01.08.2013 · IWW-Abrufnummer 132967
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 14.05.2013 – 6 Sa 552/12
1.Eine als Leiharbeitnehmer im Betrieb des späteren Arbeitgebers verbrachte Zeit ist nicht auf die Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG anzurechnen.
2.Wie die Duldungsvollmacht erfordert auch die Anscheinsvollmacht, dass der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen darf, der als Vertreter Handelnde sei bevollmächtigt. Wurde in einem vom Geschäftsführer der Arbeitgeberin unterzeichneten Arbeitsvertrag eine dreimonatige Probezeit vereinbart, darf der Arbeitnehmer nicht ohne konkrete Anhaltspunkte davon ausgehen, sein alleiniger Ansprechpartner bei den Vertragsverhandlungen sei zur nachträglichen Akürzung der Probezeit ohne weiteres vertretungsberechtigt.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24.10.12, AZ: 4 Ca 1936/12, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche des Klägers.
Der Kläger war ab 25. Oktober 2010 als Verfahrensmechaniker/Kunststoff zunächst befristet bis 24. Oktober 2011 bei der T. Personalmanagement GmbH beschäftigt. Der Arbeitsvertrag wurde bis 31. Dezember 2011 verlängert. Ab 14. Februar 2011 war der Kläger von seiner Arbeitgeberin als Leiharbeitnehmer an die Beklagte verliehen. Am 09. Juni 2011 schloss der Kläger mit der Beklagten einen für die Beklagte von deren damaligen Geschäftsführer Dr. G. unterzeichneten schriftlichen Arbeitsvertrag (Bl. 12 - 14 d. A.; im Folgenden: AV) über eine Tätigkeit bei der Beklagten als Einrichter beginnend ab 01. Januar 2012 zu einem Bruttostundenlohn von 14,50 Euro bei einer regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden. Alleiniger Ansprechpartner des Klägers bei den Vertragsverhandlungen war der Zeuge R., der - ohne dass dies dem Kläger bekannt war - die Beklagte bis 31. August 2011 als externer technischer Berater beim Aufbau und der Inbetriebnahme der neuen Fertigungsanlagen am Standort der Beklagten in C-Stadt unterstützte und zum 01. September 2011 als Abteilungsleiter "Industrialisierung" eingestellt wurde. Ziff. 2, 3, 11 AV enthalten folgende Regelungen:
"2. Beginn/Probezeit
Das Arbeitsverhältnis tritt am 01.01.2012 in Kraft.
Die ersten 3 Monate gelten als vorgeschaltete Probezeit.
Innerhalb der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseits mit einer Frist von 2 Wochen gekündigt werden, nicht jedoch vor Arbeitsantritt.
3. Vertragsende und Kündigung
Nach Ablauf der Probezeit ist der Vertrag von jeder der Parteien mit einer Frist von 3 Monaten zum Monatsende kündbar.
Vertragsänderungen und -ergänzungen
Jede Ergänzung und Änderung sowie die Aufhebung dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. ..."
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 22. Februar 2012, dem Kläger zugegangen am 23. Februar 2012, "innerhalb der Probezeit ordentlich und fristgemäß zum nächstmöglichen Termin" und teilte zugleich mit, das Arbeitsverhältnis ende damit zum 08. März 2012.
Der Kläger hat am 13. März 2012 beim Arbeitsgericht Gießen Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht zum 08. März 2012 aufgelöst worden ist, sondern bis zum 31. Mai 2012 fortbesteht. Das Arbeitsgericht Gießen hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 21. Mai 2012 an das örtlich zuständige Arbeitsgericht Koblenz verwiesen.
Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die Kündigung habe das Arbeitsverhältnis erst zum 31. Mai 2012 beendet. Er habe mit dem für sämtliche Personalfragen im Zusammenhang mit den Leiharbeitnehmern zuständigen Zeugen R., als Personalchef und einzigem Ansprechpartner die Vertragsverhandlungen geführt. Dieser habe ihm am 21. und 22. Juli 2011 und am 17. August und 29. September 2011 unter vier Augen zugesagt, die Probezeit betrage nur einen Monat. Hintergrund der Gespräche über die Probezeit sei gewesen, dass er bei der Beklagten ab 01. August 2011 (leider nur bis 31. August 2011) ohne vorherige Absprache als Schichtleiter eingesetzt worden sei. Unabhängig davon, ob der Zeuge R. im Innenverhältnis zur Beklagten berechtigt gewesen sei, Zusagen zu machen, habe er keine Veranlassung gehabt, nicht darauf zu vertrauen, dass er sein erster Ansprechpartner sei. Dies auch vor dem Hintergrund, dass der Zeuge R. ihm mitgeteilt habe, eine Einstellung könne zur Vermeidung einer ansonsten für die Beklagte anfallenden Ablösesumme gegenüber der Leiharbeitsfirma in Höhe von 4.000,00 bis 5.000,00 Euro erst zum 01. Januar 2012 erfolgen könne. Dem widerspreche auch nicht, dass der Arbeitsvertrag vom Geschäftsführer der Beklagten unterzeichnet worden sei, da dieser den Empfehlungen des Zeugen R. Folge geleistet habe. Es sei unzutreffend, dass die zunächst vereinbarte dreimonatige Probezeit ein Entgegenkommen der Beklagten dargestellt habe, da ihm bekannt sei, dass regelmäßig für Schichtleiter und Einrichter eine Probezeit von drei Monaten vereinbart werde. Auch nach Vertragsschluss sei der Zeuge R. sein Ansprechpartner für Personalfragen gewesen. Der Beklagten sei es nach § 242 BGB verwehrt, sich nunmehr mit dem zurechenbaren Verhalten des Zeugen R. in Widerspruch zu setzen.
Nach Hinweis des Arbeitsgerichts im Kammertermin vom 24. Oktober 2012 auf Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Feststellungsklage hat der Kläger hilfsweise Vergütungsansprüche für den Zeitraum vom 09. März bis 31. Mai 2012, basierend auf einer monatliche Bruttovergütung von 2.446,62 Euro brutto, geltend gemacht und zuletzt beantragt,
[1] | es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 22.02.2012, zugegangen am 23.02.2012, nicht zum 08.03.2012 aufgelöst worden ist, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 08.03.2012 hinaus bis zum 31.05.2012 fortbesteht, |
2. | hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag zu 1.: |
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.640,83 Euro brutto zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage wird abgewiesen.
Sie hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, das Arbeitsverhältnis sei im Rahmen der bis 31. März 2012 dauernden Probezeit unter Einhaltung der Probezeitkündigungsfrist mit dem 08. März 2012 beendet worden, ohne dass es einer Begründung bedurft habe. Trotz der vorherigen Tätigkeit des Klägers als Leiharbeitnehmer habe sie ein berechtigtes Interesse an dessen Erprobung gehabt. Von einem Verstoß gegen Treu und Glauben könne keine Rede sein. Der Zeuge R. sei weder Personalleiter gewesen, noch als solcher aufgetreten. Er habe dem Kläger lediglich mitgeteilt, er werde der Geschäftsleitung aufgrund der Vorbeschäftigung des Klägers empfehlen, die Probezeit von 6 Monaten etwas zu verkürzen und dieser Empfehlung sei die Geschäftsleitung mit der - auch für Schichtleiter nicht üblichen - wirksam vereinbarten 3-monatigen Probezeit nachgekommen. Vor diesem Hintergrund werde ausdrücklich bestritten, dass der Zeuge R. dem Kläger zu irgendeinem Zeitpunkt eine einmonatige Kündigungsfrist zugesagt habe. Der Kläger habe auch keine Veranlassung zu der Annahme gehabt, der Zeuge sei berechtigt, entgegen der Regelungen des Arbeitsvertrages anderweitige Absprachen für die Beklagte zu treffen, da dieser weder als Personalleiter in Erscheinung getreten, noch durch sein Verhalten entsprechenden Eindruck erweckt habe. Die Voraussetzungen einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht scheiterten bereits daran, dass sie von einem vermeintlichem Vertreterverhalten des Zeugen keine Kenntnis gehabt habe und auch nicht hätte haben können, zumal eine gewisse Häufigkeit und Dauer nicht vorliege. Zudem habe sie mit Wirkung zum 06. Juni 2011 den Zeugen Z als Werkleiter und zum 01. September 2011 den Zeugen H als Fertigungsleiter eingestellt, die fortan für die Leiharbeitnehmer verantwortlich gewesen seien.
