Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 15.03.2019 · IWW-Abrufnummer 207751

    Landesarbeitsgericht Hamm: Urteil vom 21.11.2018 – 4 Sa 388/18

    1. Beschäftigt der Arbeitgeber nach Ausspruch einer Beendigungskündigung aufgrund einer entsprechenden erstinstanzlichen Verurteilung den Arbeitnehmer zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung vorläufig weiter und schließen die Parteien in zweiter Instanz einen Vergleich, der eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum vorgesehenen Kündigungstermin zum Inhalt hat, bestimmen sich Vergütungsansprüche des Arbeitsnehmers für die Zeit der tatsächlichen Weiterbeschäftigung grundsätzlich nach § 818 Abs. 2 BGB . Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und auf Feiertagsvergütung bestehen für diesen Zeitraum nicht (im Anschluss an BAG, Urteil vom 10.03.1987 - 8 AZR 146/84 ).

    2. Der Arbeitgeber ist in einem solchen Fall aber in unionrechtskonformer Auslegung des Bundesurlaubsgesetzes verpflichtet, Urlaubsentgelt nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG zu zahlen (insoweit abweichend von BAG, Urteil vom 10.03.1987 - 8 AZR 146/84 ), weil auch die Weiterbeschäftigung zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung ein Arbeitsverhältnis im Sinne von Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung begründet.

    3. Gewährt der Arbeitgeber einem zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung weiterbeschäftigten Arbeitnehmer in der betriebsüblichen Art und Weise Urlaub, ist er für den Zeitraum der Urlaubserteilung zur Zahlung von Urlaubsentgelt nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG verpflichtet. Eine mit der Urlaubsgewährung erklärte Ankündigung, kein Urlaubsentgelt zahlen zu wollen, stellt eine unbeachtliche protestatio facto contraria dar (abweichend von BAG, Urteil vom 19.01.2016 - 2 AZR 449/15 ).


    Tenor:
    1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 20.03.2018 - 5 Ca 2033/17 - abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu tenoriert.


    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.130,70 € brutto neben Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.03.2018 zu zahlen.


    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.


    2. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.


    3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.


    4. Die Revision wird zugunsten der Beklagten zugelassen



    Tatbestand



    Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche.



    Der Kläger war bei der Beklagten seit 2010 als Schlosser gegen einen Stundenlohn in Höhe von zuletzt 20,20 Euro brutto in der 40-Stunden-Woche (8,25 Stunden montags bis donnerstags und 7,00 Stunden freitags) beschäftigt. Mit Schreiben vom 31.08.2015 hatte die Beklagte das mit dem Kläger geschlossene Arbeitsverhältnis zum 30.09.2015 gekündigt. Die hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage war erfolgreich. Das Arbeitsgericht Iserlohn (Az. 2 Ca 1573/15) verurteilte die Beklagte mit Urteil vom 15.08.2017 zugleich, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Schlosser weiter zu beschäftigen. Dem kam die Beklagte zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung seit dem 31.08.2017 nach. Im Berufungsverfahren schlossen die Parteien am 22.03.2018 vor dem LAG Hamm (Az. 15 Sa 1246/17) einen Vergleich, der gegen Zahlung einer Abfindung eine Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 30.09.2015 zum Gegenstand hatte.



    Mit seiner am 13.11.2017 eingegangenen und später erweiterten Klage hat der Kläger in dem vorliegenden Verfahren für den Zeitraum vom 31.08. bis 31.12.2017 Entgeltdifferenzen verfolgt. Die Beklagte hat im streitgegenständlichen Zeitraum zwar geleistete Arbeitsstunden des Klägers ordnungsgemäß vergütet, aber für Krankheits- und Urlaubszeiten sowie für die gesetzlichen Feiertage kein Entgelt gezahlt.



    Der Kläger erkrankte am 31.08.2017 nach 1 1/4 Stunden geleisteter Arbeit und war nachfolgend bis einschließlich 10. September 2017 sowie in der Zeit vom 27. September bis 30. Oktober 2017 arbeitsunfähig.



    In der Zeit vom 06. November bis 31. Dezember 2017 war der Kläger freigestellt. Für diesen Zeitraum hatte er mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 09.10.2017 (Aktenblatt 18 bis 19) Bewilligung von Urlaub beantragt. Auf ein Erinnerungsschreiben vom 02.11.2017 (Aktenblatt 184) antwortete der Prozessbevollmächtigte der Beklagten per E-Mail vom gleichen Tag: "... Der von Herrn U beantragte Urlaub ab dem 06.11.2017 bis zum 31.12.2017 wird im Rahmen der Prozessbeschäftigung von unserer Mandantin 'bewilligt'". Am folgenden Tag übergab der Geschäftsführer der Beklagten im Beisein des Personalsachbearbeiters S dem Kläger einen vom Betriebsleiter K auf dem üblichen Bewilligungsformular (Aktenblatt 50) unterzeichneten Urlaubsschein. Dies räumte der Geschäftsführer der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 21.11.2018 ein, nachdem er zuvor bestritten hatte, dass an jenem Tag überhaupt mit dem Kläger ein Gespräch stattgefunden und des Weiteren er ihm einen ausgefüllten und unterzeichneten Urlaubsschein überreicht habe.



    Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Annahmeverzuges verpflichtet, ihm auch die Zeiten, in denen er wegen Arbeitsunfähigkeit, Urlaub oder an gesetzlichen Feiertagen nicht gearbeitet habe, zu vergüten.



    Er hat beantragt,

    1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat August 2018 141,40 EUR brutto, für den Monat September 2017 1.949,30 EUR brutto, für den Monat Oktober 2017 3.565,30 EUR brutto, für den Monat November 2017 3.257,25 EUR brutto und für den Monat Dezember 2017 3.373,40 EUR brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.059,65 EUR seit dem 17.11.2017, aus weiteren 3.596,35 EUR seit dem 23.11.2017 und aus weiteren 6.630,65 EUR seit dem 01.03.2018; 2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn als Verzugspauschale gem. § 288 Abs. 5 BGB 200,00 EUR zu zahlen.



    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.



    Die Beklagte hat sich erstinstanzlich auf den Standpunkt gestellt, sie sei nicht verpflichtet, die mit der Klage verfolgten Entgeltansprüche zu erfüllen, da das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger aufgrund ihrer Kündigung vom 31.08.2015 mit Ablauf des 30.09.2015 wirksam beendet worden sei.



    Das Arbeitsgericht Iserlohn hat durch Urteil vom 20.03.2018 wie folgt entschieden:



    1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.761,45 EUR brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.542,25 EUR seit dem 17.11.2017, aus weiteren 3.588,55 EUR seit dem 23.11.2017 und aus weiteren 6.630,65 EUR seit dem 01.03.2018.



    2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.



    3. Die Kosten des Rechtstreits trägt die Beklagte.



    4. Der Streitwert wird auf 12.486,65 EUR festgesetzt.



    Die Entscheidung beruht im Anschluss an das vorausgegangene Urteil des Arbeitsgerichts in dem Verfahren 2 Ca 1573/15 auf der Annahme, dass die Kündigung der Beklagten vom 31.08.2015 das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht wirksam aufgelöst hat. Hinsichtlich der mit der Klage verfolgten Verzugspauschale nach § 288 Abs. 5 BGB hat das Arbeitsgericht angenommen, dass dem in analoger Anwendung § 12a ArbGG entgegenstehe. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Urteils wird auf Aktenblatt 72 bis 85 Bezug genommen.



    Die Beklagte hat gegen das ihr am 28.03.2018 zugestellte Urteil mit am 09.04.2018 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese zugleich begründet. Die Berufungsbegründung wurde dem Kläger am 18.04.2018 zugestellt. Dieser hat mit am 03.05.2018 eingegangenem Schriftsatz Anschlussberufung eingelegt und diese zugleich begründet.



    Die Beklagte trägt vor, sie habe sich zu Recht geweigert, Entgeltfortzahlung und Urlaubsentgelt zu leisten. Aufgrund des am 22.03.2018 vor dem Landesarbeitsgericht geschlossenen Vergleichs stehe fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 30.09.2015 sein Ende gefunden habe. Danach habe zwischen den Parteien nur ein faktisches Prozessbeschäftigungsverhältnis bestanden, das nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen abzuwickeln gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bestehe in solchen Fällen weder Anspruch auf bezahlten Urlaub noch auf Entgeltfortzahlung. Darauf sei der Kläger, als er wieder im Betrieb erschienen sei, ausdrücklich hingewiesen worden. Auch am 03.11.2017 habe ihr Geschäftsführer ihm im Zusammenhang mit der Übergabe des Urlaubsscheins noch einmal erläutert, dass eine Urlaubsvergütung für den fraglichen Zeitraum nicht gewährt werde. Urlaub für die Phase der faktischen Beschäftigung sei auch nicht abzugelten. De Jure habe nur eine unbezahlte Freistellung vorgelegen. § 102 Abs. 5 BetrVG sei nicht anwendbar, weil der Betriebsrat der ordentlichen Kündigung des Klägers zugestimmt habe. Auch die EU-Richtlinie 88/2003 setze ein bestehendes Arbeitsverhältnis voraus. Da sie sich nicht in Verzug befunden habe, bestehe auch kein Anspruch auf die Verzugspauschale nach § 288 Abs. 5 BGB.



