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  • 24.09.2013 · IWW-Abrufnummer 133208

    Landesarbeitsgericht: Urteil vom 16.07.2013 – 11 Sa 142/13

    1. Es besteht kein allg. Rechtssatz, wonach die Zuweisung von Arbeitseinsätzen von weniger als einer Stunde unzulässig ist.

    2. Ist eine pädagogische Mitarbeiterin für den "stundenweisen Einsatz" eingestellt, ist jeder einzelne Arbeitseinsatz in vollen Stunden abzurechnen. 3. Zur Berechnung von sog. Brückentagen und Sonderurlaub im Zusammenhang mit den Sonderregelungen für die unterrichtsfreie Zeit/Schulferien.


    Tenor:

    Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts B-Stadt vom 14.12.2012 - 3 Ca 453/12 Ö - teilweise abgeändert.

    Es wird festgestellt, dass der Klägerin gegen das beklagte Land ein Anspruch auf ein Zeitguthaben von 109,75 Stunden für das Schuljahr 2011/2012 zusteht.

    Es wird festgestellt, dass Zeiten des Sonderurlaubs mit der vertraglich vereinbarten Betreuungs- und Vertretungsstundenzahl abzurechnen sind.

    Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

    Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin ?, das beklagte Land ?.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten darüber, wie die Arbeitsleistung der Klägerin abzurechnen ist, wie bestimmte arbeitsfreie Tage zu erfassen sind und ob der Klägerin im Ergebnis ein Arbeitszeitguthaben zusteht.

    Die Klägerin ist bei dem beklagten Land als pädagogische Mitarbeiterin an der Grundschule in B. seit dem 05.07.2004 beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein sog. kombinierter Arbeitsvertrag für den regelmäßigen Einsatz und/oder den Einsatz auf Abruf von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an Grundschulen vom 05.07.2004 (Bl. 8-10 d.A.) zugrunde. Gemäß Änderungsvertrag vom 01.02.2006 wurde die in § 1 des Ausgangsarbeitsvertrages festgelegte Stundenzahl zur regelmäßigen Erteilung von schulspezifischen unterrichtsergänzenden Angeboten (sog. Betreuungsstunden) ab dem 01.02.2006 von 3 auf 5 Stunden wöchentlich erhöht. Zugleich wurden die in § 1 des Ursprungsarbeitsvertrages festgelegten Stunden zum stundenweisen Einsatz auf Abruf im Rahmen des Vertretungskonzeptes ab dem 01.02.2006 von bisher 10 auf 7 Stunden wöchentlich gekürzt. Dies entsprach einer von der Klägerin in rechnerischer Hinsicht zu leistenden Gesamtstundenzahl von 480 Stunden im Schuljahr. Die Klägerin erhält dafür eine verstetigte, monatlich gezahlte Vergütung, in der die Schulferienzeiten im Berechnungsfaktor rechnerisch berücksichtigt sind. Die von der Klägerin geleisteten Arbeitszeiten wurden von der Schulleitung tageweise notiert; eine Kopie liegt in der Akte nicht vor.

    Wegen der Beschäftigung von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Grundschulen besteht ein Runderlass der Ministerkonferenz vom 18.05.2004. Unter Ziffer 2 heisst es darin:

    "Bei Einsatz von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rahmen der unterrichtsergänzenden Angebote sind Zeitstunden zugrunde zu legen, beim Einsatz während der Unterrichtszeit in einer Klasse ist eine Unterrichtstunde wie eine Zeitstunde zu rechnen."

