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  • 18.10.2005 · IWW-Abrufnummer 052904

    Bundesarbeitsgericht: Urteil vom 29.09.2005 – 8 AZR 647/04

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    BUNDESARBEITSGERICHT
    Im Namen des Volkes!
    URTEIL

    8 AZR 647/04

    Verkündet am
    29. September 2005

    In Sachen

    hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 29. September 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Hauck, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Wittek, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Dr. Laux sowie den ehrenamtlichen Richter Dr. Volz und die ehrenamtliche Richterin Wankel für Recht erkannt:

    Tenor:

    Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 25. November 2004 - 4 Sa 1120/03 - wird zurückgewiesen.

    Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

    Von Rechts wegen!

    Tatbestand:

    Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von dem beklagten Insolvenzverwalter ausgesprochenen Kündigung und über das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses des Klägers zu unveränderten Arbeitsbedingungen.

    Der Kläger war seit 1. Mai 1993 bei der O & S GmbH & Co. KG (Insolvenzschuldnerin), zuletzt als Spartenleiter Holzdesign beschäftigt. Der Beklagte wurde durch Beschluss des Amtsgerichts vom 1. Februar 2002 als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eingesetzt.

    Am 14. Februar 2002 beschloss der vorläufige Gläubigerausschuss, den Betrieb in M zum 28. Februar 2002 zu schließen und sämtlichen Mitarbeitern zu kündigen. In einem Interessenausgleich vom 25. Februar 2002 wurden die zu kündigenden Arbeitnehmer, unter ihnen der Kläger, benannt. In § 6 des Interessenausgleichs war ua. bestimmt:

    "Die Betriebsparteien verpflichten sich diesen Interessenausgleich neu zu verhandeln, wenn ein Betriebsübergang nach § 613a BGB auf einen dritten Interessenten erfolgt."

    Bereits am 22. Februar 2002 sandte die C GmbH & Co. KG, ein in der Branche bekanntes Unternehmen in B, an den beklagten Insolvenzverwalter über die Faxnummer der Insolvenzschuldnerin folgendes Telefax:

    "wir beziehen uns auf die Gespräche in Sachen O.

    Eine Finanzierung der MBO kommt für uns nicht in Frage. Eine realistische Umsatz-, Mitarbeiter- und Kostenplanung ist nicht gegeben.

    Wir können Ihnen für den Standort M folgendes Konzept unterbreiten:

    1. Verwaltung und Vertrieb

    a) Übernahme der erforderlichen Mitarbeiter

    b) Verlegung nach W und Räumung des Standortes

    2. O Holz

    a) Übernahme Warenlager

    b) Übernahme Maschinenpark, eventuell nur der erforderlichen Teile

    c) Übernahme der erforderlichen Mitarbeiter Verlegung der Produktion nach W, da der jetzige Standort geräumt werden muss.

    3. O Gard

    a) Übernahme des Warenlagers

    b) Übernahme des Maschinenpark

    c) Übernahme der erforderlichen Mitarbeiter

    Verlegung der Produktion nach W oder bei Klärung der Grundstücksprobleme Produktion am Standort M.

    4. O Color

    O Color ist untrennbar mit O Gard und O Holz verbunden.

    Übernahme oder Kooperation mit einem anderen Interessenten (Grundstücksprobleme).

    Falls Sie in unseren Ausführungen ein für Sie realistisches Konzept sehen, würden wir gerne mit Ihnen in konkrete Verhandlungen eintreten."

    Mit Schreiben vom 25. Februar 2002 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers aus betriebsbedingten Gründen ordentlich zum 31. Mai 2002 mit dem Bemerken, dass "sämtliche Versuche die Firma O & S GmbH & Co. KG zu retten, ... leider gescheitert" seien. Das Kündigungsschreiben ging dem Kläger am 26. Februar 2002 zu.

    Die konkreten Verhandlungen zum Standort M wurden am 16. März 2002 durch Abschluss notarieller Verträge des beklagten Insolvenzverwalters mit der J GmbH & Co. KG aus der C-Gruppe einerseits und mit dem Geschäftsführer C andererseits besiegelt. In einer O-Presse-Information vom 19. März 2002 ist darüber wie folgt berichtet worden:

    "O Rettung gelungen

    Das Bangen um den gefürchteten Untergang des traditionsreichen Unternehmens o hat ein Ende. Die Rettung von Produktion und zahlreichen Arbeitsplätzen ist nach vielen gescheiterten Anläufen nun doch noch geglückt. Zum 18. März 2002 hat die C-Gruppe, um ihren geschäftsführenden Gesellschafter B C, die Geschäftsfelder der am Markt hervorragend positionierten Marke übernommen.

