17.07.2017 · IWW-Abrufnummer 195199
Landesarbeitsgericht Thüringen: Urteil vom 10.04.2014 – 3 Sa 307/13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 3 Sa 307/13
8 Ca 2044/12 Arbeitsgericht Erfurt
Verkündet am 10.04.2014
Thüringer Landesarbeitsgericht
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
xxx
hat das Thüringer Landesarbeitsgericht auf die mündliche Verhandlung vom 10.04.2014 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Frau Engel als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter Herr Radlach und Herr Stollberg als Beisitzer für Recht erkannt:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 28.06.2013 – 8 Ca 2044/12 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt mit ihrer Berufung nur noch die Feststellung eines über den 01.04.2006 hinaus fortbestehenden Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin.
Die Klägerin begründete mit der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin im Jahre 1989 ein Arbeitsverhältnis. Sie vereinbarten die Geltung der für die Beklagte geltenden Tarifverträge. Die Klägerin wurde in der Kundenniederlassung Mitte-Ost in E... in einem Call Center eingesetzt.
Mit Schreiben vom 06.04.2006 informierte die V... GmbH (VCS) die Klägerin über die „Überführung Ihres Arbeitsverhältnisses auf die V... GmbH nach § 613 a Absatz 5 BGB“. Das Schreiben enthielt eine Unterrichtung über die Folgen des Betriebsübergangs und das Widerspruchsrecht der Klägerin (Bl. 6 ff d. A.). Die Klägerin widersprach dem am 01.04.2006 vollzogenen Betriebsübergang nicht und setzte ihre Tätigkeit für die VCS fort. Diese wandte die Bestimmungen ihres Haustarifvertrags an.
Die VCS veräußerte das Call Center zum 01.05.2007 an die nicht tarifgebundene a... GmbH, die weiter die Tarifverträge der VCS, Stand 01.05.2007, anwandte. Die Klägerin widersprach auch diesem Betriebsübergang nicht. Sie begehrte von der a... GmbH die Anwendung der Tarifverträge der Beklagten mit dem Stand des Übergangs ihres Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die VCS, dem 31.03.2006. Sie erhob zur Feststellung der Anwendbarkeit dieser Tarifverträge am 09.03.2009 gegen die a... GmbH vor dem Arbeitsgericht Erfurt eine über zwei Instanzen geführte Klage (2 Ca 459/09). Hierbei führte sie an, dass sie aufgrund der mit der Beklagten vereinbarten Bezugnahmeklausel und der Rechtsfolgen des § 613a BGB auch von der Betriebserwerberin die Anwendung der Tarifverträge der Beklagten verlangen könne.
Die a... GmbH spaltete das Call Center in zwei Betriebsteile und übertrug diese zum 01.01.2010 auf zwei Tochterunternehmen. Der Betriebsteil, dem die Klägerin zugeordnet war, wurde auf die a... b... GmbH übertragen. Nun erhob sie am 27.04.2010 auch gegen diese eine über zwei Instanzen geführte Klage (8 Ca 742/10) zur Feststellung des nach § 613a BGB anzuwendenden Tarifwerks der Beklagten.
Am 26.05.2011 entschied das Bundesarbeitsgericht zu einer dem Unterrichtungsschreiben der VCS vom 06.04.2006 insoweit wortgleichen Unterrichtung, dass die Ausführungen zum Haftungssystem des § 613a BGB rechtfehlerhaft seien und die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 nicht in Lauf gesetzt hätten. Das Widerspruchsrecht könne in den Grenzen der Verwirkung weiter geltend gemacht werden (BAG 26.05.2011 – 8 AZR 18/10 – Juris).
Am 13.05.2011 teilte die a... b... GmbH ihrer Belegschaft die zum 31.12.2012 vollzogene Stilllegung ihres Betriebes mit. Mit einem Schreiben vom 03.11.2011 widersprach die Klägerin gegenüber der Beklagten dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die VCS vom „01.09.2011“, da die Belehrung über den Betriebsübergang in dem Schreiben vom „26.07.2007“ fehlerhaft gewesen sei. Sie korrigierte beide Daten mit Schreiben vom 02.02.2012 dahin, dass sie dem Betriebsübergang vom 01.04.2006 wegen der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung vom 06.04.2006 habe widersprechen wollen.
Zugleich begehrte die Klägerin gegenüber der VCS vor dem Arbeitsgericht Erfurt (1 Ca 298/12) die Feststellung eines mit ihr fortbestehenden Arbeitsverhältnisses. Diese Klage nahm sie später zurück, wobei der „Widerspruch als gegenstandslos betrachtet werden“ solle.
Weiterhin verlangte sie von der a... b... GmbH in ihrer Klage vor dem Arbeitsgericht Erfurt (7 Ca 421/12) die Differenzlohnzahlungen nach dem Tarifwerk der Beklagten. Die Klägerin einigte sich in einem Vergleich nach § 278 ZPO mit der a... b... GmbH gegen Zahlung eines bestimmten Betrages auf die Beendigung aller zwischen ihnen und auch aller mit der a... GmbH geführten Prozesse und die Abgeltung aller wechselseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zur a... GmbH und dem Arbeitsverhältnis zur a... b... GmbH.
Mit der vorliegenden streitgegenständlichen Klage vor dem Arbeitsgericht Erfurt begehrte die Klägerin am 05.12.2012 zunächst die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe eines Vertragsangebots nach § 5 Abs. 1 bzw. Abs. 2 des Tarifvertrages Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung (TV Ratio). Am 10.05.2013 beantragte sie die Feststellung eines zwischen den Parteien über den 01.04.2006 hinaus fortbestehenden Arbeitsverhältnisses. Wegen der fehlerhaften Unterrichtung sei die Widerspruchsfrist nicht in Gang gesetzt worden. Also könne sie noch heute widersprechen. Ihr Arbeitsverhältnis zur Beklagten sei nie beendet worden. Da sie mit den Betriebserwerberinnen nie neue Arbeitsverträge unterzeichnet habe, könne man ihr nicht unterstellen, dass sie über den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses disponiert habe. So habe die Beklagte auch keinerlei Vertrauen dahin gehend aufbauen können, dass sie ihr Widerspruchsrecht nicht doch noch irgendwann ausüben werde.
Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt. Das Widerspruchsrecht sei verwirkt. Die Klägerin sei korrekt über ihr Widerspruchsrecht unterrichtet worden. Sie hätte also 2006 widersprechen können, ohne dass es erst der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts bedurft hätte. Sie habe aber illoyal fünf Jahre und sieben/zehn Monate gewartet. Schon wegen des sehr langen Zeitablaufs habe die Beklagte weitere wirtschaftliche Dispositionen treffen dürfen. Sie habe vertraut, dass die Klägerin nach so langer Zeit nicht mehr widersprechen werde. Als vertrauensbildende Umstandsmomente kämen nicht nur Dispositionen über den Bestand des Arbeitsverhältnisses in Betracht. Dies zeige schon die Wechselwirkung zwischen Zeitmoment und Intensität der Umstandsmomente. Als solche käme nicht nur die unwidersprochene Weiterarbeit bei der VCS, sondern auch die langjährige Weiterarbeit nach zwei weiteren Betriebsübergängen in den zuletzt wirtschaftlich prekären Unternehmen der beiden letzten Betriebserwerberinnen in Betracht. Mangels Widerspruch habe die Klägerin jedes der nachfolgend begründeten Arbeitsverhältnisse mit den Erwerberinnen bestätigt. Jeder ihrer Prozesse habe ein nach § 613a BGB wirksam begründetes Arbeitsverhältnis benötigt. In jedem fehlenden Widerspruch und Folgeprozess liege eine Disposition der Klägerin über den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses und die Akzeptanz der Erwerberinnen als ihre neuen Arbeitgeberinnen. Schon rechtlich könne ohne Kettenwidersprüche kein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten festgestellt werden.
Das Arbeitsgericht hat mit seinem am 28.06.2013 zugestellten Urteil die Klage abgewiesen. Das Widerspruchsrecht sei bei seiner Geltendmachung verwirkt gewesen. Da sich Zeit- und Umstandsmoment wechselseitig beeinflussten, seien wegen des erheblichen Zeitablaufs vom fünf Jahren und sieben Monaten an die Umstandsmomente keine großen Anforderungen mehr zu setzen. Die Klägerin habe mit den Betriebserwerberinnen jahrelang um die Anwendung der Tarifverträge der Beklagten gestritten, ohne den Streit hierüber durch Ausspruch eines Widerspruchs zu beenden, um so in den Genuss der Tarifleistungen der Beklagten durch diese selbst zu kommen. Dies habe ein berechtigtes Vertrauen der Beklagten begründet, dass die Klägerin auch künftig diesen Weg nicht mehr beschreiten werde.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 29.08.2013 zugestellte Urteil am Montag, den 30.09.2013 Berufung beim Thüringer Landesarbeitsgericht eingelegt und sie am 29.10.2013 begründet. Sie wiederholt ihre Argumente. Die Beklagte habe keinerlei Vertrauen bilden können, dass die Klägerin ihr Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben werde. Jedenfalls überwiege dieses nicht die Weiterbeschäftigungsinteressen der Klägerin. Mit ihren Klagen habe sie nur die Wahrung ihrer Rechte verwirklichen wollen. Das hätte sie nicht tun müssen, wenn die Betriebserwerberinnen das Arbeitsverhältnis der Klägerin nach den Tarifen der Beklagten vollzogen hätten. Das könne doch nun nicht der Klägerin angelastet werden. Sie war auch nicht gehalten, „zur Konfliktbereinigung“ sofort gegenüber der Beklagten zu widersprechen.
Die Klägerin beantragt:
Das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 28.06.2013, Az.: 8 Ca 2044/12, wird teilweise abgeändert. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien über den 01.04.2006 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die Entscheidung und wiederholt im Wesentlichen ihre bisherigen Argumente. Die Klägerin könne sich bereits deswegen nicht auf ihr Widerspruchsrecht berufen, da die Unterrichtung zum Haftungsregime zwar fehlerhaft gewesen sein möge, nicht aber zum Widerspruchsrecht und seiner Folgen. Daher sei vorliegend mangels Kausalität der fehlerhaften Belehrung bereits nicht der Schutzzweck des § 613a BGB eröffnet. Im Übrigen sei für die Bestimmung des Verwirkungszeitraums auf April 2006 abzustellen, da die Klägerin ab diesem Zeitpunkt belehrt gewesen sei und Rechtsrat hätte einholen können. Aufgrund des anschließenden sehr langen Zeitraums seien nur geringe Anforderungen an die Umstandsmomente zu stellen. Sie lägen in den zahlreichen Prozessen gegen die späteren Betriebserwerber, die rechtlich stets darauf beruhten, dass das Arbeitsverhältnis wirksam auf diese übergegangen sei. Damit habe die Klägerin zugleich erklärt, dass sie die Betriebsübergänge für sich in Anspruch nehmen wolle. Damit habe sie die mit den Erwerberinnen begründeten Arbeitsverhältnisse dem Grunde nach ausdrücklich bestätigt und die Erwerberinnen jeweils als neue Arbeitgeberinnen anerkannt. Die Beklagte könne sich auf diese vertrauensbildenden Umstände auch berufen, da ihr die Kenntnis der Betriebserwerberinnen jeweils zuzurechnen sei.
Wegen des sonstigen Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
A. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und ebenso begründet worden. Die Klägerin hat das erforderliche Feststellungsinteresse.
B. Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien wurde am 01.04.2006 im Wege eines Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 BGB beendet. Der Widerspruch der Klägerin aus dem Jahre 2011 ist nicht verfristet. Sie kann sich nach den Grundsätzen der Verwirkung aber gegenüber der Beklagten nicht auf seine Rechtsfolgen berufen.
I. Unstreitig hat die Beklagte den Betriebsteil, dem die Klägerin zugeordnet war, zum 01.04.2006 an die VCS veräußert. Von diesem Rechtsgeschäft waren unstreitig auch die materiellen und immateriellen Betriebsmittel des in E... betriebenen Call Centers erfasst.
II. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ging daher zum 01.04.2006 nach § 613a Abs. 1 BGB von der Beklagten auf die VCS über. Dem Übergang des Arbeitsverhältnisses steht ihr Widerspruch nicht entgegen.
1. Richtig ist, dass die Klägerin mit Schreiben vom 06.04.2006 nicht nach Maßgabe des § 613a Abs. 5 BGB unterrichtet wurde. Jedenfalls die Unterrichtung über das Haftungssystem des § 613a Abs. 2 BGB war rechtsfehlerhaft (BAG 26.05.2011 – 8 AZR 18/10 – Juris). § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB verlangt eine inhaltlich präzise und fehlerfreie Unterrichtung. Eine hiernach mängelbehaftete Unterrichtung setzt die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 S. 1 BGB nicht in Gang (BAG 26.05.2011 – 8 AZR 18/10 – Juris).