    Die im Rahmen des Vertretungskonzepts geleisteten Stunden im Unterricht wurden entsprechend dem Erlass mit 60 Minuten abgerechnet. Darüber besteht kein Streit. Im Rahmen der unterrichtsergänzenden Angebote (Betreuungsstunden) wurde die Klägerin zunächst ausschließlich mit 45 - 50 Minuten mittags eingesetzt. Die Abrechnung bis Ende des Schuljahrs 2008/2009 ist unstreitig. Mit Beginn des Schuljahrs 2009/2010 wurde die Klägerin in Umsetzung eines erweiterten Konzeptes, das in einer Dienstbesprechung verabschiedet worden war, auch morgens von 7.45 - 8.10 Uhr eingesetzt. Zeitgleich war die Stelle der Schulleiterin infolge Pensionierung der bisherigen Leiterin vakant geworden. In der Folgezeit wurden die Betreuungsstunden der Klägerin "spitz" abgerechnet, nämlich mit 25 Minuten morgens (an 3 Tagen) und 45 Minuten mittags (an 4 Tagen). Für das Schuljahr 2010/2011 errechnete die Schulleitung ein Minus von 60 Stunden und teilte der Klägerin mit, dass diese Minusstunden im folgenden Schuljahr nachzuarbeiten seien. Die darauf eingeschaltete Landesschulbehörde teilte mit Schreiben vom 8.6.2012 (Bl. 12 d.A.) mit, dass "noch 11 Stunden, die wegen vermeintlicher Minusstunden im 1. Halbjahr geleistet wurden, ebenfalls nicht angerechnet wurden."

    Ferner hat die Klägerin mehrfach Sonderurlaub auf Grundlage der SonderurlaubsVO (Bl. 105 ff. d.A.) in Anspruch genommen, um ihr eigenes schwerstbehindertes Kind zu betreuen. Streitig ist auch, ob unterrichtsfreie "Brückentage" rechnerisch in Ansatz zu bringen sind oder nicht. So hatte die Klägerin in der 20. Kalenderwoche vom 15.06. bis 16.05.2012 Sonderurlaub erhalten, am 17.05.2012 war wegen Christi Himmelfahrt unterrichtsfrei, am 18.05.2012 fand wegen eines sog. Brückentages kein Unterricht statt. Die Beklagte rechnete die Kalenderwoche der Klägerin mit 2,25 Stunden (3 x 25 Min.) ab.

    Das beklagte Land geht davon aus, dass die tatsächlich geleisteten Zeiten großzügig erfasst wurden und insgesamt der vertragliche Rahmen von 480 Stunden im Schuljahr 2011/2012 nicht überschritten ist.

    Die Klägerin macht geltend, die von ihr im Rahmen der arbeitsvertraglich geleisteten Tätigkeiten absolvierten Betreuungsstunden seien nicht "spitz" abzurechnen, sondern jeweils mit 60 Minuten. Wenn die Schule sich entscheide, für die Betreuung der Kinder nur 45 Minuten (mittags) oder 25 Minuten (morgens) zur Verfügung zu stellen, seien den pädagogischen Mitarbeiterinnen dennoch 60 Minuten anzurechnen. Sie errechnet daraus für das Schuljahr 2011/2012 eine Jahressumme von 592,75 Stunden.

    Die Klägerin meint weiter, die Hinzurechnung von Minusstunden aus dem Schuljahr 2010/2011 in das Folgeschuljahr sei rechtswidrig. Schließlich sei die Beklagte verpflichtet, die Kalenderwochen, in denen der Klägerin Sonderurlaub gewährt bzw. der Unterricht wegen sog. Brückentage ausgefallen ist, wie Krankheitstage abzurechnen, d. h. für die Klägerin mit der vertraglichen Wochenstundenzahl von 12,00 Stunden.

    Die Klägerin hat beantragt,

    1. festzustellen, dass ihr gegen das beklagte Land ein Anspruch auf ein Zeitguthaben in Höhe von 112,75 Stunden für das Schuljahr 2011/2012 zusteht;

    2. festzustellen, dass die von der Klägerin als pädagogische Mitarbeiterin in der Grundschule B. zu leistenden Betreuungsstunden mit 60 Minuten pro Betreuungsstunde abzurechnen sind und es unzulässig ist, für ein abgelaufenes Schuljahr Minusstunden der Klägerin anzulasten, die in dem nächsten Schuljahr zusätzlich zu der für das Schuljahr vereinbarten Stundenzahl zu leisten sind;

    3. festzustellen, dass Zeiten des Sonderurlaubes und von sog. "Brückentagen" mit der vertraglich vereinbarten Betreuung- und Vertretungsstundenzahl abzurechnen sind.

    Das beklagte Land hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Im Übrigen wird wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

    Das Arbeitsgericht Osnabrück hat mit Urteil vom 14.12.2012 die Klage abgewiesen. Die erhobene Feststellungsklage sei zulässig, aber unbegründet.

