08.03.2021 · IWW-Abrufnummer 220987
Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Urteil vom 13.01.2021 – 12 Sa 453/20
1. Die Zuschaltung der Parteivertreter bei einer Verhandlung im Wege der Bild- und Tonübertragung aus der Kanzlei bzw. dem Homeoffice steht im Einklang mit § 128a Abs. 1 ZPO . Der "andere Ort" im Sinne dieser Bestimmung ist nicht auf einen Gerichtsaal bzw. vom Gericht zur Verfügung gestellten Raum beschränkt. Eine inhaltliche Beschränkung des "anderen Orts" enthält § 128a ZPO nicht.
2. Es ist Aufgabe des Gerichts, dafür zu sorgen, dass eine ordnungsmäße und dem Wesen einer Gerichtsverhandlung angemessene mündliche Verhandlung durchgeführt wird. Wo dies nicht der Fall ist, d.h. kein angemessener Ort gewählt wird (Schwimmbad, Kneipe, Fußballplatz), kann die Bild- und Tonübertragung unter- oder abgebrochen werden. In Betracht kommt außerdem die Anwendung von Ordnungsmitteln.
3. Die so verstandene Auslegung von § 128a ZPO , welche dem Gesetzeswortlaut, der Gesetzesbegründung und dem Normzweck entspricht, ist in Zeiten einer epidemischen Lage auch gemäß Art. 19 Abs. 4 GG geboten. In besonderen Lagen - wie derzeit - kann die audio-visuelle Verhandlung zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Justiz und zum Schutz der Individualrechtsgüter von Gerichtspersonen, Parteien, Bevollmächtigten und Zeugen genutzt werden. 4. Eine Altersgrenze von 55 Jahren als Zugangsvoraussetzung für einen Anspruch auf betriebliche Altersversorgung ist zulässig. Sie beinhaltet weder eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters noch wegen des Geschlechts. Das Abstellen auf ein typisches Erwerbsleben innerhalb der Angemessenheitsprüfung zur Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung wegen des Alters begründet bei einem Zugangsalter von 55 Jahren keine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts.
Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 02.06.2020 - 2 Ca 2392/19 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch auf betriebliche Altersversorgung.
Die am 22.06.1961 geborene Klägerin war seit dem 18.07.2016 bei der Beklagten, einer Gewerkschaft, als Mitarbeiterin im Sekretariatsdienst beschäftigt. Die Beschäftigung erfolgte zunächst auf Basis eines befristeten Arbeitsvertrages vom 08.07.2016/15.07.2016 als Zweckbefristung für die Zeit der krankheitsbedingten Abwesenheit der Beschäftigten H. B. im Umfang von 50% der Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten. Es schloss sich ab dem 06.10.2016 auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 29.09.2016 ein weiterer zweckbefristeter Arbeitsvertag für die Zeit der krankheitsbedingten Abwesenheit der Beschäftigten F. V. ebenfalls in Teilzeit mit 50% an. Mit Arbeitsvertrag vom 08.11.2016 wurde das Arbeitsverhältnis ab dem 14.11.2016 als unbefristetes Arbeitsverhältnis als Mitarbeiterin im Sekretariatsdienst mit einer Arbeitszeit von 75% eines Vollzeitbeschäftigten fortgesetzt.
Bei der Beklagten bestand eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur Neuregelung der Zusagen auf betriebliche Altersversorgung in w. (im Folgenden GBV Zusage). Diese lautete u.a. wie folgt:
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung der GBV Zusage Bezug genommen. Die Versorgungsordnung 1995 (im Folgenden VO 1995) enthielt u.a. folgende Bestimmungen:
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung der VO 1995 nebst Anlagen Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 16.01.2017 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass eine Anmeldung bei der Unterstützungskasse des DGB e.V. nicht erfolgen könne, weil sie bei Beschäftigungsbeginn bereits das 55. Lebensjahr vollendet hatte. Daran hielt die Beklagte auch nach Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 04.02.2019 ihrerseits mit Schreiben vom 21.02.2019 fest. Die Altersgrenze in § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 1995 sei wirksam. Eine Härtefallprüfung sei nach der VO 1995 nicht vorgesehen und ein solcher im Falle der Klägerin auch nicht erkennbar.
Die Klägerin ist der Auffassung gewesen, die Regelung des § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 1995 sei unwirksam, weil sie gegen § 7 Abs. 2 AGG verstoße. Es liege eine nicht gerechtfertigte Altersdiskriminierung vor. Außerdem sei eine unzulässige mittelbare Benachteiligung von Frauen gegeben, weil diese typischerweise aufgrund von Erziehungszeiten weniger Möglichkeiten hätten, eine betriebliche Altersversorgung aufbauen zu können. Es sei so, dass nach der Rechtsprechung eine Regelung, die zur Folge habe, dass während eines beträchtlichen Teils eines typischen Erwerbslebens keine Versorgungsanwartschaften erworben werden könnten, nicht mehr angemessen i.S.v. § 10 Satz 2 AGG sei. Hier sei zu berücksichtigen, dass ihr Renteneintrittsalter gemäß § 235 SGV VI bei 66 Jahren und 6 Monaten liege und Frauen laut der Deutschen Rentenversicherung Rheinland Bund durchschnittlich nur 28 Versicherungsjahre geleistet hätten. Auf die Anlage K9 zum Schriftsatz vom 14.04.2020 der Klägerin wird insoweit Bezug genommen. Der Umstand, dass sie deutlich über 11 Jahre lang keine Versorgungsanwartschaften erwerben könne, stelle einen sehr beträchtlichen Anteil an einem typischen Erwerbsleben einer Frau dar. Die Altersgrenze in § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 1995 sei deshalb nicht mehr angemessen und damit altersdiskriminierend. Die Beklagte habe außerdem nicht dargelegt, dass sie unverhältnismäßig belastet werde, wenn sie ihr die begehrte betriebliche Altersversorgung gewähre. Weder habe sie zu der monatlichen Höhe der Versorgungsleistungen vorgetragen noch einen Vergleich dazu angestellt, welche Versorgung ihr bei einem Eintrittsalter 54 zugestanden hätte.
Auch ein Vergleich mit den Unverfallbarkeitsfristen führe dazu, dass die Altersgrenze 55. Lebensjahr nicht mehr angemessen sei.
Die Klägerin hat beantragt,
Die Beklagte hat beantragt,
Sie ist der Auffassung gewesen, dass die Ungleichbehandlung wegen des Alters gemäß § 10 AGG zulässig sei und keine mittelbare Diskriminierung von Frauen vorliege. Angesichts der bisherigen Rechtsprechung bestehe keine Veranlassung, sich im Einzelnen zur Höhe einer fiktiven Betriebsrente der Klägerin einzulassen. Die Altersgrenze in § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 1995 entspreche bei typisierender Betrachtungsweise der Rechtslage, ohne dass es dafür einer Kostengegenüberstellung im Einzelnen bedürfe. Zu berücksichtigen sei, dass die hier in Rede stehende Altersgrenze angemessen sei, weil sogar ausgehend von einem typischen Erwerbsleben von 40 Jahren eine Höchstaltersgrenze von 50 Jahren ausreichend Zeit lasse, um vor Vollendung des 50. Lebensjahres Betriebsrentenanwartschaften zu erwerben oder anderweitig für die Altersversorgung vorzusorgen. Maßgeblich sei, ob im Rückblick bis zum Erreichen der Höchstaltersgrenze ausreichend Zeit bestehe, Versorgungsanwartschaften zu erwerben oder sich anderweitig abzusichern. Auf die Länge der Unverfallbarkeitsfristen komme es nicht an. Eine mittelbare Diskriminierung von Frauen liege deshalb nicht vor, weil der Ausschluss ab dem 55. Lebensjahr von der Altersversorgung Frauen nicht statistisch höher treffe als Männer.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen das ihr am 24.06.2020 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20.07.2020 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 25.09.2020 - am 24.09.2020 begründet.