2. Wurde die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 S. 1 BGB nicht in Lauf gesetzt, konnte die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die VCS grundsätzlich auch noch im Jahre 2011 widersprechen. Dies hätte zur Folge, dass bereits mit der VCS kein Arbeitsverhältnis begründet worden wäre. Damit hätte kein Arbeitsverhältnis bestanden, dass die VCS auf die a... GmbH und diese auf die a... b... GmbH hätte übertragen können. Daher hätte die Klägerin auch nicht zunächst erst dem letzten bis hin zum ersten Betriebsübergang widersprechen müssen. Wird einem Betriebsübergang wirksam widersprochen, wird das übergegangene Arbeitsverhältnis nicht etwa rückübertragen. In diesem Fall wurde mit dem Betriebserwerber bereits kein Rechtsverhältnis begründet.
3. Allerdings kann sich die Klägerin gegenüber der Beklagten nicht auf die Rechtsfolgen ihres Widerspruchs berufen. Zwar wurde die Widerspruchsfrist nicht in Gang gesetzt. Ihr Recht, sich auf die die Folgen des Widerspruchs zu berufen, ist aber verwirkt.
a) Grundsätzlich unterliegt jede Rechtsausübung den Grenzen einer Verwirkung. Mit ihr soll eine illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen werden. Allein die Nichtgeltendmachung eines Rechtes über eine längere Zeit (Zeitmoment) genügt hierfür nicht. Der Schuldner soll nicht schon immer dann von seiner Verpflichtung befreit werden, wenn der Gläubiger seine Rechte nicht geltend gemacht hat. Die Verwirkung dient vielmehr dem Schutz eines berechtigten Vertrauens. Der Gläubiger muss also nicht nur schlicht untätig, sondern unter solchen Umständen untätig geblieben sein, die beim Schuldner den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle. Der Schuldner muss sich aufgrund dieser Umstände darauf einstellen dürfen, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Die Notwendigkeit, dieses berechtigte Vertrauen des Schuldners zu schützen, muss das Interesse des Berechtigten so überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruches nicht mehr zuzumuten ist. In diesem Sinne kann auch das Widerspruchsrecht eines Arbeitnehmers nach § 613a BGB verwirken (BAG 22.06.2011 – 8 AZR 752/09 – Juris). Dabei kann keine verbindliche Höchstwiderspruchsfrist festgelegt werden. Eine solche hat im Gesetzgebungsverfahren zu § 613a Abs. 6 BGB gerade keinen Niederschlag gefunden (BAG 24.02.2011 – 8 AZR 699/09 – Juris). Abzustellen ist vielmehr stets auf die konkreten Umstände des Einzelfalls. Dabei steht die Dauer des Zeitablaufs in Wechselwirkung zu den erforderlichen Umstandsmomenten. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, sind, desto schneller kann ein Anspruch verwirken (BAG 24.02.2011 – 8 AZR 469/09 – Juris).
b) Die Verwirklichung des Zeitmomentes begann vorliegend nicht erst mit der Verkündung, Veröffentlichung oder persönlichen Kenntnisnahme der Klägerin von der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 26.05.2011. Es wäre ihr zuzumuten gewesen, ihrerseits die Rechtsmäßigkeit des Unterrichtungsschreibens frühzeitig selbst prüfen zu lassen und dabei auf die bereits damals gefestigte Rechtsprechung zurück zu greifen (vgl. zum Beginn von Verjährungsfristen in Abhängigkeit obergerichtlicher Entscheidungen zu Vorfragen: BAG 13.03.2013 – 5 AZR 424/12 – Juris). Das Zeitmoment beginnt mit ihrer Unterrichtung im April 2006. Die Klägerin hat bis zu ihrem Widerspruch mehr als fünf Jahre und jedenfalls sieben Monate gewartet. Da in der Regel bereits ein Zeitraum von 15 Monaten oder auch nur von neun Monaten genügt, ist das Zeitmoment unzweifelhaft verwirklicht. Dieser Zeitablauf wiegt hinsichtlich der damit verbundenen geringeren Anforderungen an die Umstandsmomente und die abschließende beiderseitige Interessenabwägung besonders schwer (BAG 15.03.2012 – 8 AZR 700/10 – Juris).
c) Für die Beurteilung der Umstandsmomente kann sich die Beklagte nicht allein darauf berufen, dass die Klägerin jahrelang unwidersprochen für die Betriebserwerberinnen gearbeitet und dabei die Ausübung der Arbeitgeberrechte durch die VCS, die a... GmbH und die a... b... GmbH geduldet habe. Diese Untätigkeit führt für sich genommen nicht zur Verwirkung (BAG 22.02.2012 – 4 AZR 579/10 – Juris).
Ein Widerspruchsrecht verwirkt aber regelmäßig dann, wenn der Arbeitnehmer über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses disponiert, etwa durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit dem Betriebserwerber oder die Akzeptanz dessen Kündigung (BAG 24.02.2011 – 8 AZR 699/09 – Juris). Allein die Vereinbarung unbedeutender Nachtragsvereinbarungen, etwa beschränkt auf redaktionelle Anpassungen in Randbereichen des Arbeitsverhältnisses, genügt aber nicht. Maßgeblich ist stets der erkennbare Erklärungswert für eine Akzeptanz des Betriebserwerbers (BAG 15.03.2012 – (8 AZR 700/10 – Juris). Eine solche Akzeptanz kann aber auch dadurch zum Ausdruck gebracht werden, dass ein Arbeitnehmer aktiv solche Rechte gegenüber dem Betriebserwerber einklagt, die gerade einen wirksamen Betriebsübergang voraussetzen. Auch damit gibt er kund, dass er die Rechtsfolgen des Betriebsübergangs bewusst für sich in Anspruch nimmt und damit zugleich den Betriebserwerber als seinen neuen Arbeitgeber akzeptiert (BAG 15.03.2012 – 8 AZR 700/10 – Juris).
