· Fachbeitrag · Befristung
Arbeitsleistung und Vergütung nur in der Saison
von RA Prof. Dr. Tim Jesgarzewski, FA ArbR, Prof. Dr. Jesgarzewski & Kollegen Rechtsanwälte, Osterholz-Scharmbeck, FOM Hochschule Bremen
| Die Vereinbarung einer auf die Badesaison begrenzten Beschäftigung im unbefristeten Arbeitsvertrag eines in einem Freibad beschäftigten ArbN kann jedenfalls dann wirksam sein, wenn für den ArbN außerhalb der Badesaison kein Beschäftigungsbedarf besteht. |
Sachverhalt
Der ArbN war seit 2000 bei der beklagten Gemeinde tätig. Nach dem aktuellen Arbeitsvertrag vom 1.4.06 wurde er als vollbeschäftigter ArbN jeweils für die Badesaison vom 1.4. bis zum 31.10. eines Kalenderjahres eingestellt. Die Tätigkeit besteht während der Saison nahezu ausschließlich als Badeaufsicht im gemeindlichen Freibad. Hinzu kommen einige weitere begleitende Aufgaben, wie die Reinigung und die Pflege des Schwimmbads. Diese Tätigkeiten fallen nur während der Badesaison an, sodass er, wie vertraglich vereinbart, nur in den Monaten April bis Oktober eines jeden Jahres beschäftigt und vergütet wurde.
Der ArbN ist der Ansicht, das Arbeitsverhältnis bestehe aus einer Vielzahl von befristeten Arbeitsverträgen. Er begehrt die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht am 31.10.16 aufgelöst worden sei und daher über dieses Datum hinaus als unbefristetes Arbeitsverhältnis fortbestehe.
Das Arbeitsgericht Verden und LAG Niedersachsen (5.10.17, 15 Sa 184/17, Abruf-Nr. 199723) wiesen die Klage ab.
Entscheidungsgründe
Das BAG (19.11.19, 7 AZR 582/17, Abruf-Nr. 214560) bestätigte die Vorinstanzen. Der 7. Senat erkannte im gegenständlichen Vertrag keinen befristeten Arbeitsvertrag. Die Parteien hätten im Vertrag vom 1.4.06 keine Vielzahl befristeter Arbeitsverhältnisse für die künftigen Jahre vereinbart. Das Arbeitsverhältnis sei unbefristet gewesen. Es habe lediglich eine Begrenzung der Arbeits- und Vergütungspflicht auf die Monate April bis Oktober eines jeden Jahres beinhaltet. Eine Befristungskontrolle nach dem TzBfG scheide daher aus.
Die Begrenzung der wechselseitigen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis auf den Saisonzeitraum sei der AGB-Kontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB zu unterziehen. Der ArbN werde durch die Klausel jedoch nicht unangemessen benachteiligt. Der ArbG habe bei Abschluss des Arbeitsvertrags davon ausgehen dürfen, nur während der Badesaison Beschäftigungsbedarf für den ArbN zu haben. Die Vereinbarung einer dementsprechenden Begrenzung der Leistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis entspreche daher dem berechtigten Interesse des ArbG. Sie sei für den ArbN auch klar und verständlich gewesen. Der ArbN habe bei Vertragsschluss bereits eindeutig erkennen können, dass der Arbeitsvertrag zwar unbefristet, aber hinsichtlich der Arbeits- und Vergütungspflicht zeitlich auf die jeweilige Badesaison begrenzt sei.
Relevanz für die Praxis
Die Vertragskontrolle nimmt im Individualarbeitsrecht seit der Anwendbarkeit des AGB-Rechts einen nicht zu unterschätzenden Raum ein. Die Praxis tut sich indes mitunter schwer, die Kontrollmaßstäbe des Befristungsrechts und des AGB-Rechts abzugrenzen. Im Kern ist dies vergleichsweise klar: Das TzBfG regelt die Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge als solcher, das AGB-Recht bewertet dagegen die Wirksamkeit einer Vertragsklausel nach ihrem jeweiligen Regelungsinhalt. Das BAG hat diesen Unterschied inzwischen mehrfach herausgearbeitet (instruktiv dazu: BAG 7.7.16, 7 AZR 828/13, Abruf-Nr. 186932). Im Einzelfall ist die Abgrenzung jedoch schwierig.
Der 7. Senat konnte vorliegend eine weitere Konturierung vornehmen. Der Arbeitsvertrag war als solcher unbefristet. Inhaltlich bestand die Besonderheit darin, dass die Arbeitsleistung und damit auch die Vergütung jeweils nur während der Badesaison geschuldet wurde. Das TzBfG war nicht anzuwenden, da das Arbeitsverhältnis gerade nicht auf eine Saison befristet wurde, sondern in einer Art Wiederholungsschleife fortlief. Die entsprechende Klausel war damit nach den allgemeinen Regelungen der Vertragskontrolle i. S. v. §§ 305 ff. BGB zu beurteilen.
Ebenso entschied das BAG, dass keine unangemessene Benachteiligung vorliegt. Dabei hat es die Interessenlage des ArbG als Betreiber eines Freibads entsprechend gewichtet. Aus den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen ergab sich ein klar begrenzter Beschäftigungsbedarf. Damit war ein berechtigtes Interesse des ArbG gegeben, nur während der Badesaison die Arbeitsleistung anzubieten. Für den ArbN war dieser wiederkehrende Zeitraum der Beschäftigung auch von vornherein klar ersichtlich, sodass kein Zweifel an der Transparenz der Klausel bestand. Aus Sicht des ArbN mag diese Regelung wegen der auf das Gesamtjahr bezogenen nur teilweisen Verdienstmöglichkeit nachteilig sein. Eine unangemessene Benachteiligung i. S. v. § 307 BGB liegt aber nicht vor, da sich aus der Klausel keine Schlechterstellung des ArbN im Vergleich zur gesetzlichen Regelung ergibt.