Das Arbeitsgericht Koblenz hat die Klage mit Urteil vom 24. Oktober 2012 (Bl. 73 - 82 d. A.), auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, abgewiesen und zur Begründung angeführt, der Feststellungsantrag sei bereits mangels besonderen Feststellungsinteresses unzulässig und die hilfsweise zur Entscheidung gestellte Zahlungsklage unbegründet. Dem Kläger stehe ein über den 08. März 2012 hinausgehender Annahmeverzugslohnanspruch nicht zu, da die Kündigung der Beklagten in der Probezeit erklärt worden und insbesondere eine Vereinbarung über eine Verkürzung der Probezeit nicht zustande gekommen sei, weil der Kläger die Voraussetzungen einer Duldungs- und Anscheinsvollmacht nicht ausreichend dargelegt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 76 ff. d. A. Bezug genommen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 12. November 2012 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2012, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 12. Dezember 2012 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis 15. Februar 2012 mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 14. Februar 2012 begründet.
Der Kläger, der im Berufungsverfahren ausschließlich noch Zahlungsansprüche - teilweise zur Auszahlung an sich selbst, teilweise zur Auszahlung an seine Krankenkasse und die Bundesagentur für Arbeit - verfolgt, macht mit der Berufungsbegründung, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 107 ff. d. A.), im Wesentlichen geltend, das Arbeitsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass die Voraussetzungen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht nicht vorlägen, da der Zeuge R. ihn als sein alleiniger Ansprechpartner abgeworben habe, es diesem auch darum gegangen sei, die Vertragsstrafe für die Beklagte zu vermeiden und er deshalb für die Verlängerung des Vertrags mit seiner früheren Arbeitgeberin gesorgt habe. Aus diesen lang andauernden Abläufen ergebe sich der Rechtsschein der Bevollmächtigung. Dass der Arbeitsvertrag vom Geschäftsführer der Beklagten unterzeichnet worden sei, widerspreche dem nicht, da dieser sich vorbehalten könne, alle Entscheidungen, auch wenn sie von Beauftragten vorbereitet worden seien, selbst zu unterzeichnen. Da er vom 09. März bis 01. April 2012 im Einzelnen beziffertes Krankengeld und vom 02. April bis 31. Mai 2012 im Einzelnen beziffertes Arbeitslosengeld bezogen habe und die entsprechenden Sozialversicherungsträger ihn zur Geltendmachung im eigenen Namen, aber zur Auszahlung an diese ermächtigt hätten, sei die Klage - unter im Einzelnen dargelegter teilweiser Erweiterung und Reduzierung bezüglich der Höhe der erstinstanzlich geltend gemachten Forderungen - hinsichtlich des ihm zustehenden Annahmeverzuges für den Zeitraum vom 09. März bis 31. Mai 2012 umzustellen gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24.10.2012 - 4 Ca 1936/12 -, zugestellt am 12.11.2012, wird aufgehoben und die Beklagte unter Erweiterung der Klage für den Monat März 2012 (in Höhe von 108,41 Euro) und den Monat Mai 2012 (in Höhe von 221,38 Euro) verurteilt,
a) | an den Kläger 6.960,00 Euro brutto abzüglich 3.090,46 Euro netto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz aus 1.856,00 Euro brutto abzüglich 1.140,02 Euro netto seit dem 01.04.12 und aus 2.436,00 Euro brutto abzüglich 985,04 Euro netto seit dem 01.05.12 und aus 2.668,00 Euro brutto abzüglich 965,40 Euro netto seit dem 01.06.12 und |
b) | an die D-Gesundheit, A-str., B zur Leistungsnummer ................ 1.191,84 Euro netto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.140,02 seit dem 01.04.12 und aus 51,82 seit dem 01.05.12 und |