    Nach intensiven Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter erfolgte die Übernahme in Form einer ?übertragenden Sanierung' unter erheblichem Engagement aller beteiligten Interessensgruppen. Die Weiterführung der Geschäftsabläufe erfolgt unter der Firma ?o GmbH & Co. KG'. Die Gesellschaft ist neu gegründet und nicht Rechtsnachfolgerin der O & S GmbH & Co. KG i.L.

    Das neue Unternehmen übernimmt neben sämtlichen Marken-, Lizenz- und Patentrechten, einen Großteil des Anlage- und Umlaufvermögens und aus der Transfergesellschaft voraussichtlich etwa 160 Mitarbeiterinnen.

    Die Geschäftsleitung A T und An R legen besonderen Wert darauf, dass sich mit der Übernahme für o-Handelskunden kaum Änderungen ergeben werden. Alle Produktbereiche, wie Innen- und Fassadenhölzer, Leimhölzer, Leisten, Fußböden, Gartenhölzer und Color, werden weiterproduziert.

    Kunden können O-Produkte auch zukünftig in gleicher Qualität und Menge beziehen. Das gilt in gleicher Weise auch für die aktive Vertriebsunterstützung des Fachhandels.

    Bedingt durch die Neuorganisation werden Arbeitsabläufe gestrafft und optimiert. Nach bisherigen Einschätzungen wird sich das jedoch nur in geringen Teil auf die Distributionspolitik auswirken. Eine Planungsüberlegung ist derzeit, Verkaufsgebiete zugunsten einer effektiveren Kundenbetreuung in einigen Bereichen zusammenzulegen.

    Mit der Übernahme der O-Produktsparten rundet Übernehmer C sein Produktangebot in idealer Weise ab. Insbesondere die Adaption des Farben- und Oberflächenbereichs liefert dem jetzt in Deutschland größten Hobelwarenanbieter ideale Synergieeffekte."

    Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ein betriebsbedingter Kündigungsgrund nicht gegeben sei. Insbesondere sei zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs der Entschluss, den Betrieb stillzulegen, noch nicht endgültig gefasst worden. Das ergebe sich aus dem Telefax der C GmbH & Co. KG vom 22. Februar 2002. Im Übrigen sei keine ordnungsgemäße Sozialauswahl durchgeführt worden.

    Der Kläger hat beantragt

    festzustellen, dass die Kündigung des Beklagten vom 25. Februar 2002, zugegangen am 26. Februar 2002, rechtsunwirksam ist und dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zu den bisherigen Bedingungen über den Ablauf der Kündigungsfrist (31. Mai 2002) hinaus weiter unverändert fortbesteht.

    Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat behauptet, am 14. Februar 2002 sei der ernsthafte Entschluss gefasst worden, den Betrieb stillzulegen. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung habe sich der Beklagte in keinerlei Übernahmeverhandlungen mit der C befunden. Es habe zu diesem Zeitpunkt zwar Gespräche gegeben; die Stilllegungsabsicht habe aber nach wie vor fortbestanden. Die Sozialauswahl sei nicht zu beanstanden, da allen Mitarbeitern gekündigt worden sei.

    Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und festgestellt, dass die Kündigung des Beklagten vom 25. Februar 2002 unwirksam ist. Mit der Revision begehrt der Beklagte die vollständige Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

    Entscheidungsgründe:

    Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die betriebsbedingte Kündigung des Beklagten als unwirksam angesehen.

    I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die streitige Kündigung sei nicht wegen Betriebsstilllegung gem. § 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Es hat dazu im Wesentlichen ausgeführt:

    Bei Zustandekommen eines Interessenausgleichs mit Namensliste werde vermutet, dass die Kündigung der bezeichneten Arbeitnehmer auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb bzw. einem anderen Betrieb desselben Unternehmens entgegenstehen, bedingt sei (§ 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO). Im Falle eines Betriebsübergangs erstrecke sich diese Vermutung auch darauf, dass die Kündigung der Arbeitsverhältnisse nicht wegen des Betriebsübergangs erfolgt sei (§ 128 Abs. 2 InsO). Der Arbeitnehmer habe bei Zustandekommen eines Interessenausgleichs mit Namensliste im Falle einer Betriebs(teil)veräußerung im Insolvenzverfahren daher eine doppelte Vermutung zu entkräften, nämlich

    - dass die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses nicht wegen des Betriebsübergangs erfolgt sei und

    - dass die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sei.