    Die Beklagte beantragt,

    unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 20.03.2018 (5 Ca 2033/17) die Klage insgesamt abzuweisen und die Anschlussberufung aus dem Schriftsatz vom 03.05.2018 zurückzuweisen.



    Der Kläger beantragt,

    die Berufung der Beklagten vom 29.03.2018 abzuweisen und im Wege der Anschlussberufung in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 20.03.2018, 5 Ca 2033/17, die Beklagte zusätzlich zu verurteilen, an ihn als Verzugspauschale gemäß § 288 Abs. 5 BGB einen Betrag von 200,00 Euro zu zahlen.



    Der Kläger trägt vor, auch nachdem zwischenzeitlich eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2015 feststehe, habe er Zahlungsansprüche gegen die Beklagte aus dem Prozessbeschäftigungsverhältnis. Dessen Grundlage sei das Urteil vom 15.08.2017 gewesen. Das Arbeitsgericht Iserlohn habe die Beklagte ausdrücklich verpflichtet, ihn zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen. Demzufolge sei das Arbeitsverhältnis der Parteien mit allen Rechten und Pflichten fortzuführen gewesen und damit Rechtsgrundlage der geltend gemachten Ansprüche einschließlich solcher auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, auf Urlaubsentgelt sowie auf Feiertagsvergütung. Zu einer Weiterbeschäftigung gehöre auch die ordnungsgemäße Vergütung und zwar nicht nur für tatsächlich geleistete Arbeit, sondern auch die Vergütung von Urlaub, während Krankheitszeiten und an Feiertagen. Die entgegenstehende ältere Rechtsprechung des BAG sei nicht nachvollziehbar, wenig überzeugend und nicht mit europäischem Recht in Einklang zu bringen. Mit der Begründung des BAG könne sogar die Vergütung für die im Prozessbeschäftigungsverhältnis geleistete Arbeit abgelehnt werden, denn die Beklagte sei nur zur Weiterbeschäftigung und nicht zur Vergütung verurteilt worden. Auch die Ablehnung eines faktischen Arbeitsverhältnisses durch das BAG überzeuge nicht. Zwar erfolge die Weiterbeschäftigung in den hier fraglichen Fällen gegen den Willen des Arbeitgebers, dies gelte aber ebenso nach rechtskräftigem Verlust des Kündigungsschutzverfahrens. Warum das Bundesarbeitsgericht den dogmatischen Ansatz einer Anwendbarkeit des § 102 Abs. 5 BetrVG verwerfe, sei ebenso wenig nachvollziehbar. Aber selbst wenn das Prozessbeschäftigungsverhältnis nach den §§ 812 ff. abzuwickeln sei, seien Urlaubsentgelt, Feiertagsvergütung und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall geschuldet. Der Wert der Arbeit, der vom Arbeitgeber zu ersetzen sei, werde maßgeblich auch durch Erholungsphasen bestimmt. Ein Arbeitnehmer könne seine Arbeitsleistung nur dann vollständig und ordnungsgemäß erbringen, wenn er Urlaub habe, sich an Feiertagen erhole oder sich während einer Erkrankung regeneriere. Nicht zuletzt widerspreche diese Rechtsprechung den Richtlinien des Europäischen Parlaments, insbesondere der Richtlinie 2003/88/EG vom 04.11.2003. Zumindest die Anwendung europäischen Rechts führe die BAG-Rechtsprechung ad absurdum und zwinge zum Umdenken.



    Dessen ungeachtet habe die Beklagte ihm Urlaub ausdrücklich und schriftlich bewilligt. Allein dies bilde schon eine ausreichende Rechtsgrundlage für Urlaubsentgeltansprüche im fraglichen Zeitraum. Urlaub habe er beantragt gehabt, um sich wenigstens für einen gewissen Zeitraum aus der Schusslinie zu nehmen. Am 03.11.2017 sei der Geschäftsführer der Beklagten an ihn heran getreten, und habe ihm gesagt, er wolle ihn nicht mehr sehen, die Sache müsse endlich beendet werden. Dies habe er zum Anlass genommen, auf den zu diesem Zeitpunkt noch nicht genehmigten Urlaub hinzuweisen. Daraufhin habe der Geschäftsführer der Beklagten die Werkshalle verlassen. Nach 30 bis 40 Minuten sei er mit dem Zeugen S zurückgekehrt und habe ihm den ausgefüllten und unterzeichneten Urlaubsschein wortlos übergeben. Auf Nachfrage habe der Zeuge S ausdrücklich bestätigt, dass alles seine Ordnung habe. Er bestreite, dass er in diesem Zusammenhang oder aus anderem Anlass darauf hingewiesen worden sei, dass bei Inanspruchnahme von Urlaub keine Urlaubsvergütung gezahlt werde. Die Beklagte verhalte sich widersprüchlich, wenn sie einerseits ausdrücklich Urlaub bewillige und andererseits eine Vergütung dafür ablehne. Demzufolge sei die Berufung der Beklagten, wenn auch mit anderer Begründung als im erstinstanzlichen Urteil, abzuweisen. Ihm stehe nach § 288 Abs. 5 BGB auch die Verzugspauschale in Höhe von monatlich 40,00 Euro zu.



    Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die zu Protokoll genommenen Erklärungen der Parteien ergänzend Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe



    1. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet.



    Die Berufung der Beklagten ist aber nur teilweise begründet. Nachdem die Parteien in dem vorausgegangenen Kündigungsschutzverfahren vor der 15. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm am 22.03.2018 einen Vergleich geschlossen haben, der unter anderem eine Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2015 zum Inhalt hat, steht fest, dass in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 31.08. bis 31.12.2017 zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis nicht mehr bestanden hat. Der Kläger kann daher weder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall noch Feiertagsvergütung von der Beklagten verlangen. Im Lichte der gebotenen unionrechtskonformen Auslegung ist ihm aber für die Zeit vom 06.11. bis 31.12.2017 Vergütung für ihm von der Beklagten gewährten Urlaub zuzusprechen, ohne dass es auf die zwischen den Parteien streitige Frage ankommt, ob der Geschäftsführer der Beklagten den Kläger vor Urlaubsantritt darauf hingewiesen hat, dass eine Urlaubsvergütung für den fraglichen Zeitraum nicht gewährt werde. Insoweit war das erstinstanzliche Urteil daher aufrecht zu erhalten, während es im Übrigen abzuändern und die Klage abzuweisen war. Im Einzelnen hat die Kammer die nachfolgenden Erwägungen angestellt:



    a) Soweit der Kläger für den Zeitraum 31.08. bis 10.09. sowie vom 27.09. bis 30.10.2017 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und für den 31.10., 01.11. sowie für den 25. und 26.12.2017 die Zahlung von Feiertagsvergütung von der Beklagten verlangt, ist die Klage jedenfalls durch Vergleichsschluss vom 22.03.2018 unbegründet geworden. Die erstinstanzliche Entscheidung war daher insoweit abzuändern und die Klage abzuweisen.



    § 1 EntgFG setzt sowohl für die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall wie auch für die Zahlung von Arbeitsentgelt an gesetzlichen Feiertagen ein bestehendes Arbeitsverhältnis voraus, denn anspruchsberechtigt sind (nur) Arbeitnehmer. Da die Parteien im Vergleich vom 22.03.2018 sich auf eine Beendigung des von ihnen begründeten Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2015 geeinigt haben, steht fest, dass im streitgegenständlichen Zeitraum ein Arbeitsverhältnis zwischen ihnen nicht mehr bestanden hat.



    Etwas anderes folgt nicht aus dem Umstand, dass der Kläger tatsächlich seit dem 31.08.2017 von der Beklagten wieder beschäftigt wurde. Dies geschah unstreitig nur zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 15.08.2017 in dem Verfahren 2 Ca 1573/15. In seiner Entscheidung vom 10.03.1987 (8 AZR 146/84 = NJW 1987, 2251 ff.; bestätigt durch Urteil vom 01.03.1990 - 6 AZR 649/88 = NZA 1990, 696 f.) hat das Bundesarbeitsgericht für diese Fälle folgende Grundsätze herausgearbeitet:



    Allein daraus, dass der Arbeitnehmer einen vorläufig vollstreckbaren Titel auf Weiterbeschäftigung hat, kann nicht auf Fortbestand eines wirksam gekündigten Arbeitsverhältnisses bis zur rechtskräftigen Abweisung der Kündigungsschutzklage geschlossen werden. Wird durch einen Vergleich diese rechtliche Erfolg herbeigeführt, gilt das Gleiche. Wird ein Arbeitnehmer nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung weiter beschäftigt, kann auch nicht von einem Vertragsschluss durch schlüssiges Verhalten der Parteien ausgegangen werden. Aus einer Verurteilung zur vorläufigen Weiterbeschäftigung ergibt sich keine rechtliche Grundlage für die Ausübung der fraglichen Tätigkeit, denn im arbeitsgerichtlichen Verfahren sind erstinstanzliche Urteile nach § 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG nur vorläufig vollstreckbar und damit ohne rechtsgestaltende Wirkung. Eine entsprechende Anwendung des § 102 Abs. 5 BetrVG scheidet aus, denn Zweck dieser Regelung ist nicht, das individuelle Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers zu schützen, sondern die Stellung des Betriebsrats bei Ausübung seiner kollektivrechtlichen Befugnisse zu stärken. Auch ein faktisches Arbeitsverhältnis kommt als Grundlage eines Lohnanspruchs während der vorläufigen Weiterbeschäftigung nicht in Betracht. Ein faktisches Arbeitsverhältnis setzt voraus, dass die Beschäftigung des Arbeitnehmers zwar ohne Rechtsgrund, aber regelmäßig mit Wissen und Wollen des Arbeitgebers erfolgt. Bei der dem Arbeitgeber aufgezwungenen Weiterbeschäftigung während des Kündigungsrechtsstreits fehlt es demgegenüber am übereinstimmenden Willen der Parteien. Der Arbeitgeber hält die von ihm ausgesprochene Kündigung für wirksam und will den Arbeitnehmer deshalb nicht beschäftigen. Auch die Verurteilung zur Weiterbeschäftigung begründet kein faktisches Arbeitsverhältnis. Wegen seiner vorläufigen Vollstreckbarkeit wirkt das erstinstanzliche Urteil nur auflösend bedingt bis zum Zeitpunkt seiner Aufhebung. Es gab vollstreckungsrechtlich während des Weiterbeschäftigungszeitraums die Möglichkeit, den fehlenden Beschäftigungswillen der Beklagten zu ersetzen. Ein Weiterbeschäftigungsurteil verpflichtet den Arbeitgeber aber nur zur tatsächlichen Beschäftigung, nicht zum Abschluss eines Arbeitsvertrags.



    Erweist sich eine Kündigung im Rechtsmittelverfahren als wirksam, hat für die beiderseitigen Leistungen während einer vorläufigen Weiterbeschäftigung kein Rechtsgrund bestanden. Gegen die Rückabwicklung bereits ausgetauschter Leistungen werden die Parteien durch die im Bereicherungsrecht anerkannte Saldierung geschützt. Da der Arbeitgeber eine erhaltene Arbeitsleistung nicht herausgeben kann, schuldet er Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB. Bei der Geltendmachung von "Restlohn" durch den Arbeitnehmer ist für die Ermittlung des Werts im Sinne des § 818 Abs. 2 BGB bedeutsam, inwieweit es sich um den Gegenwert für geleistete Arbeit während des Weiterbeschäftigungszeitraums handelt. Nur insoweit ist der Arbeitgeber bereichert (BAG, Urteil vom 10.03.1987 aaO; BAG, Urteil vom 12.02.1992 - 5 AZR 297/90 = NZA 1993, 177 ff.).



    Rechtsprechung und Literatur sind dieser Rechtsprechung ganz überwiegend gefolgt (etwa Erfurter Kommentar/Preis, 19. Auflage 2019, § 611a BGB, Rn. 148; Staudinger/Richardi/Fischinger (2016) BGB § 611 Rn. 1726; KR-Etzel/Rinck, 11. Aufl. 2016, § 102 BetrVG Rn. 403; Schaub/Linck, Arbeitsrechtshandbuch, 17. Auflage 2017, § 125 Rn. 24; für eine entsprechende Anwendung des § 102 Abs. 5 BetrVG: Wank, Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Bd. I, 3. Aufl. 2009, § 99 Rn. 106; Münchener Kommentar/Schwab, 7. Aufl. 2017, § 818 BGB Rn. 95).



