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  • · Fachbeitrag · AGG

    Kündigung ohne Zustimmung des Integrationsamts = Benachteiligung wegen Behinderung?

    von RA Prof. Dr. Tim Jesgarzewski, FOM Hochschule Bremen

    | Der Verstoß des ArbG gegen Vorschriften, die Verfahrens- oder Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen enthalten, kann die vom ArbG widerlegbare Vermutung begründen, dass die Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung erfolgte. Dies kann der Fall sein, wenn die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den ArbG der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts bedarf. |

     

    Sachverhalt

    Die Parteien streiten über eine entschädigungspflichtige Benachteiligung wegen der Behinderung. Der ArbN war als Hausmeister beschäftigt und im Wege der Personalgestellung an einer städtischen Grundschule tätig. Dann erkrankte er arbeitsunfähig. Hierüber wurden Mitarbeiter des ArbG durch die spätere vorläufige Betreuerin des ArbN in Kenntnis gesetzt. Am nächsten Tag kündigte die Stadt den Personalgestellungsvertrag. Rund zwei Monate später kündigte der ArbG das mit dem ArbN bestehende Arbeitsverhältnis unter Hinweis darauf, dass der Gestellungsvertrag ende. Nachdem der ArbN Kündigungsschutzklage erhoben hatte, wurde das Verfahren durch einen arbeitsgerichtlichen Vergleich erledigt.

     

    Nun begehrt der ArbN eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Er ist der Ansicht, der ArbG habe ihn wegen seiner (Schwer-)Behinderung benachteiligt. Dies ergebe sich daraus, dass der ArbG bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegen Vorschriften verstoßen habe, die Verfahrens- bzw. Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen enthielten. Insbesondere habe er nicht ohne vorherige Zustimmung des Integrationsamts kündigen dürfen. Seine Schwerbehinderung sei zum Zeitpunkt der Kündigung offenkundig gewesen. Er habe im Februar des Jahres einen Schlaganfall erlitten und mit halbseitiger Lähmung auf der Intensivstation gelegen. Dies sei dem ArbG entsprechend mitgeteilt worden. Es sei daher unschädlich, dass die Eigenschaft als Schwerbehinderter zu diesem Zeitpunkt weder festgestellt, noch beantragt war. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab (LAG Sachsen-Anhalt, 26.1.21, 6 Sa 29/19, Abruf-Nr. 232772).