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  • · Fachbeitrag · Außerordentliche Kündigung

    Fristlose Kündigung trotz Rechtsirrtums über Leistungsverweigerungsrecht

    Ein ArbN, der sich beharrlich weigert, die ihm zugewiesene Arbeit auszuführen, weil er denkt, er sei nicht ausreichend vergütet, kann berechtigterweise außerordentlich gekündigt werden. Ein Rechtsirrtum über die Voraussetzungen eines Leistungsverweigerungsrechts hinsichtlich der Vergütung schützt den ArbN insofern nicht vor der Kündigung (LAG Schleswig-Holstein 17.10.13, 5 Sa 111/13, Abruf-Nr. 133925).

     

    Sachverhalt

    Ein 49-jähriger ArbN war seit ca. einem Jahr als Bodenleger beschäftigt. Vereinbart war für bestimmte Bodenverlegearbeiten ein Akkordsatz, für die sonstigen Arbeiten ein Stundenlohn von 12 EUR brutto.

     

    Im Rahmen eines Auftrags musste der ArbN den Bodenbelag in 40 nahezu identischen Häusern im Akkord verlegen. Dazu musste er den Belag in die einzelnen Häuser transportieren, den Untergrund reinigen und den Belag zu- bzw. Dämmstreifen abschneiden. Als er nach zwei Tagen den Durchschnittsstundenlohn ausrechnete kam er auf einen Betrag von 7,86 EUR brutto. Daraufhin forderte er vom ArbG einen adäquaten Stundenlohn für die Baustellen oder einen anderen Einsatzort. Dies wurde vom ArbG abgelehnt. Er forderte den ArbN in mehreren Gesprächen eindringlich auf, die ihm zugewiesene Arbeit auszuführen. Zudem drohte er ihm zuletzt den Ausspruch einer fristlosen Kündigung an. Als der ArbN sich weiterhin weigerte, die ihm zugewiesenen Arbeiten auszuführen, kündigte der ArbG das Arbeitsverhältnis außerordentlich.

     

    Die Kündigungsschutzklage des ArbN war vor dem Arbeitsgericht Elmshorn erfolgreich. Auf die Berufung hob das LAG die erstinstanzliche Entscheidung auf und wies die Klage ab.

     

    Entscheidungsgründe

    Das LAG Schleswig-Holstein führt aus, der ArbN habe seine Arbeit nicht verweigern dürfen, da auch Zusammenhangsarbeiten zu Bodenverlegearbeiten unstreitig gehörten. Eine möglicherweise unzureichende Vergütungsabrede ändere hieran nichts. Es gelte die zwischen den Parteien getroffene Vergütungsvereinbarung. Der ArbN hätte daher zunächst die ihm zugewiesenen Arbeiten verrichten müssen und habe nicht von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen können. Ein Streit über die zu zahlende Vergütung hätte der ArbN nach Erhalt der Abrechnung gegebenenfalls vor dem Arbeitsgericht führen können.

     

    Dass er sich über ein Zurückbehaltungsrecht geirrt habe, sei unbeachtlich. Insofern trage der ArbN, der von einem Leistungsverweigerungsrecht nach § 273 bzw. § 320 BGB Gebrauch mache, das Irrtumsrisiko, wenn die Voraussetzungen eines solchen Leistungsverweigerungsrechts nicht vorlegen.

     

    Wegen der Beharrlichkeit der Weigerung, die zugewiesenen Arbeiten auszuführen, sei auch die außerordentliche Kündigung gerechtfertigt gewesen. Insofern wies das LAG darauf hin, dass der ArbN in mehreren Gesprächen eindringlich aufgefordert worden sei, die zugewiesenen Arbeiten durchzuführen und trotz der Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung an der Verweigerungshaltung festgehalten habe.

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein stellt klar, dass ein ArbN, der zugewiesene Arbeiten verweigert, hierzu das Prognoserisiko und das Risiko trägt, dass die Voraussetzungen des Leistungsverweigerungsrechts nicht vorliegen. Anders als das Arbeitsgericht Elmshorn in erster Instanz sieht das LAG keine Notwendigkeit, dem ArbG in solchen Fällen aufzugeben, dem ArbN weitere Möglichkeiten zu geben, seine Position zu überdenken bzw. - gegebenenfalls durch Einholung von rechtlichem Rat - zu überprüfen. Dies bedeutet, dass es für den ArbN bzw. seinen Prozessbevollmächtigten risikobehaftet ist, von einem Leistungsverweigerungsrecht bzw. von einem Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Arbeitsleistung Gebrauch zu machen. Dies gilt insbesondere, wenn das Zurückbehaltungsrecht aufgrund von Vergütungen ausgeübt wird, die noch gar nicht fällig sind und deren Höhe bzw. Berechtigung nicht gerichtlich überprüft worden ist. In solchen Fällen kann der ArbG berechtigterweise mit einer Kündigung oder einer Abmahnung reagieren und gerät auch nicht in Verzug mit der Annahme der Arbeitsleistung.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Der praktische Fall - Kein Lohn ohne Arbeit? - Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts in AA 13, 34.
    Quelle: Ausgabe 03 / 2014 | Seite 41 | ID 42525860