    Die Kammer schließt sich dieser Rechtsprechung an, meint allerdings, dass etwas anderes hinsichtlich der Zahlung von Urlaubsentgelt gelten muss (dazu sogleich unter b)). Es lässt sich nicht leugnen, dass aufgrund des zwischen den Parteien am 22.03.2018 geschlossenen Vergleichs feststeht, dass im streitgegenständlichen Zeitraum ein Arbeitsverhältnis nicht bestanden hat. Dem Kläger kann nicht darin gefolgt werden, dass sich aus dem Weiterbeschäftigungstitel des Urteils des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 15.08.2017 etwas anderes ergibt. Zwar wurde die Beklagte darin verurteilt, den Kläger zu "unveränderten Arbeitsbedingungen" weiter zu beschäftigen. Dies ändert aber nichts an dem Umstand, dass es sich um einen vorläufig vollstreckbaren Anspruch handelte, der die Rechtsbeziehungen der Parteien gerade nicht endgültig regelte. Insbesondere kann der Urteilsformel "zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen" nicht entnommen werden, dass die Beklagte auch bei Fehlzeiten des Klägers verpflichtet sein sollte, nach den allgemeinen arbeitsrechtlichen Bestimmungen Zahlungen zu leisten. Die Urteilsformel verhält sich vielmehr lediglich zu der Art und Weise der Weiterbeschäftigung, begründet aber keine darüber hinausgehenden Rechtspositionen. Aber selbst, wenn es anders wäre, würde dies nichts an dem Umstand ändern, dass es sich bei einem erstinstanzlichen Urteil lediglich - bis zum Eintritt der Rechtskraft - um eine abänderliche und damit vorläufige Entscheidung handelt. Durch die im Vergleich vom 22.03.2018 getroffene Regelung, wonach das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30.09.2015 endete, haben diese zugleich die erstinstanzlich ergangene gerichtliche Entscheidung abgeändert mit der Folge, dass für die Zeit nach dem 30.09.2015 Rechtsansprüche, die ein bestehendes Arbeitsverhältnis voraussetzen, hinfällig wurden. Zu Unrecht wendet der Kläger hiergegen ein, dass auf Basis der oben dargestellten Rechtsprechung des BAG für den fraglichen Zeitraum nicht einmal Vergütungsansprüche bestünden. Hinsichtlich eines Anspruchs aus § 611a Abs. 2 BGB trifft dies zwar zu. Er übersieht aber, dass Rechtsgrundlage für die Vergütung der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung § 818 Abs. 2 BGB ist. Genau deshalb gilt für die im vorliegenden Verfahren verfolgten Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Feiertagsvergütung, denen eben keine tatsächliche Arbeitsleistung gegenübersteht, so dass insoweit nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen kein Raum für ein Anspruch aus § 818 Abs. 2 BGB ist. Die Beklagte hat während der Krankheitszeiten und an Feiertagen nichts vom Kläger erlangt, so dass auch kein Ausgleich nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen stattfinden kann.



    Mit dem Bundesarbeitsgericht geht die Kammer des Weiteren davon aus, dass auch nach den Grundsätzen des faktischen Arbeitsverhältnisses eine Abwicklung nicht stattfinden kann, weil die erzwungene Weiterbeschäftigung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gerade gegen den erklärten Willen der Beklagten erfolgte und damit die tatsächliche Beschäftigung nicht auf einem übereinstimmenden Willensentschlusses beruhte. Soweit der Kläger dagegen einwendet, auch nach einem rechtskräftig obsiegen Urteil wäre die Beklagte mit seiner Beschäftigung nicht einverstanden, mag dies faktisch zutreffen. Er übersieht aber, dass Grundlage für sämtliche Vergütungsansprüche dann der im Jahr 2010 geschlossene Arbeitsvertrag wäre und es auf Vorbehalte der Beklagten nicht ankäme. Schließlich kann eine Vergütungspflicht auch nicht aus § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG abgeleitet werden. Einer unmittelbaren Anwendung steht der fehlende Widerspruch des Betriebsrats bei der Beklagten entgegen. Für eine analoge Anwendung ist nicht nur deshalb kein Raum, weil § 102 Abs. 5 BetrVG im Schutzzweck auf die Stärkung der Stellung des Betriebsrats abzielt (so BAG, Urteil vom 10.03.1987 aaO.). Darüber hinaus fehlt es auch an einer Regelungslücke, weil das Rechtsinstitut des Bereicherungsrechts einen Regelungsmechanismus zur Lösung der fraglichen Fälle bereit hält und daher kein Bedürfnis an einer Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG besteht.



    Nach alledem hat der Kläger weder einen vertraglichen, noch einen gesetzlichen Anspruch gegen die Beklagte auf Lohnersatzleistungen für im streitgegenständlichen Zeitraum aufgetretene Krankheitszeiten und wegen des Arbeitsausfalls aufgrund der angefallenen gesetzlichen Feiertage. Mangels europarechtlicher Vorgaben verstößt dies auch nicht gegen höherrangiges Recht. Insoweit war die erstinstanzliche Entscheidung nebst Zinsausspruch daher abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen.



    b) Demgegenüber hat das Arbeitsgericht Iserlohn dem Kläger zu Recht Vergütung für insgesamt 38 Urlaubstage in der Zeit vom 06.11. - 31.12.2017 zugesprochen. Anspruchsgrundlage ist insoweit § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG.



    Allerdings bezieht sich die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 10.03.1987 (aaO) ausdrücklich auch auf Urlaubsentgelt. Offengelassen hat es lediglich, wie der Wertausgleich zu bestimmen wäre, wenn Urlaub tatsächlich gewährt wurde. Dies war hier nach Auffassung der Kammer der Fall, obwohl nach dem streitigen Tatsachenvortrag der Beklagten deren Geschäftsführer dem Kläger bei der Freistellungserklärung zugleich mitteilte, dass eine Urlaubsvergütung nicht gezahlt werde. Darauf kommt es aber letztlich gar nicht an.