c) | an die Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit N, zur Kundennummer ..................... 1.898,62 Euro netto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz aus 933,22 seit dem 01.05.12 und aus 965,40 seit dem 01.06.12 zu zahlen. |
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 15. März 2012, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 149 ff. d. A.) und trägt im Wesentlichen vor, gerade die - vom Kläger ausdrücklich zugestandene - Tatsache, dass ihr Geschäftsführer sich vorbehalten habe, den Arbeitsvertrag selbst zu unterzeichnen, belege mehr als deutlich, dass die Entscheidungs- und Vertretungsmacht des Zeugen R. nicht so weit reiche, wie der Kläger es sich nun wünsche. Dass der Zeuge den Kläger wegen einer Anstellung bei der Beklagten kontaktiert habe und alleiniger Ansprechpartner gewesen sei, besage noch nichts über seine Befugnisse, die Beklagte rechtsgeschäftlich zu vertreten; der Kläger selbst gehe davon aus, der Zeuge habe die Entscheidung der Geschäftsführung nur vorbereitet, was sich gerade aufgrund der Schriftformklausel des Arbeitsvertrages auch aufdränge. Mit dem Hinweis des Arbeitsgerichts, der Kläger habe nichts zu einer angeblichen Kenntnis der Beklagten von einem vermeintlichem Handeln des Zeugen R. mit Außenwirkung vorgetragen, setze sich die Berufungsbegründung zudem nicht auseinander.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes des zweitinstanzlichen Verfahrens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift vom 14. Mai 2013 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A. Die zulässige Berufung des Klägers ist in der Sache nicht erfolgreich.
I. Die Berufung ist zulässig.
1. Die Berufung ist statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchstabe b ArbGG), wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 12. November 2012 mit am 12. Dezember 2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 11. Dezember 2012 form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 519 ZPO) und nach Fristverlängerung bis 15. Februar 2013 mit Schriftsatz vom 14. Februar 2013, eingegangen am gleichen Tag, rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO).
2. Die Begründung setzt sich in hinreichender Weise mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinander (§ 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO). Soweit die Beklagte rügt, die Berufungsbegründung befasse sich nicht mit der vom Arbeitsgericht verlangten Kenntnis des Vertretenen von einem vermeintlichen Handeln des Zeugen R. mit Außenwirkung, führt dies nicht zur Unzulässigkeit der Berufung. Zwar gen ügt eine Berufungsbegründung den Anforderungen des § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Hat das erstinstanzliche Gericht seine Entscheidung auf mehrere, voneinander unabhängige, das Urteil selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung das Urteil in allen diesen Punkten angreifen. Es ist deshalb für jede der mehreren, rechtlich selbständig tragenden Erwägungen darzulegen, warum sie nach Auffassung des Berufungsführers die Entscheidung nicht rechtfertigt. Andernfalls ist das Rechtsmittel insgesamt unzulässig (vgl. BAG 19. Oktober 2010 - 6 AZR 118/10 - Rn. 8; 28. Mai 2009 - 2 AZR 223/08 - Rn. 14; 08. Mai 2008 - 6 AZR 517/07 - Rn. 28; LAG Rheinland-Pfalz 07. März 2013 - 10 Sa 507/12 - Rn. 37, jeweils zitiert nach [...]). Wenn das Arbeitsgericht die (positive) Kenntnis der Beklagten vom angeblichen Vertreterhandeln des Zeugen R. als Voraussetzung für das Vorliegen einer Duldungsvollmacht verneint hat, handelt es sich nicht um eine seine Entscheidung selbstständig tragende Erwägung, da alternativ das Vorliegen einer Anscheinsvollmacht in Frage steht. Die fehlenden Ausführungen der Berufung zu einer positiven Kenntnis der Beklagten vom angeblichen Verhalten des Zeugen R. führt daher nicht zur Unzulässigkeit der Berufung.
