des Gebäudes ausgetreten ist, gerade dann keinen Deckungsschutz gewähren will, wenn das Wasser in das Gebäude eingedrungen ist. Häufig wird es sich dabei um einen deklaratorischen Ausschluss handeln. Fallrohre sind nämlich ohnehin nicht von der primären Risikobeschreibung erfasst, wenn sie nicht die hier bestehende Doppelfunktion aufweisen. Die Klausel ist auch nicht überraschend oder unangemessen benachteiligend, Der durchschnittliche VN kann von der Leitungswasserversicherung keinen Schutz gegen von außen eindringendes Regenwasser erwarten. Daher wird der Kern des Leistungsversprechens durch diesen Ausschluss auch nicht ausgehöhlt (vgl. auch OLG Hamm r+s 14, 357).

     

    Weiterführender Hinweis

    • Wasseraustritt in Dusch- und Wannenecke ist auch ein Leitungswasserschaden: OLG Schleswig VK 15, 176.
    Quelle: Ausgabe 12 / 2015 | Seite 211 | ID 43731554