Dies hat die Klägerin mit ihren diversen Klagen gegen die Betriebserwerberinnen getan. Sie hat gegenüber der VCS dem Betriebsübergang auf die a... GmbH widersprochen und gerichtlich die Feststellung eines mit der VCS fortbestehenden Arbeitsverhältnisses verlangt. Damit rühmte sie sich zugleich eines wirksamen Betriebsübergangs von der Beklagten auf die VSC, da ein solches Arbeitsverhältnis auf keine andere Weise begründet worden sein konnte. Im Prozessverlauf hat sie die Klage zurückgenommen und auf die Bedeutungslosigkeit des Widerspruchs verwiesen. Damit wollte sie zwar nicht mehr die Rechtsfolgen des „bedeutungslosen“ Widerspruchs geltend machen. Es blieb aber ihre Ausgangsbehauptung eines zunächst mit der VCS begründeten Arbeitsverhältnisses. Mangels Widerspruch gegen den Betriebsübergang von der VCS auf die a... GmbH bestätigt sie zugleich die Akzeptanz der a... GmbH als neue Arbeitgeberin. Den gleichen Erklärungswert hatte ihre Klage gegen die a... GmbH selbst. Hier begehrte sie die Feststellung, dass auch ihrem mit der a... GmbH bestehenden Arbeitsverhältnis die Tarifverträge der Beklagten, Stand 31.03.2006, zur Anwendung kommen. Sie verlangte nicht etwa nur den korrekten Normenvollzug aus der bislang herangezogenen Rechtslage. Sie verlangte von der a... GmbH die Anwendung einer vollständig neuen rechtlichen Grundlage. Weder das Arbeitsverhältnis mit der a... GmbH selbst noch die von der Klägerin begehrte Anwendung der Tarifverträge der Beklagten, Stand 31.03.2006, sind ohne einen wirksamen Betriebsübergang von der VCS auf die a... GmbH rechtlich zu begründen. Ohne die Akzeptanz eines rechtswirksamen Betriebsübergangs hätte zwischen der Klägerin und der a... GmbH kein wirksames Arbeitsverhältnis bestanden. Es hätte nur ein faktisches Rechtsverhältnis bestanden, für das die Klägerin nicht die Anwendung der Tarifverträge der Beklagten hätte verlangen können. Ihre Klage setzt damit schon aus rechtlichen Gründen zwingend einen Übergang der bisherigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis mit der VCS und zuvor mit der Beklagten nach § 613a BGB voraus. Berühmt sich die Klägerin eines solchen Anspruchs, erklärt sie aus objektiver Sicht damit zugleich die Akzeptanz der vorangegangenen Betriebsübergange als rechtswirksam. Das gilt erst recht für die sodann auch gegen die a... b... GmbH mit gleicher Zielrichtung geführte Klage. Auch diese Zahlungsklage ist ein weiterer vertrauensbegründender Bestätigungsakt. Nachdem die Klägerin hiernach wiederholt die Rechtsfolgen der drei wirksamen Betriebsübergänge gerichtlich geltend gemacht hatte, wollte sie sodann die Früchte ihres aus § 613a BGB folgenden arbeitsvertraglichen Status im Wege der Zahlungsklage ziehen. Die Akzeptanz der drei Betriebsübergänge als wirksam folgt auch aus dem von der Klägerin nach § 278 ZPO mit der a... GmbH und der a... b... GmbH abgeschlossenen Vergleich. Sie vereinbarte nicht nur einen bestimmten Zahlungsbetrag zur Abgeltung der vorgenannten Zahlungsansprüche. Sie bestätigte im Rahmen der Abgeltungsklausel nochmals ausdrücklich das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit der a... GmbH und der a... b... GmbH.
Die Klägerin kann nicht einwenden, dass die Beklagte selbst hiervon erst im Laufe des Prozesses erfahren und damit nicht zur Grundlage ihres Vertrauens gemacht haben könne. Es genügt, wenn einer der Verpflichteten aus einem Betriebsübergang von den vertrauensbildenden Umständen Kenntnis erlangt. Kann sich der Betriebserwerber auf Verwirkungsumstände berufen, gilt dies auch für den Betriebsveräußerer. Beide können sich wechselseitig auf die Kenntnis des anderen berufen, ohne dass eine nachgewiesene subjektive Kenntnis des in Anspruch genommenen Verpflichteten von einem bestimmten Arbeitnehmerverhalten erforderlich ist (BAG 22.06.2011 – 8 AZR 752/09 – Juris). Grund hierfür ist die mit der Betriebsveräußerung eingegangene Verantwortungsgemeinschaft zwischen Betriebsveräußerer und Betriebserwerber (BAG 24.02.2011 – 8 AZR 699/09 – Juris). Das gilt auch für weitere Mitglieder dieser Verantwortungsgemeinschaft, die aufgrund weiterer Kettenbetriebsübergängen hinzutreten.
Die Beklagte kann sich auch auf ihre weiteren wirtschaftlichen Dispositionen berufen, die sie im Vertrauen auf die langjährige Untätigkeit der Klägerin vorgenommen hat. Im Rahmen einer typisierenden Betrachtungsweise kann davon ausgegangen werden, dass Betriebsveräußerer nach einem Betriebsteilübergangs mit zeitlich zunehmenden Abstand ihre Kalkulationen ohne Berücksichtigung der Belegschaft eines veräußerten Betriebsteils vornehmen (BAG 22.06.2011 – 8 AZR 752/09 – Juris).
d) In der Endbetrachtung des verwirklichten Zeitmoments und der vorgenannten Umstandsmomente ist die Geltendmachung des Widerspruchsrechtes durch die Klägerin nicht mehr mit Treu und Glauben vereinbar. Aufgrund des mehr als fünf Jahre und sieben Monate währenden Zeitablaufs sind an die Umstandsmomente geringere Anforderungen zu stellen (BAG 22.06.2011 – 8 AZR 752/09 – Juris). Im Zusammenspiel mit den vorgenannten von der Klägerin gesetzten Umstandsmomenten überwiegen die Interessen der Beklagten, so dass von einer Verwirkung ausgegangen werden muss.
C. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 ZPO. Aufgrund ihres Unterliegens hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Wegen der bislang noch nicht entschiedenen Frage einer Wissenszurechnung in einer Verantwortungsgemeinschaft von Betriebserwerber und Betriebsveräußerer im Falle mehrerer Kettenbetriebsübergänge war die Revision zuzulassen.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann die Klägerin Revision bei dem
Bundesarbeitsgericht,
Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt
einlegen. Die Revision muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich, per Fax oder durch Einreichen eines elektronischen Dokuments nach § 46b ArbGG bei dem Bundesarbeitsgericht eingelegt werden.
Sie ist gleichzeitig oder innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich, per Fax oder durch Einreichen eines elektronischen Dokuments nach § 46b ArbGG zu begründen.
Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Die Revisionsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Revision gerichtet wird, und die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Revision eingelegt werde. Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Prozessbevollmächtigte kommen in Betracht:
1. ein/e bei einem deutschen Gericht zugelassene/r Rechtsanwalt/Rechtsanwältin oder
2. eine der nachfolgend genannten Organisationen, wenn sie durch eine Person mit Befähigung zum Richteramt handelt:
· Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
· juristische Personen, deren Anteile sämtlich im Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, wenn sie ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
8 Ca 2044/12 Arbeitsgericht Erfurt
Verkündet am 10.04.2014
Thüringer Landesarbeitsgericht
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
xxx
hat das Thüringer Landesarbeitsgericht auf die mündliche Verhandlung vom 10.04.2014 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Frau Engel als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter Herr Radlach und Herr Stollberg als Beisitzer für Recht erkannt:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 28.06.2013 – 8 Ca 2044/12 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt mit ihrer Berufung nur noch die Feststellung eines über den 01.04.2006 hinaus fortbestehenden Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin.
Die Klägerin begründete mit der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin im Jahre 1989 ein Arbeitsverhältnis. Sie vereinbarten die Geltung der für die Beklagte geltenden Tarifverträge. Die Klägerin wurde in der Kundenniederlassung Mitte-Ost in E... in einem Call Center eingesetzt.
Mit Schreiben vom 06.04.2006 informierte die V... GmbH (VCS) die Klägerin über die „Überführung Ihres Arbeitsverhältnisses auf die V... GmbH nach § 613 a Absatz 5 BGB“. Das Schreiben enthielt eine Unterrichtung über die Folgen des Betriebsübergangs und das Widerspruchsrecht der Klägerin (Bl. 6 ff d. A.). Die Klägerin widersprach dem am 01.04.2006 vollzogenen Betriebsübergang nicht und setzte ihre Tätigkeit für die VCS fort. Diese wandte die Bestimmungen ihres Haustarifvertrags an.
Die VCS veräußerte das Call Center zum 01.05.2007 an die nicht tarifgebundene a... GmbH, die weiter die Tarifverträge der VCS, Stand 01.05.2007, anwandte. Die Klägerin widersprach auch diesem Betriebsübergang nicht. Sie begehrte von der a... GmbH die Anwendung der Tarifverträge der Beklagten mit dem Stand des Übergangs ihres Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die VCS, dem 31.03.2006. Sie erhob zur Feststellung der Anwendbarkeit dieser Tarifverträge am 09.03.2009 gegen die a... GmbH vor dem Arbeitsgericht Erfurt eine über zwei Instanzen geführte Klage (2 Ca 459/09). Hierbei führte sie an, dass sie aufgrund der mit der Beklagten vereinbarten Bezugnahmeklausel und der Rechtsfolgen des § 613a BGB auch von der Betriebserwerberin die Anwendung der Tarifverträge der Beklagten verlangen könne.
Die a... GmbH spaltete das Call Center in zwei Betriebsteile und übertrug diese zum 01.01.2010 auf zwei Tochterunternehmen. Der Betriebsteil, dem die Klägerin zugeordnet war, wurde auf die a... b... GmbH übertragen. Nun erhob sie am 27.04.2010 auch gegen diese eine über zwei Instanzen geführte Klage (8 Ca 742/10) zur Feststellung des nach § 613a BGB anzuwendenden Tarifwerks der Beklagten.
Am 26.05.2011 entschied das Bundesarbeitsgericht zu einer dem Unterrichtungsschreiben der VCS vom 06.04.2006 insoweit wortgleichen Unterrichtung, dass die Ausführungen zum Haftungssystem des § 613a BGB rechtfehlerhaft seien und die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 nicht in Lauf gesetzt hätten. Das Widerspruchsrecht könne in den Grenzen der Verwirkung weiter geltend gemacht werden (BAG 26.05.2011 – 8 AZR 18/10 – Juris).
Am 13.05.2011 teilte die a... b... GmbH ihrer Belegschaft die zum 31.12.2012 vollzogene Stilllegung ihres Betriebes mit. Mit einem Schreiben vom 03.11.2011 widersprach die Klägerin gegenüber der Beklagten dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die VCS vom „01.09.2011“, da die Belehrung über den Betriebsübergang in dem Schreiben vom „26.07.2007“ fehlerhaft gewesen sei. Sie korrigierte beide Daten mit Schreiben vom 02.02.2012 dahin, dass sie dem Betriebsübergang vom 01.04.2006 wegen der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung vom 06.04.2006 habe widersprechen wollen.
Zugleich begehrte die Klägerin gegenüber der VCS vor dem Arbeitsgericht Erfurt (1 Ca 298/12) die Feststellung eines mit ihr fortbestehenden Arbeitsverhältnisses. Diese Klage nahm sie später zurück, wobei der „Widerspruch als gegenstandslos betrachtet werden“ solle.
Weiterhin verlangte sie von der a... b... GmbH in ihrer Klage vor dem Arbeitsgericht Erfurt (7 Ca 421/12) die Differenzlohnzahlungen nach dem Tarifwerk der Beklagten. Die Klägerin einigte sich in einem Vergleich nach § 278 ZPO mit der a... b... GmbH gegen Zahlung eines bestimmten Betrages auf die Beendigung aller zwischen ihnen und auch aller mit der a... GmbH geführten Prozesse und die Abgeltung aller wechselseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zur a... GmbH und dem Arbeitsverhältnis zur a... b... GmbH.
Mit der vorliegenden streitgegenständlichen Klage vor dem Arbeitsgericht Erfurt begehrte die Klägerin am 05.12.2012 zunächst die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe eines Vertragsangebots nach § 5 Abs. 1 bzw. Abs. 2 des Tarifvertrages Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung (TV Ratio). Am 10.05.2013 beantragte sie die Feststellung eines zwischen den Parteien über den 01.04.2006 hinaus fortbestehenden Arbeitsverhältnisses. Wegen der fehlerhaften Unterrichtung sei die Widerspruchsfrist nicht in Gang gesetzt worden. Also könne sie noch heute widersprechen. Ihr Arbeitsverhältnis zur Beklagten sei nie beendet worden. Da sie mit den Betriebserwerberinnen nie neue Arbeitsverträge unterzeichnet habe, könne man ihr nicht unterstellen, dass sie über den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses disponiert habe. So habe die Beklagte auch keinerlei Vertrauen dahin gehend aufbauen können, dass sie ihr Widerspruchsrecht nicht doch noch irgendwann ausüben werde.
Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt. Das Widerspruchsrecht sei verwirkt. Die Klägerin sei korrekt über ihr Widerspruchsrecht unterrichtet worden. Sie hätte also 2006 widersprechen können, ohne dass es erst der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts bedurft hätte. Sie habe aber illoyal fünf Jahre und sieben/zehn Monate gewartet. Schon wegen des sehr langen Zeitablaufs habe die Beklagte weitere wirtschaftliche Dispositionen treffen dürfen. Sie habe vertraut, dass die Klägerin nach so langer Zeit nicht mehr widersprechen werde. Als vertrauensbildende Umstandsmomente kämen nicht nur Dispositionen über den Bestand des Arbeitsverhältnisses in Betracht. Dies zeige schon die Wechselwirkung zwischen Zeitmoment und Intensität der Umstandsmomente. Als solche käme nicht nur die unwidersprochene Weiterarbeit bei der VCS, sondern auch die langjährige Weiterarbeit nach zwei weiteren Betriebsübergängen in den zuletzt wirtschaftlich prekären Unternehmen der beiden letzten Betriebserwerberinnen in Betracht. Mangels Widerspruch habe die Klägerin jedes der nachfolgend begründeten Arbeitsverhältnisse mit den Erwerberinnen bestätigt. Jeder ihrer Prozesse habe ein nach § 613a BGB wirksam begründetes Arbeitsverhältnis benötigt. In jedem fehlenden Widerspruch und Folgeprozess liege eine Disposition der Klägerin über den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses und die Akzeptanz der Erwerberinnen als ihre neuen Arbeitgeberinnen. Schon rechtlich könne ohne Kettenwidersprüche kein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten festgestellt werden.
Das Arbeitsgericht hat mit seinem am 28.06.2013 zugestellten Urteil die Klage abgewiesen. Das Widerspruchsrecht sei bei seiner Geltendmachung verwirkt gewesen. Da sich Zeit- und Umstandsmoment wechselseitig beeinflussten, seien wegen des erheblichen Zeitablaufs vom fünf Jahren und sieben Monaten an die Umstandsmomente keine großen Anforderungen mehr zu setzen. Die Klägerin habe mit den Betriebserwerberinnen jahrelang um die Anwendung der Tarifverträge der Beklagten gestritten, ohne den Streit hierüber durch Ausspruch eines Widerspruchs zu beenden, um so in den Genuss der Tarifleistungen der Beklagten durch diese selbst zu kommen. Dies habe ein berechtigtes Vertrauen der Beklagten begründet, dass die Klägerin auch künftig diesen Weg nicht mehr beschreiten werde.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 29.08.2013 zugestellte Urteil am Montag, den 30.09.2013 Berufung beim Thüringer Landesarbeitsgericht eingelegt und sie am 29.10.2013 begründet. Sie wiederholt ihre Argumente. Die Beklagte habe keinerlei Vertrauen bilden können, dass die Klägerin ihr Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben werde. Jedenfalls überwiege dieses nicht die Weiterbeschäftigungsinteressen der Klägerin. Mit ihren Klagen habe sie nur die Wahrung ihrer Rechte verwirklichen wollen. Das hätte sie nicht tun müssen, wenn die Betriebserwerberinnen das Arbeitsverhältnis der Klägerin nach den Tarifen der Beklagten vollzogen hätten. Das könne doch nun nicht der Klägerin angelastet werden. Sie war auch nicht gehalten, „zur Konfliktbereinigung“ sofort gegenüber der Beklagten zu widersprechen.
Die Klägerin beantragt:
Das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 28.06.2013, Az.: 8 Ca 2044/12, wird teilweise abgeändert. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien über den 01.04.2006 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die Entscheidung und wiederholt im Wesentlichen ihre bisherigen Argumente. Die Klägerin könne sich bereits deswegen nicht auf ihr Widerspruchsrecht berufen, da die Unterrichtung zum Haftungsregime zwar fehlerhaft gewesen sein möge, nicht aber zum Widerspruchsrecht und seiner Folgen. Daher sei vorliegend mangels Kausalität der fehlerhaften Belehrung bereits nicht der Schutzzweck des § 613a BGB eröffnet. Im Übrigen sei für die Bestimmung des Verwirkungszeitraums auf April 2006 abzustellen, da die Klägerin ab diesem Zeitpunkt belehrt gewesen sei und Rechtsrat hätte einholen können. Aufgrund des anschließenden sehr langen Zeitraums seien nur geringe Anforderungen an die Umstandsmomente zu stellen. Sie lägen in den zahlreichen Prozessen gegen die späteren Betriebserwerber, die rechtlich stets darauf beruhten, dass das Arbeitsverhältnis wirksam auf diese übergegangen sei. Damit habe die Klägerin zugleich erklärt, dass sie die Betriebsübergänge für sich in Anspruch nehmen wolle. Damit habe sie die mit den Erwerberinnen begründeten Arbeitsverhältnisse dem Grunde nach ausdrücklich bestätigt und die Erwerberinnen jeweils als neue Arbeitgeberinnen anerkannt. Die Beklagte könne sich auf diese vertrauensbildenden Umstände auch berufen, da ihr die Kenntnis der Betriebserwerberinnen jeweils zuzurechnen sei.
Wegen des sonstigen Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
A. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und ebenso begründet worden. Die Klägerin hat das erforderliche Feststellungsinteresse.
B. Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien wurde am 01.04.2006 im Wege eines Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 BGB beendet. Der Widerspruch der Klägerin aus dem Jahre 2011 ist nicht verfristet. Sie kann sich nach den Grundsätzen der Verwirkung aber gegenüber der Beklagten nicht auf seine Rechtsfolgen berufen.
I. Unstreitig hat die Beklagte den Betriebsteil, dem die Klägerin zugeordnet war, zum 01.04.2006 an die VCS veräußert. Von diesem Rechtsgeschäft waren unstreitig auch die materiellen und immateriellen Betriebsmittel des in E... betriebenen Call Centers erfasst.
II. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ging daher zum 01.04.2006 nach § 613a Abs. 1 BGB von der Beklagten auf die VCS über. Dem Übergang des Arbeitsverhältnisses steht ihr Widerspruch nicht entgegen.
1. Richtig ist, dass die Klägerin mit Schreiben vom 06.04.2006 nicht nach Maßgabe des § 613a Abs. 5 BGB unterrichtet wurde. Jedenfalls die Unterrichtung über das Haftungssystem des § 613a Abs. 2 BGB war rechtsfehlerhaft (BAG 26.05.2011 – 8 AZR 18/10 – Juris). § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB verlangt eine inhaltlich präzise und fehlerfreie Unterrichtung. Eine hiernach mängelbehaftete Unterrichtung setzt die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 S. 1 BGB nicht in Gang (BAG 26.05.2011 – 8 AZR 18/10 – Juris).