    Bei der Regelung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO handele es sich um eine widerlegliche Vermutung mit Beweislastfunktion. Der Beweis des Gegenteils sei erst dann geführt, wenn das Gericht vom Vorliegen eines Sachverhalts überzeugt sei, der das Gegenteil der Vermutung ergebe. Eine Stilllegungsabsicht des Insolvenzverwalters liege nicht vor, wenn dieser beabsichtige, den insolventen Betrieb zu veräußern. Eine vom Insolvenzverwalter mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung sei nur dann sozial gerechtfertigt, wenn die geplante Maßnahme sich als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebsveräußerung darstelle. Der Insolvenzverwalter könne die Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung bereits dann erklären, wenn die betrieblichen Umstände schon "greifbare Formen" angenommen haben und eine vernünftige, betriebswirtschaftliche Betrachtung die Prognose rechtfertigte, dass bis zum Ablauf der einzuhaltenden Kündigungsfrist die Stilllegung durchgeführt sein werde. Der bloße Vorbehalt des Insolvenzverwalters, falls sich wider Erwarten in der Folgezeit doch noch eine Möglichkeit zur Betriebsveräußerung ergeben sollte, werde er die Chance wahrnehmen, stehe seiner ernsthaften und endgültigen Stilllegungsabsicht im Kündigungszeitpunkt nicht entgegen. Diese "Verkaufschance" dürfe sich aber erst nach Zugang der Kündigung ergeben, denn eine ernstliche Stilllegungsabsicht liege jedenfalls dann nicht vor, wenn sich der Insolvenzverwalter noch in Übernahmeverhandlungen befinde.

    Der doppelten Vermutungswirkung von § 125 Abs. 1, § 128 Abs. 2 InsO könne auch dadurch begegnet werden, dass vorgetragen wird,

    - entweder die Betriebsänderung werde nicht wie geplant und im Interessenausgleich zugrunde gelegt durchgeführt

    - oder die Sachlage habe sich nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert (§ 125 Abs. 1 Satz 2 InsO).

    Gegenstand des Interessenausgleichs vom 25. Februar 2002 sei nach seinem § 1 die Schließung des Geschäftsbetriebs und Stilllegung des Betriebs zum 31. Mai 2002 gewesen sowie der Wegfall sämtlicher Arbeitsplätze bei der Insolvenzschuldnerin ua. am Standort M. Geschäftsgrundlage sei nach der Präambel des Interessenausgleichs gewesen, "dass eine Fortführung des Betriebes nicht möglich ist. Ebenso konnte eine übertragende Sanierung auf ein drittes Unternehmen mangels Interessenten nicht durchgeführt werden."

    Vor diesem Hintergrund komme dem Telefax der C vom 22. Februar 2002 streitentscheidende Bedeutung zu, in dem dem Beklagten für den Standort M ein konkretes Übernahmekonzept unterbreitet worden sei, das in konkrete Verhandlungen mündete und durch den Übernahmevertrag vom 16. März 2002 besiegelt worden sei. Von diesem Übernahmeangebot habe der Beklagte entgegen § 111 Satz 1 BetrVG den Betriebsrat vor Abschluss des Interessenausgleichs nicht unterrichtet. Dass der Betriebsrat den Interessenausgleich in Kenntnis des Verhandlungsangebots nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätte, ergebe sich aus § 6 Abs. 1 des Interessenausgleichs, wonach sich der Betriebsrat und der beklagte Insolvenzverwalter verpflichteten, "diesen Interessenausgleich neu zu verhandeln, wenn ein Betriebsübergang nach § 613a BGB auf einen dritten Interessenten erfolgt". Aus der Nichtunterrichtung des Betriebsrats folge, dass es dem Insolvenzverwalter nach § 242 BGB verwehrt sei, sich auf die Wirkungen von § 125 Abs. 1, § 128 Abs. 2 InsO zu berufen.