Die Klägerin hält eine Altersgrenze von 55 Jahren weiterhin für nicht angemessen und altersdiskriminierend. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht innerhalb der Angemessenheitsprüfung darauf abgestellt, dass ein Erwerbsleben bei typisierender Betrachtungsweise mindestens 40 Jahre und mehr umfasse. Zunächst habe das Arbeitsgericht das angestiegene Renteneintrittsalter, das schrittweise auf das 67. Lebensjahr angehoben wurde, nicht berücksichtigt. Bereits dies führe bei der Altersgrenze 55. Lebensjahr zu einer unangemessen langen Zeitspanne, in der keine Möglichkeit bestehe, an der betrieblichen Altersversorgung zu partizipieren. Sie habe außerdem dargelegt, dass das typische Erwerbsleben einer Frau nicht 40 Jahre und mehr umfasse, sondern durchschnittlich 28 Jahre. Wenn sie ausgehend davon mehr als 11 Jahre nicht an der betrieblichen Altersversorgung partizipieren könne, führe dies zur Unangemessenheit der Höchstaltersgrenze in § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 1995. Sie selbst habe in der Zeit von Oktober 1994 bis Oktober 1997 aufgrund der Erziehung ihres Sohnes in überhaupt keinem Beschäftigungsverhältnis gestanden. Zu berücksichtigen sei außerdem die gestiegene Bedeutung der betrieblichen Altersversorgung.
Es seien zudem nur unwesentliche Beiträge für ihre zusätzliche Versorgung zu erwarten. Dies ergebe sich aus den Anwartschaftsberechnungen zweier Kolleginnen, die eine vergleichbare Tätigkeit ausübten, kurz vor dem 55. Lebensjahr eingestellt wurden und Anwartschaften von 104,25 Euro bzw. 140,00 Euro hätten. Zu berücksichtigen sei weiter die gesetzliche Wertung der Unverfallbarkeitsfristen.
Hilfsweise beruft die Klägerin sich auf Gleichbehandlung. Andere Gewerkschaften wie die IG Metall handhabten die Höchstaltersgrenze in § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 1995 wesentlich kulanter. Liege ein regelmäßiges, unbefristetes und nicht nur geringfügiges Arbeitsverhältnis vor, gebe es bei der IG Metall für die Anmeldung bei der Unterstützungskasse des DGB e.V. keine Altersgrenze. Es werde lediglich alles, was sich zeitlich im Rahmen einer verfallbaren Anwartschaft (unter drei Jahre) bewege, gesondert geprüft. Dies führe zu einer Ungleichbehandlung zwischen den verschiedenen Gewerkschaften, die sämtlich die Unterstützungskasse des DGB e.V. für die betriebliche Altersversorgung nutzen.
Sie sei bereits ab dem 18.07.2016 anzumelden. Es sei von Beginn an abzusehen gewesen, dass bei der Beklagten mit zahlreichen Beschäftigten weiterer Beschäftigungsbedarf bestehe.
Die Klägerin beantragt,
Die Beklagte beantragt,
Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Sie hält die Regelung in § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 95 für wirksam. Der Umstand, dass die Regelaltersgrenze vom 65. Lebensjahr schrittweise auf das 67. Lebensjahr angehoben wird, was auch die Klägerin betrifft, führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Anhebung sei dem Bundesarbeitsgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung bekannt gewesen. Dies führe in der Angemessenheitsprüfung des § 10 Satz 2 AGG zu keinem anderen Ergebnis.
Der Hinweis auf die kürzeren Beschäftigungszeiten bei Frauen überzeuge nicht, weil auch Frauen nach familienbedingten Unterbrechungen des Erwerbslebens deutlich vor dem 55. Lebensjahr wieder in das Erwerbsleben einträten. Der Umstand des erst im Jahre 2016 mit ihr begründeten Arbeitsverhältnisses habe keinen (auch keinen mittelbaren) geschlechtsspezifischen Grund. Dieser späte Beginn treffe Männer ebenso wie Frauen. Und schließlich habe die Klägerin vor August 1994 und nach Oktober 1997 die Möglichkeit gehabt, bei einem anderen Arbeitgeber Betriebsrentenanwartschaften aufzubauen. Auf die Länge der Unverfallbarkeitsfristen komme es nicht an.
Der Umstand, dass zwei Kolleginnen zur Unterstützungskasse des DGB e.V. angemeldet wurden, möge unglücklich sein, sei aber dem Umstand geschuldet, dass hier ein Stichtag über die Zusage oder Nichtzusage entscheide.
Dass andere Arbeitgeber bessere oder für die Klägerin günstigere Versorgungszusagen erteilten, sei unerheblich. Ein Rechtsanspruch auf Gleichbehandlung mit der Verfahrensweise eines anderen Arbeitgebers bestehe nicht.
Das Gericht hat den Parteien und ihren Bevollmächtigten mit Blick darauf, dass es in der Sache wesentlich um die Erörterungen von Rechtsfragen geht sowie zur Vermeidung einer weiten Anreise in Zeiten der Pandemie durch Beschluss vom 14.12.2020 von Amts wegen gestattet, sich während der mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen über den von der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellten Virtuellen Meetingraum (VMR) vorzunehmen. Davon haben beide Parteivertreterinnen Gebrauch gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle in beiden Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A. Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet, weil der zulässige Klageantrag zu 1. der Klägerin in der gebotenen rechtsschutzgewährenden Auslegung unbegründet ist. Da der Antrag zu 1. zulässig ist, ist der Hilfsantrag der erkennenden Kammer nicht zur Entscheidung angefallen.
I. Die Parteivertreterinnen haben die Berufungsanträge wirksam in öffentlicher Verhandlung im Wege der gestatteten Bild- und Tonübertragung gemäß § 128a Abs. 1 ZPO, zugeschaltet aus der Kanzlei bzw. dem Homeoffice, gestellt.
1. Die Zuschaltung der Parteivertreterinnen aus der Kanzlei bzw. dem Homeoffice steht im Einklang mit § 128a Abs. 1 ZPO (MüKOZPO/Fritsche, 6. Aufl. 2020, § 128a Rn. 5; Klasen in Ory/Weth, jurisPK-ERV, Band 2, 1. Aufl., § 128a ZPO (Stand 01.09.2020) Rn. 9; Manz/Spoenle, MDR 2020, 637, 639; Stadler in Musielack/Voit, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 128a Rn. 2; BeckOKZPO/von Selle, 39. Edition, Stand 01.12.2020, § 128a Rn. 6; Windau, AnwBl. 2021, 26, 28). Soweit vertreten wird, dass es sich bei dem "anderen Ort" i.S.v. § 128a Abs. 1 ZPO um einen Gerichtsaal bzw. vom Gericht zur Verfügung gestellten Raum handeln muss (Zöller/Greger, 33. Aufl. 2020, § 128a Rn. 4), folgt dem die erkennende Kammer nicht. Dies ergibt die Auslegung von § 128a Abs. 1 ZPO.