3. Soweit der Kläger seine Klage im Berufungsrechtszug teilweise geändert hat, stehen dem prozessuale Bedenken nicht entgegen. Eine Klageänderung im Berufungsverfahren ist nach §§ 64 Abs. 4 ArbGG, 533 ZPO nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält (Nr. 1) und die Klageänderung auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (Nr. 2). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. In der teilweisen geringfügigen Erweiterung und Beschränkung der auf Zahlung an den Kläger persönlich gerichteten Klageforderung ohne Änderung des Klagegrundes aufgrund einer geänderten Berechnungsmethode liegt bereits kein Änderung der Klage (§ 264 Nr. 2 ZPO). Wenn der Kläger darüber hinaus im Berufungsverfahren infolge Leistungsbezugs auf die Bundesagentur für Arbeit und die D-Gesundheit übergegangene Ansprüche mit den Anträgen zu b) und c) im Wege zulässiger gewillkürter Prozessstandschaft geltend macht (vgl. hierzu BAG 23. September 2009 - 5 AZR 518/08 - Rn. 14, zitiert nach [...]), war die hierin liegende Klageänderung gemäß § 533 ZPO zulässig. Ungeachtet dessen, dass die Beklagte sich in der mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage widerspruchslos eingelassen hat und von ihrer Einwilligung daher nach § 267 ZPO auszugehen ist, war die Klageänderung auch sachdienlich, da der Vermeidung eines weiteren Rechtsstreits dienend (vgl. MünchKomm-ZPO - Rimmelspacher 4. Aufl. 2012 § 533 Rn. 13). Die Klageänderung im Berufungsverfahren genügt auch § 533 Nr. 2 ZPO, da sie - soweit nicht ohnehin auf unstreitige - auf Tatsachen gestützt wird, die das Berufungsgericht im Rahmen seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zu berücksichtigen hatte. Auch die Sozialversicherungsträgern können Ansprüche aus übergegangenem Recht nur geltend machen, soweit die Kündigung der Beklagten das Arbeitsverhältnis nicht zum 08. März 2012 beendet hat.
II. Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht geht mit zutreffenden Erwägungen davon aus, dass dem Kläger die mit der Berufung allein noch geltend gemachten Vergütungsansprüche für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist am 08. März 2012 nicht zustehen (Antrag zu a)), da das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 22. Februar 2012 zu diesem Zeitpunkt unter Einhaltung der einschlägigen Probezeitkündigungsfrist wirksam beendet worden ist. Auch hinsichtlich der im Berufungsverfahren geänderten Klageanträge zu b) und c), mit denen der Kläger Ansprüche der Sozialversicherungsträger in gewillkürter Prozessstandschaft verfolgt, blieb das Rechtsmittel infolge wirksamer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 08. März 2012 erfolglos. Die Berufung war zurückzuweisen.
1. Die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 22. Februar 2012 ist mangels Erfüllung der Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG nicht auf ihre soziale Rechtfertigung nach § 1 KSchG zu überprüfen. Da das Arbeitsverhältnis der Parteien ausweislich § 2 Satz 1 AV am 01. Januar 2012 begonnen hat, hat es bei Zugang der Kündigung vom 22. Februar 2012 noch keine sechs Monate gemäß § 1 Abs. 1 KSchG bestanden.
Mit dem Arbeitsgericht geht die Berufungskammer davon aus, dass die vom Kläger als Leiharbeitnehmer im Betrieb der Beklagten zurückgelegte Beschäftigungszeit vom 14. Februar 2011 bis 31. Dezember 2011 nicht bei der Berechnung der sechsmonatigen Wartezeit des § 1 Abs.1 KSchG zu berücksichtigen ist. Nach ganz herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur, ist eine als Leiharbeitnehmer im Betrieb des späteren Arbeitgebers verbrachte Zeit nicht auf die Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG anzurechnen ist (LAG Rheinland-Pfalz 08. Mai 2011 - 8 Sa 137/11 - Rn. 33, 27. November 2008 - 10 Sa 486/08 - Rn. 44, LAG Köln 29. Mai 2009 - 4 Sa 1096/08 - Rn. 19, jeweils zitiert nach [...]; ErfK/Oetker, 13. Auflage § 1 KSchG Rn 36; vgl. auch BAG v. 08.12.1988 - 2 AZR 308/88 - AP Nr. 6 zu § 1 BeSchFG 1985). Da ein Leiharbeitnehmer bei erlaubter gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung sich lediglich im Verhältnis zum Verleiher in einem Arbeitsverhältnis befindet, kann die Zeit der Beschäftigung als Leiharbeitnehmer bei Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem ehemaligen Entleiher nicht bei Berechnung der Wartezeit berücksichtigt werden (KR-Griebeling,10. Auflage, § 1 KSchG, Rz. 106, m. w. N.). Der vom Kläger im Rahmen der Erörterungen in der Berufungsverhandlung vertretenen Auffassung, an dieser Sichtweise ändere sich möglicherweise etwas durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, dass Leiharbeitnehmer bei der für die Größe des Betriebsrats maßgeblichen Anzahl der Arbeitnehmer eines Betriebs nach § 9 BetrVG grundsätzlich zu berücksichtigen sind (BAG 13. März 2013 zu - 7 ABR 69/11- PM, zitiert nach [...]), vermochte die Kammer nicht zu folgen. Die herangezogene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts befasst sich ebenso wie dessen Entscheidung, dass bei der Berechnung der Betriebsgröße nach § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG auch im Betrieb beschäftigte Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen sind, wenn ihr Einsatz auf einem "in der Regel" vorhandenen Personalbedarf beruht (BAG 24. Januar 2013 - 2 AZR 140/12 - PM, zitiert nach [...]) ausschließlich mit der Frage der Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei der Ermittlung der Größe des Betriebs, während § 1 Abs. 1 KSchG auf den Bestand des individuellen Arbeitsverhältnisses im Betrieb abstellt. Eine entsprechende Betrachtung ist daher nicht geboten.