    Unerheblich sei der Einwand des Beklagten, er könne sich nicht mehr genau erinnern, wann er das Telefax vom 22. Februar 2002 erhalten habe bzw. wann ihm dieses Schreiben vorgelegt worden sei. Ebenso wenig könne den Beklagten entlasten, dass er keine Veranlassung zum Telefax gegeben habe und die Verhandlungen mit der C-Gruppe bezüglich einer Übernahme erst ab 5. März 2002 geführt habe.

    Soweit der Kläger die weitere Feststellung begehre, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zu den bisherigen Bedingungen über den Ablauf der Kündigungsfrist (31. Mai 2002) hinaus weiter unverändert fortbestehe, habe die Berufung keinen Erfolg, weil sein Arbeitsverhältnis auf Grund eines Betriebsübergangs gem. § 613a Abs. 1 BGB auf die O GmbH & Co. KG übergegangen sei.

    II. Diese Ausführungen halten im Ergebnis und in weiten Teilen der Begründung einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

    1. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass das Kündigungsschutzgesetz auch für die vorliegende Kündigung durch den beklagten Insolvenzverwalter gilt.

    Da § 113 InsO keinen selbständigen Kündigungsgrund der Insolvenz oder Sanierung enthält, verbleibt es dabei, dass das Kündigungsschutzgesetz auch bei einer Kündigung nach § 113 InsO zu beachten ist, wenn es nach seinem persönlichen und betrieblichen Geltungsbereich Anwendung findet (BAG 5. Dezember 2002 - 2 AZR 571/01 - BAGE 104, 131 = AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 125 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 125; 16. Juni 2005 - 6 AZR 476/04 -BB 2005, 2357, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Bei Zustandekommen eines Interessenausgleichs mit Namensliste wird vermutet, dass die Kündigung der bezeichneten Arbeitnehmer auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG durch dringende betriebliche Erfordernisse, die im Falle einer Beendigungskündigung einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb bzw. einem anderen Betrieb desselben Unternehmens entgegenstehen, bedingt ist (§ 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO). Im Falle eines Betriebsübergangs erstreckt sich diese Vermutung auch darauf, dass die Kündigung der Arbeitsverhältnisse nicht wegen des Betriebsübergangs erfolgt (§ 128 Abs. 2 InsO).

    2. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 26. Februar 2002 die Stilllegungsabsicht des Beklagten nicht endgültig war, so dass die betriebsbedingte Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG unwirksam ist.

    a) Eine Betriebsstilllegung setzt den ernstlichen und endgültigen Entschluss des Unternehmers voraus, die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufzuheben (st. Rspr., vgl. BAG 21. Juni 2001 - 2 AZR 137/00 -AP KSchG 1969 § 15 Nr. 50 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 53). Bei der Auflösung der Betriebsorganisation im Falle einer Betriebsstilllegung ist der Arbeitgeber nicht gehalten, eine Kündigung erst nach deren Durchführung auszusprechen. Vielmehr kann er die Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung bereits dann erklären, wenn die betrieblichen Umstände einer Betriebsstilllegung schon "greifbare Formen" angenommen haben und eine vernünftige, betriebswirtschaftliche Betrachtung die Prognose rechtfertigt, dass bis zum Ablauf der einzuhaltenden Kündigungsfrist die Stilllegung durchgeführt sein wird (statt aller BAG 19. Juni 1991 - 2 AZR 127/91 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 53 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 70). Hingegen fehlt es an einem endgültigen Entschluss zur Betriebsstilllegung, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebs steht und gleichwohl wegen Betriebsstilllegung kündigt (BAG 10. Oktober 1996 - 2 AZR 477/95 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 87). Ist andererseits im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die Betriebsstilllegung endgültig geplant und bereits eingeleitet, behält sich der Arbeitgeber aber eine Betriebsveräußerung vor, falls sich eine Chance biete, und gelingt dann später doch noch eine Betriebsveräußerung, bleibt es bei der sozialen Rechtfertigung der Kündigung (BAG 19. Juni 1991 - 2 AZR 127/91 - aaO). Es kommt allerdings ein Wiedereinstellungsanspruch in Betracht (BAG 13. November 1997 - 8 AZR 295/95 - BAGE 87, 115 = AP BGB § 613a Nr. 169 = EzA BGB § 613a Nr. 154).

