· Fachbeitrag · Hausratversicherung
Das gilt zur Beweislast bei Schlüsselverlust gem. § 5 Nr. 1 f) VHB 2008
von RiOLG Dr. Dirk Halbach, Köln
(OLG Braunschweig 13.2.13, 3 U 46/12, Abruf-Nr. 132955) |
Sachverhalt
Der VN nimmt den VR aus einer Hausratversicherung, die das Risiko „Einbruchdiebstahl“ umfasst, auf Leistung in Anspruch. Er behauptet, ihm sei während seiner Nachtschicht als Krankenpfleger aus dem Pausenraum der Klinik zunächst seine Umhängetasche entwendet worden, in der sich außer seinen Ausweispapieren auch sein PKW- und sein Wohnungsschlüssel befunden hätten. Anschließend seien ihm zahlreiche Wertgegenstände, überwiegend teure technische Geräte, aus seiner Wohnung gestohlen worden.
Die dem Vertrag zugrunde liegenden VHB 2008 enthalten in § 5 Nr. 1 f) eine sog. „erweiterte Schlüsselklausel“ mit folgendem Wortlaut: „Einbruchdiebstahl liegt vor, wenn jemand versicherte Sachen wegnimmt, nachdem er in einen Raum eines Gebäudes mittels richtiger Schlüssel eindringt, die er - auch außerhalb der Wohnung - durch Diebstahl an sich gebracht hatte, vorausgesetzt, dass weder Sie noch der Gewahrsamsinhaber den Diebstahl des Schlüssels durch fahrlässiges Verhalten ermöglicht haben.“ Das LG hat der Klage überwiegend stattgegeben. Die Berufung des VR hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
Der VN hat keinen Leistungsanspruch. Versichertes Risiko ist das Vorliegen eines Einbruchdiebstahls. Da der Täter diesen mit dem richtigen Schlüssel begangen hat, kann von § 5 Nr. 1 VHB 2008 nur die Variante f) greifen. Tatbestandliche Voraussetzung der somit einzig in Betracht kommenden Begehungsweise ist der Verlust des richtigen Schlüssels durch Diebstahl, ohne dass dem VN insoweit ein fahrlässiges Verhalten zur Last zu legen wäre.
Diese sog. erweiterte Schlüsselklausel ist ihrem Wortlaut nach nicht als ein Risikoausschluss zu verstehen. Sie enthält im Gegenteil eine Ergänzung des Versicherungsschutzes, da ein Einbruchdiebstahl als versichertes Risiko bei dieser Begehungsform an sich gar nicht vorliegt. Denn es fehlt das typische Gepräge der übrigen Varianten, bei denen dem Täter die Überwindung besonderer Schutzmaßnahmen abverlangt wird, wie es bei der wortgleichen Bestimmung des § 243 Abs. 1 Nr. 1 StGB der Fall ist. Voraussetzung des erweiterten Versicherungsschutzes ist jedoch, dass in Bezug auf den Verlust des Schlüssels keine Fahrlässigkeit des Berechtigten vorliegt.
Der VN hat nicht bewiesen, dass der Diebstahl des Schlüssels nicht auf einem fahrlässigen Verhalten i.S.v. § 276 Abs. 2 BGB beruhte. Danach kommt es nicht auf die übliche, sondern die verkehrserforderliche Sorgfalt an. Diese hat der VN jedenfalls dadurch verletzt, dass er seine Tasche während seines etwa einstündigen Stationsrundgangs unbeaufsichtigt im Pausenraum zurückgelassen hat. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass sich in der Tasche sowohl der Wohnungsschlüssel als auch die Ausweispapiere des VN befunden haben. Der VN hätte das Diebstahlrisiko leicht vermeiden können, indem er die Tasche entweder im Spind belassen oder seinen Schlüssel am Körper getragen hätte. Der Umstand, dass eine Entwendung während der Nachtschicht relativ unwahrscheinlich war, weil sich auf der Krankenstation nur Patienten und Kollegen befanden, vermag ihn nicht zu entlasten. Denn auch diese Personen kommen ersichtlich als potenzielle Täter in Betracht.
Die erweiterte Schlüsselklausel ist nicht wegen eines Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Schutzwürdige Erwartungen des VN können durch die in § 5 Nr. 1 f) VHB 2008 enthaltenen Einschränkungen nicht verletzt werden. Die Fallkonstellation eines zuvor entwendeten richtigen Schlüssels fällt nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht unter den Oberbegriff der versicherten Gefahr, den Einbruchdiebstahl.
Praxishinweis
In Fällen dieser Art des unbeaufsichtigten Zurücklassens eines Wohnungsschlüssels oder von Papieren ist immer auch daran zu denken, ob der VN den Versicherungsfall grob fahrlässig gemäß § 81 Abs. 2 VVG herbeigeführt hat. Das konnte aber offenbleiben. Denn der VN hat die Anspruchsvoraussetzungen der erweiterten Schlüsselklausel nicht bewiesen.
Die Voraussetzungen des § 5 Nr. 1 f) VHB 2008 muss der VN nachweisen. Das Fehlen eines Fahrlässigkeitsvorwurfs hinsichtlich des Schlüsselverlusts ist eine Anspruchsvoraussetzung (vgl. OLG Köln VK 13, 15; OLG Frankfurt a.M. VersR 89, 623; OLG Koblenz VersR 02, 1164; OLG Hamm VersR 05, 220).
Vorliegend hat das Gericht zutreffend darauf abgestellt, dass der VN die Schlüsselentwendung hätte vermeiden können, wenn er den Schlüssel am Körper getragen oder die Tasche in einem Schrank eingeschlossen hätte. Auch ist die besondere Situation des Pausenraums zu berücksichtigen. Maßgebend ist insbesondere, ob der Schlüssel leicht dem VN zugeordnet werden kann (vgl. OLG Hamm r+s 91, 227). Dies war hier möglich, weil sich die Ausweispapiere zusammen mit dem Wohnungsschlüssel ebenfalls in der Tasche befunden haben.
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Gegen die Wirksamkeit der maßgeblichen Schlüsselklausel bestehen keine Bedenken (vgl. OLG Köln VK 13, 15). Auch die Erstreckung - neben dem VN - auf den Gewahrsamsinhaber, wenn er den Schlüsseldiebstahl fahrlässig ermöglicht hat (vgl. A § 3 Nr. 2 f VHB 2008) ist zulässig (dazu OLG Koblenz VersR 02, 1146; OLG Düsseldorf r+s 03, 155; OLG Hamm VersR 05, 220; OLG Köln r+s 96, 367). |