2. Die Beklagte hat mit ihrer zum 08. März 2012 ausgesprochenen Kündigung vom 22. Februar 2012 die zwischen den Parteien vereinbarte Probezeitkündigungsfrist eingehalten. Die Probezeit war bei Kündigungsausspruch nicht abgelaufen, insbesondere liegt eine wirksame Kürzungsvereinbarung bezüglich der Probezeit nicht vor.
2.1. Die Parteien haben in § 1 Satz 2 AV eine dreimonatige Probezeit beginnend ab 01. Januar 2012 vereinbart. Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit der vereinbarten Probezeit bestehen nicht und werden auch vom Kläger nicht geäußert. Die dreimonatige Probezeit war bei Kündigungszugang am 23. Februar 2012 noch nicht abgelaufen, insbesondere findet die vom Kläger als Leiharbeitnehmer im Betrieb der Beklagten zurückgelegte Zeit aus den unter A II 1 dargestellten Gründen keine Berücksichtigung (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 18. Mai 2011 - 8 Sa 137/11, Rn. 33, 34; LAG Rheinland-Pfalz 27. November 2008 - 10 Sa 486/08 - Rn. 44, jeweils zitiert nach [...]).
2.2. Entgegen der Auffassung des Klägers haben die Parteien eine Abkürzung der Probezeit nicht vereinbart. Selbst wenn man zu seinen Gunsten den von der Beklagten bestrittenen Vortrag als zutreffend unterstellt, der Zeuge R. habe dem Kläger am 21. und 27. Juli 2011, 17. August 2011 und 29. September 2011 unter vier Augen mitgeteilt, die Probezeit betrage nur einen Monat, liegt hierin eine die Beklagte bindende Vereinbarung nicht.
a) Der darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat den Vortrag der Beklagten nicht in Abrede gestellt, dass der Zeuge R. bei der Beklagten Personalleiter weder war, noch ist und dass er zum Abschluss von Verträgen namens der Beklagten gemäß § 167 Abs. 1 BGB nicht bevollmächtigt war.
b) Auch wenn man die vom Kläger behaupteten und von der Beklagten bestrittenen Zusagen des Zeugen R. im Hinblick auf die Abkürzung der Probezeit als zutreffend unterstellt, sind sie der Beklagten nicht nach den Grundsätzen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht zuzurechnen. Hiervon geht das Arbeitsgericht zu Recht aus.