    b) Danach ist das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 26. Februar 2002 eine endgültige Stilllegungsabsicht des Beklagten nicht bestand. Bereits am 22. Februar 2002 war bei dem Beklagten ein Fax der C mit einem Konzept für die Übernahme des "Standorts M" eingegangen. Dieses Fax beantwortete der Beklagte keineswegs mit einer Absage wegen endgültiger Stilllegung, sondern nahm konkrete Verhandlungen auf, nach Angabe des Beklagten am 5. März 2002, die bereits am 16. März 2002 mit einem notariellen Übernahmevertrag abgeschlossen wurden. Zwar begründete der Beklagte die Kündigung im Kündigungsschreiben vom 25. Februar 2002 noch damit, dass "sämtliche Versuche, die Firma O & S GmbH & Co. KG zu retten, ... leider gescheitert" seien. Zu diesem Zeitpunkt lag dem Beklagten aber bereits das Angebotsfax der C vom 22. Februar 2002 vor, das wenige Tage später zu konkreten Verhandlungen und einer teilweisen Betriebsübernahme führte. Damit bestand tatsächlich im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 26. Februar 2002 keine endgültige Stilllegungsabsicht des Beklagten, zumal auch der Interessenausgleich vom 25. Februar 2002 eine mögliche Betriebsübernahme berücksichtigt, indem dort unter § 6 eine Verpflichtung zur Neuverhandlung über den Interessenausgleich festgelegt wird, "wenn ein Betriebsübergang nach § 613 a BGB auf einen dritten Interessenten erfolgt".

    c) Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr auf die Vermutungswirkung der §§ 125, 128 InsO an.

    Grundsätzlich setzt eine betriebsbedingte Kündigung gem. § 1 Abs. 2 KSchG das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse, die vom Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen sind, voraus. Die Regelung gem. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO modifiziert diesen Grundsatz für die im Interessenausgleich namentlich verzeichneten Arbeitnehmer dahin gehend, dass für diesen Personenkreis vom Vorliegen betrieblicher Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen, auszugehen ist. Diese Vermutungsregel erstreckt sich im Falle eines Betriebsübergangs auch darauf, dass die Kündigung der Arbeitsverhältnisse nicht wegen des Betriebsübergangs erfolgt (§ 128 Abs. 2 InsO). Bei der Regelung der §§ 125, 128 InsO handelt es sich um eine gesetzliche Vermutung, die im Kündigungsschutzprozess zur Beweislastumkehr führt, aber gem. § 292 ZPO widerlegbar ist (KR-Weigand 7. Aufl. § 125 InsO Rn. 15). Steht allerdings, wie im Streitfall, bereits fest, dass mangels endgültiger Stilllegungsabsicht des Beklagten die Kündigung nicht aus betriebsbedingten Gründen gerechtfertigt ist, besteht für eine aus §§ 125, 128 InsO folgende Vermutung kein Raum mehr.

    d) Damit kommt es entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht mehr darauf an, ob der Beklagte sich nach § 242 BGB auf die Vermutungswirkung nicht berufen kann, weil er vor Abschluss des Interessenausgleichs am 25. Februar 2002 entgegen § 111 Satz 1 BetrVG den Betriebsrat nicht über das Übernahmeangebot der C vom 22. Februar 2002 unterrichtete.

    3. Soweit die Revision nunmehr bestreitet, dass ein Betriebsübergang bzw. Teilbetriebsübergang auf die O (C-Gruppe) mit Wirkung vom 16./18. März 2002 vorliegt, kommt es hierauf für die Wirksamkeit der Kündigung ebenfalls nicht an. Entscheidend ist lediglich, dass bei Zugang der Kündigung am 26. Februar 2002 tatsächlich keine endgültige Stilllegungsabsicht vorlag. Ob es dann am 16./18. März 2002 zu einem Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers auf Grund eines Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die O gekommen ist, ist lediglich für den Feststellungsantrag des Klägers auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zum Beklagten über die Kündigungsfrist (31. Mai 2002) hinaus von Bedeutung. Diesen Antrag hat das Landesarbeitsgericht wegen des Betriebsübergangs bereits zu Gunsten des Beklagten zurückgewiesen. Diese teilweise Zurückweisung der Klage kann und will der Beklagte mit seiner Revision aber nicht angreifen.

    III. Der Beklagte hat gem. § 97 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

    RechtsgebieteBGB, KSchG, InsOVorschriftenBGB § 613a KSchG § 1 Abs. 2 InsO § 113 InsO § 125 InsO § 128