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  • · Fachbeitrag · Hausratversicherung

    Raubüberfall: So kann die Hausratversicherung erfolgreich in Anspruch genommen werden

    | Für einen Raub bzw. eine räuberische Erpressung gibt es oft keine Zeugen. Der VN befindet sich dann in einer misslichen Situation. Hier hilft ihm die Rechtsprechung mit Beweiserleichterungen. Der Beitrag zeigt, welche Punkte erfüllt sein müssen, um einen Anspruch gegen den VR erfolgreich durchsetzen zu können. |

    1. Ausgangsfall

    Der VN meldete bei der Polizei einen Überfall in seinem Haus. Er sei unter Vorhalt einer Waffe genötigt worden, den Safe im Keller zu öffnen. Als Raubgut gab er an: 18 kg Silberbarren (Wert 12.600 EUR), 6,5 kg Gold (ca. 200.000 EUR), ein goldenes Amulett mit Steinen besetzt (Wert 8.000 EUR), zwei Uhren (16.200 EUR), eine Goldmünzsammlung (ca. 5.000 EUR) und Bargeld in Höhe von 27.600 EUR. Der VN wurde zu mehreren Terminen von der Polizei umfangreich vernommen. Die Staatsanwaltschaft stellte das gegen einen Herrn A geführte Ermittlungsverfahren mangels hinreichenden Tatverdachts ein.

     

    In einem Gespräch mit dem Schadensregulierer B des VR, über das eine Verhandlungsniederschrift erstellt wurde, gab der VN an, dass sich außer der am Arm getragenen Uhr das gesamte Raubgut in dem Tresor im Keller befunden habe. Das Bargeld stamme aus einem Autoverkauf. Das Gold habe er erst im Laufe der Jahre gesammelt, zunächst in Form von Schmuck. 2007 und 2008 habe er das Schmuckgold zu Barrengold einschmelzen lassen. Dies sei über einen Herrn C geschehen.

     

    Der VR war nur bereit, Ersatz für eine der entwendeten Uhren zu leisten. Im Übrigen lehnte er mangels hinreichendem Eigentums- und Wertnachweis weitere Leistungen ab. Im Prozess bestritt er den Überfall.

    2. Beweiserleichterungen durch die Rechtsprechung

    Das OLG Frankfurt a. M. gab der Klage des VN im überwiegenden Teil statt (23.11.17, 3 U 23/15, Abruf-Nr. 200415). Der Senat machte deutlich, dass die Beweiserleichterungen zum Beweismaß auch für eine Entwendung durch Raub oder räuberische Erpressung gemäß § 5 Abs. 2 Buchst. b VHB gelten. Daher genügt es, wenn der VN dessen äußeres Bild nachweist.

     

    Im vorliegenden Fall habe der insoweit darlegungs- und beweisbelastete VN ‒ unter Berücksichtigung der ihm teils zugutekommenden Beweiserleichterungen ‒ den hinreichenden Nachweis erbracht, dass die von ihm behauptete räuberische Erpressung stattgefunden hat und die als entwendet gemeldeten Gegenstände sämtlich entwendet worden sind. Der VR habe diesen Anzeichenbeweis nicht erschüttern können. Den Wiederbeschaffungswert schätzt das OLG mit umfangreicher Begründung auf 249.585,02 EUR.

    3. Umfang der Darlegungs- und Beweislast

    Die Entscheidung des OLG betrifft den wichtigen Bereich der Darlegungs- und Beweislast bei einem Raub bzw. einer räuberischen Erpressung. Hier hilft die Rechtsprechung dem VN mit Beweiserleichterungen. Soll der Anspruch gegen den VR erfolgreich durchgesetzt werden, müssen die Punkte in der nachstehenden Übersicht erfüllt sein.

     

    Übersicht / Darlegungs- und Beweislast bei Raub und räuberischer Erpressung

    • 1. Der VN muss das äußere Bild einer bedingungsgemäßen räuberischen Erpressung nach den vereinbarten VHB darlegen.

     

      • Auch für eine Entwendung durch Raub oder räuberische Erpressung gelten die Beweiserleichterungen zum Beweismaß. Das OLG Frankfurt a. M. bestätigt das vorliegend.

     

      • Der VN genügt seiner Beweislast, wenn er im ersten Schritt lediglich das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls/Raubs bzw. einer Vandalismus-Tat darlegt und beweist, aufgrund dessen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von einem Einbruchdiebstahl/Raub bzw. einem Fall von Vandalismus ausgegangen werden kann. Es genügen dabei grundsätzlich auch die eigenen Angaben des VN selbst (vgl. OLG Hamm 25.4.07, 20 U 239/04), wobei für den VN die Vermutung der Redlichkeit streitet (sog. Redlichkeitsvermutung). Die Redlichkeit und damit die Glaubwürdigkeit des VN kann unter zwei Gesichtspunkten von Bedeutung sein. Zum einen kann es auf sie bei der Feststellung der Tatsachen ankommen, die zum äußeren Bild gehören, sei es, dass der Richter den VN als Partei nach § 448 ZPO vernimmt oder ihn gemäß § 141 ZPO anhört. Zum anderen kann die Glaubwürdigkeit des VN auch bei der Feststellung der Tatsachen eine Rolle spielen, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass der Diebstahl nur vorgetäuscht ist. Der Tatrichter muss sich im Regelfall also entscheiden, ob er dem VN glauben kann oder nicht. Bloße Verdächtigungen reichen nicht aus (vgl. BGH VersR 95, 956). Anders als beim Einbruchdiebstahl in der Variante des Einbrechens, bei der grundsätzlich das Vorhandensein von Einbruchspuren zum äußeren Bild gehört, genügen beim Raub für das äußere Bild allein die Angaben des VN, solange dieser die Redlichkeitsvermutung für sich in Anspruch nehmen kann. Das setzt voraus, dass er für glaubwürdig erachtet wird (vgl. etwa OLG Hamm VersR 12, 436).
    • 2. Das Gericht muss aufgrund der Angaben davon ausgehen können, dass die versicherten Sachen abhanden gekommen sind.