    Vielmehr ist im Lichte der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Urlaubsrecht nach Auffassung der Kammer für die Urlaubsvergütung eine von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts abweichende Betrachtungsweise geboten.



    Nach seinen §§ 1 und 2 gewährt das Bundesurlaubsgesetz Arbeitnehmern einen gesetzlichen Mindestanspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Nach den obigen Ausführungen hätte der Kläger hierauf keinen Anspruch, weil aufgrund des Vergleichs vom 22.03.2018 feststeht, dass im streitgegenständlichen Zeitraum zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis mehr bestand.



    Die Kammer ist aber der Auffassung, dass im Sinne der gebotenen unionrechtskonformen Auslegung des Bundesurlaubsgesetzes (etwa BAG, Urteil vom 24.03.2009 - 9 AZR 983/07 = NZA 2009, 538 ff.; BAG Urteil vom 07.08.2012 - 9 AZR 353/10 = NJW 2012, 3529 ff.) von einem weiteren Arbeitnehmerbegriff auszugehen ist, dem auch der Kläger im Weiterbeschäftigungszeitraum unterfiel.



    Nach Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Arbeitszeitrichtlinie) müssen die Mitgliedsstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen erhält. Als Arbeitnehmer ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs jeder anzusehen, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, wobei Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht nach dieser Rechtsprechung darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisungen Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält (etwa EuGH, Urteil vom 03.05.2012 - C 337/10 "Neidel" = AP Nr. 8 zu Richtlinie 2003/88/EG). Nach dieser Definition sind auch Personen, die zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung aufgrund eines entsprechenden gerichtlichen Ausspruchs tatsächlich beschäftigt werden, Arbeitnehmer im Sinne von Artikel 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie. Zweifellos hat der Kläger in dem fraglichen Zeitraum eine tatsächliche und echte Tätigkeit, die nicht völlig untergeordnet war, ausgeübt, und zwar nach Weisungen der Beklagten und gegen Zahlung einer Vergütung. Damit sind die Merkmale eines Arbeitnehmers nach Artikel 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie erfüllt. Ungeachtet des Umstands, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien rechtlich beendet war, begründete allein dies einen Anspruch des Klägers auf Erteilung von Urlaub (im Ergebnis ebenso Neumann/Fenski/Kühn, Bundesurlaubsgesetz, 11. Aufl. 2016, § 2 BUrlG Rn. 14; a.A. Erfurter Kommentar/Gallner aaO. § 1 BUrlG Rn. 29).



    Die Beklagte hat dem Kläger auch Urlaub erteilt. In der Rechtsprechung des BAG ist anerkannt, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Urlaub vorsorglich für den Fall gewähren kann, dass eine von ihm erklärte ordentliche oder außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht auflöst (BAG, Urteil vom 19.01.2016 - 2 AZR 449/15 = NZA 2016, 1144 ff.; LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.02.2018 - 5 Sa 425/17 - juris). Allerdings soll eine wirksame Urlaubsgewährung nur dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung entweder vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt (BAG, Urteil vom 19.01.2016 aaO; BAG, Urteil vom 10.02.2015 a.a.O.).