(1) Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es willentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt, und der Geschäftspartner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin versteht und auch verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde zu den vorgenommenen Erklärungen bevollmächtigt ist. Eine Anscheinsvollmacht ist dagegen gegeben, wenn der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters nicht kennt, er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, und wenn der Geschäftspartner nach Treu und Glauben annehmen durfte, der Vertretene kenne und billige das Handeln des Vertreters (BGH 11. Mai 2011 - VIII ZR 289/09 - Rn. 15 f., LAG Hessen 25. Juni 2012 - 17 Sa 1644/11 - Rn. 93; jeweils zitiert nach [...]), wobei in der Regel das Verhalten von einer gewissen Dauer und Häufigkeit sein muss (BGH 11. Mai 2011 - VIII ZR 289/09 - aaO). Wie die Duldungsvollmacht erfordert auch die Anscheinsvollmacht, dass der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen darf, der als Vertreter Handelnde sei bevollmächtigt. Das setzt in der Regel voraus, dass der Geschäftsgegner die Tatsachen kennt, aus denen sich der Rechtsschein der Bevollmächtigung ergibt (BGH 10. Januar 2007 - VIII ZR 380/04 - Rn. 25 zitiert nach [...]; 15. Dezember 1955 - II ZR 181/54 - WM 1956, 154 unter II 2).
(2) Vom Vorliegen einer Duldungsvollmacht ist - worauf die Beklagte unter Bezugnahme auf die angegriffene Entscheidung in der Berufungserwiderung zutreffend hinweist - bereits nicht auszugehen, weil der Kläger nicht vorgetragen hat, dass die Beklagte positive Kenntnis davon hatte, dass der Zeuge R. als ihr Vertreter auftritt und dass sie sein Verhalten duldete.
(3) Auch die Voraussetzungen einer Anscheinsvollmacht sind nicht gegeben.
Unabhängig davon, dass der Vortrag des Klägers bereits Anhaltspunkte dafür vermissen lässt, dass die Beklagte bei pflichtgemäßer Sorgfalt das Verhalten des Zeugen R. hätte erkennen und verhindern können, durfte der Kläger nach Treu und Glauben nicht annehmen, der Zeuge sei zur Vertretung der Beklagten bevollmächtigt. Allein die Tatsache, dass der Zeuge R. alleiniger Ansprechpartner des Klägers während der Vertragsverhandlungen bei der Anbahnung des Arbeitsverhältnisses und auch danach war, genügt hierzu nicht. Entscheidend gegen eine derartige Annahme spricht vielmehr, dass der Arbeitsvertrag der Parteien unstreitig vom damaligen Geschäftsführer der Beklagten unterzeichnet wurde und der Kläger daher - selbst wenn der Vertragsinhalt dem mit dem Zeugen R. erzielten Verhandlungsergebnis entsprochen haben mag - nicht davon ausgehen konnte, bereits die Abreden mit Zeugen R. führten zu einer Vertragsbindung der Beklagten. Dies erkennt der Kläger selbst, indem er im Berufungsverfahren vorträgt, der Geschäftsführer könne sich vorbehalten, alle Entscheidungen, auch wenn sie von Beauftragten vorbereitet worden seien, selbst zu unterzeichnen. Die bloße Vorbereitung beinhaltet die Vertretung gerade nicht. Dies gilt erst recht, wenn sich der Kläger vorliegend darauf beruft, mit dem Zeugen R. im Vergleich zum vom Geschäftsführer der Beklagten unterzeichneten Arbeitsvertrag eine Abkürzung der Probezeit vereinbart zu haben. Es bestand keine Veranlassung anzunehmen, dass allein der Zeuge R. mündlich eine derartige Abweichung vereinbaren durfte (vgl. BAG 16. März 2003 - 2 AZR 609/01 - Rn. 31, zitiert nach [...]), zumal auch die in § 11 AV enthaltene Schriftformklausel, ungeachtet deren rechtlicher Bedeutung für mündliche Abreden zumindest dem Rechtsschein der Bevollmächtigung entgegenstand. Dass der Zeuge R. zur Vermeidung einer ansonsten fällig werdenden Vertragsstrafe der Beklagten gegenüber der früheren Arbeitgeberin des Klägers sich für die Verlängerung von dessen Vor-Arbeitsverhältnis eingesetzt haben mag, führt nicht zu einer anderen Betrachtung. Auch der mit Vertragsverhandlungen beauftragte externe Berater bzw. Mitarbeiter hat die Interessen der Auftraggeberin zu wahren, ohne dass dies für das Vorliegen einer Vertretungsbefugnis spräche.
3. Da nach alledem aus dem beendeten Arbeitsverhältnis Vergütungsansprüche für die Zeit nach dem 08. März 2012 nicht bestehen, blieb das Rechtsmittel erfolglos.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht ersichtlich.