    Ein Zeitguthaben in unstreitig berechneter Höhe von 112,75 Stunden für das Schuljahr 2011/2012 stehe der Klägerin nicht zu. Das beklagte Land habe die erbrachten Arbeitsleistungen gemäß den arbeitsvertraglichen Grundlagen korrekt abgerechnet. Soweit die Klägerin ihr Begehren darauf stütze, dass die im Rahmen der von ihr zu erbringenden Betreuungstätigkeit abgerechneten Arbeitszeiten "spitz" und nicht unter Zurechnung bis auf jeweils 60 Minuten abgerechnet worden seien, bestehe keine Anspruchsgrundlage dafür. Die Klägerin könne sich auch nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz berufen. Mit dem Runderlass der Ministerkonferenz vom 18.05.2004, auf den sich die Klägerin selbst beziehe, habe das beklagte Land in zulässiger Weise eine Differenzierung bei der Berechnung der Arbeitszeit bei Einsetzung pädagogischer Mitarbeiter je nach Einsatzart vorgenommen. Auch ohne nähere Anhaltspunkte könne davon ausgegangen werden, dass bei einem Einsatz während der Unterrichtszeit in einer Klasse unterrichtsgleiche Tätigkeit zu absolvieren sei, die ggf. höheren Qualitätsanforderungen gerecht werden müsse, als Zusatzangebote im Rahmen der unterrichtsergänzenden Angebotstätigkeit.

    Das beklagte Land sei auch berechtigt, die aus der vorgenommenen Abrechnung der geleisteten Tätigkeiten des Schuljahres 2010/2011 auf dem Arbeitszeitkonto der Klägerin sich ergebenden Minusstunden zu ihren Lasten in das folgende Schuljahr zu übertragen.

    Schließlich könne die Klägerin nicht verlangen, dass Zeiten des Sonderurlaubs und sogenannte Brückentage mit den vertraglich vereinbarten Betreuungs- und Vertretungsstunden abzurechnen sind. Auch hierfür finde sich keinerlei Anspruchsgrundlage. Insbesondere ergebe sich keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die Brückentage wie Krankheitstage abzurechnen seien. Im Gegenteil hätten die Parteien arbeitsvertraglich in der Summe ein Stundenkontingent vereinbart.

    Gegen dieses ihr am 08.01.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 06.02.2013 Berufung eingelegt und diese auch sogleich begründet.

    Entgegen der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts ergebe sich bereits aus dem Runderlass der Ministerkonferenz vom 18.05.2004, dass der Einsatz der pädagogischen Mitarbeiter im Rahmen der unterrichtsergänzenden Angebote und beim Einsatz während der Unterrichtszeit gleich zu behandeln und jeweils mit einer Zeitstunde abzurechnen sei. Andernfalls hätte es heißen müssen, dass im Rahmen der unterrichtsergänzenden Angebote die tatsächlich aufgewendete Betreuungszeit zu Grunde zu legen sei. Die unterschiedliche Formulierung sei dem Umstand geschuldet, dass eine Unterrichtsstunde von vornherein immer auf 45 Minuten festgelegt ist. Auch der Sinn und Zweck der unterschiedlichen sprachlichen Fassung spreche nicht gegen eine Gleichbehandlung. Entgegen den Ausführungen des Arbeitsgerichts sei beim Einsatz während des Unterrichts nicht per se von einer längeren Vorbereitungszeit auszugehen. Die pädagogische Mitarbeiterin dürfe nicht wie eine Lehrerin tätig werden, ihr Aufgabenbereich erstrecke sich lediglich auf die Aufsicht der Klasse. Dies erfordere keinerlei Vorbereitungszeit. Hingegen biete die Klägerin im Rahmen der unterrichtsergänzenden Angebote Basteln, Italienisch und Tänze an. Die Bastelarbeiten müssten vorgefertigt und ausgewählt werden, Material müsse ausgesucht und bestellt werden. Für das Angebot Italienisch seien entsprechende Spiele, Lieder oder Texte auszusuchen. Für das Angebot Tänze sei entsprechende Musik auszusuchen. Dies erfordere je Betreuungsstunde einen nicht unerheblichen Vorbereitungsaufwand.

    Eine Übertragung von Minusstunden aus dem vorangegangenen Schuljahr in das laufende Schuljahr sei unzulässig. Das beklagte Land trage grundsätzlich das Risiko, die Klägerin entsprechend ihrer arbeitsvertraglichen Stundenvorgaben einzusetzen.