2. Wurde die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 S. 1 BGB nicht in Lauf gesetzt, konnte die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die VCS grundsätzlich auch noch im Jahre 2011 widersprechen. Dies hätte zur Folge, dass bereits mit der VCS kein Arbeitsverhältnis begründet worden wäre. Damit hätte kein Arbeitsverhältnis bestanden, dass die VCS auf die a... GmbH und diese auf die a... b... GmbH hätte übertragen können. Daher hätte die Klägerin auch nicht zunächst erst dem letzten bis hin zum ersten Betriebsübergang widersprechen müssen. Wird einem Betriebsübergang wirksam widersprochen, wird das übergegangene Arbeitsverhältnis nicht etwa rückübertragen. In diesem Fall wurde mit dem Betriebserwerber bereits kein Rechtsverhältnis begründet.
3. Allerdings kann sich die Klägerin gegenüber der Beklagten nicht auf die Rechtsfolgen ihres Widerspruchs berufen. Zwar wurde die Widerspruchsfrist nicht in Gang gesetzt. Ihr Recht, sich auf die die Folgen des Widerspruchs zu berufen, ist aber verwirkt.
a) Grundsätzlich unterliegt jede Rechtsausübung den Grenzen einer Verwirkung. Mit ihr soll eine illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen werden. Allein die Nichtgeltendmachung eines Rechtes über eine längere Zeit (Zeitmoment) genügt hierfür nicht. Der Schuldner soll nicht schon immer dann von seiner Verpflichtung befreit werden, wenn der Gläubiger seine Rechte nicht geltend gemacht hat. Die Verwirkung dient vielmehr dem Schutz eines berechtigten Vertrauens. Der Gläubiger muss also nicht nur schlicht untätig, sondern unter solchen Umständen untätig geblieben sein, die beim Schuldner den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle. Der Schuldner muss sich aufgrund dieser Umstände darauf einstellen dürfen, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Die Notwendigkeit, dieses berechtigte Vertrauen des Schuldners zu schützen, muss das Interesse des Berechtigten so überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruches nicht mehr zuzumuten ist. In diesem Sinne kann auch das Widerspruchsrecht eines Arbeitnehmers nach § 613a BGB verwirken (BAG 22.06.2011 – 8 AZR 752/09 – Juris). Dabei kann keine verbindliche Höchstwiderspruchsfrist festgelegt werden. Eine solche hat im Gesetzgebungsverfahren zu § 613a Abs. 6 BGB gerade keinen Niederschlag gefunden (BAG 24.02.2011 – 8 AZR 699/09 – Juris). Abzustellen ist vielmehr stets auf die konkreten Umstände des Einzelfalls. Dabei steht die Dauer des Zeitablaufs in Wechselwirkung zu den erforderlichen Umstandsmomenten. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, sind, desto schneller kann ein Anspruch verwirken (BAG 24.02.2011 – 8 AZR 469/09 – Juris).
b) Die Verwirklichung des Zeitmomentes begann vorliegend nicht erst mit der Verkündung, Veröffentlichung oder persönlichen Kenntnisnahme der Klägerin von der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 26.05.2011. Es wäre ihr zuzumuten gewesen, ihrerseits die Rechtsmäßigkeit des Unterrichtungsschreibens frühzeitig selbst prüfen zu lassen und dabei auf die bereits damals gefestigte Rechtsprechung zurück zu greifen (vgl. zum Beginn von Verjährungsfristen in Abhängigkeit obergerichtlicher Entscheidungen zu Vorfragen: BAG 13.03.2013 – 5 AZR 424/12 – Juris). Das Zeitmoment beginnt mit ihrer Unterrichtung im April 2006. Die Klägerin hat bis zu ihrem Widerspruch mehr als fünf Jahre und jedenfalls sieben Monate gewartet. Da in der Regel bereits ein Zeitraum von 15 Monaten oder auch nur von neun Monaten genügt, ist das Zeitmoment unzweifelhaft verwirklicht. Dieser Zeitablauf wiegt hinsichtlich der damit verbundenen geringeren Anforderungen an die Umstandsmomente und die abschließende beiderseitige Interessenabwägung besonders schwer (BAG 15.03.2012 – 8 AZR 700/10 – Juris).
c) Für die Beurteilung der Umstandsmomente kann sich die Beklagte nicht allein darauf berufen, dass die Klägerin jahrelang unwidersprochen für die Betriebserwerberinnen gearbeitet und dabei die Ausübung der Arbeitgeberrechte durch die VCS, die a... GmbH und die a... b... GmbH geduldet habe. Diese Untätigkeit führt für sich genommen nicht zur Verwirkung (BAG 22.02.2012 – 4 AZR 579/10 – Juris).
Ein Widerspruchsrecht verwirkt aber regelmäßig dann, wenn der Arbeitnehmer über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses disponiert, etwa durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit dem Betriebserwerber oder die Akzeptanz dessen Kündigung (BAG 24.02.2011 – 8 AZR 699/09 – Juris). Allein die Vereinbarung unbedeutender Nachtragsvereinbarungen, etwa beschränkt auf redaktionelle Anpassungen in Randbereichen des Arbeitsverhältnisses, genügt aber nicht. Maßgeblich ist stets der erkennbare Erklärungswert für eine Akzeptanz des Betriebserwerbers (BAG 15.03.2012 – (8 AZR 700/10 – Juris). Eine solche Akzeptanz kann aber auch dadurch zum Ausdruck gebracht werden, dass ein Arbeitnehmer aktiv solche Rechte gegenüber dem Betriebserwerber einklagt, die gerade einen wirksamen Betriebsübergang voraussetzen. Auch damit gibt er kund, dass er die Rechtsfolgen des Betriebsübergangs bewusst für sich in Anspruch nimmt und damit zugleich den Betriebserwerber als seinen neuen Arbeitgeber akzeptiert (BAG 15.03.2012 – 8 AZR 700/10 – Juris).
