· Fachbeitrag · Hausratversicherung
Inhaltskontrolle für Gesamtentschädigungsgrenze
von RiOLG Dr. Dirk Halbach, Köln
Die Regelung in § 20 VHB 92, dass bei Abschluss mehrerer Hausratversicherungsverträge mit einem oder mehreren VR und den Versicherungswert nicht übersteigenden Versicherungssummen eine Gesamtentschädigungsgrenze für sämtliche Versicherungsverträge festgelegt wird, ist weder überraschend noch intransparent und stellt auch keine unangemessene Benachteiligung des VN dar (OLG Saarbrücken 28.03.12, 5 U 378/11, Abruf-Nr. 130330). |
Sachverhalt
Der VN verlangt Leistungen aus einer Hausratversicherung (VHB 92, Versicherungssumme 62.955,20 EUR). Er hatte denselben Hausrat auch bei der D-AG zu 150.000 EUR versichert. Als Schmuck im Wert von 60.195 EUR aus einem Nachtisch in seiner Wohnung entwendet wurde, zeigte er den Schaden dem VR als auch der D-AG an, die Leistungen von 25.000 EUR erbrachte. Der VR hatte vorgerichtlich Zahlungen unter Hinweis auf die Entschädigungsgrenze bei mehrfacher Versicherung verweigert. Der VN verlangt aus beiden Versicherungsverträgen die vereinbarte Leistung bis zur jeweiligen Höchstgrenze. Seine Klage blieb erfolglos.
§ 20 VHB 92 lautet: „Bestehen für versicherte Sachen mehrere Hausratversicherungsverträge desselben oder verschiedener VN, so ermäßigt sich der Anspruch gemäß §§ 12 oder 19 Nr. 3 aus diesem Vertrag in der Weise, dass aus allen Verträgen insgesamt keine höhere Entschädigung geleistet wird, als wenn der Gesamtbetrag der Versicherungssummen im vorliegenden Vertrag in Deckung gegeben worden wäre.
Nach Ziff. 3 c) des § 19 VHB 92 - „Entschädigungsgrenzen für Wertsachen einschließlich Bargeld“ ist die Entschädigung von Schmuck, der sich außerhalb dort näher beschriebener Stahlschränke oder sonstiger verschlossener Behältnisse mit zusätzlichen Sicherheitsmerkmalen befindet, auf insgesamt 40.000 DM (= 20.451,68 EUR) je Versicherungsfall begrenzt.
Entscheidungsgründe
Entgegen der Ansicht des VN ist § 20 VHB 92 im Streitfall einschlägig. Wie schon die Überschrift - „Entschädigungsgrenze bei mehrfacher Versicherung“ - deutlich macht, enthält die Bestimmung eine besondere Regelung für die Fälle, in denen der Vertrag eine Entschädigungsgrenze vorsieht. Hierzu gehört u.a. die auch ausdrücklich genannte Entschädigungsgrenze, die die Entschädigung für Schmucksachen, die außerhalb besonders gesicherter Behältnisse verwahrt werden, auf 40.000 DM je Versicherungsfall begrenzt. Dies kann auch der durchschnittliche VN unschwer erkennen. Die weiteren Voraussetzungen der Bestimmung sind unstreitig erfüllt: Für die versicherten Sachen bestehen mehrere Hausratversicherungsverträge. Auf die Identität des VN kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung nicht an.
Folge ist, dass sich der Anspruch „aus diesem Vertrag“ in der Weise ermäßigt, dass aus allen Verträgen insgesamt keine höhere Entschädigung geleistet wird, als wenn der Gesamtbetrag der Versicherungssummen im vorliegenden Vertrag in Deckung gegeben worden wäre. Der VR wendet daher zu Recht ein, dass die Forderung des VN durch Zahlung der D-AG bereits erfüllt ist.
§ 20 VHB 92 ist keine überraschende Klausel i.S.d. § 305c Abs. 1 BGB. Sie wird den Anforderungen an das Transparenzgebot gerecht, das dem VR gebietet, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und verständlich darzustellen. Der VN kann auch nicht einwenden, die Klausel sei mehrdeutig und intransparent. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot kann nicht schon immer angenommen werden, wenn der VN keine oder nur erschwerte Möglichkeiten hat, ihn betreffende Regelungen zu verstehen. Es genügt, wenn die Klausel im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des VN so klar und präzise wie möglich beschreibt.
Die Klausel beinhaltet auch in anderer Hinsicht keine unangemessene Benachteiligung des VN. Der Einwand, eine solche Schmälerung des Versicherungsschutzes dürfe nicht ohne einen Ausgleich geschehen, geht fehl. Die streitige Bestimmung dient ausschließlich der Verhinderung ungerechtfertigter Vorteile. Der begehrten höheren Entschädigungsleistung steht keine dafür geleistete höhere Prämie gegenüber. Auch hätte der VR nicht den Ausschluss von Mehrfachversicherungen vereinbaren müssen.
Praxishinweis
Der frühere Begriff Doppelversicherung (§ 59 VVG a.F.) ist nunmehr in § 78 VVG durch den präziseren Begriff Mehrfachversicherung ersetzt. Durch Subsidiaritätsklauseln kann § 78 Abs. 2 VVG allerdings ausgeschlossen werden. Haftet ein VR subsidiär, ist § 78 VVG abbedungen.
Der BGH hat § 20 VHB 92 für wirksam erachtet (VersR 96, 322). Dem VN wird schon in § 19 Nr. 3 c) VHB 92 verdeutlicht, dass die Entschädigung u.a. für Schmucksachen bei Verwahrung in nicht gesondert gesicherten Behältnissen unabhängig von der jeweiligen Versicherungssumme begrenzt ist. Er muss daher damit rechnen, dass der VR in seinem Bedingungswerk Vorkehrungen trifft, dass die seinen berechtigten Interessen dienende Bestimmung nicht auf andere Weise, insbesondere durch den Abschluss von wenigstens zwei Versicherungsverträgen unter Aufspaltung der Versicherungssumme, unterlaufen wird. Hierauf wird schon durch die Überschrift der sich unmittelbar anschließenden Bestimmung des § 20 VHB 92 aufmerksam gemacht. Eine Übervorteilung des VN liegt daher weder mit Blick auf den Inhalt der Bestimmung noch mit Blick auf deren Stellung in den Bedingungen vor.
Auch unter dem Gesichtspunkt der Schmälerung des Versicherungsschutzes besteht keine unangemessene Benachteiligung des VN, weil die streitige Regelung verhindert, statt eines Vertrags mit hoher Versicherungsprämie, aber gleichbleibender Begrenzung - auf 40.000 DM im Streitfall -, mehrere Verträge mit niedrigen Versicherungssummen zu schließen, um dadurch ohne zusätzliche Prämie mehr Versicherungsschutz zu erhalten. Dies geht über eine angemessene Verfolgung der Interessen des VR nicht hinaus (BGH a.a.O.).