    Vertraglich vereinbart sei eine zu leistende Wochenarbeitszeit von fünf Betreuungsstunden und sieben Vertretungsstunden. Wenn die Arbeitszeit wegen Erkrankung der Klägerin nicht geleistet werden könne, sei unstreitig die vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit im Rahmen der Entgeltfortzahlung zu vergüten. Nichts anderes könne gelten in den Fällen, wenn der Unterricht wegen Brückentagen oder genehmigten Sonderurlaubs ausfalle.

    Die Klägerin beantragt,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 14.12.2012 - 3 Ca 453/12 Ö - abzuändern und

    1. festzustellen, dass der Klägerin gegen das beklagte Land ein Anspruch auf ein Zeitguthaben in Höhe von 112,75 Stunden für das Schuljahr 2011/2012 zusteht,

    2. festzustellen, dass die von der Klägerin als pädagogische Mitarbeiterin der Grundschule B. zu leistenden Betreuungsstunden mit 60 Minuten pro Betreuungsstunde abzurechnen sind und es unzulässig ist, für ein abgelaufenes Schuljahr Minusstunden der Klägerin anzulasten, die in dem nächsten Schuljahr zusätzlich zu der für das Schuljahr veranlagten Stundenzahl zu leisten sind,

    3. festzustellen, dass Zeiten des Sonderurlaubs und von so genannten "Brückentagen" mit der vertraglich vereinbarten Betreuungs- und Vertretungsstundenzahl abzurechnen sind.

    Das beklagte Land beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Es verteidigt die angefochtene Entscheidung. Die tatsächliche Arbeitszeit der Klägerin in dem angegebenen Zeitraum sei korrekt eingestellt und abgerechnet worden. Die Klägerin sei vertragsgemäß vergütet worden. Auch aus der Berufungsbegründung werde nicht ersichtlich, woraus die Klägerin ihre vermeintlichen Ansprüche auf Abrechnung auf 60-Minuten-Basis herleiten wolle. Das Arbeitsgericht habe weiter zutreffend ausgeführt, dass das beklagte Land bei den verschiedenen Arten der Einsatzzeit von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern differenzieren könne. Die von der Klägerin behaupteten angeblich höheren Vorbereitungszeiten im Rahmen der unterrichtsergänzenden Angebote würden mit Nichtwissen bestritten. Im Übrigen könnten diese keine Berücksichtigung finden, da dies zur berufsspezifischen Tätigkeit von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehöre.

    Das beklagte Land habe keine Minusstunden aus dem vorangegangenen Schuljahren in das laufende Schuljahr übertragen.

    Auch könne die Klägerin mit ihrer Argumentation, dass bei Sonderurlaub entsprechend den Regelungen der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall weiter zu vergüten sei, nicht durchdringen. Eine derartige Vereinbarung gebe es nicht. Auch an den Brückentagen habe die Klägerin keine Tätigkeit entfaltet, so dass sie auch für die nicht geleistete Arbeitszeit keinen Anspruch auf Vergütung geltend machen könne.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftätze sowie die Protokollerklärungen der Parteien Bezug genommen.

    Im Verhandlungstermin vom 16.07.2013 haben die Parteien einen Teilvergleich dergestalt geschlossen, dass angefallene Minusstunden aus einem Schuljahr nicht in das folgende Schuljahr übertragen werden können.

    Entscheidungsgründe

    I.

    Die Berufung ist zulässig gemäß §§ 519, 520 ZPO, §§ 64, 66 ArbGG. Hinsichtlich des Berufungsantrages zu 3. ist zwar die Begründung äußerst knapp. Da auch die Ausführungen des angefochtenen Urteils zu diesem Punkt recht knapp abgefasst wird, kann auch die Berufungsbegründung als noch ausreichende Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil angesehen werden.

    II.

    1.

    Der Klägerin steht für das Schuljahr 2011/2012 noch ein Zeitguthaben von 109,75 Stunden zu.

    Der Feststellungsantrag ist diesbezüglich zulässig gemäß § 256 ZPO, weil davon auszugehen ist, dass das beklagte Land dem gerichtlichen Feststellungsurteil Folge leisten wird. Nicht geklärt ist damit allerdings die Folgefrage, ob dieses Stundenguthaben der Klägerin auszuzahlen oder möglicherweise im nächsten Schuljahr von dem vereinbarten Stundenkontingent abzuziehen ist. Dies schließt aber ein Feststellungsinteresse "dem Grunde nach" nicht aus.