    Dem folgt die Kammer nicht uneingeschränkt. Zwar mag im Zweifel nur eine Freistellung vorliegen, wenn der Arbeitgeber davon absieht, Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs vorbehaltlos zuzusagen oder gar - wie hier - dies ausdrücklich ablehnt. Will der Arbeitgeber aber erklärtermaßen Urlaub bewilligen, dann muss er sich hieran festhalten lassen. Im vorliegenden Fall steht schon aufgrund der unstreitig feststehenden Umstände fest, dass die Beklagte dem Kläger für den fraglichen Zeitraum Urlaub gewähren und ihn nicht lediglich von der Arbeit freistellen wollte. Dies folgt daraus, dass die Urlaubserteilung in der betriebsüblichen Art und Weise auf Antrag des Klägers erfolgte und dieser vom Geschäftsführer der Beklagten den für die Mitarbeiter allgemein vorgesehenen Urlaubsschein mit Genehmigungsvermerk erhielt. Darin liegt eine ausdrückliche Bewilligung des beantragten Urlaubs. Die von der Beklagten zuletzt vorgetragene Behauptung, ihr Geschäftsführer habe aber zugleich erklärt, eine Urlaubsvergütung für den fraglichen Zeitraum werde nicht gewährt, vermag hieran nichts zu ändern. Es würde sich um eine sogenannte protestatio facto contraria handeln. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass ein Verhalten, das nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte nur als Ausdruck eines bestimmten Willens aufgefasst werden kann, von einer wörtlichen Verwahrung gegen die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen begleitet wird (etwa BAG, Urteil vom 15.02.2017 - 7 AZR 223/15 = NJW 2017, 2489 ff.; BAG, Urteil vom 14.12.2016 - 7 AZR 797/14 = NZA 2017, 638 ff.; BGH, Urteil vom 09.05.2000 - VI ZR 173/99 = NJW 2000, 3429 ff.). In einem solchen Fall ist der erklärte Widerspruch gegen die Rechtsfolge unwirksam. Rechtsfolge der Urlaubsbewilligung ist das Entstehen eines Anspruchs auf Urlaubsentgelt für die Zeit der Freistellung. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind der Anspruch auf Gewährung von Jahresurlaub und jener auf Zahlung des Urlaubsentgelts lediglich zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs (zuletzt EuGH, Urteil vom 29.11.2017 - C 214/16 = NJW 2018, 33 ff.; nunmehr wohl auch BAG, Urteil vom 10.02.2015 - 9 AZR 455/13 = NJW 2015, 2520 ff.). Da nach dieser sogenannten Einheitstheorie die Freistellung von der Arbeit nur ein Teilaspekt der Urlaubsgewährung darstellt, der zugleich eine Vergütungspflicht nach sich zieht, konnte die Beklagte nicht Urlaub gewähren und zugleich die Vergütung dafür ausschließen.



    Nach alledem ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 06.11. - 31.12.2017 ohne die beiden Weihnachtsfeiertage (BAG, Urteil vom 26.10.2016 - 5 AZR 456/15 = NJW 2017, 504 f.) Urlaubsentgelt nach § 11 Abs. 1 BUrlG zu gewähren. In den fraglichen Zeitraum fallen in der Zeit vom 06. - 22.12.2017 sieben Wochen sowie vom 27. - 29.12.2017 weitere drei Arbeitstage, mithin insgesamt 303,5 Stunden. Multipliziert mit dem unstreitigen Stundenlohn in Höhe von 20,20 Euro brutto ergibt dies einen Gesamtbetrag in Höhe von 6.130,70 Euro. Die Kammer hatte nicht darüber zu entscheiden, ob dem Kläger nur ein zeitanteiliger Urlaubsanspruch für die Zeit seiner tatsächlichen Beschäftigung zustand. Die Beklagte hat dies weder bei der Urlaubserteilung noch im vorliegenden Verfahren geltend gemacht. Es kann davon ausgegangen werden, dass sie zugleich Urlaubsansprüche nach Ablauf der seinerzeitigen Kündigungsfrist am 30.09.2015 mit erfüllen wollte, die durch den späteren Vergleichsschluss hinfällig wurden. Insoweit gilt das Rückforderungsverbot nach § 5 Abs. 3 BUrlG.



    Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB.



    In Höhe eines Teilbetrags von 6.130,-- Euro nebst Prozesszinsen war die Berufung der Beklagten somit erfolglos und die erstinstanzliche Entscheidung insoweit aufrecht zu erhalten.



    2. Die Anschlussberufung des Klägers ist zulässig. Ihre Statthaftigkeit ergibt sich aus § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 524 ZPO. Auch die Anschlussberufung wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet.



    Die Anschlussberufung des Klägers ist aber unbegründet. Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von Verzugspauschalen aus § 288 Abs. 5 BGB besteht unabhängig vom Bestehen einer Hauptforderung nicht. Die Kammer schließt sich insoweit nunmehr der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts an, dass § 12 a ArbGG als spezielle Regelung auch den Anspruch aus § 288 Abs. 5 BGB ausschließt (BAG, Urteil vom 25.09.2018 - 8 AZR 26/18 - juris). Die Anschlussberufung des Klägers war daher zurückzuweisen.



    3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92 Abs. 1 ZPO.



    Die Revision war zugunsten der Beklagten nach § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG zuzulassen, weil die vorliegende Entscheidung von den Entscheidungen des BAG vom 10.03.1987 (a.a.O.) und vom 19.01.2016 (a.a.O.) abweicht.

    Vorschriften§ 288 Abs. 5 BGB, § 12a ArbGG, § 102 Abs. 5 BetrVG, EU-Richtlinie 88/2003, Richtlinie 2003/88/EG, § 64 Abs. 2 ArbGG, § 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, § 818 Abs. 2 BGB, § 611a Abs. 2 BGB, § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG, § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG, Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG, § 11 Abs. 1 BUrlG, § 5 Abs. 3 BUrlG, §§ 288, 291 BGB, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 524 ZPO, § 12 a ArbGG, §§ 91, 92 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG