· Fachbeitrag · AGG
Neues zum Auskunftsanspruch nicht berücksichtigter Stellenbewerber
von Prof. Dr. Tim Jesgarzewski, FA Arbeitsrecht, Prof. Dr. Jesgarzewski & Kollegen Rechtsanwälte, Osterholz-Scharmbeck, FOM Hochschule Bremen
| Bereits in AA 12, 167 wurde die Entscheidung des EuGH vom 19.4.12 (C-115/10, Meister, Abruf-Nr. 122858 ) besprochen. Der EuGH hat auf die Vorlage des 8. Senats des BAG entschieden, dass das Europarecht keinen Anspruch des abgelehnten Stellenbewerbers auf Auskunft vorsieht, ob der ArbG eine(n) anderen(n) Bewerber(in) eingestellt hat. Die Verweigerung solcher Auskünfte kann daher ein Indiz für eine Diskriminierung sein. Nun hat das BAG am 25.4.13 (8 AZR 287/08, Abruf-Nr. 131600 ) auf Grundlage dieser Antwort des EuGH die Klage abgewiesen. |
1. Ausgangssachverhalt
Eine 45jährige, aus der Russischen SSR stammende Stellenbewerberin wurde vom ArbG für die Position eines Softwareentwicklers (m/w) abgelehnt. Sie hat vorgetragen, die Voraussetzungen der Stellenbeschreibung zu erfüllen und nur wegen ihres Alters, Geschlechts und ihrer Herkunft nicht eingestellt worden zu sein. Sie hat Entschädigungsansprüche nach dem AGG geltend gemacht und zur weiteren Begründung ihres Anspruchs Auskunft vom ArbG begehrt, ob dieser eine/n andere/n Bewerber(in) eingestellt habe und nach welchen Kriterien diese Einstellung gegebenenfalls erfolgt ist.
2. EuGH verneint Auskunftsanspruch
Das BAG stand bei der Prüfung der Entschädigungsansprüche zunächst vor der Frage, ob einer abgelehnten Bewerberin ein Auskunftsanspruch gegen den ArbG zusteht. Einen solchen Anspruch sieht weder das AGG noch eine sonstige Regelung vor. Das BAG hat daher die Vorabentscheidung des EuGH zu der Frage eingeholt, ob sich aus europäischen Richtlinien ein dahingehender Anspruch herleiten lässt, was der EuGH verneint hat.
Da kein Auskunftsanspruch besteht, hat das BAG die Klage im Rahmen der Revision abgewiesen. Die Bewerberin hätte nach den Beweislastregeln nach § 22 AGG mindestens Indizien in Form von Vermutungstatbeständen für eine Diskriminierung vortragen müssen, was jedoch nicht erfolgt ist.
3. Konsequenzen für die Praxis
Das Urteil stellt ArbN vor die Schwierigkeit, erhebliche Nachforschungen anstellen zu müssen, um hinreichende Indizien für eine erfolgte Diskriminierung vortragen zu können. Informationen des ArbG müssen dafür nicht zur Verfügung gestellt werden. Der ArbG kann sich vollständig auf die Widerlegung von Behauptungen zu einzelnen Indizien konzentrieren. Es bleibt also bei der Beweislastverteilung des § 22 AGG. Die Verweigerung der Auskunft hat aber im Bereich der gerichtlichen Wertung der vorgetragenen Indizien unter Umständen Auswirkungen zulasten des ArbG.