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  • · Fachbeitrag · Hausratversicherung

    Kein Schadenersatzanspruch des VR gegen den VN wegen Gutachterkosten für Schadensbelege

    von RiOLG Dr. Dirk Halbach, Köln

    • 1.Ein Schadenersatzanspruch des VR gegen den VN aus § 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB entfällt, wenn der VR die rechtswidrige Bereicherungsabsicht des VN bei Vortäuschung des Vorhandenseins von Stehlgut nicht ausreichend dargelegt und bewiesen hat.
    • 2.Ein Schadenersatzanspruch ist auch nicht nach § 826 BGB begründet, wenn der VN den VR zwar über Quittungen getäuscht hat, aber nicht festgestellt werden kann, dass der VN Schaden und Schadensfolgen hinsichtlich Gutachterkosten vorausgesehen oder zusätzlich billigend in Kauf genommen hat.
    • 3.Ein Anspruch nach § 280 Abs. 1 BGB scheidet aus, wenn der VN keine „Pflicht aus dem Schuldverhältnis“, sondern lediglich eine Obliegenheit verletzt hat, deren Rechtsfolge abschließend in § 28 VVG geregelt ist.

    (LG Berlin 16.1.13, 23 S 27/12, Abruf-Nr. 131900)

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der VN hatte dem VR Quittungen über angeblich gestohlenen Schmuck und Münzen eingereicht. Der VR ließ diese durch einen Sachverständigen überprüfen und verlangte die entstandenen Kosten als Schadenersatzanspruch. Das AG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des VR hatte keinen Erfolg.

     

    Der VR kann seinen Anspruch nicht auf § 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB stützen. Denn die in § 263 Abs. 1 StGB vorausgesetzte „Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen“ kann hier nicht festgestellt werden. Von der genannten Rechtswidrigkeit des angestrebten Vermögensvorteils kann dann und nur dann die Rede sein, wenn der Täter mit seiner Täuschung einen Vermögensvorteil erstrebt, auf den er nach der Rechtsordnung keinen Anspruch hätte. Entspricht dagegen das verfolgte Ziel der Rechtsordnung, wird es nicht dadurch selbst rechtswidrig, dass zu seiner Verwirklichung ein rechtswidriges Mittel angewandt wird. Danach stellt selbst die vorsätzliche Fälschung von Beweismitteln zum Zwecke der Durchsetzung eines tatsächlich bestehenden, aber ansonsten nicht beweisbaren Anspruchs schon tatbestandlich keinen Betrug dar. Dass aber der VN durch die Einreichung der Quittungen eine Regulierungsleistung erstrebte, auf die er ansonsten keinen Anspruch gehabt hätte, hat der VR schon nicht ausreichend dargelegt und unter Beweis gestellt.

     

    Ein Erstattungsanspruch steht dem VR auch nicht gemäß § 826 BGB zu. Zwar ist davon auszugehen, dass der VN vorsätzlich, ja sogar (zur Erleichterung etwaiger Erstattungsansprüche) arglistig über die Erstellungsdaten der Quittungen getäuscht hat. § 826 BGB erfordert aber neben einem sittenwidrigen Verhalten zusätzlich noch einen auf den Schadenseintritt gerichteten Schädigungsvorsatz. Dazu gehört, dass der Schädiger Art und Richtung des Schadens und die Schadensfolgen vorausgesehen und die Schädigung wenigstens billigend in Kauf genommen hat. Auch hierzu hat der VR nichts vorgetragen.

     

    Schließlich ergibt sich ein Schadenersatzanspruch des VR auch nicht aus § 280 Abs. 1 BGB. Der Anspruch scheitert daran, dass der VN durch auf das Alter der Quittungen bezogene Falschangabe keine i.S. des § 280 Abs. 1 BGB bestehende „Pflicht aus dem Schuldverhältnis“ verletzt hat. Denn auch der arglistige Verstoß gegen die Vorgabe aus § 26 Nr. 1 lit f) VHB 2003 „...jede Auskunft dazu - auf Verlangen schriftlich - zu erteilen und die angeforderten Belege beizubringen“, stellt sich nicht als Verstoß gegen eine „Pflicht aus dem Schuldverhältnis“ dar. Bei dieser Auskun„pflicht“ i.S. des § 31 VVG handelt es sich nicht um eine erzwingbare Rechtspflicht, deren Verletzung Schadenersatzansprüche nach sich zöge. Es ist vielmehr eine Obliegenheit, die der VN nur sich selbst schuldet. Er muss sie also beachten, um seinen Anspruch auf Versicherungsschutz nicht zu verlieren. Selbst wenn man aber die Auskunftspflicht als Rechtspflicht und nicht als bloße Obliegenheit an-sähe, wäre gleichwohl der Anwendungsbereich des § 280 Abs. 1 BGB nicht eröffnet. Dann wäre davon auszugehen, dass der Gesetzgeber in § 28 VVG die möglichen Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Auskunftsobliegenheit abschließend geregelt hat. Folge wäre, dass ein Rückgriff auf die allgemeine Anspruchsgrundlage des § 280 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist.

     

    Schließlich ist die Klage auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Nebenpflicht des Inhalts, den Vertragspartner über vertragsrelevante Umstände nicht arglistig zu täuschen, begründet. Eine solche allgemeine schadenersatzbewehrte Nebenpflicht kann im Versicherungsvertragsverhältnis wegen des abschließenden Charakters der vertraglichen und gesetzlichen Regelungen im Fall der arglistigen Täuschung im Zusammenhang von Angaben zum Schaden (§ 28 VVG bzw. § 31 VHB 2003) gerade nicht bejaht werden.

     

    Praxishinweis

    Die Abweisung der Klage beruht auf unzureichendem Sachvortrag des VR. Der Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB scheitert hier daran, dass der VR den erforderlichen Nachweis der rechtswidrigen Bereicherungsabsicht im Zusammenhang mit der Vortäuschung von Stehlgut nicht geführt hat. Zudem kommt ein Anspruch aus § 826 BGB nicht in Betracht, wenn es an den subjektiven Voraussetzungen fehlt. Dass der VN vorausgesehen hat, dass die Quittungen durch Gutachten überprüft würden, hat der VR nicht dargetan und belegt. Darüber kann man wohl streiten.

     

    Die Verneinung eines Anspruchs nach § 280 Abs. 1 BGB hängt mit der Rechtsnatur von Obliegenheiten zusammen, die z.T. umstritten ist. Aus der Gesetzesbegründung zu § 30 Abs. 1 S. 1 VVG ergibt sich, dass die Pflicht des VN zur Anzeige des Versicherungsfalls nur eine sanktionslose gesetzliche Obliegenheit sein soll. Hingegen soll § 30 Abs. 1 S. 2 VVG hinsichtlich der Regelung für Dritte eine schadenersatzbewehrte Rechtspflicht sein (BT-Drucksache 16/3945 S. 70). Das LG folgt unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien der h.M., dass die Verletzung einer gesetzlichen Obliegenheit, für deren Verletzung das VVG keine Schadenersatz-Rechtsfolge vorsieht, keine Ersatzpflicht nach § 280 BGB nach sich zieht. Im Ergebnis geht § 28 VVG als speziellere Regelung den Rechtsfolgen der allgemeinen Vorschrift des § 280 BGB vor. Hierauf muss der VN-Anwalt in entsprechenden Fällen ausdrücklich hinweisen.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 137 | ID 42223839