    Die Kammer ist davon ausgegangen, dass entsprechend der Klagebegründung die geltend gemachte Gesamtstundenzahl sich wesentlich als Konsequenz der Fragestellung ergibt, ob die Betreuungsstunden "spitz" oder mit jeweils 60 Minuten abzurechnen sind. Da auch das beklagte Land eine taggenaue Erfassung bzw. Abrechnung der geleisteten Betreuungsstunden nicht vorgelegt hat, hat die Kammer das reine Rechenwerk insoweit als unstreitig behandelt, auch wenn es im Detail nicht nachzuvollziehen war. Letztlich ergibt ein Vergleich der beiderseitigen Rechenwerke auch, dass die Klägerin nicht 60 Minusstunden aus dem Vorjahr "nachgeleistet" hat. Dies haben die Parteien durch Teilvergleich bestätigt; eine Korrektur der Berechnung ist insoweit nicht erforderlich. Lediglich für einen Brückentag gemäß Antrag 3. sind drei Stunden abgezogen worden.

    Das beklagte Land ist verpflichtet, auch die von der Klägerin geleisteten Betreuungszeiten von 25 bzw. 45 Minuten jeweils mit einer vollen Stunde a 60 Minuten abzurechnen. Zum Verständnis des Streitstandes ist insoweit klarzustellen, dass die Klägerin in dem unbefristeten Arbeitsverhältnis eine ganzjährig durchlaufend verstetigte Vergütung ausbezahlt erhält. Ein Arbeitszeitkonto im tariftechnischen Sinne wird für die Klägerin nicht geführt. Vielmehr sind mittels manuell geführter Listen von dem vertraglich vereinbarten Gesamtstundenkontingent die geleisteten Arbeitsstunden sowie Ausfallzeiten mit Entgeltfortzahlung gedanklich in Abzug zu bringen.

    Spezialgesetzliche Vorschriften, die eine Anordnung geteilter Arbeitszeiten an einem Tag mit dem Umfang von jeweils deutlich unter einer Stunde untersagen, sind nicht vorhanden. In Betracht kämen allenfalls die Grenze des § 106 GewO (billiges Ermessen) bzw. § 242 BGB (Treu und Glauben) bei der Zuweisung der Arbeitseinsätze. Gegen die Zuweisung der Arbeitseinsätze als solche hat die Klägerin sich aber zu keinem Zeitpunkt gewehrt. Vielmehr war dies Konzept in der Schule einvernehmlich abgesprochen.

    Der zu Grunde liegende Erlass vom 18.05.2004 ist vom reinen Wortlaut her nach beiden Seiten hin auslegungsfähig. Einerseits macht der Erlass deutlich, dass zwischen Tätigkeiten im Unterricht und anderen Betreuungstätigkeiten unterschieden wird. Andererseits wird die Möglichkeit einer Abrechnung nach geleisteten Minuten nicht angesprochen, die Rede ist vielmehr von "Zeitstunden". Auch die Möglichkeit von Bruchteilen von Zeitstunden wird nicht genannt. Dies kann jedoch letztlich dahinstehen.

    Denn § 1 des Anstellungsvertrages vom 05.07.2004 spricht bezüglich der unterrichtsergänzenden Angebote von einer "stundenweisen Erteilung" sowie einem "stundenweisen Einsatz auf Abruf" im Rahmen des Vertretungskonzepts. Aufgegriffen wird diese Formulierung noch einmal in § 8, wonach bei einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Vergütung auf der Grundlage der "tatsächlichen erteilten Stunden" abgerechnet wird. Die rechtlichen Grundlagen der wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis richten sich aber ausschließlich nach dem geschlossenen Arbeitsvertrag, auch wenn dieser möglicherweise die Intention des Erlasses nicht treffend wiedergeben sollte. Der Wortlaut des Anstellungsvertrages wird bestätigt durch die von der Klägerin erstmalig mit Schriftsatz vom 08.07.2013 kurz vor dem Verhandlungstermin aufgestellte Behauptung, dass bis zum Jahre 2009 die mittäglichen Einsätze von 45 bzw. 50 Minuten von der damals amtierenden Rektorin jeweils als eine volle Zeiteinheit/Stunde aufgeschrieben worden seien. Das weitere unterrichtsergänzende Angebot von 25 Minuten vor Schulbeginn hat die Klägerin erstmalig mit dem Schuljahr 2009/2010 aufgenommen.

