01.09.2006 | Prozesskostenhilfe
PKH: In welchem Umfang ist das Ehegatteneinkommen zu berücksichtigen ?
1. Im Prozesskostenhilfeverfahren darf das Ehegatteneinkommen nur im Rahmen der abschließenden gesetzlichen Regelung des § 115 Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 11a Abs. 3 ArbGG berücksichtigt werden. |
2. Arbeitsrechtliche Bestandsstreitigkeiten sind „persönliche Angelegenheiten“ i.S.v. § 1360a Abs. 4 BGB. |
(BAG 5.4.06, 3 AZB 61/04, Abruf-Nr. 062288) |
Praxishinweis
Die Entscheidung befasst sich mit der für die Praxis wichtigen Frage, inwieweit bei der PKH das Ehegatteneinkommen berücksichtigt werden muss.
Nach Ansicht des BAG sind die §§ 114 ff. ZPO i.V.m. § 11a Abs. 3 ArbGG (insbes. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 ZPO) als abschließende gesetzliche Regelung anzusehen. Es erteilt damit früheren Auffassungen zur teilweisen Anrechenbarkeit des Ehegatteneinkommens (Nachweise bei Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 4. Aufl., § 11a, Rn. 27) eine Absage und damit auch der Auffassung der Vorinstanz (wie dort: LAG Köln LAGE § 115 Nr. 15; LAG Düsseldorf LAGE § 115 Nr. 38; LAG Nürnberg LAGE § 115 ZPO Nr. 41), dass das hälftige bereinigte Differenzeinkommen des mehr oder alleinverdienenden Ehegatten bei der Bewilligung von PKH berücksichtigt werden muss.
Wird kein regelmäßiger Barunterhalt gezahlt, ist in solchen Fällen jedoch zusätzlich zu prüfen, ob der antragstellenden Partei gegen den Ehegatten ein Anspruch auf einen Prozesskostenvorschuss (§ 1360a Abs. 4 S. 1 BGB) zusteht. Dieser der PKH vorgehende Anspruch besteht aber nur bei „persönlichen Angelegenheiten“. Er ist ggf. im Rahmen der PKH gem. § 115 Abs. 3 ZPO als eigenes Vermögen einzusetzen. Nach Auffassung des BAG handelt es sich bei Bestandsstreitigkeiten wegen der Bedeutung des Arbeitsverhältnisses für die Würde des ArbN und seine Persönlichkeitsentfaltung (§ 242 BGB i.V.m. Art. 1 und 2 GG) um „persönliche Angelegenheiten“. Diese hätten auch die erforderliche enge Verbindung zur Lebensgemeinschaft der Ehegatten. Dies folge daraus, dass beide Ehegatten einander verpflichtet seien, durch ihre Arbeit die Familie angemessen zu unterhalten (§ 1360 S. 1 BGB). Zudem sei das Recht beider Ehegatten, erwerbstätig zu sein (§ 1356 Abs. 2 S. 1 BGB), mit der gebotenen Rücksicht auf die Belange des jeweils anderen Ehegatten und der Familie auszuüben (§ 1356 Abs. 2 S. 2 BGB).
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