Dies hat die Klägerin mit ihren diversen Klagen gegen die Betriebserwerberinnen getan. Sie hat gegenüber der VCS dem Betriebsübergang auf die a... GmbH widersprochen und gerichtlich die Feststellung eines mit der VCS fortbestehenden Arbeitsverhältnisses verlangt. Damit rühmte sie sich zugleich eines wirksamen Betriebsübergangs von der Beklagten auf die VSC, da ein solches Arbeitsverhältnis auf keine andere Weise begründet worden sein konnte. Im Prozessverlauf hat sie die Klage zurückgenommen und auf die Bedeutungslosigkeit des Widerspruchs verwiesen. Damit wollte sie zwar nicht mehr die Rechtsfolgen des „bedeutungslosen“ Widerspruchs geltend machen. Es blieb aber ihre Ausgangsbehauptung eines zunächst mit der VCS begründeten Arbeitsverhältnisses. Mangels Widerspruch gegen den Betriebsübergang von der VCS auf die a... GmbH bestätigt sie zugleich die Akzeptanz der a... GmbH als neue Arbeitgeberin. Den gleichen Erklärungswert hatte ihre Klage gegen die a... GmbH selbst. Hier begehrte sie die Feststellung, dass auch ihrem mit der a... GmbH bestehenden Arbeitsverhältnis die Tarifverträge der Beklagten, Stand 31.03.2006, zur Anwendung kommen. Sie verlangte nicht etwa nur den korrekten Normenvollzug aus der bislang herangezogenen Rechtslage. Sie verlangte von der a... GmbH die Anwendung einer vollständig neuen rechtlichen Grundlage. Weder das Arbeitsverhältnis mit der a... GmbH selbst noch die von der Klägerin begehrte Anwendung der Tarifverträge der Beklagten, Stand 31.03.2006, sind ohne einen wirksamen Betriebsübergang von der VCS auf die a... GmbH rechtlich zu begründen. Ohne die Akzeptanz eines rechtswirksamen Betriebsübergangs hätte zwischen der Klägerin und der a... GmbH kein wirksames Arbeitsverhältnis bestanden. Es hätte nur ein faktisches Rechtsverhältnis bestanden, für das die Klägerin nicht die Anwendung der Tarifverträge der Beklagten hätte verlangen können. Ihre Klage setzt damit schon aus rechtlichen Gründen zwingend einen Übergang der bisherigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis mit der VCS und zuvor mit der Beklagten nach § 613a BGB voraus. Berühmt sich die Klägerin eines solchen Anspruchs, erklärt sie aus objektiver Sicht damit zugleich die Akzeptanz der vorangegangenen Betriebsübergange als rechtswirksam. Das gilt erst recht für die sodann auch gegen die a... b... GmbH mit gleicher Zielrichtung geführte Klage. Auch diese Zahlungsklage ist ein weiterer vertrauensbegründender Bestätigungsakt. Nachdem die Klägerin hiernach wiederholt die Rechtsfolgen der drei wirksamen Betriebsübergänge gerichtlich geltend gemacht hatte, wollte sie sodann die Früchte ihres aus § 613a BGB folgenden arbeitsvertraglichen Status im Wege der Zahlungsklage ziehen. Die Akzeptanz der drei Betriebsübergänge als wirksam folgt auch aus dem von der Klägerin nach § 278 ZPO mit der a... GmbH und der a... b... GmbH abgeschlossenen Vergleich. Sie vereinbarte nicht nur einen bestimmten Zahlungsbetrag zur Abgeltung der vorgenannten Zahlungsansprüche. Sie bestätigte im Rahmen der Abgeltungsklausel nochmals ausdrücklich das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit der a... GmbH und der a... b... GmbH.
Die Klägerin kann nicht einwenden, dass die Beklagte selbst hiervon erst im Laufe des Prozesses erfahren und damit nicht zur Grundlage ihres Vertrauens gemacht haben könne. Es genügt, wenn einer der Verpflichteten aus einem Betriebsübergang von den vertrauensbildenden Umständen Kenntnis erlangt. Kann sich der Betriebserwerber auf Verwirkungsumstände berufen, gilt dies auch für den Betriebsveräußerer. Beide können sich wechselseitig auf die Kenntnis des anderen berufen, ohne dass eine nachgewiesene subjektive Kenntnis des in Anspruch genommenen Verpflichteten von einem bestimmten Arbeitnehmerverhalten erforderlich ist (BAG 22.06.2011 – 8 AZR 752/09 – Juris). Grund hierfür ist die mit der Betriebsveräußerung eingegangene Verantwortungsgemeinschaft zwischen Betriebsveräußerer und Betriebserwerber (BAG 24.02.2011 – 8 AZR 699/09 – Juris). Das gilt auch für weitere Mitglieder dieser Verantwortungsgemeinschaft, die aufgrund weiterer Kettenbetriebsübergängen hinzutreten.
Die Beklagte kann sich auch auf ihre weiteren wirtschaftlichen Dispositionen berufen, die sie im Vertrauen auf die langjährige Untätigkeit der Klägerin vorgenommen hat. Im Rahmen einer typisierenden Betrachtungsweise kann davon ausgegangen werden, dass Betriebsveräußerer nach einem Betriebsteilübergangs mit zeitlich zunehmenden Abstand ihre Kalkulationen ohne Berücksichtigung der Belegschaft eines veräußerten Betriebsteils vornehmen (BAG 22.06.2011 – 8 AZR 752/09 – Juris).
d) In der Endbetrachtung des verwirklichten Zeitmoments und der vorgenannten Umstandsmomente ist die Geltendmachung des Widerspruchsrechtes durch die Klägerin nicht mehr mit Treu und Glauben vereinbar. Aufgrund des mehr als fünf Jahre und sieben Monate währenden Zeitablaufs sind an die Umstandsmomente geringere Anforderungen zu stellen (BAG 22.06.2011 – 8 AZR 752/09 – Juris). Im Zusammenspiel mit den vorgenannten von der Klägerin gesetzten Umstandsmomenten überwiegen die Interessen der Beklagten, so dass von einer Verwirkung ausgegangen werden muss.
C. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 ZPO. Aufgrund ihres Unterliegens hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Wegen der bislang noch nicht entschiedenen Frage einer Wissenszurechnung in einer Verantwortungsgemeinschaft von Betriebserwerber und Betriebsveräußerer im Falle mehrerer Kettenbetriebsübergänge war die Revision zuzulassen.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann die Klägerin Revision bei dem
Bundesarbeitsgericht,
Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt
einlegen. Die Revision muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich, per Fax oder durch Einreichen eines elektronischen Dokuments nach § 46b ArbGG bei dem Bundesarbeitsgericht eingelegt werden.
Sie ist gleichzeitig oder innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich, per Fax oder durch Einreichen eines elektronischen Dokuments nach § 46b ArbGG zu begründen.
Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Die Revisionsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Revision gerichtet wird, und die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Revision eingelegt werde. Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Prozessbevollmächtigte kommen in Betracht:
1. ein/e bei einem deutschen Gericht zugelassene/r Rechtsanwalt/Rechtsanwältin oder
2. eine der nachfolgend genannten Organisationen, wenn sie durch eine Person mit Befähigung zum Richteramt handelt:
· Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
· juristische Personen, deren Anteile sämtlich im Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, wenn sie ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.