    Wenn nach dem Vertrag die Erteilung "stundenweise" erfolgen soll, ergibt sich daraus ohne ernstliche Zweifel, dass die Zeitstunde die Maßeinheit der Arbeitsverpflichtung der Klägerin sein soll. Auch aus dem gesamten, ausführlich abgefassten Arbeitsvertrag ergeben sich an keiner anderen Stelle inhaltliche Anhaltspunkte dafür, dass eine weitere Zerlegung in Bruchteile von Stunden, d. h. Minuten, vorgesehen sein soll. Dann ist es aber letztlich dem wirtschaftlichen Risiko des beklagten Landes zuzurechnen, wenn die Klägerin tatsächlich mit Aufgaben von weniger als einer vollen Zeiteinheit einer Stunde eingesetzt wird.

    Der Anspruch ist auch nicht verfallen nach § 37 des anwendbaren TV-L. Da das Stundenkontingent für die Dauer des gesamten Schuljahres vereinbart war, können evtl. Stundendifferenzen erst mit dem Ende des Schuljahres festgestellt werden. Unabhängig von der Frage einer Abrechnungserteilung beginnt die Ausschlussfrist jedenfalls erst mit Schuljahresende zu laufen. Das Schreiben der Schulbehörde vom 8.6.2012 enthält bereits eine Antwort auf ein anwaltliches Schreiben, dessen Datum und Inhalt nicht bekannt ist. Sowohl die Frage der Spitzabrechnung als auch der Minusstunden ist darin aber behandelt. Die Stundenabrechnung für das 2. Halbjahr wurde seitens der Klägerin mit Schreiben vom 12.9.2012 angefordert (Bl. 101 d.A.).

    2.

    Bei der Formulierung des Teilvergleiches im Verhandlungstermin über die Unzulässigkeit der Übertragung von Minusstunden ist nicht ausreichend beachtet worden, dass der Antrag zu 2. zwei unterschiedliche Komponenten enthielt, nämlich die Feststellung der Bemessung der Betreuungsstunden und die Frage der Übertragung von Minusstunden. Die Erledigungsklausel, wonach der Antrag zu Ziffer 2. insgesamt erledigt ist, ist insofern zu weit gefasst. Es mag dahin gestellt bleiben, ob die Erledigungsklausel einschränkend dahingehend auszulegen ist, dass die erste Hälfte des Antrags zu 2., nämlich die Übertragung der Minusstunden, durch den Teilvergleich nicht erledigt ist. Denn jedenfalls sind mit der ersten Hälfte des Antrages zu Ziffer 2. dieselben Rechtsfragen gestellt und zu beantworten, wie in dem bezifferten Antrag zu Ziffer 1. auch.

    3.

    Auch der Berufungsantrag zu 3. enthält zwei unterschiedliche Komponenten, die unterschiedlich zu beantworten sind. In beiden geht es darum, wie Wochentage ohne tatsächlichen Arbeitseinsatz in der Abrechnung zu erfassen sind.

    Bezüglich der Berücksichtigung von Brückentagen ist dem Arbeitsgericht darin zu folgen, dass eine Anspruchsgrundlage für die Berücksichtigung nicht erkennbar ist. Auch wenn ein entsprechender Erlass über die Grundlage der Brückentage im Termin nicht vorgelegt werden konnte, muss die Funktion von Brückentagen so verstanden werden, dass die durch ihren Einsatz entstehenden langen Wochenenden in der Sache besondere Schulferientage darstellen. Die Dauer der Schulferien ist aber bereits durch den Berechnungsfaktor in § 7 des Anstellungsvertrages im Rahmen der verstetigten Vergütung berücksichtigt. Da aus der Berechnung in der Klageschrift jedenfalls ein streitiger Brückentag zu ersehen ist, nämlich in der 20. Kalenderwoche, sind aus der Berechnung des Stundenguthabens gemäß Antrag zu 1 drei Stunden abgezogen worden.

