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    SSP Steuern sparen professionell

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    · Fachbeitrag · Urteilsverkündung

    Die Beweiskraft des Protokolls

    von RA Prof. Dr. Tim Jesgarzewski, FOM Hochschule Bremen

    | Die Verkündung eines Urteils ‒ gerade in einem gesonderten Verkündungstermin ‒ kann nur durch ein Protokoll bewiesen werden. |

     

    Sachverhalt

    Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung. Das Arbeitsgericht hatte am Schluss der mündlichen Verhandlung einen Termin zur Verkündigung einer Entscheidung beschlossen. In diesem Verkündungstermin wurde der Klage durch ein Teilurteil stattgegeben. Ein Protokoll über die Verkündung des Teilurteils existiert nicht. Nach Auskunft der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts werden Protokolle über gesonderte Verkündungstermine in der betreffenden Kammer seit der elektronischen Führung der Prozessakten nicht mehr erstellt.

     

    Die Beklagte legte gegen das Teilurteil Berufung ein. Diese wies das LAG Hamburg (24.8.23, 1 Sa 8/23) zurück.

     

    Entscheidungsgründe

    Die dagegen gerichtete Revision vor dem BAG (24.10.24, 2 AZR 260/23, Abruf-Nr. 245095) war erfolgreich. Das LAG habe über die Klage nicht in der Sache entscheiden dürfen, weil das Verfahren vor dem Arbeitsgericht mangels Verkündung eines Urteils noch nicht abgeschlossen worden sei.

     

    Tatsächlich handele es sich bei dem sogenannten Teilurteil des Arbeitsgerichts lediglich um einen Urteilsentwurf. Die bisher ergangenen Entscheidungen seien daher aufzuheben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen.

     

    Das Teilurteil des Arbeitsgerichts leide an einem nicht behebbaren Verfahrensfehler. Es sei weder verkündet noch auf andere Weise wirksam geworden. Damit sei die erste Instanz bislang nicht abgeschlossen. Die Verkündung eines Urteils erfolge in öffentlicher Sitzung im Namen des Volkes durch Vorlesung der vollständigen Urteilsformel einschließlich Kostenentscheidung, Streitwert und gegebenenfalls einer Entscheidung über die Zulassung der Berufung, jedenfalls aber durch Bezugnahme auf die schriftlich niedergelegte Urteilsformel.

     

    Die Verkündung einer Entscheidung ist zudem nach § 160 Abs. 3 Nr. 7 ZPO im Protokoll festzustellen. Nur durch das Protokoll könne die Verkündung bewiesen werden. Finde sich im Protokoll kein Hinweis auf die Verkündung des Urteils, stehe infolge der Beweiskraft des Protokolls ein Verstoß gegen das Erfordernis der Urteilsverkündung in öffentlicher Sitzung fest.

     

    Das gelte auch, falls es wie vorliegend kein unterschriebenes Protokoll der Verkündung gebe. Ein Vermerk des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ersetze eine Verkündung nicht. Zweck eines solchen Verkündungsvermerks ist die Bescheinigung der Übereinstimmung des Urteilstenors mit der verkündeten Urteilsformel.

     

    Die fehlende Verkündung sei von Amts wegen zu beachten. Sie könne auch nicht durch unterlassene Rüge geheilt werden. Bei fehlender Verkündung eines erstinstanzlichen Urteils sei das Verfahren nach wie vor in der ersten Instanz anhängig. Daher hätte das LAG auf die Berufung der Beklagten das arbeitsgerichtliche Teilurteil aufheben und den Rechtsstreit ausnahmsweise an das Arbeitsgericht zurückverweisen müssen. Eine eigene Sachentscheidung sei dem LAG dagegen verwehrt gewesen. Der Senat habe davon abgesehen, Hinweise zur materiellen Rechtslage zu erteilen. Solche Hinweise des Revisionsgerichts an die Vorinstanz seien nur angezeigt, wenn das rechtliche Prüfprogramm für den Senat feststehe.

     

    Relevanz für die Praxis

    Die Ausführungen des 2. Senat betonen prozessuale Grundlagen, die jedem Spruchkörper in höchstem Maße präsent sein müssen. Ein Urteil wird erst durch die förmliche Verlautbarung mit allen prozessualen und materiell-rechtlichen Wirkungen existent. Solange eine Entscheidung noch nicht verkündet wurde, liegt rechtlich nur ein Entscheidungsentwurf vor (so zuletzt auch für das Beschlussverfahren: BAG 17.8.22, 7 ABR 3/21). Ob eine wirksame Verkündung erfolgt ist, muss sich aus entsprechenden Protokollierungen ergeben.

     

    Der zweite Senat musste daher das Berufungsurteil aufheben, da noch keine Sachentscheidung getroffen worden war. Die erste Instanz war schlicht noch nicht abgeschlossen gewesen. Es erstaunt geradezu, dass das Arbeitsgericht eine Protokollierung von Verkündigungsterminen grundsätzlich nicht mehr vornimmt, da es keinerlei Rechtsänderung hierzu im Zusammenhang mit der Einführung der elektronischen Akte gegeben hat. Zutreffend, weil folgerichtig, wird auf revisionsrechtliche Hinweise zum materiellen Gehalt des Rechtsstreits verzichtet. Revisionsrechtliche Ausführungen konnten noch nicht erfolgen, da eine Rechtsverletzung noch nicht in Rede stand.

     

    Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Kosten des Revisionsverfahren richtigerweise niedergeschlagen wurden. Das LAG hatte eine ihm verwehrte Sachentscheidung getroffen. Dies war direkt kausal für das Revisionsverfahren und die damit ausgelösten Kosten, sodass die Gerichtskosten der Staatskasse zur Last fallen.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Nur das Gericht kann „grünes Licht“ für Ersatzeinreichung geben: LAG Niedersachsen in AA 24, 9
    • Schriftformreduzierungen im Arbeitsrecht in AA 24, 107
    • Echte Detektivarbeit: Zeugen suchen und Aussagen verifizieren: Interview in AA 24, 28
    Quelle: Ausgabe 02 / 2025 | Seite 26 | ID 50263616

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