· Nachricht · Aussetzung des Rechtsstreits
Corona setzt Beschleunigungsgrundsatz nicht matt
| Die Coronapandemie schränkte im Jahr 2020 den Justizbetrieb ein. Kann eine Partei daher argumentieren, dass der Beschleunigungsgrundsatz (§ 9 ArbGG) derzeit nicht so greift, wie es das Gesetz vorsieht? Wohl nicht. |
Sachverhalt
Gegenständlich waren eine Kündigung sowie eingeklagte Gehälter für den Zeitraum Dezember 2019 bis Mai 2020. Der ArbG beantragte, das Verfahren wegen Vorgreiflichkeit des Berufungsverfahrens (Kündigungsschutzprozess) auszusetzen. Der arbeitsgerichtliche Beschleunigungsgrundsatz (§ 9 ArbGG) stehe dem nicht entgegen, denn ihm sei bezüglich der Zahlungsbegehren des ArbN aufgrund der aktuellen Pandemiesituation nicht die Relevanz beizumessen, die ihm normalerweise zukomme.
Entscheidungsgründe
Das LAG Berlin-Brandenburg (25.11.20, 21 Ta 1223/20, Abruf-Nr. 219941) sah dies anders: Hängen in einem Verfahren Entgeltansprüche von der Wirksamkeit einer Kündigung ab, über die bereits eine (nicht rechtskräftige) Entscheidung zugunsten des ArbN vorliegt, komme eine Aussetzung des Rechtsstreits nicht in Betracht. Für eine ermessensfehlerfreie Aussetzungsentscheidung müssten in einem solchen Fall besondere Gründe des Einzelfalls vorliegen, die das schützenswerte Interesse des ArbN an einer auch vorläufigen Existenzsicherung ausnahmsweise überwiegen. Hinsichtlich der Argumentation bezüglich Corona sagt das LAG: Der Beschleunigungsgrundsatz sei insoweit bezüglich der Zahlungsbegehren nicht weniger relevant als sonst. Im Gegenteil: Ein wegen der Pandemie verzögertes Berufungsverfahren wäre eher ein Grund, das vorliegende Verfahren nicht auszusetzen.
Weiterführende Hinweise
- Die Aussetzung eines Kündigungsrechtsstreits bei Verdacht einer Straftat: Ein Fall in drei Akten, AA 20, 211
- Das gilt im Rechtsmittelverfahren bei Entscheidung über die Aussetzung des Rechtsstreits, Abruf-Nr. 46917550