    Nach der Sonderurlaubsverordnung sind jedenfalls bis zu zehn Tage des Sonderurlaubs im Kalenderjahr mit Entgeltfortzahlung anzurechnen. Insofern ist unverständlich, warum das beklagte Land sich in der Berufungserwiderung auf den Standpunkt stellt, eine Rechtsgrundlage sei nicht vorhanden. Da die gesetzlichen Urlaubsansprüche der Klägerin im Rahmen der Schulferien abgedeckt sind, erfolgt eine rechnerische Erfassung von Urlaubstagen nach dem Bundesurlaubsgesetz nicht. Die zeitliche Erfassung von Tagen des genehmigten Sonderurlaubs mit Entgeltfortzahlung kann sich daher sinnvollerweise nur an der Erfassung von Krankheitstagen mit Entgeltfortzahlung orientieren. In dem Arbeitsvertrag ist eine regelmäßige wöchentliche Arbeitsstundenzahl vorgesehen, die zuletzt durch Änderungsvertrag vom 01.02.2006 modifiziert wurde. Danach ist nun eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von zwölf Stunden vorgesehen. Bei einer unstreitigen Verteilung der Arbeitszeit auf regelmäßig 4 Wochentage, nämlich ohne den Montag, ergibt sich daraus eine durchschnittliche regelmäßige tägliche Arbeitszeit von drei Stunden. Die Klägerin hat diese Tage daher zu Recht in ihre Berechnung im Antrag zu 1 eingestellt. Dass im Kalenderjahr 2012 die Gesamtzahl der bezahlten Sonderurlaubstage von 10 bis Juni bereits überschritten war, hat das beklagte Land nicht behauptet.

    Soweit das beklagte Land in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, nach dem 30.04.2012 seien auch die tatsächlichen Einsatzzeiten der Klägerin auf nur 3 x 45 Minuten in der Woche reduziert worden, weil eine Erschöpfung des Stundenkontingents absehbar war (siehe Abrechnung Bl. 18 d.A.), führt dies nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Nach § 4 Entgeltfortzahlungsgesetz ist jedenfalls für die Anrechnung von Krankheitstagen unzweifelhaft von der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auszugehen, wie dies das beklagte Land in der korrigierten Abrechnung auch getan hat. Dies führt allerdings zwangsläufig dazu, dass eine größere Zahl von Krankheitstagen gegen Ende der Vertragslaufzeit zu einer Überschreitung des vereinbarten Stundenkontingents führen kann. Dem kann das beklagte Land auch nicht dadurch ausweichen, dass die "Wochenarbeitszeit" nun von 12 auf 2,25 Stunden herabgesetzt wurde. Dies wirft die grundsätzliche Frage auf, inwieweit Verträge mit Vereinbarung eines Jahresstundenkontingentes, aber ohne ausdrückliche Einrichtung eines tariflichen Arbeitszeitkontos, letztlich überhaupt stimmig durchgeführt werden können. Denn, wie zu Ziffer 1. ausgeführt, bleibt der Umgang mit entstandenen Plus- oder Minus-Stunden auch mit vorliegender Entscheidung offen.

    Da das beklagte Land im erheblichen Umfang Betreuungskräfte auf Grundlage zumindest gleichartiger Vertragsmuster beschäftigt, ist die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG für das beklagte Land zugelassen worden.

    Bezüglich der Kosten ist durch den Teilvergleich keine anteilige Kostenprivilegierung eingetreten, so dass insoweit über die Gesamtkosten gemäß §§ 92, 91a ZPO zu entscheiden war. Zwar ist nach der dargestellten Berechnung in der Klageschrift selbst nicht ersichtlich, dass das beklagte Land überhaupt eine Übertragung von Minusstunden in das folgende Schuljahr tatsächlich vollzogen hat. Einen Klärungsbedarf hat das beklagte Land insoweit jedoch durch die Anweisung seitens der Schulleitung selbst ausgelöst. Die Kosten sind deshalb bezüglich dieses Punktes hälftig geteilt worden, so dass sich insgesamt für die Klägerin eine Kostenquote von 1/4 ergibt.

    VorschriftenBGB § 139, BGB § 157, EntgeltFG § 4, GewO § 106, ZPO § 256, SonderurlaubsVO, §§ 519, 520 ZPO, §§ 64, 66 ArbGG