     

      • Die zuvor erläuterte Beweiserleichterung gilt zunächst einmal für den Eintritt der versicherten Gefahr.

     

      • Problematisch ist, ob diese Erleichterung auch für den Entwendungsnachweis gilt. Es geht also um die Frage, ob die versicherten Sachen bei Eintritt des Versicherungsfalls überhaupt existierten und sich in der Wohnung, im Tresor bzw. am Versicherungsort befunden haben. Zur Darlegung genügt es, wenn der VN als Minimalsachverhalt vorträgt, dass die entwendeten Gegenstände vor dem Schadensfall vorhanden und nach dem Schadensfall verschwunden waren.
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      • Der Beweis kann nach der wohl herrschenden Auffassung grundsätzlich auch durch die Angaben eines glaubwürdigen (redlichen) VN erbracht werden. Das gilt jedenfalls, wenn dieser den Beweis, dass Hausratgegenstände vor dem Schadensfall vorhanden waren, nicht durch Zeugen oder andere geeignete Beweismittel erbringen kann (vgl. Jula in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2012, § 3 Einbruchdiebstahl Rn. 80 m. w. N.; Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, VHB A. § 3 Rn. 24; OLG Hamm ZfS 13, 273).
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    • Beachten Sie | Soweit sich der VN hinsichtlich der entwendeten Gegenstände nicht in Beweisnot befindet, verlangt der BGH allerdings den Vollbeweis (vgl. BGH VK 07, 35).
    • 3. Der VR konnte den Anzeichenbeweis nicht erschüttern.
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      • Der VR kann die Redlichkeitsvermutung erschüttern, indem er Widersprüche bei der Sachverhaltsdarstellung anführt bzw. Umstände vorträgt, die die Glaubwürdigkeit des VN erschüttern. Hierbei verlangt die Rechtsprechung, dass der VR konkrete Tatsachen vortragen und ggf. beweisen muss, die die Annahme mit erheblicher Wahrscheinlichkeit nahelegen, dass der Versicherungsfall nur vorgetäuscht ist (vgl. BGH VersR 87, 801).
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    • Beachten Sie | Der VR muss also die oben genannte Redlichkeitsvermutung zerstören. Dann entfallen die dem VN zugutekommenden Beweiserleichterungen. Der VN müsste in diesem Fall den Vollbeweis führen, was er oft nicht kann. Der Gegenbeweis ist insbesondere gelungen, wenn ein Indiz vorgetragen wird, dass die Tatausführung wie vom VN vorgetragen, unmöglich werden lässt.
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      • Es genügt aber nicht, wenn der VR die Redlichkeitsvermutung dadurch versucht zu entkräften, dass er vorträgt, der VN habe mit unredlichen Personen Umgang. Auch reicht der Vortrag nicht, der Freund des VN sei einschlägig wegen Einbruchsvergehen vorbestraft oder es seien Ermittlungsverfahren anhängig gewesen. Dieser Umstand wirkt im Übrigen noch schwächer, wenn der VN mit dieser Person nicht zusammenwohnt bzw. diese Personen keinen Zugang zur Wohnung, z.B. durch Überlassung des Schlüssels haben. Entscheidend ist die Redlichkeit des VN, der Versicherten bzw. der Repräsentanten. So soll es auch nicht ausreichen, wenn der Ehegatte, Lebensgefährte oder Lebenspartner erwiesenermaßen unehrlich ist.
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      • Sofern es um den VN selbst geht, sind Tatsachen, die ggf. die Bonität oder die Ehrlichkeit des VN in Frage stellen, ein wichtiges Indiz. Es muss aber ein Zusammenhang mit einem Versicherungsfall bestehen, etwa einschlägige kriminelle Delikte, zumindest Vermögensdelikte. Ein Indiz zur Erschütterung ist, dass die Versicherungsentschädigung gerade erforderlich ist, um die finanzielle Situation des VN „zu retten“ oder zumindest „zu verbessern“.
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      • Grundsätzlich ist die Redlichkeitsvermutung widerlegt, wenn konkrete Tatsachen unstreitig bewiesen sind, die den VN als unglaubwürdig erscheinen lassen oder die geeignet sind, schwerwiegende Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit zu begründen. Bloße Verdächtigungen oder Vermutungen dürfen nicht zum Nachteil des VN verwertet werden. Letztlich entscheidet der Tatrichter nach einer Gesamtwürdigung der Indizien (vgl. Jula in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2012, § 3 Einbruchdiebstahl, Rn. 88-97 m. w. N).
     

     

     

    Weiterführender Hinweis

    • Ein Raub im Sinne des § 5 Nr. 3 a) VHB 2005 liegt nur vor, wenn Gewalt angewendet wird: OLG Köln VK 17, 184
    Quelle: Ausgabe 01 / 2025 | Seite 12 | ID 45208862