· Fachbeitrag · Agenturvertrag
OLG Stuttgart: Einstellung von Garantiezahlungen als unzulässige Kündigungserschwernis
von Rechtsanwalt Tobias Eggebrecht, Dr. Heinicke, Eggebrecht & Partner mbB Rechtsanwälte, München, www.heinicke-eggebrecht.com
| Das OLG Stuttgart hat sich kürzlich im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens um Prozesskostenhilfe, in dem es um die Erfolgsaussichten der Klage eines Versicherungsvertreters ging, mit der Thematik der unzulässigen Kündigungserschwernis beschäftigt. Es ging um eine Klausel im Vertretervertrag, die den Anspruch des Vertreters auf Weiterzahlung von Garantiebeträgen nach dessen Kündigung ausschließen sollte. |
Die „Kündigungserschwernisklausel“ im Vertretervertrag
Hintergrund der Entscheidung war ein Vertretervertragsverhältnis, das der Vertreter ordentlich gekündigt hatte. Der Versicherer stellte nach Ausspruch der ordentlichen Kündigung bis zum Ende der Vertretervertrags die Zahlung von monatlichen Garantiebeträgen (3.000 Euro) ein und zahlte stattdessen nur die tatsächlichen Provisionen (ca. 500 Euro) aus. Der Versicherer stützte sich dabei auf eine vertragliche Klausel, wonach ein etwaiger Anspruch des Vertragspartners auf Zuschüsse, Garantien und Pauschalen mit Beginn des auf den Zugang der Kündigung folgenden Kalendermonats entfällt.
OLG Stuttgart: Vertreter hat Anspruch auf Nachzahlungen
Das OLG Stuttgart hat die Klausel im Ergebnis als unwirksam angesehen und hinreichende Erfolgsaussichten des Vertreters für einen Zahlungsanspruch auf die entgangenen Garantiebeträge bejaht (OLG Stuttgart, Beschluss vom 22.08.2024, Az. 7 W 3/23, Abruf-Nr. 238166).
- Zum einen hat es die Unwirksamkeit dieser Klausel schon damit begründet, da es sich bei dieser sowohl aufgrund ihrer Stellung im Vertretervertrag, als auch aufgrund ihres Inhalts um eine überraschende Klausel gemäß § 305c Abs. 1 BGB handelt.
- Zum anderen hat es die Klausel ‒ ihre wirksame Einbeziehung unterstellt ‒ auch deshalb für unwirksam erachtet, als es sich bei der Regelung um eine unzulässige Kündigungserschwernis handelt. Insbesondere begründet das OLG dies damit, dass die Regelung für den Vertreter mit einem massiven Einkommensverlust verbunden ist, dieser aber noch bis zum Ende der Vertragslaufzeit vertraglich an den Versicherer gebunden ist und die Kosten des Geschäftsbetriebs zu tragen hat, ohne dafür Garantieleistungen zu erhalten. Wirtschaftlich kommt die Regelung lt. OLG einer erheblichen Vertragsstrafe nahe und hat somit kündigungserschwerende Wirkung.
Wichtig | Die Stuttgarter Entscheidung ist erfreulich. Denn mehr und mehr Versicherer wollen vertragliche Regelungen einführen, die dem Vertreter im Falle der Kündigung finanzielle Sicherheiten nehmen, obwohl er noch bis zum Ende des Vertragsverhältnisses unter Aufrechterhaltung seiner Kosten weiterarbeiten soll. Die Entscheidung erteilt solchem Vorgehen eine Absage.