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  • 09.03.2020 · IWW-Abrufnummer 214635

    Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 31.10.2019 – 3 Sa 41/19

    Der Vorschrift des § 26 BBiG unterfallen auch Personen, denen in kurzer Zeit in einem eng begrenzten Umfang Spezialkenntnisse oder Teilkenntnisse eines Ausbildungsberufs vermittelt werden. Eine mindestens zweijährige Ausbildungsdauer ist für die Anwendbarkeit des § 26 BBiG nicht erforderlich.


    In der Rechtssache
    - Kläger/Berufungskläger -
    Proz.-Bev.:
    gegen
    - Beklagte/Berufungsbeklagte -
    Proz.-Bev.:
    hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 3. Kammer - durch den Vorsitzenden
    Richter am Landesarbeitsgericht Oesterle, den ehrenamtlichen Richter Albrecht und den
    ehrenamtlichen Richter König auf die mündliche Verhandlung vom 31.10.2019
    für Recht erkannt:

    Tenor:
    1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 20. März 2019 - 19 Ca 4227/18 - abgeändert.


    Es wird festgestellt, dass das durch die Parteien begründete Vertragsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 9. Mai 2018 nicht beendet wurde.


    2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.


    3. Die Revision wird nicht zugelassen.



    Tatbestand



    Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer am 9. Mai 2018 ausgesprochenen ordentlichen Kündigung der Beklagten zum 30. Juni 2018.



    Am 14. September 2017 schlossen der am 00.00.0000 geborene Kläger und die Beklagte eine mit "Ausbildungs- und Arbeitsvertrag" überschriebene Vereinbarung (Bl. 5 bis 9 der ArbG-Akte, im Folgenden "Vereinbarung"), die auszugsweise wie folgt lautet:

    "I.PräambelIm Folgenden werden zwei Verträge, ein Ausbildungs- sowie ein Arbeitsvertrag geschlossen.Der Ausbildungsvertrag beinhaltet die Ausbildung zum Triebfahrzeugführer und endet mit dem Bestehen der Abschlussprüfung oder mit Ablauf des Tages des Nichtbestehens der zweiten Wiederholungsprüfung des jeweiligen Ausbildungsabschnitts.Der Arbeitsvertrag wird unter der Bedingung wirksam, dass der Arbeitnehmer die Befähigung zum Führen von Eisenbahnfahrzeugen im Rahmen nachstehenden Ausbildungsvertrages erwirbt.Weitere Voraussetzung für das Zustandekommen sowohl des Ausbildungs- als auch des Arbeitsvertrages ist die für die Tätigkeit des Triebfahrzeugführers erforderliche uneingeschränkte Tauglichkeit des Arbeitnehmers zum jeweiligen Zeitpunkt des Vertragsbeginns.II.Ausbildungsvertrag§ 1Der Arbeitnehmer wird ab dem 01.01.2018 zum Triebfahrzeugführer ausgebildet. Während der Dauer der Ausbildung richtet sich das Monatstabellenentgelt nach der Entgeltgruppe LF 7 gemäß Anlage 2a zum BuRa-ZugTV Agv MoVe bezogen auf 100 % der tariflichen Referenzarbeitszeit.§ 2Die Ausbildung zum Triebfahrzeugführer beinhaltet zwei Bausteine: den Erwerb des EU-weit gültigen Triebfahrzeugführerscheins (TFS) sowie den Erwerb der unternehmensbezogenen Zusatzbescheinigung (ZB). Hierfür sind jeweils getrennte Prüfungen erforderlich.Für den Erwerb des TFS ist eine theoretische Prüfung gemäß der Triebfahrzeugführerschein-Prüfungsverordnung (TfPV) erfolgreich zu absolvieren. Diese besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Prüfungsteil. Eine nicht bestandene theoretische Prüfung kann zweimal wiederholt werden (Wiederholungsprüfung). Beim Nichtbestehen der zweiten Wiederholungsprüfung ist die theoretische Prüfung endgültig nicht bestanden,Für den Erwerb der Zusatzbescheinigung (ZB) ist eine theoretische Prüfung, bestehend aus einem schriftlichen und einem mündlichen Prüfungsteil sowie eine praktische Prüfung, bestehend aus einem stationären Test und einer Prüfungsfahrt, erfolgreich zu absolvieren. Eine nicht bestandene theoretische oder praktische Prüfung kann jeweils zweimal wiederholt werden. Beim Nichtbestehen der zweiten Wiederholungsprüfung gilt die Prüfung als endgültig nicht bestanden.Die gesamte Ausbildung ist in der Regel innerhalb von 9 Monaten abzuschließen und endet mit dem Bestehen der praktischen Prüfung.Die Ausbildung endet ferner mit Ablauf des Tages des Nichtbestehens der zweiten Wiederholungsprüfung einer Prüfung des jeweiligen Ausbildungsabschnitts.Das auflösend bedingte Ausbildungsverhältnis kann ordentlich gekündigt werden. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt. Der Arbeitnehmer ist auf der Grundlage von § 38 SGB III verpflichtet, sich rechtzeitig bei Eintritt der Bedingung unverzüglich persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden.§ 3Die Gesamtkosten der Ausbildung betragen insgesamt ca. 26.842,00 €. Die Gesamtkosten setzen sich wie folgt zusammen: Theorie- und Praxisausbildung:2.845,00 €Personalkosten für den Auszubildenden: netto20.020,00 €Seminare DB Training:1.421,00 €Kosten für Ausbildungsunterlagen:450,00 €Kosten für Ausrüstungsgegenstände des Auszubildenden:106,00 €Die Kosten trägt der Arbeitgeber vollständig.§ 4Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, die nach § 3 vom Arbeitgeber tatsächlich übernommenen Ausbildungskosten an diesen zurückzuzahlen, wenn bereits das Ausbildungsverhältnis oder aber das der Ausbildung folgende Arbeitsverhältnis vor Ablauf von 2 Jahren, aus vom Arbeitnehmer zu vertretenden Gründen, vom Arbeitnehmer, Arbeitgeber oder im gegenseitigen Einvernehmen - ebenfalls auf Veranlassung des Arbeitnehmers - beendet wird.Zurückgefordert werden darf höchstens die Hälfte der Ausbildungskosten.Für jeden vollen Monat der Beschäftigung beim Arbeitgeber nach dem Ende der Ausbildung werden dem Arbeitnehmer 1/24 des Rückzahlungsbetrages erlassen.Die Rückzahlungspflicht nach Abs. 1 besteht auch, wenn der Arbeitnehmer die Ausbildung ohne wichtigen Grund vorzeitig abbricht. Sie besteht auch, wenn der Arbeitnehmer schuldhaft das Ziel der Weiterbildung nicht erreicht.Die Rückzahlungspflicht gemäß Abs. 1 entfällt, wenn der Arbeitnehmer zu einem anderen Unternehmen des D. Konzerns wechselt.Im Falle einer bestehenden Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers erfolgt eine nochmalige Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall.§ 5Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, der Ausbildung gewissenhaft und engagiert nachzugehen und auf einen erfolgreichen Abschluss hinzuarbeiten.III.Arbeitsvertrag§1Der Arbeitnehmer wird unter der Bedingung des Bestehens der Prüfung zum Triebfahrzeugführer ab dem Folgetag des Bestehens der praktischen Prüfung zum Erwerb der ZB als Triebfahrführer (Strecke) (Entgeltgruppe LF 5, Anlage la zum BuRa-ZugTV Agv MoVe) beim Arbeitgeber auf unbestimmte Zeit eingestellt. Sein Monatstabellenentgelt richtet sich nach der Entgeltgruppe LF 5 gemäß Anlage 2a zum BuRa-ZugTV Agv MoVe bezogen auf 100 % der tariflichen Referenzarbeitszeit.IV.Gemeinsame Bestimmungen§1Auf das Ausbildungs- und Arbeitsverhältnis werden die jeweils für den Betrieb oder Betriebsteil des Arbeitgebers betrieblich / fachlich einschlägigen Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen in ihrer jeweiligen Fassung angewendet....§ 2Mit dem Arbeitnehmer wird ein individuelles regelmäßiges Jahresarbeitszeit-Soll von 100 % der tarifvertraglichen Referenzarbeitszeit vereinbart. Die tarifvertragliche Referenzarbeitszeit beträgt derzeit 1984 h/Jahr."



    Der Kläger wurde entsprechend der vertraglichen Vereinbarung ab 1. Januar 2018 unter Zahlung einer Bruttomonatsvergütung von 2.400,00 € zum Triebfahrzeugführer ausgebildet. Mit Schreiben vom 9. Mai 2018 (Bl. 14 f. der ArbG-Akten) kündigte die Beklagte "das Arbeitsverhältnis ordentlich innerhalb der Probezeit unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist" zum 30. Juni 2018, wogegen der Kläger am 16. Mai 2018 Klage erhob. Zuvor hatte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat mit Schreiben vom 8. Mai 2018 (Bl. 42 bis 44 der ArbG-Akten) zu ihrer Kündigungsabsicht angehört. Der Betriebsrat hatte am 9. Mai 2018 hierzu seine Zustimmung erteilt.



    Der Kläger hat vorgetragen: Die Parteien betrachteten die Ausbildung und den Arbeitsvertrag als rechtliche Einheit, wie der Regelung in Abschnitt IV (Gemeinsame Bestimmungen) zu entnehmen sei.