a) Maßgebend für die Gesetzesauslegung ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers. Zu dessen Ermittlung sind der Wortlaut der Norm, die Systematik, der Sinn und Zweck sowie die Gesetzesmaterialien und die Entstehungsgeschichte heranzuziehen. Unter diesen anerkannten Methoden hat keine unbedingten Vorrang. Welche Regelungskonzeption der Gesetzgeber mit dem von ihm gefundenen Wortlaut tatsächlich verfolgt, ergibt sich unter Umständen erst aus den anderen Auslegungsgesichtspunkten. Wird daraus der Wille des Gesetzgebers klar erkennbar, ist er zu beachten (BAG 05.06.2020 - 10 AZN 53/20, juris Rn. 15). Dabei ist der Wortlaut (lediglich) Ausgangspunkt der Auslegung. Die Feststellung, dass der Wortlaut eindeutig ist, stellt das Ergebnis der Auslegung dar. Ein Text ist immer mehrdeutig. Es besteht für jeden Normgeber die Schwierigkeit, textlich Eindeutigkeit herzustellen (BAG 21.01.2020 - 3 AZR 565/18, juris Rn. 17).
b) Auszugehen ist vom Wortlaut des § 128a Abs. 1 ZPO. Dieser spricht davon, dass das Gericht es den Parteien und ihren Bevollmächtigten gestatten kann, sich während einer mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen. Der andere Ort erfährt im Gesetzestext keine inhaltliche Eingrenzung. Eine Beschränkung auf eine Gerichtsstelle lässt sich daraus nicht entnehmen. Bereits in der Vorschrift des § 128a Abs. 1 ZPO differenziert der Gesetzgeber zwischen verschiedenen Örtlichkeiten. So wird in § 128a Abs. 1 Satz 2 ZPO das Sitzungszimmer neben dem anderen Ort genannt. Für den Terminort nennt der Gesetzgeber in § 219 Abs. 1 ZPO die Gerichtsstelle. Wenn er dann in § 128a Abs. 1 ZPO ebenso wie in § 128a Abs. 2 ZPO ohne weitere Eingrenzung von einem anderen Ort spricht, kann nicht davon ausgegangen werden, dass er den anderen Ort auf einen Gerichtssaal oder einen vom Gericht zur Verfügung gestellten Raum begrenzen wollte. Dem entspricht der Wille des Gesetzgebers. Im Zusammenhang mit der Begründung des Gesetzes zur Intensivierung von Videokonferenztechnik in gerichtlichen und staatsanwaltlichen Verfahren geht er davon aus, dass mit der Bereitstellung der Technik vor allem der Anwaltschaft in geeigneten Fällen Gelegenheit geboten wird, an gerichtlichen Verfahren ohne Reisetätigkeit aus der eigenen Kanzlei heraus oder von durch die Justizverwaltungen bereitgestellten Videokonferenzanlagen aus teilzunehmen (BT-Drs. 17/1224 S. 12). Dem entspricht es, wenn der Gesetzgeber weiter ausführt, dass der wirtschaftlich denkende Rechtsanwalt den Zeitvorteil und die ersparten Reisekosten den Anschaffungskosten einer Videokonferenzanlage oder webbasierender Übertragungstechnik gegenüberstellt (BT-Drs. 17/224 S. 12). All dies ergibt nur dann Sinn, wenn der andere Ort nicht auf die Gerichtsstelle oder vom Gericht zur Verfügung gestellte Räumlichkeiten begrenzt ist. Soweit gemäß § 160 Abs. 1 Nr. 4 ZPO der Ort, von dem aus die Teilnahme gemäß § 128a ZPO an der Verhandlung erfolgt, in das Sitzungsprotokoll aufzunehmen ist, lässt sich daraus kein gegenteiliger Schluss ziehen. Handelte es sich ohnehin um eine Gerichtsstelle oder einen vom Gericht bereitgestellten Raum, wäre dies eher überflüssig und nicht sinnvoll (vgl. BT-Drs. 14/6036 Festhalten des Ortes "erscheint sinnvoll").
c) Die gesetzlichen Grundanforderungen an eine Gerichtsverhandlung stehen diesem Verständnis von § 128a Abs. 1 ZPO nicht entgegen. Die Öffentlichkeit (§ 169 GVG) wird an der Gerichtsstelle hergestellt (z.B. Zöller/Greger a.a.O. § 128a Rn. 6; Stadler a.a.O. § 128a Rn. 2). Dies ist auch vorliegend erfolgt, indem die Parteivertreterinnen durch zeitgleiche Bild- und Tonübertragung in den Sitzungsaal der erkennenden Kammer übertragen wurden und die Öffentlichkeit - was, ohne dass es darauf ankommt, auch erfolgte - die Verhandlung auf einem Bildschirm in Ton und Bild verfolgen konnte. Auf die Frage, ob eine bloße Tonübermittlung ausreichend ist, kam es mithin nicht an. Durch die von der erkennenden Kammer vorgenommenen Auslegung des Begriffs des anderen Orts in § 128a Abs. 1 ZPO wird die Gerichtsverhandlung nicht partiell in den privaten Bereich verlegt (vgl. dazu BGH 30.03.2004 - VI ZB 81/03, juris Rn. 8). Selbst wenn Verfahrenshandlungen vom privaten Bereich aus vorgenommen werden, wird dadurch die Gerichtsverhandlung nicht in den privaten Bereich verlegt. Diese findet letztlich für die Öffentlichkeit kontrollierbar insgesamt an der Gerichtsstelle statt, nur dass die Präsenz der Parteien, Bevollmächtigten bzw. Zeugen durch die Bild- und Tonübertragung hergestellt wird. Dem entspricht, dass § 128a Abs. 2 ZPO zur Vernehmung eines Zeugen dann anzuwenden sein kann, wenn dieser aufgrund ärztlichen Attestes aus gesundheitlichen Gründen auf unabsehbare Zeit nicht vor Gericht erscheinen kann. Bleibt u.a. die Möglichkeit, einen solchen Zeugen außerhalb der Gerichtsstelle im Wege der Bild- und Tonübertragung zu vernehmen, ist er nicht unerreichbar (vgl. dazu BGH 01.07.2010 - V ZR 238/09 Rn. 7). Der Anspruch der Parteien auf Mündlichkeit und rechtliches Gehör wird durch die Teilnahme mittels Bild- und Tonübertragung gewahrt (Francken, NZA 2020, 681, 683).
d) Richtig ist, dass auch bei Anwendung des § 128a ZPO durch das Gericht sichergestellt werden muss, dass eine ordnungsmäße und dem Wesen einer Gerichtsverhandlung angemessene mündliche Verhandlung durchgeführt wird. Die Kammer verkennt nicht, dass bei Nutzung der Bild- und Tonübertragung durchaus Gefahren bestehen. So besteht eher die Gefahr der Beeinflussung durch Dritte, einer verbotenen Aufzeichnung oder einer manipulierten Kameraeinstellung (abl. aus diesen Gründen Zöller/Greger a.a.O. § 128a Rn. 9). Dies führt indes zu keinem anderen Auslegungsergebnis. Die Gefahr der Beeinflussung durch Dritte und auch des Mitschnitts besteht auch im Sitzungsaal, wie die Aufzeichnungen von Gerichtsverhandlungen z.B. durch Reichsbürger zeigen. Richtig ist zwar, dass dies im Gerichtsaal leichter zu erkennen sein mag. Wenn aber der Gesetzgeber die Bild- und Tonübertragung an einen anderen Ort in § 128a Abs. 1 und §128a Abs. 2 ZPO zulässt, dann kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Bild- und Tonübertragung eher innewohnende Gefahren dazu führen, den Begriff des "anderen Ortes" entgegen Gesetzeswortlaut und gesetzgeberischem Willen einzuschränken. Vielmehr wird das Gericht seinerseits dafür zu sorgen haben, dass eine ordnungsmäße und dem Wesen einer Gerichtsverhandlung angemessene mündliche Verhandlung durchgeführt wird (vgl. a. Mantz/Spoenle MDR 2020, 637, 639 Rn. 16: "das muss die Praxis zeigen"). Wo dies nicht der Fall ist, d.h. z.B. kein angemessener Ort gewählt wird (Schwimmbad, Kneipe, Fußballplatz) oder sonst eine große Zuschauerzahl teilnimmt, kann die Bild- und Tonübertragung unter- oder abgebrochen werden. In Betracht kommt gemäß §§ 176 Abs. 1, 177, 178 GVG die Anwendung von Ordnungsmitteln (ebenso Klasen a.a.O. § 128a Rn. 9; BeckOKZPO/von Selle a.a.O. § 128a Rn. 9a; a.A. Stadler a.a.O. § 128a Rn. 2). Dies kann man aus einem Erst-Recht-Schluss aus § 180 GVG ableiten (so BeckOKZPO/von Selle a.a.O. § 128a Rn. 9a) oder aber damit begründen, dass die Bild- und Tonübertragung gemäß § 128a ZPO nur dazu dient, die Verfahrenshandlung an die Gerichtsstelle zu übermitteln. Damit werden sämtliche Handlungen, die im Wege der Bild- und Tonübertragung in den Sitzungsaal übertragen werden, auf digitale Weise Gegenstand der Sitzung. Wer so vermittelt die Sitzung stört, macht sich in der Sitzung einer Ungebühr schuldig.
e) Letztlich wird das von der erkennenden Kammer zu Grunde gelegte Verständnis des anderen Ortes i.S.v. § 128a Abs. 1 ZPO durch die Gesetzeshistorie des zum 31.12.2020 ausgelaufenen § 114 ArbGG in der Fassung des Art. 2 des Gesetzes zu sozialen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vom 20.5.2020 (Sozialschutz-Paket II, BGBl. I S. 1055) bestätigt. Die Vorschrift knüpfte in § 114 Abs. 1 und 2 ArbGG an die Regelung des § 128a ZPO an und erstreckte sie auf die ehrenamtlichen Richter (LAG Düsseldorf 02.07.2020 - 4 Ta 200/20, juris Rn. 12; BT-Drs. 19/18996 S. 30; NZA Francken, 2020, 681, 682; ErfK/Koch. 21.Aufl. 2021, § 114 ArbGG Rn. 1). Der Gesetzgeber hatte es den ehrenamtlichen Richtern gestattet, der mündlichen Verhandlung von "einem anderen Ort" aus beizuwohnen, wenn es aufgrund der epidemischen Lage unzumutbar sei, persönlich an der Gerichtsstelle zu erscheinen. Der andere Ort ist ausweislich des Textes von § 114 ArbGG der Gegensatz zur Gerichtsstelle. Wenn der andere Ort nicht grundsätzlich einschränkungslos zu verstehen wäre, hätte es weiter nicht der Ausführung in der Gesetzesbegründung bedurft, dass der ehrenamtliche Richter sich während der Beratung nicht etwa an einem öffentlichen Ort aufhalten darf (BT-Drs. 19/18996 S. 30), was durch § 114 Abs. 2 ArbGG gesichert wurde. Der Umstand, dass der Gesetzgeber § 114 ArbGG inmitten der epidemischen Lage hat auslaufen lassen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Ausführungen in der Gesetzesbegründung zu § 114 ArbGG zeigen das grundlegende Verständnis des Gesetzgebers vom Begriff des anderen Ortes. Der Umstand, dass § 114 ArbGG nicht verlängert wurde, belegt im Übrigen, dass der Gesetzgeber die Anwendung von § 128a ZPO in der epidemischen Lage für ausreichend erachtet hat. Dies wiederum spricht dafür, dass mit der ursprünglichen Gesetzesbegründung und dem Wortlaut des Gesetzes der Begriff des "anderen Ortes" nicht auf den Gerichtsaal oder vom Gericht zur Verfügung gestellte Räumlichkeiten begrenzt ist, weil dies in einer epidemischen Lage auch Art. 19 Abs. 4 GG gebietet. In besonderen Lagen - wie derzeit - kann die audiovisuelle Verhandlung so zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Justiz und zum Schutz der Individualrechtsgüter von Gerichtspersonen, Parteien, Bevollmächtigten und Zeugen genutzt werden (Francken, NZA 2020, 681, 682).
2. Aber selbst wenn ein Verstoß gegen § 128a Abs. 1 ZPO vorliegen sollte, ändert dies an der wirksamen Antragstellung nichts. Es handelte sich bei einem Verstoß gegen den "anderen Ort" i.S.v. § 128a Abs. 1 ZPO um einen Verstoß gegen eine Ordnungsvorschrift, welche die wirksame Antragstellung unberührt lässt. Nichts anderes gilt für die Frage, ob in dem Beschluss des Vorsitzenden (§ 53 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 64 Abs. 7 ArbGG) zur Gestattung Bild- und Tonübertragung der andere Ort zu bestimmen ist (so z.B. BeckOKZPO/von Selle a.a.O. § 128a Rn. 6), was die erkennende Kammer verneint. Ort der Verhandlung ist und bleibt der Gerichtssaal. Dorthin werden die Parteien geladen. Ihnen wird gemäß § 128a ZPO lediglich gestattet, sich an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen. Entscheidend ist auch für § 377 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht der Ort" von dem aus die Personen sich zuschalten, sondern der Ort, zu dem oder in den die Parteien, die Bevollmächtigten oder Zeugen sich zuschalten. Dort müssen sie im Wege der Bild- und Tonübertragung erscheinen. Dazu muss nicht der Ort, von dem aus dies erfolgt, vorgegebenen werden. Vielmehr muss - wie von dem Gericht getan - der technische Weg mittels Zugangsdaten zum virtuellen Meetingsraum nebst Anleitung zu dessen Benutzung übermittelt werden. Letztlich kommt es darauf - wie ausgeführt - nicht an, denn selbst wenn die Mitteilung des anderen Ortes im Beschluss erforderlich wäre, ließe dies die ordnungsgemäße Antragstellung unberührt.
II. Der Antrag zu 1. der Klägerin ist in der gebotenen rechtsschutzgewährenden Auslegung zulässig, wobei er nur zum Teil als Leistungsantrag zu verstehen ist. Er ist insbesondere hinreichend bestimmt.
1. Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss ein dem Gericht zur Entscheidung gestellter Leistungsantrag hinreichend bestimmt sein. Der jeweilige Streitgegenstand muss so konkret umschrieben werden, dass der Umfang der Rechtskraftwirkung für die Beteiligten nicht zweifelhaft ist. Der in Anspruch genommene Beteiligte muss bei einer dem Antrag stattgebenden Entscheidung eindeutig erkennen können, was von ihm verlangt wird. Die Prüfung, welche Maßnahmen der Schuldner vorzunehmen oder zu unterlassen hat, darf grundsätzlich nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden (BAG 09.07.2013 - 1 ABR 17/12, juris Rn. 14; BAG 22.07.2014 - 1 ABR 9/13, juris Rn. 12). Zudem ist das Rechtsstaatsprinzip zu beachten. Der Schuldner muss wissen, in welchen Fällen er mit einem Zwangsmittel zu rechnen hat (BAG 15.04.2009 - 3 AZB 93/08, juris Rn. 17). Andererseits erfordert es aber gerade auch das Rechtsstaatsprinzip und das daraus folgende Gebot effektiven Rechtsschutzes, dass materiell-rechtliche Ansprüche effektiv, auch in der Zwangsvollstreckung, durchgesetzt werden können. Das kann es rechtfertigen, auch das Vollstreckungsgericht nicht der Notwendigkeit zu entheben, eine möglicherweise schwierige Klärung der Frage herbeizuführen, ob gegen die aus einem Titel folgende Verpflichtung verstoßen wurde (BAG 15.04.2009 a.a.O. Rn. 17).
2. Diesen Anforderungen wird der Antrag zu 1. gerecht, wobei der zweite Teil "Beiträge ... zu entrichten" als Feststellungsantrag auszulegen ist. In der Sache geht es der Klägerin mit dem Antrag zu 1. darum, dass die Beklagte ihr nicht lediglich eine Altersversorgung verschafft - darauf ist der Hilfsantrag gerichtet -, sondern diese zu Gunsten der Klägerin über einen bestimmten Durchführungsweg, nämlich die Unterstützungskasse des DGB e.V. abwickelt. Die dazu erforderliche Handlung ist mit den Zeitpunkten, zu denen sie haupt- und hilfsweise erfolgen soll, hinreichend bestimmt benannt. Die Beklagte soll die Klägerin zu diesen Zeitpunkten bei der Unterstützungskasse des DGB e.V. anmelden. Damit ist die Handlung konkret bezeichnet. Es geht um die Anmeldung des Begünstigten, hier der Klägerin durch das Kassenmitglied, die Beklagte, gemäß § 3 VO 1995 mit der das Anmeldungsverhältnis bei der Unterstützungskasse des DGB e.V. begründet wird. Die Frage, ob dies zu den genannten Zeitpunkten und auch rückwirkend möglich ist, ist keine Frage der Bestimmtheit oder sonstigen Zulässigkeit des Antrags, sondern seiner Begründetheit. Es bedarf auch keiner weiteren Handlungen, um das Anmeldungsverhältnis bei der Unterstützungskasse zu begründen, weil die Beklagte bereits Kassenmitglied ist (insoweit lag der Fall in LAG Düsseldorf 22.01.2020 - 12 Sa 580/19, juris Rn. 128 anders). Soweit die Beklagte verpflichtet werden soll, Beiträge zu entrichten, ist der Antrag als Leistungsantrag unbestimmt, denn die Beiträge sind als solche nicht beziffert. Der Antrag ist insoweit rechtsschutzgewährend als Feststellungsantrag auszulegen. Es soll festgestellt werden, dass die Beklagte verpflichtet ist, nach erfolgter Anmeldung die Beiträge zu zahlen, die sich aus dem Anmeldungsverhältnis ergeben und durch das Kassenmitglied an die Unterstützungskasse zu leisten sind (§ 9 VO 1995). Dabei sind ersichtlich die Beiträge gemäß der VO 1995 Tarif R 13 gemäß Anlage 3 der VO 1995 gemeint (vgl. § 4 Abs. 3 GBV Zusage). Die Auslegung kollidiert nicht mit dem Hilfsantrag, denn dieser ist auf den allgemeinen Verschaffungsanspruch gerichtet, während der Antrag zu 1. in der rechtsschutzgewährenden Auslegung betreffend die Beitragszahlung die konkrete Beitragszahlungspflicht an die Unterstützungskasse des DGB e.V. meint. An der Feststellung dieses Teilrechtsverhältnisses besteht das erforderliche Feststellungsinteresse i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO, weil die Beklagte die Beitragspflicht bei der Unterstützungskasse des DGB e.V. zu Gunsten der Klägerin verneint.
III. Der Leistungsantrag der Klägerin ist unbegründet. Die Beklagte ist weder verpflichtet, die Klägerin bei der Unterstützungskasse des DGB e.V. anzumelden noch für sie an diese Beiträge abzuführen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Versorgungszusage nach der VO 1995 Tarif R 13 gemäß § 4 Abs. 3 GBV Zusage i.V.m. der VO 1995, weil sie bereits bei Beginn des ersten befristeten Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten am 18.07.2016 das 55. Lebensjahr vollendet hatte. Sie ist deshalb als Begünstigte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 1995 ausgeschlossen. Darauf, ob bereits auf das erste befristete Arbeitsverhältnis abzustellen wäre oder erst auf den Beginn des unbefristeten Arbeitsverhältnisses am 14.11.2016, kam es nicht an. Der Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 1995 ist wirksam. Ein Härtefall ist nicht gegeben. Die Klägerin kann ihren Anspruch nicht auf den hilfsweise geltend gemachten allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen.
1. Die Klägerin ist als Begünstigte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 1995 ausgeschlossen. Dies ergibt die Auslegung dieser Bestimmung.
a) Die Auslegung der VO 1995 als von der Mitgliederversammlung der Unterstützungskasse des DGB e.V. beschlossenen Versorgungsordnung erfolgt nach den Grundsätzen für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen (vgl. insoweit für die Auslegung der als Unterstützungs-Richtlinien 1983 bezeichnete Versorgungsordnung für die Beschäftigten der Gewerkschaften, des DGB und der gewerkschaftlichen Einrichtungen BAG 23.08.2011 - 3 AZR 627/09, juris Rn. 18). Diese sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Zu berücksichtigen sind dabei die für die Vertragspartner des Verwenders allgemein erkennbaren äußeren Umstände, die für einen verständigen und redlichen Erklärungsempfänger Anhaltspunkte für eine bestimmte Auslegung geben. Umstände, die den konkreten Arbeitnehmer betreffen, sind nur dann von Belang, wenn im konkreten Einzelfall die Beteiligten übereinstimmend eine Erklärung in demselben Sinne verstanden haben (BAG 23.08.2011 a.a.O. Rn. 18).
b) Der Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 1995 ist eindeutig. Beschäftigte eines Kassenmitglieds - hier der Beklagten - werden nur dann zur Unterstützungskasse des DGB e.V. angemeldet, wenn sie die in § 2 Abs. 1 VO 1995 genannten persönlichen Voraussetzungen erfüllen. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 1995 darf die Beschäftigte bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Diese negative Voraussetzung ist bei der am 22.06.1961 geborenen Klägerin nicht gegeben, selbst wenn man auf den Beginn des ersten befristeten Arbeitsverhältnisses am 18.07.2016 abstellt. An dem eindeutigen Ausschlusstatbestand ändert die in § 9 Abs. 3 VO 1995 enthaltene und im Termin erörterte Regelung betreffend die v.H.-Sätze des Bemessungsentgeltes nichts. Diese sieht allerdings bei der Staffelung der v.-H.-Sätze auch ein Eintrittsalter 55-57 Jahre vor. Eine Abweichung von dem allgemeinen Ausschlusstatbestand in § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 1995 ergibt sich daraus nicht. Letztlich wird dies vor dem Hintergrund des § 9 Abs. 2 VO 1995 verständlich, wonach im Rahmen der Überleitung bei Begünstigten, die schon vor Inkrafttreten der VO 1995 bei der Unterstützungskasse angemeldet waren, dasjenige Lebensalter als Eintrittsalter gilt, in dem das Kassenmitglied der VO 1995 beitritt. Unabhängig davon wird im Hinblick auf mögliche Härtefälle, die auch ohne ausdrückliche Härtefallregelung in Betracht kommen (vgl. dazu z.B. BAG 12.10.2004 - 3 AZR 432/03, juris Rn. 30), die Zeit bis zum 67. Lebensjahr bei einer Wartezeit von 10 Jahren für die Altersunterstützung abgebildet (§ 5 Abs. 4 VO 1995).
2. Der Ausschlusstatbestand in § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 1995 ist wirksam. Er bewirkt weder eine Diskriminierung wegen des Alters noch wegen des Geschlechts i.S.v. § 7 Abs. 1 Halbs. 1, § 1 AGG.
a) Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist anwendbar. Es gilt trotz der in § 2 Abs. 2 Satz 2 AGG enthaltenen Verweisung auf das Betriebsrentengesetz auch für die betriebliche Altersversorgung, soweit das Betriebsrentenrecht nicht vorrangige Sonderregelungen enthält (BAG 17.10.2017 - 3 AZR 199/16, juris Rn. 11). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Die Klägerin ist erst nach dessen In-Kraft-Treten am 18.08.2006 in ein Arbeitsverhältnis zur Beklagten getreten. Dies genügt für die zeitliche Anwendbarkeit des Gesetzes (vgl. dazu BAG 17.10.2017 a.a.O. Rn. 12).
b) § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 1995 bewirkt keine unzulässige Altersdiskriminierung und auch keine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts i.S.v. § 7 Abs. 1 Halbs. 1, § 1, § 3 AGG.
aa) Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, u.a. wegen des Alters, benachteiligt werden. Unzulässig sind nicht nur unmittelbare, sondern auch mittelbare Benachteiligungen. Es liegt eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters i.S.v. § 3 Abs. 1 AGG vor, weil der Ausschluss von der betrieblichen Altersversorgung in § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 1995 unmittelbar an die Vollendung des 55. Lebensjahres anknüpft.
bb) Die dadurch bewirkte Ungleichbehandlung ist gemäß § 10 AGG sachlich gerechtfertigt.
(1) Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. § 10 Satz 3 AGG enthält eine Aufzählung von Tatbeständen, wonach derartige unterschiedliche Behandlungen insbesondere gerechtfertigt sein können. Nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG ist dies der Fall bei der Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen. Indem der Gesetzgeber den in Nr. 4 geregelten Tatbestand in die Rechtfertigungsgründe des § 10 Satz 3 AGG eingeordnet hat, hat er zum Ausdruck gebracht, dass die Festsetzung von Altersgrenzen für den Anspruch auf Leistungen aus den dort aufgeführten betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit grundsätzlich objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel i.S.v. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt ist. Da eine solche Altersgrenze in der jeweiligen Versorgungsregelung festzusetzen ist, muss die konkret gewählte Altersgrenze allerdings i.S.v. § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein (BAG 17.10.2017 a.a.O. Rn. 17 m.w.N.). Unerheblich ist, dass ein solches Verständnis der gesetzlichen Regelung zur Rechtfertigung einer unterschiedlichen Behandlung wegen des Alters in betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit unionsrechtlich nicht geboten ist. Der deutsche Gesetzgeber hat in § 10 AGG weitergehende Anforderungen gestellt (BAG 17.10.2017 a.a.O. Rn. 18).
(2) Der Altersgrenze in § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 1995 liegt ein legitimes Ziel i.S.v. § 10 Satz 1 AGG zu Grunde.
(2.1) Legitime Ziele i.S.v. § 10 Satz 1 AGG sind wegen der in Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG genannten Beispielsfälle "Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung" nicht nur solche aus dem Bereich Arbeits- und Sozialpolitik. Auch Ziele im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik, die ein Arbeitgeber mit einer im Arbeitsvertrag vorgesehenen betrieblichen Altersversorgung anstrebt, können legitime Ziele im Sinne der europäischen Vorgaben sein (vgl. EuGH 26.09.2013 - C-476/11 - [HK Danmark], juris Rn. 60 ff.). Dementsprechend sind Ziele, die im Rahmen von Anliegen der Beschäftigungspolitik und des Sozialschutzes einen Ausgleich zwischen verschiedenen beteiligten Interessen schaffen sollen, um damit der Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung zu dienen, als legitim iSv. § 10 Satz 1 AGG anzusehen. Dazu gehört auch, den unternehmerischen Belangen einer begrenz- und kalkulierbaren Belastung Rechnung zu tragen (vgl. EuGH 13.07.2017 - C-354/16 - [Kleinsteuber], juris Rn. 62 ff.). Zielsetzungen, die in der nachhaltigen Sicherung der Finanzierung von Pensionsleistungen bestehen, können in Anbetracht des weiten Entscheidungsspielraums, über den die Mitgliedstaaten verfügen, als legitime Ziele der Sozialpolitik angesehen werden (vgl. EuGH 24.09.2020 - C-223/19, YS [Betriebspensionen leitender Angestellter], juris Rn. 60, 61; EuGH 21.01.2021 - C-843/19 [INSS], juris Rn. 38). Indem § 10 AGG erlaubt, in Versorgungsordnungen die Leistungspflichten des Versorgungsschuldners zu begrenzen und damit für diesen eine verlässliche und überschaubare Kalkulationsgrundlage zu schaffen, verfolgt die gesetzliche Bestimmung das Ziel, die betriebliche Altersversorgung zu verbreiten. Es hält sich demnach im Rahmen dieses legitimen Ziels, wenn in einer Versorgungsordnung von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird (BAG 17.10.2017 a.a.O. Rn. 21).
(2.2.) Der Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 1995 verfolgt in diesem Sinne ein legitimes Ziel. Die Festlegung einer Altersgrenze als Zugangsvoraussetzung zu der VO 1995, d.h. für die Aufnahme als Begünstigte der Unterstützungskasse, bewirkt, dass die Beklagte den aus der Versorgungszusage resultierenden Versorgungsaufwand verlässlich kalkulieren und ihre wirtschaftliche Belastungen besser einschätzen und begrenzen kann.
(3) Die Altersgrenze i.S.v. 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 1995 ist angemessen und erforderlich i.S.v. § 10 Satz 2 AGG.
(3.1.) Dem Arbeitgeber steht bei freiwilligen zusätzlichen Leistungen wie der betrieblichen Altersversorgung ein von den Gerichten zu respektierender Gestaltungs- und Ermessensspielraum zu. Dies ist seiner Bereitschaft geschuldet, sich freiwillig zu einer von ihm zu finanzierenden betrieblichen Zusatzversorgung zu verpflichten. Diese Gestaltungsfreiheit eröffnet dem Arbeitgeber grundsätzlich auch die Möglichkeit, altersabhängige Begrenzungen für die Ermittlung der anrechenbaren Beschäftigungszeiten des von der Versorgungsordnung begünstigten Personenkreises festzulegen. Dabei dürfen jedoch die berechtigten Belange der betroffenen Arbeitnehmer nicht außer Acht gelassen werden (BAG 17.10.2017 a.a.O. Rn. 24).
Die Festlegung eines Höchstalters zur Begrenzung der anrechenbaren Beschäftigungszeiten ist angemessen, wenn mit dieser Begrenzung das verfolgte Ziel erreicht wird, ohne die legitimen Interessen der hiervon nachteilig betroffenen Arbeitnehmer übermäßig zu beeinträchtigen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die betriebliche Altersversorgung nicht nur Versorgungs-, sondern auch Entgeltcharakter hat und eine altersabhängige Begrenzung der anrechenbaren Beschäftigungszeiten dazu führt, dass die hiervon betroffenen Arbeitnehmer für die ab dem Erreichen der Altersgrenze von ihnen geleistete Betriebszugehörigkeit keine betriebliche Altersversorgung erhalten. Eine Regelung, die zur Folge hat, dass während eines beträchtlichen Teils eines typischen Erwerbslebens keine Versorgungsanwartschaften erworben werden können, ist damit nicht zu vereinbaren (BAG 17.10.2017 a.a.O. Rn. 24).
Erforderlich i.S.d. § 10 Satz 2 AGG ist die Festlegung eines Höchstalters zur Begrenzung der anrechenbaren Beschäftigungszeiten, wenn diese Regelung nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist (BAG 17.10.2017 a.a.O. Rn. 26).
(3.2.) Danach ist der Ausschlusstatbestand in § 2 Abs. 4 Nr. 1 VO 1995 angemessen. Er beeinträchtigt nicht das legitime Interesse der Versorgungsempfänger, sich im Laufe ihres Erwerbslebens eine angemessene Altersversorgung aufzubauen.
(3.2.1.) Die Rechtsprechung hat sich bereits mehrfach mit der Angemessenheit von Höchstaltersgrenzen in der betrieblichen Altersversorgung befasst. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung hat sie darauf abgestellt, ob die Arbeitnehmer bei typisierender Betrachtungsweise bei Erreichen der Höchstaltersgrenze den ganz überwiegenden Teil ihres Erwerbslebens absolviert haben. Dabei ist davon ausgegangen worden, dass ein Erwerbsleben bei typisierender Betrachtung mindestens 40 Jahre umfasst. Es ist weiter gefragt worden, ob bei Berücksichtigung dieses Zeitraums eines typischen Erwerbslebens noch ein angemessener Zeitraum verbleibe, um vor dem Erreichen der Höchstaltersgrenze Versorgungsanwartschaften zu erwerben oder für ihre Altersversorgung anderweitig vorzusorgen. Verbleibt dafür noch der weitaus größte Zeitraum des Erwerbslebens (BAG 12.02.2013 - 3 AZR 100/11, juris Rn. 32 ff.; BAG 12.11.2013 - 3 AZR 356/12, juris Rn. 29 f.; BAG 18.03.2014 - 3 AZR 69/12, juris Rn. 27; BAG 17.10.2017 a.a.O. Rn. 28)? Vor diesem Hintergrund hat die Rechtsprechung folgende Höchstaltersgrenzen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung für angemessen erachtet: Vollendung des 50. Lebensjahres (BAG 12.11.2013 a.a.O. Rn. 30 a.E.: "bei typisierender Betrachtungsweise gerade noch hinnehmbar und benachteiligt die berechtigten Interessen der Betriebsangehörigen noch nicht unangemessen"); 15jährige Betriebszugehörigkeit bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (BAG 12.02.2013 a.a.O. Rn. 32 ff.); Vollendung des 60. Lebensjahres (BAG 17.10.2017 a.a.O. Rn. 28). Nicht mehr angemessen war eine Regelung, die dazu führte, dass Arbeitnehmer, die bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 45. Lebensjahr vollendet haben, keine betriebliche Altersversorgung mehr erwerben können. Dies hat das Bundesarbeitsgericht wie folgt begründet: "Das hat typischerweise zur Folge, dass diese Arbeitnehmer nur bis zur Vollendung des 45. Lebensjahrs Zeit haben, Betriebsrentenanwartschaften bei anderen Arbeitgebern zu erdienen. Da ein Erwerbsleben bei typisierender Betrachtung mindestens 40 Jahre umfasst und der Zeitraum von der Vollendung des 45. Lebensjahrs bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze mindestens 20 Jahre beträgt, führt die Regelung ... der Versorgungsordnung dazu, dass während eines beträchtlichen Teils eines typischen Erwerbslebens keine Versorgungsanwartschaften mehr erworben werden können. Dies kann auch unter Berücksichtigung des Interesses des Arbeitgebers, nur denjenigen Arbeitnehmern Versorgungsleistungen zuzusagen, die noch eine längerfristige Betriebstreue erbringen können, nicht als angemessen angesehen werden. Dieses Interesse des Arbeitgebers rechtfertigt es nicht, Arbeitnehmern, die dem Betrieb während der Hälfte eines typischen Erwerbslebens angehören, Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vorzuenthalten." (BAG 18.03.2014 a.a.O. Rn. 27).
(3.2.2.) Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage insbesondere dagegen, dass die Rechtsprechung bei der Angemessenheitsprüfung für ihre typisierende Betrachtungsweise von einem Erwerbsleben von 40 Jahren ausgeht. Dies benachteilige sie als Frau mittelbar. Sie beruft sich dazu darauf, dass die durchschnittlichen Versicherungsjahre von Männern und Frauen sich erheblich unterscheiden. Dies trifft nach der von ihr zur Akte gereichten Aufstellung der Deutschen Rentenversicherung Bund zu. Danach betrugen die durchschnittlichen Versicherungsjahre von Männern 40,6 Jahre und diejenigen von Frauen lediglich 28 Jahre. Richtig ist, dass auch die Angemessenheitsprüfung selbst durch die Festlegung ihrer Parameter nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts führen darf (vgl. zur Berücksichtigung des Verbots der mittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts innerhalb der Angemessenheitsprüfung BAG 12.02.2013 a.a.O. Rn. 32; BAG 18.03.2014 a.a.O. Rn. 23; BAG 17.10.2017 a.a.O. Rn. 31).
Für die Entscheidung dieses Rechtsstreits kommt es nicht darauf an, ob an der Bestimmung eines typischen Erwerbslebens mit 40 Jahren festzuhalten ist. Dafür spricht, dass es an dieser Stelle zunächst um die Festlegung des potenziell möglichen Erwerbslebens geht, ohne dass die Fragen der Unterbrechung z.B. durch Kindererziehungszeiten berücksichtigt werden. Dies bleibt nicht unberücksichtigt, sondern wird insoweit betrachtet, ob die Regelung es gerade Frauen verwehrt, aufgrund der Höchstaltersgrenze eine Betriebsrente zu erwerben. Dies ist aber typischerweise nicht der Fall, weil auch Frauen jedenfalls im Alter von 55 Jahren regelmäßig wieder in das Erwerbsleben zurückgekehrt sind (darauf abstellend bezogen auf das 50. Lebensjahr BAG 12.02.2013 a.a.O. Rn. 34; BVerfG 23.07.2019 - 1 BvR 684/14, juris). Die Klägerin hat auch auf Nachfrage im Termin nicht dargelegt, dass insoweit bezogen auf die Aufnahme der Beschäftigung bei der Beklagten nach dem 55. Lebensjahr mehr Frauen als Männer betroffen sind (vgl. zu diesem Aspekt BAG 17.10.2017 a.a.O. Rn. 32), wofür auch sonst keine Anhaltspunkte bestehen. Dies sei nicht ihr Ansatz. Sie wende sich gegen die Typisierung eines Erwerbslebens auf regelmäßig 40 Jahre. Dem kann entgegengehalten werden, dass es zwar zutrifft, dass Frauen aus familiären Gründen häufiger Unterbrechungen in ihrer Erwerbsbiografie aufweisen und deshalb in besonderem Maße darauf angewiesen sind, im weiteren Erwerbsleben noch Ansprüche auf eine Altersversorgung zu erwerben. Insoweit geht es aber letztlich um einen Ausgleich für eine bereits zu Beginn des Erwerbslebens vorhandene Schlechterstellung. Eine Verpflichtung, einen solchen Ausgleich und damit eine positive Maßnahme i.S.v. § 5 AGG zu regeln, bestehe nicht (vgl. insoweit BAG 17.10.2017 a.a.O. Rn. 38).
Letztlich lässt die Kammer offen, ob an der Typik eines Erwerbslebens von 40 Jahren festzuhalten ist. Selbst wenn darauf abgestellt würde, dass das typische Erwerbsleben einer Frau 28 Jahre beträgt, würden der Klägerin vom 55. Lebensjahr selbst bis zum 67. Lebensjahr 12 Jahre genommen, in denen sie bei der Beklagten keine Rentenanwartschaften aufbauen kann. Es blieben dann ausgehend von 28 Jahren noch 16 Jahre, um bei einem anderen Arbeitgeber oder anderweitig Leistungen der Altersvorsorge aufzubauen. Es bleibt mithin immer noch mehr als die Hälfte des Erwerbslebens Zeit dafür. Dies ist noch ausreichend. Ohnehin stellt sich die Frage, ob innerhalb der Angemessenheitsprüfung für eine einheitliche Höchstaltersgrenze unterschiedliche Typiken zu Grunde gelegt werden dürfen. Dafür spricht allerdings, dass damit unterschiedliche Erwerbsbiografien abgebildet werden. Letztlich kommt es auf all dies nicht an, weil die Höchstaltersgrenze von 55. Lebensjahren auch bei getrennter Betrachtung gerade noch angemessen ist.
Entgegen der Ansicht der Klägerin sind schließlich die Unverfallbarkeitsfristen kein Maßstab für die Angemessenheitsprüfung einer Höchstaltersgrenze (vgl. BAG 12.02.2013 a.a.O. Rn. 35 ff.). Davon abzuweichen besteht kein Anlass.
(3.2.3.) Der Leistungsplan der VO 1995 steht dem Ergebnis nicht entgegen (vgl. zu diesem Aspekt der Prüfung BAG 12.11.2013 a.a.O. Rn. 30). Die VO 1995 ist auch im Übrigen nicht darauf angelegt, das gesamte Erwerbsleben abzudecken. Dies belegt die Wartezeit von 10 Jahren für die Altersunterstützung gemäß § 5 Abs. 4 VO 1995, auch wenn im Übrigen die monatliche Unterstützung aus der Summe der Rentenbausteine mit den entsprechenden Verrentungsfaktoren besteht und insoweit keine weitere Eingrenzung enthalten ist (§§ 6 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Buchstabe c, 12 Abs. 1 VO 1995 i.V.m. Anlage 3 VO 1995). Soweit es einen Zuwendungssatz auch für die Zeit zwischen dem 55. und 57. Lebensjahr gibt, ist bereits ausgeführt, dass dies der Höchstaltersgrenze der Vollendung des 65. Lebensjahres nicht entgegensteht.
(3.3.) Der Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 1995 ist erforderlich i.S.v. § 10 Satz 2 AGG. Die Begrenzung der Leistungspflicht des Arbeitgebers lässt sich mit gleichwirksamer Genauigkeit nicht durch ein milderes Mittel erreichen. Bei dieser Betrachtungsweise kommt es nicht auf die Höhe der konkret der Klägerin bei Nichtberücksichtigung der Höchstaltersgrenze fiktiv zustehenden Betriebsrente an.
3. Ein Härtefall ist nicht gegeben. Dabei kann offen bleiben, ob ein Härtefall unabhängig von einer Härtefallklausel in der Versorgungsordnung - die VO 1995 enthält eine solche Regelung nicht - zu prüfen ist.
a) Härtefallklauseln in Versorgungsordnungen sollen nur verhindern, dass die Anwendung der Ruhegeldregelung in besonders gelagerten und nicht vorhersehbaren Einzelfällen zu Ergebnissen führt, die unangemessen erscheinen und nicht dem Sinn der Regelung entsprechen. Dabei geht es nur um die Abmilderung der Rechtsfolgen in Grenzfällen. Härtefallklauseln sind demgegenüber nicht dazu bestimmt, eine generelle Korrektur der Versorgungsgrundsätze oder eine Änderung des Regelungszwecks zu ermöglichen. Danach kommt ein Härtefall nur in Betracht, wenn jemand über das angestrebte Regelungsziel hinausgehend erheblich betroffen wird, weil er aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt. Ob der Arbeitgeber von der in der Härtefallklausel vorgesehenen Möglichkeit zur Ausnahmeentscheidung Gebrauch macht, steht nicht in seinem freien Belieben, sondern unterliegt als Ermessensentscheidung einer Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB. Dabei ist das Verhältnis von Regel und Ausnahme zu beachten (BAG 12.11.2013 a.a.O. Rn. 35).
b) Danach liegt kein Härtefall vor. Die Klägerin hatte bei Beginn des ersten befristeten Arbeitsverhältnisses das Höchstalter für den Eintritt in das Versorgungssystem der VO 1995 überschritten. Es entspricht dem Regelungsplan, dass sie aus diesem Grund gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 VO 1995 von dem Versorgungsystem ausgeschlossen ist. Besondere Umstände, die dazu führen, dass die Klägerin über das angestrebte Regelungsziel hinaus betroffen ist, sind nicht gegeben. Sie macht letztlich alleine geltend, dass sie am 18.07.2016 noch nicht einmal einen Monat das 55. Lebensjahr vollendet hatte, d.h. die Nähe zur Altersgrenze. Die Nähe zur Altersgrenze ist als solche noch kein Härtefall (BAG 12.10.2004 - 3 AZR 432/03, juris Rn. 29; BAG 12.02.2013 - 3 AZR 636/10 Rn. 116; BAG 12.11.2013 a.a.O. Rn. 36).
4. Die Klägerin kann ihren Anspruch nicht auf den hilfsweise geltend gemachten allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen. Dies ergibt sich nicht daraus, dass die IG Metall möglicherweise anders und günstiger verfährt als die beklagte Gewerkschaft und auch Beschäftigte zur Unterstützungskasse anmeldet, die bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 55. Lebensjahr bereits vollendet haben. Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz ist arbeitgeberbezogen. Er verpflichtet den Arbeitgeber in Bezug auf die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer. Dieser hat eine Gleichbehandlung dabei auch betriebsübergreifend zu gewährleisten, wenn seine verteilende Entscheidung nicht auf den einzelnen Betrieb begrenzt ist, sondern sich auf alle oder mehrere Betriebe des Unternehmens bezieht (BAG 29.06.2017 - 1 ABR 27/16, juris Rn. 15). Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz kann dann keine Geltung beanspruchen, wenn die Arbeitnehmer von verschiedenen Unternehmen bzw. Arbeitgebern beschäftigt werden, was selbst dann gilt, wenn sie in einem gemeinsamen Betrieb beschäftigt werden (BAG 19.11.1992 -10 AZR 290/91, juris Rn. 17). Der Umstand, dass sich sowohl die Beklagte als auch die IG Metall der Unterstützungskasse der DGB e.V. bedienen, ändert an diesem Ergebnis nichts. Selbst in einem Konzern kommt eine unternehmensübergreifende Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei Sozialleistungen allenfalls dann in Betracht, wenn vom herrschenden Unternehmen ausgehend bestimmte Leistungen üblicherweise konzerneinheitlich erbracht werden und auf den Fortbestand dieser Übung ein schützenswertes Interesse für die Arbeitnehmer der Konzernunternehmen entstanden ist (BAG 21.11.2006 -3 AZR 309/05, juris Rn. 59; s.a. BAG 13.12.2016 - 1 AZR 148/15, juris Rn. 30). Daran fehlt es, wenn eine Einzelgewerkschaft des DGB günstigere Leistungen erbringt als nach der VO 1995 vorgesehen.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
C. Das Gericht hat die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG im Hinblick auf die Argumentation der Klägerin zu einem typischen Erwerbsleben innerhalb der Angemessenheitsprüfung von § 10 Satz 2 AGG zugelassen.
Vossen
Bauer