    Es komme das Berufsbildungsgesetz zum Tragen, da die Parteien das Beschäftigungsverhältnis bewusst in eine Ausbildungszeit zur Erlangung von Qualifikationen, die auch bei Mitbewerbern der Beklagten anerkannt werden, und in ein Arbeitsverhältnis untergliedert und unterschiedliche Rechtsfolgen zugrunde gelegt hätten. Bestehe der Kläger das Ausbildungsverhältnis, so erhalte er eine unbefristete Übernahme als Lokführer. Bestehe der Kläger das Ausbildungsverhältnis und entscheide sich, nicht bei der Beklagten zu bleiben, so habe er eine Vertragsstrafe zu zahlen.



    Der Kläger hat beantragt:

    Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Ausbildungs- und Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 09.05.2018 nicht beendet wird.



    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.



    Sie hat vorgetragen: Sie halte einen erfolgreichen Abschluss der Funktionsausbildung zum Triebfahrzeugführer durch den Kläger für ausgeschlossen und sei deswegen der Auffassung, dass es ihr nicht zuzumuten sei, länger an dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnis festzuhalten. Der Kläger habe aus ihrer Sicht gegen § 5 des Ausbildungsvertrags verstoßen.



    Bei der Vereinbarung vom 14. September 2017 handele es sich um zwei lediglich aus Praktikabilitätsgründen in einem Schriftstück zusammengefasste Verträge. Die Bezeichnung als Ausbildungsvertrag diene lediglich der sprachlichen Differenzierung der beiden Verträge. Rechtlich betrachtet sei auch der sogenannte Ausbildungsvertrag als Arbeitsvertrag zu sehen und unterfalle deswegen nicht dem Anwendungsbereich des Berufsbildungsgesetzes. Aus diesem Grund sei auch § 22 BBiG nicht anwendbar. "Triebfahrzeugführer" sei kein anerkannter Ausbildungsberuf im Sinne des Berufsbildungsgesetzes. Der dazugehörige, von der IHK anerkannte Ausbildungsberuf wäre "Eisenbahner im Betriebsdienst", allerdings weise dieser eine Ausbildungszeit von drei Jahren und nicht lediglich von neun Monaten aus. Bei der Funktionsausbildung handele es sich hingegen eher um eine Anlerntätigkeit, die im Rahmen einer unternehmensinternen Ausbildung erlernt werden könne, aber am Ende keinen IHK-Abschluss zum Ziel habe. Im hier anwendbaren Tarifvertrag für Lokomotivführer von Schienenverkehrsunternehmen des Agv MoVe sei in § 3 Abs. 3 eine Probezeit von sechs Monaten vorgesehen. Bei einem Beginn des Arbeitsverhältnisses am 1. Januar 2018 sei die Kündigung vom 9. Mai 2018 innerhalb dieses Zeitraumes ausgesprochen worden und sei ohne Angabe von Gründen möglich gewesen.



    Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 20. März 2019 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die ordentliche Kündigung vom 9. Mai 2018 habe das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis beendet. Die Auslegung der Kündigungserklärung ergebe, dass das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis (ungeachtet von dessen Rechtsnatur) durch die Kündigungserklärung insgesamt beendet werden sollte. Die Kündigung verstoße nicht gegen § 22 Abs. 2 BBiG, da der besondere Kündigungsschutz des Berufsbildungsgesetzes keine Anwendung finde. Es handele sich bei dem vom Kläger angestrebten Abschluss nicht um einen anerkannten Ausbildungsberuf im Sinne des § 1 Abs. 1 BBiG. Eine Berufsausbildung, die Auszubildende unter den vollen Schutzbereich des Berufsbildungsgesetzes stelle, liege nur vor, wenn der Arbeitnehmer für einen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf ausgebildet werde. Es handele sich bei dem zwischen den Parteien begründeten Rechtsverhältnis auch nicht um ein anderes Vertragsverhältnis im Sinne des § 26 BBiG, durch welchen die §§ 20, 22 BBiG ebenfalls zur Anwendung kämen. Als andere Ausbildungsverhältnisse im Sinne des § 26 BBiG seien in Abgrenzung zum Arbeitsverhältnis und zur Berufsausbildung im Sinne des § 1 Abs. 3 BBiG nur solche Rechtsverhältnisse anzusehen, in denen nach dem Zweck des Vertrags berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen vermittelt werden, ohne dass dies in Abgrenzung zur Berufsausbildung in einem geordneten anerkannten Ausbildungsgang erfolgt. Aus dem Wortlaut ergebe sich, dass die Vermittlung der betreffenden Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder Erfahrung wesentlicher, wenn auch nicht alleiniger Vertragszweck sein müsse. Es komme bei gemischten Rechtsverhältnissen deshalb entscheidend auf die Gewichtung der vertraglichen Pflichten an: Stehe die Vermittlung beruflicher Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder Erfahrung und damit der Lernzweck im Vordergrund, ohne dass es sich hierbei um eine Berufsausbildung im Sinne des § 4 BBiG handele, finde § 26 BBiG Anwendung. Stehe hingegen die Erbringung einer Arbeitsleistung und damit der Gegenleistungszweck im Vordergrund, handele es sich um ein Rechtsverhältnis, für das § 26 BBiG nicht gelte.



    Nach diesen Grundsätzen sei das zwischen den Parteien vereinbarte Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis einzuordnen, wie die Auslegung der Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB darstellenden Vertragsbedingungen ergebe. Der Wortlaut als erster Anknüpfungspunkt führe nicht dazu, dass von einem vereinbarten Ausbildungsverhältnis auszugehen sei. Denn allein die Verwendung der Begrifflichkeit "Ausbildung" im Vertrag lasse nicht auf eine "Berufsausbildung" schließen. Aus der Systematik der vereinbarten Regelungen ergebe sich hingegen, dass der Schwerpunkt der Regelungen nicht auf der Vermittlung beruflicher Fertigkeiten und Kenntnisse, sondern vielmehr in dem entgeltlichen Gegenleistungszweck zu sehen sei. Denn unabhängig davon, ob es sich um zwei gesonderte Vertragsverhältnisse oder einen einheitlichen Vertrag handele, werde durch die einheitliche Vertragsurkunde und die Geltung gemeinsam anzuwendender Bestimmungen, sowie die Verknüpfung durch die aufschiebende Bedingung zwischen Ausbildungs- und Arbeitsverhältnis deutlich, dass diese im Zusammenhang zueinander ausgestaltet und daher auch unter Berücksichtigung zueinander auszulegen seien. Demnach sei zunächst zu berücksichtigen, dass der zeitliche Schwerpunkt der Gesamtlaufzeit des Vertragsverhältnisses eindeutig auf dem Zeitraum liege, in dem der Kläger seine Arbeitsleistung bei der Beklagten als Mindestlaufzeit hätte erbringen sollen, denn durch II. § 4 des Arbeitsvertrags solle eine Beschäftigung für mindestens zwei Jahre nach Abschluss des Ausbildungsverhältnisses gewährleistet werden. Damit liege der Schwerpunkt des Vertragsverhältnisses auf der weisungsgebundenen Tätigkeit im Vergleich des Umfangs der reinen Ausbildungszeit zu der gesamten praktischen Arbeitszeit. Die Erfüllung dieser Pflicht stehe im Vordergrund. Schließlich ergebe bereits die Auslegung der vertraglichen Regelungen zum Ausbildungsverhältnis unter Abschnitt II., dass durch diese kein anderes Vertragsverhältnis im Sinne des § 26 BBiG vereinbart werden sollte. Als erstes starkes Indiz hierfür sei das vom Kläger bezogene Entgelt heranzuziehen, das mit 2.400,00 € monatlich nicht als Aufwandsentschädigung oder Beihilfe zum Lebensunterhalt anzusehen sei, sondern einen für ein Ausbildungsverhältnis untypischen Stellenwert erreiche. Überdies sei im Rahmen dieser Ausbildung nicht nur der Erwerb des EU-weit anerkannten Triebfahrzeugführerscheins vorgesehen, sondern auch der unternehmensbezogenen Zusatzbescheinigung, weshalb lediglich von einer beruflichen Fortbildung des Arbeitnehmers auszugehen sei, die gerade nicht ausreiche, um ein anderes Vertragsverhältnis im Sinne des § 26 BBiG zu begründen.



    Das Kündigungsschutzgesetz finde auf Grund der nicht erfüllten sechsmonatigen Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG keine Anwendung. Die Auffassung des Klägers, wonach auf den Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung abzustellen sei, sei unzutreffend. Demnach komme es auf die soziale Rechtfertigung der Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG nicht an.



    Die ordentliche Kündigung verstoße auch nicht gegen § 242 BGB. Die Beklagte habe dargelegt, dass der Kläger ihren Erwartungen nicht entsprochen habe. Der Kläger habe demgegenüber keine Gründe aufgezeigt, die die Kündigung als willkürlich erscheinen ließen. Die Anhörung des Betriebsrats sei ordnungsgemäß erfolgt. Die dem Kläger jedenfalls bis zum 16. Mai 2018 zugegangene Kündigung habe die vierwöchige Kündigungsfrist zum Monatsende nach § 21 Abs. 2 des Lokführertarifvertrags gewahrt.



    Gegen das ihm am 30. April 2019 zugestellte arbeitsgerichtliche Urteil hat der Kläger am 16. Mai 2019 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 2. Juli 2019 am 2. Juli 2019 begründet.



    Der Kläger trägt vor: Am 9. Mai 2018 habe er eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses erhalten, das zum damaligen Zeitpunkt noch gar nicht bestanden habe. Nicht gekündigt worden sei das vorgeschaltete Ausbildungsverhältnis. Der Arbeits- und Ausbildungsvertrag, den die Beklagte wohl regelmäßig verwende, weshalb eine AGB-Kontrolle vorzunehmen sei, sei intransparent, da mehrere Start- und Beendigungsbedingungen von zwei Vertragsverhältnissen in einem Vertrag verbunden und vermischt worden seien. Allein die Intransparenz des Vertragswerks führe schon dazu, dass die für den Kläger günstigste Regelung zur Anwendung kommen müsse mit der Folge, dass eine Probezeitkündigung hier nicht in Betracht gekommen und auch die Betriebsratsanhörung fehlerhaft erfolgt sei.



    Es liege ein Fall des § 26 BBiG vor, da es um die Ausbildung in der ersten Vertragsphase und nicht um ein Arbeitsverhältnis gehe. Auf die höhere Bezahlung bereits in dieser Zeit komme es nicht an. Das dem Kläger bezahlte Gehalt könne im Hinblick auf die in II. 4. der Vereinbarung vom 14. September 2017 getroffene Rückzahlungsregelung schlechthin nicht in voller Höhe Vergütung für erbrachte Arbeitsleistung gewesen sein. Der Kläger habe in seiner Ausbildungsphase keine nennenswerte Arbeitsleistung erbracht und erbringen können, weil er voll mit seiner Ausbildung beschäftigt gewesen sei.



    Der Vertrag weise entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts auch keine Mindestlaufzeit auf. Wenn die Beklagte nur dem Kläger ohne erkennbaren Grund die Wiederholungsprüfung versage, verstoße sie gegen das Gleichbehandlungsprinzip und damit auch gegen § 242 BGB.



    Der Kläger beantragt:

    Das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 20. März 2019 - 19 Ca 4227/18 - wird abgeändert und es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Ausbildungs- und Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 9. Mai 2018 nicht beendet bzw. aufgelöst worden ist.



    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung des Klägers zurückzuweisen.



    Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt ergänzend vor: Für den Kläger sei erkennbar gewesen, dass die Beklagte das zu ihm im Zeitpunkt der Kündigung allein bestehende Rechtsverhältnis durch die Kündigung beenden wollte. Zum Kläger habe in diesem Zeitpunkt nur ein Rechtsverhältnis bestanden, nämlich das Arbeitsverhältnis, in dessen Rahmen er den Triebfahrzeugführerschein erwerben sollte (erstes Arbeitsverhältnis). Erst der Erwerb des Triebfahrzeugführerscheins hätte als Bedingungseintritt ein weiteres Rechtsverhältnis, den Arbeitsvertrag als Triebfahrzeugführer (zweites Arbeitsverhältnis), begründen können. Die Kündigung habe die Verknüpfung zum zweiten Arbeitsverhältnis beendet, indem der Bedingungseintritt unmöglich gemacht worden sei.



    Die stufenartige Ausgestaltung der Rechtsbeziehung der Parteien durch die Verknüpfung von Bedingungseintritten sei bei einem - wie hier - notwendigen Erwerb gesetzlich vorgeschriebener Berechtigungen oder Qualifikationen vor Begründung eines Arbeitsverhältnisses, in dem die Qualifikation benötigt wird, üblich und transparent.



    Auch dem Kläger als verständiger Vertragspartei sei bewusst gewesen, dass er bei einer neunmonatigen "Ausbildungsdauer" und einem Gehaltsbezug von ca. 2.400,00 € ab dem ersten Tag keinen staatlich anerkannten Lehrberuf im Sinne des Berufsbildungsgesetzes erlerne und auch nicht wie ein Lehrling vergütet werde, abgesehen von einer fehlenden IHK-Prüfung. Ein Lehrling im anerkannten Ausbildungsberuf "Eisenbahner im Betriebsdienst" erhalte im 1. Lehrjahr monatlich bis zu 904,00 €, im 2. Lehrjahr bis zu 950,00 € und im 3. Lehrjahr bis zu 1.010,00 €.



    Aus der Betriebsratsanhörung ergebe sich, dass sich die theoretischen Lerninhalte im Hinblick auf die vereinbarte Vollzeittätigkeit marginal ausnähmen. Die zum Erwerb des Triebfahrzeugführerscheins erforderlichen Kenntnisse könnten innerhalb kurzer Frist erworben werden, weshalb es sich um eine Anlerntätigkeit handele. Die Ausbildungseinheiten hätten im ersten Ausbildungsverhältnis keineswegs überwogen, das einem Einstiegsgehalt für Triebfahrzeugführer angenäherte Gehalt des Klägers sei im Austauschverhältnis gegen Arbeitsleistung des Klägers gezahlt worden. Dass der Triebfahrzeugführerschein einen Marktwert habe, auf dem Markt händeringend Triebfahrzeugführer nachgefragt würden und die Beklagte durch die Rückzahlungsvereinbarung diesen Marktwert im Fall eines Wechsels teilweise liquideren wolle und eine Bindung der Mitarbeiter, die bei ihr den Triebfahrzeugführerschein erworben haben, ans Unternehmen verfolge, ändere nichts an der Qualifikation der Tätigkeit als Anlerntätigkeit.



    Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Instanzen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe



    Die zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg.



    A.



    Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c ArbGG statthaft und vom Kläger fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 519, 520 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ArbGG).



    B.



    Die Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg. Die Kündigung der Beklagten vom 9. Mai 2018 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet, weshalb das arbeitsgerichtliche Urteil abzuändern und der Klage stattzugeben war.



    I.



    Die am 8. Mai 2018 ausgesprochene und dem Kläger spätestens am 16. Mai 2018 zugegangene Kündigung hätte des Vorliegens eines wichtigen Grundes und dessen Angabe im Kündigungsschreiben bedurft, wie sich aus dem auf das Vertragsverhältnis anwendbaren § 26 BBiG i.V.m. §§ 20, 22 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 BBiG ergibt. Beide Voraussetzungen liegen nicht vor, was zur Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung führt.



    1. § 22 BBiG findet, wie das Arbeitsgericht unter II. 3. a) der Entscheidungsgründe seines Urteils zutreffend ausgeführt hat, auf das Vertragsverhältnis der Parteien nicht unmittelbar Anwendung.



    2. § 26 BBiG regelt unter der Überschrift "Andere Vertragsverhältnisse", dass, soweit nicht ein Arbeitsverhältnis vereinbart ist, für Personen, die eingestellt werden, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben, ohne dass es sich um eine Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes handelt, die §§ 10 bis 23 und 25 BBiG mit der Maßgabe gelten, dass die gesetzliche Probezeit abgekürzt, auf die Vertragsniederschrift verzichtet und bei vorzeitiger Lösung des Vertragsverhältnisses nach Ablauf der Probezeit abweichend von § 23 Abs. 1 Satz 1 BBiG Schadensersatz nicht verlangt werden kann.



    Für die "Anderen Vertragsverhältnisse", auf die § 26 BBiG anwendbar ist, gelten die ausdrücklich genannten §§ 10 bis 23, 25 BBiG ebenso zwingend wie für die in Berufsausbildung Beschäftigten und somit u. a. auch gem. § 22 BBiG die Vorschriften über die Kündigung (Herrmann in Hjort/Schubert/Wolmerath Arbeitsrecht 4. Aufl. § 26 BBiG Rn. 2 und 6).



    Von § 26 BBiG, der § 19 BBiG in der bis 31. März 2005 geltenden Fassung (künftig § 19 BBiG a. F.) entspricht, werden nur Personen erfasst, mit denen kein Arbeitsverhältnis vereinbart ist, die sich also nicht in erster Linie zur Leistung von Arbeit nach Weisung des Arbeitgebers verpflichtet haben, sondern bei denen der Lernzweck im Vordergrund des Rechtsverhältnisses steht. Sie findet keine Anwendung auf Arbeitsverhältnisse, die neben der Arbeitsleistung auch eine berufliche Fortbildung des Arbeitnehmers zum Gegenstand haben (BAG 5. Dezember 2002 - 6 AZR 216/01 - AP BBiG § 19 Nr. 2 = EzA BBiG § 19 Nr. 4). Die von § 26 BBiG erfassten Personen unterscheiden sich von Auszubildenden nur dadurch, dass sie keine Ausbildung in einem geordneten Ausbildungsgang im Sinne von § 1 Abs. 3 BBiG durchlaufen, obwohl auch ihnen berufliche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten vermittelt werden (Leinemann/Taubert BBiG 2. Aufl. § 26 Rn. 2). Somit können auch sogenannte Anlernlinge, denen in kurzer Zeit in einem eng begrenzten Umfang Spezialkenntnisse oder Teilkenntnisse eines Vollberufs vermittelt werden (HWK/Hergenröder 8. Aufl. § 26 BBiG Rn. 5), unter die Vorschrift des § 26 BBiG fallen (BeckOK ArbR/Hagen BBiG § 26 Rn. 8).



    3. Unter Anwendung der unter 2. dargestellten Grundsätze ergibt sich, dass das zwischen den Parteien mit Wirkung zum 1. Januar 2018 begründete Vertragsverhältnis als "Anderes Vertragsverhältnis" im Sinne des § 26 BBiG zu qualifizieren ist.



    a) Die Parteien haben zwei rechtlich getrennte Vertragsverhältnisse geschlossen. Dies ergibt sich schon aus I. Abs. 1 der Vereinbarung, wonach zwei Verträge, ein Ausbildungs- sowie ein Arbeitsvertrag, geschlossen werden.



    Die Beklagte hat auch nicht das Vorliegen eines Umschulungsverhältnisses, das durch § 26 BBiG nicht erfasst wird (BAG 20. Februar 1975 - 5 AZR 240/74 - AP BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 2 = EzA GG Art. 12 Nr. 12 - zu § 19 BBiG a. F.) behauptet.



    Entgegen der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer vertretenen Rechtsauffassung setzt § 26 BBiG nicht eine mindestens zweijährige Ausbildungsdauer voraus. Die Vermittlung von beruflichen Fertigkeiten, Kenntnissen, Erfahrungen und Fähigkeiten im Sinne von § 26 BBiG kann in sehr unterschiedlicher Form, Intensität und Zeitdauer erfolgen (BAG 23. Juni 1983 - 6 AZR 595/80 - BAGE 43, 115 zu § 19 BBiG a. F.; vgl. auch BT-Drucks. V/4260 Seite 12).



    b) Bei dem ab 1. Januar 2018 begründeten Vertragsverhältnis handelt es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis.



    aa) Die vertragliche Regelung unterscheidet schon in der Präambel klar zwischen dem zunächst begründeten Ausbildungsvertrag (Ziffer II. der Vereinbarung) und dem Arbeitsvertrag, der unter der Bedingung zustande kommen soll, dass der zukünftige Arbeitnehmer die Befähigung zum Führen von Eisenbahnfahrzeugen im Rahmen des Ausbildungsvertrags erworben hat (Ziffer I. Abs. 3 und Ziffer III. § 1 der Vereinbarung) und für die Tätigkeit des Triebfahrzeugführers uneingeschränkt tauglich ist (Ziffer I. Abs. 4 der Vereinbarung). Der Ausbildungsvertrag endet u. a. mit dem Bestehen der Abschlussprüfung der Ausbildung zum Triebfahrzeugführer (Ziffer I. Abs. 2 der Vereinbarung).



    bb) Der mit Jahresbeginn 2018 begonnene Ausbildungsvertrag weist nicht die Rechtsnatur eines Arbeitsverhältnisses auf.



    (a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt ein Arbeitsverhältnis vor, wenn die Leistung von Diensten nach Weisungen des Dienstberechtigten und gegen die Zahlung von Entgelt Schwerpunkt des Rechtsverhältnisses ist. Zwar stellen auch die zur Ausbildung eingestellten Personen in einem gewissen Umfang ihre Arbeitskraft nach Weisung des Arbeitgebers zur Verfügung; wesentlicher Inhalt und Schwerpunkt ihres Vertragsverhältnisses ist jedoch die Ausbildung für eine spätere qualifiziertere Tätigkeit. Es kommt auf die Gewichtung der vertraglichen Pflichten an. Überwiegt die Pflicht zur Erbringung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung, handelt es sich um ein Arbeitsverhältnis und nicht um ein anderes Vertragsverhältnis im Sinne des § 26 BBiG (vgl. BAG 1. Dezember 2004 - 7 AZR 129/04 - AP BetrVG 2001 § 78 a Nr. 1 = NZA 2005, 779 - zu § 19 BBiG a. F.).



    (b) Bei der ab dem 1. Januar 2018 bestehenden vertraglichen Vereinbarung der Parteien überwiegen nach dem abgeschlossenen Ausbildungsvertrag und dessen tatsächlicher Durchführung (vgl. zur Maßgeblichkeit dieser Kriterien auch BAG 5. Dezember 2002 - 6 AZR 216/01 - AP BBiG § 19 Nr. 2 = EzA BBiG § 19 Nr. 4) klar die Ausbildungselemente. Als Abgrenzungskriterien können hier die prägende tatsächliche Tätigkeit, das Verhältnis der reinen Ausbildungszeit zur praktischen Arbeitszeit und die Höhe der Vergütung herangezogen werden (Herrmann in Hjort/Schubert/Wolmerath Arbeitsrecht 4. Aufl. BBiG § 26 Rn. 2).



    Schon im Wortlaut der Vereinbarung wird klar zwischen einem Ausbildungs- und einem gegebenenfalls zeitlich sich anschließenden Arbeitsvertrag unterschieden. Im Ausbildungsvertrag wird auch nicht das dem Arbeitsverhältnis innewohnende Weisungsrecht nach Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit (BAG 30. September 1998 - 5 AZR 563/97 - BAGE 90, 36) näher geregelt, sondern der Kläger verpflichtet sich in Ziffer II. § 5 der Vereinbarung, der Ausbildung gewissenhaft und engagiert nachzugehen und auf einen erfolgreichen Abschluss hinzuarbeiten. Auch der nicht bestimmte Tätigkeitsumfang spricht gegen ein Arbeitsverhältnis (BAG 17. Juli 2007 - 9 AZR 1031/06 - BAGE 123, 255). Für das Verständnis des ab 1. Januar 2018 zwischen den Parteien begründeten Vertragsverhältnisses als Ausbildungsverhältnis spricht auch die in Ziffer II. §§ 3 und 4 der Vereinbarung getroffene Rückzahlungsregelung. Zwar konnte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer nicht im Einzelnen geklärt werden, wie sich der in Ziffer II. § 3 der Vereinbarung genannte Posten "Personalkosten für den Auszubildenden" in Höhe von 20.020,00 € netto im Einzelnen errechnet. Es bestand jedoch Einigkeit zwischen den Parteien, dass hiermit im Wesentlichen die dem Kläger im Rahmen der Vertragsdurchführung geleistete Vergütung gemeint ist. Ausgehend von der nunmehr geäußerten Rechtsauffassung der Beklagten, dass der Kläger im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses von ihr vergütete Arbeitsleistung erbracht habe, wäre aber unverständlich, warum der Kläger dann nach Ziffer II. § 4 der Vereinbarung zur Rückzahlung von bis zu 50 % der Ausbildungskosten, die im Wesentlichen aus geleisteter Vergütung bestehen, verpflichtet werden sollte.



    Nicht erheblich ins Gewicht fällt, dass die Monatsvergütung mit 2.400,00 € deutlich über dem liegt, was üblicherweise im Rahmen von Ausbildungsverhältnissen bezahlt wird. Die Beklagte trägt selbst vor, dass sie "händeringend" Triebfahrzeugführer sucht. Die für das Bestreiten des Lebensunterhalts auskömmliche Vergütung schon für den Ausbildungszeitraum ist demnach kein Indiz für die Erbringung einer dementsprechenden Arbeitsleistung, sondern der momentanen Arbeitsmarktlage geschuldet. Damit kommt der der Ausbildungsvergütung u. a. innewohnenden Funktion, die Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses an qualifizierten Fachkräften zu gewährleisten (BAG 15. November 2000- 5 AZR 296/99 - BAGE 96, 237), im vorliegenden Fall besondere Bedeutung zu.



    Auch die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses bis zur erfolgten Freistellung des Klägers spricht für ein Ausbildungs- und gegen ein Arbeitsverhältnis. Der Kläger hat vorgetragen, dass er regelmäßig von 08.00 Uhr bis 16.00 Uhr in Unterrichtsräumen der Beklagten am theoretischen Unterricht teilgenommen habe, der von bei der Beklagten hierfür angestellten Lehrern erteilt wurde. Soweit er im Fahrbetrieb eingesetzt wurde, habe es sich um keine für die Beklagte produktive Tätigkeit gehandelt, weil sie in Anwesenheit eines Fahrlehrers erfolgt sei. Er sei praktisch "nur mit der Ausbildung beschäftigt" gewesen. Demgegenüber hat die Beklagte ihre pauschale Behauptung, dass die Ausbildungseinheiten "keineswegs überwogen" hätten, nicht mit Tatsachenvortrag unterlegt.



    c) Folglich steht fest, dass die Parteien ab 1. Januar 2018 ein "Anderes Vertragsverhältnis" im Sinne des § 26 BBiG begründeten, auf das u. a. die Regelungen der §§ 20 bis 22 BBiG entsprechende Anwendung finden. Gem. § 20 BBiG darf die Probezeit maximal vier Monate betragen, nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 BBiG kann das Vertragsverhältnis nach der Probezeit vom Ausbilder nur aus wichtigem Grund und unter Angabe der Kündigungsgründe gekündigt werden. Die Kündigung seitens der Beklagten erfolgte im Mai 2018 und damit nach mehr als viermonatigem Bestehen des Vertragsverhältnisses. Eine Verlängerung der Probezeit über vier Monate hinaus ist im Hinblick auf § 25 BBiG nichtig (ErfK/Schlachter 20. Aufl. § 20 BBiG Rn. 1; Reinartz DB 2015, 1347). Die Beklagte kündigte ohne Angabe von Gründen im Kündigungsschreiben und nicht aus wichtigem Grund, sondern ausdrücklich "ordentlich", weshalb die Kündigung gegen § 22 BBiG verstößt, was zu ihrer Unwirksamkeit führt.



    C.



    I.



    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.



    II.



    Die Zulassung der Revision kommt nicht in Betracht, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nach § 72 Abs. 2 ArbGG nicht gegeben sind.

    Oesterle
    Albrecht
    König

    Verkündet am 31.10.2019

    Vorschriften