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  • 18.02.2011 · IWW-Abrufnummer 110971

    Landesarbeitsgericht Hamm: Urteil vom 10.09.2010 – 7 Sa 633/10

    Eine Klausel, mit der Fort- und Ausbildungskosten zurückgefordert werden sollen, genügt nur dann dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, wenn die

    Zahlungsverpflichtung so weit als möglich aus den Angaben in der Klausel selbst errechnet werden kann.


    Tenor:

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 25.03.2010 - 1 Ca 2999/08 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche des klagenden Arbeitgebers aus einer Fortbildungsvereinbarung.

    Der Kläger betreibt ein Ingenieurbüro. Er ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Kfz-Schäden und Bewertungen. Darüber hinaus führt er Fahrzeugprüfungen im Auftrag einer amtlich anerkannten Überwachungsorganisation durch.

    Der Kläger bildet im Rahmen seiner Tätigkeit Ingenieure für deren spätere Tätigkeit als Kfz-Prüfingenieure aus, so auch den Beklagten, mit dem er am 15.01.2008 eine schriftliche und von den Parteien so bezeichnete Fortbildungsvereinbarung abschloss. Die vom Kläger formulierte Vereinbarung verwandte dieser mit identischen Regelungen auch gegenüber mehreren anderen Vertragspartnern.

    In dieser Vereinbarung, wegen deren weiteren Inhalts auf die zur Gerichtsakte gereichten Kopie (Bl. 4 bis 8 d.A.) ergänzend Bezug genommen wird, wurde u.a. Folgendes geregelt:

    § 5

    Für die Fahrten zu den Ausbildungsstätten wird dem Lehrgangsteilnehmer ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt, mit dem er die erforderlichen Fahrten durchführen soll. Das Fahrzeug dient ausschließlich der betrieblichen Nutzung. Es wird am Betriebsgelände zur Verfügung gestellt und ist ggf. mit anderen Lehrgangsteilnehmern des Ingenieurbüros zu teilen. Die Fahrten zu und von der Betriebsstätte hat der Lehrgangsteilnehmer auf eigene Kosten zu tragen. (&)

    (&)

    § 10

    Kommt es durch Umstände zum Abbruch der Ausbildung, die der Lehrgangsteilnehmer zu vertreten hat, oder besteht der Lehrgangsteilnehmer die erforderliche Abschlussprüfung endgültig nicht, so haftet dieser gegenüber dem Ingenieurbüro mit den Kosten der Ausbildung. In diesem Fall beziffert das Ingenieurbüro die angefallenen Ausbildungskosten entsprechend der erfolgten Leistungen und ggf. nach billigem Ermessen. Hierzu gehören in jedem Fall die Lehrgangskosten bei der amtlich anerkannten Überwachungsorganisation, die Fahrzeugkosten, die Übernachtungskosten sowie die Kosten im Zusammenhang mit der praktischen Ausbildung, soweit diese nicht durch Förderungsmaßnahmen der Agentur für Arbeit übernommen worden sind.

    (&)

    Der Beklagte, der seine Ausbildung am 21.01.2008 begann, beendete sie am 09.06.2008. Vorausgegangen war eine Auseinandersetzung zwischen den Parteien über das äußere Erscheinungsbild des Beklagten.

    Die Ausbildung des Beklagten setzte sich aus einem theoretischen Teil, der dem Beklagten durch eine andere Ausbildungsstätte in L1 vermittelt wurde, und der betriebspraktischen Tätigkeit im Ingenieurbüro des Klägers zusammen. Sie wurde von der Arbeitsverwaltung gefördert. Der Beklagte erhielt einen Bildungsgutschein, mit dem die Kosten der theoretischen Ausbildung in L1 abgedeckt wurden, die sich auf 8.500,00 € beliefen. Dort absolvierte der Beklagte 10 Lehrgangseinheiten. Die in diesem Zusammenhang entstandenen Kosten für 57 Übernachtungen übernahm der Kläger, der dem Beklagten darüber hinaus für 63 Tage Verpflegungskosten gewährte. Der Beklagte nutze ein Firmenfahrzeug des Typs Ford Mondeo, um die Ausbildungsstätte in L1 zu erreichen und die 95 Kilometer lange Wegstrecke von seinem Wohnort in W2 zur Ausbildungsstätte in B1 ausbildungstäglich zurückzulegen, um dort an 26 Tagen die betriebspraktische Ausbildung zu absolvieren. Eine Vergütung erhielt der Beklagte vom Kläger nicht. Sozialhilfeleistungen oder Leistungen der Arbeitsverwaltung wurden dem Beklagten, der Unterhalt von seiner Ehefrau erhielt, nicht gewährt. Der Beklagte setzte die Ausbildung anderweitig fort. Die ihm vom Kläger gewährten Ausbildungsbestandteile wurden angerechnet.

    Der Kläger forderte den Beklagten mehrfach schriftlich - zuletzt mit Fristsetzung auf den 27.08.2010 - auf, an ihn 7.177,00 € zu zahlen. Er wies auf § 10 der Fortbildungsvereinbarung hin und führte aus, ihm seien für die Ausbildung des Beklagten folgende Kosten entstanden:

    Übernachtungskosten 1.425,00 €

    Verpflegungskosten 630,00 €

    Fahrtkosten 2.340,00 €

    Kosten der praktischen Ausbildung 1.300,00 €

    Fahrtkosten für Fahrt nach B1 1.482,00 €

    _______________________________________________

    Summe 7.177,00 €

    Der Kläger hat behauptet, die Einzelpositionen der Ausbildungskosten würden sich wie folgt zusammensetzen: Für die Übernachtung des Beklagten während der theoretischen Ausbildung in L1 seien bei 57 Übernachtungen und täglichen Kosten von 25,00 € insgesamt 1.425,00 € entstanden. Verpflegungskosten von 10,00 € täglich habe er für 63 Tage in Höhe von insgesamt 630,00 € übernommen. Die Fahrtstrecke von B1 nach L1 betrage 390 km. Dies führe unter Berücksichtigung des üblichen Pauschalbetrags von 0,30 € pro gefahrenem Kilometer sowie der Hin- und Rückfahrten zu den 10 Lehrgangseinheiten zu einem Betrag von 2.340,00 €. Für die an 26 Tagen in seinem Büro durchgeführte betriebspraktische Ausbildung seien täglich 50,00 € in Ansatz zu bringen, mithin 1.300,00 €. Diese Kosten seien angemessen. Die Prüforganisation FSP berechne für eine vergleichbare praktische Ausbildung, die 45 Tage umfasse, 3.050,00 €. Auf dieser Basis errechne sich bei einem 26/45 Anteil dieser Kosten ein ausbildungstäglicher Kostenanteil von 50,00 €. Für die Fahrten des Beklagten mit dem Firmenfahrzeug von dessen Wohnort in W2 seien bei 26 Ausbildungstagen im Ingenieurbüro in B1 und einem Kilometersatz von 0,30 € ein Betrag von 1.482,00 € zurückzufordern.

    Er habe den Beklagten in nicht zu beanstandender Weise aufgefordert, übliche Regeln des äußeren Auftretens und Erscheinungsbildes zu beachten. Der daraufhin erfolgte Abbruch der Ausbildung durch den Beklagten sei grundlos.

    Die Rückzahlungsklausel, so die vom Kläger geäußerte Auffassung, sei hinreichend klar. Sie stelle konkret die Umstände dar, unter denen eine Rückzahlung zu erfolgen habe und benenne die einzelnen Kostenpositionen. Der Beklagte habe sich daher genaue Vorstellungen davon machen können, welche Kosten im Falle eines schuldhaften Fortbildungsabbruchs zu erstatten wären. Letztlich habe der Beklagte die gewährte Ausbildung auch nutzen können, was die Anrechnung der gewährten Ausbildungsbestandteile auf die vom Beklagten anderweitig fortgesetzten Ausbildung zeige, während er selbst um die Früchte der für die Ausbildung getätigten Aufwendungen gebracht worden sei. Die gewährte Ausbildung verschaffe dem Beklagten einen Vorteil. Er könne die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten, die ihn zum Prüfingenieur qualifizierten, auch außerhalb seines - des Klägers - Betriebs verwerten und zum beruflichen Aufstieg nutzen.

    Der Kläger hat weiter behauptet, dem Beklagten sei vor Abschluss der Fortbildungsvereinbarung ausführlich dargelegt worden, dass neben den Lehrgangskosten auch Kosten für die praktische Ausbildung, die Unterbringung in L1 sowie für die Fahrtkosten dorthin entstünden. Eine nähere Konkretisierung dieser Kosten in der Fortbildungsvereinbarung hätten nicht erfolgen können, weil sie von den individuellen Verhältnissen im Rahmen der Ausbildung und vom Verhalten des Beklagten abhängig gewesen seien.

    Der Kläger hat beantragt,

    den Beklagten zu verurteilen, an ihn 7.177,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.08.2008 zu zahlen.

    Der Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er hat behauptet, der Kläger habe ihm zunächst für eine zwangsläufig neben der Ausbildung im Ingenieurbüro anfallende Arbeitstätigkeit mündlich zugesagt, eine Vergütung zahlen zu wollen. Der Kläger habe ihn dann im Hinblick auf die Unterzeichnung der Vereinbarung unter Druck gesetzt und letztlich eine Bezahlung verweigert. Er habe jedenfalls auch für den Kläger Arbeitsleistungen erbracht.

    Der Beklagte hat die Auffassung geäußert, bei der zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarung handele es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Rückzahlungsklausel in § 10 der Vereinbarung sei unklar und unbestimmt. Die geltend gemachte Forderung sei unsubstantiiert.

    Er habe die Ausbildung im Übrigen nicht schuldlos abgebrochen. Dazu hat er behauptet, Anlass für die Beendigung der Zusammenarbeit sei die unsachliche Kritik des Klägers an seinem Auftreten und Erscheinungsbild gewesen.

    Unter Aufhebung eines Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 03.03.2009 hat das Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 27.05.2009 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt. Mit Urteil vom 25.03.2010 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, im Wesentlichen mit der Begründung, die Fortbildungsvereinbarung und damit auch die in ihr enthaltene Rückforderungsklausel des § 10 sei rechtsunwirksam weil sittenwidrig, denn dem Beklagten sei vom Kläger keine Vergütung gewährt worden.

    Gegen das dem Kläger am 15.04.2010 zugestellte Urteil richtet sich dessen am 05.05.2010 eingegangene und am 15.06.2010 begründete Berufung.

    Der Kläger ist der Auffassung, die Fortbildungsvereinbarung sei nicht sittenwidrig. Der Beklagten habe theoretische und praktische Fähigkeiten erworben und dazu auf eine Fortbildung zurückgegriffen, die am Markt üblich und eingeführt sei. Auch sei eine Förderung durch die Arbeitsverwaltung erfolgt. Dies müsse bei der Fragen Berücksichtigung finden, ob die Fortbildungsvereinbarung sittenwidrig und damit nach § 138 BGB nichtig sei. Es sei daher verkürzt, alleine darauf abzustellen, ob der vom Beklagten erbrachten Tätigkeit auch ein Lohnanspruch gegenüberstehe.

    Sofern die Fortbildungsvereinbarung als Verbrauchervertrag im Sinne des § 310 Abs. 3 BGB anzusehen sei, seien nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB auch die konkreten individuellen Umstände bei Vertragsschluss zu berücksichtigen. Deshalb müsse im Rahmen einer Interessenabwägung bedacht werden, dass der Beklagten durch die Ausbildung eine erhebliche Verbesserung seiner beruflichen Situation erfahre, die ihm der Kläger unentgeltlich gewährt habe, der Beklagte 40 Jahre alt und akademisch ausbildet und angesichts seiner langjährigen beruflichen Tätigkeit als Ingenieur in rechtlichen und vertraglichen Dingen erfahren sei. Außerdem sei dem Beklagten, so die Behauptung des Klägers, bei Abschluss der Fortbildungsvereinbarung erläutert worden, dass neben den Lehrgangskosten auch Kosten für die praktische Ausbildung und Unterbringung sowie für die Fahrtkosten anfielen. Die Rückzahlungsklausel sei ausreichend transparent und klar, denn es sei dort hinreichend deutlich ausgeführt, welche Kosten zu ersetzen seien. Letztlich sichere der Hinweis, dass die Kosten nach den erfolgten Leistungen und ggf. billigem Ermessen festzusetzen seien, dass eine Bindung an § 315 BGB erfolge. Im Übrigen wiederholt und vertieft der Kläger seine Behauptungen und Auffassungen erster Instanz.

    Der Kläger beantragt,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 25.03.2010, 1 Ca 2999/08 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 7.177,00 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.08.2008 zu zahlen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil, ist der Auffassung, § 10 der Fortbildungsvereinbarung berücksichtige seine Interessen nicht angemessen im Sinne des § 307 BGB und hält die Klausel für unklar.

    In der mündlichen Verhandlung vom 10.09.2010 stellte der Kläger unstreitig, dass er dem Beklagten ein Firmenfahrzeug entgegen der Regelung in § 5 der Fortbildungsvereinbarung überlassen habe, damit er die Fahrten von seinem Wohnort zur Ausbildungsstätte in B1 zurücklegen könne.

    Wegen des weiteren Sachvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    I.

    Die Berufung des Klägers ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig § 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG, nach den §§ 519 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG am 05.05.2010 gegen das am 15.04.2010 zugestellte Urteil innerhalb der Monatsfrist form- und fristgerecht eingelegt sowie innerhalb der Frist des § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG und auch ordnungsgemäß im Sinne der §§ 520 Abs. 3, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG am 15.06.2010 begründet worden. Sie hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klage war abzuweisen.

    II.

    Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Zahlung von verauslagten Fortbildungskosten in Höhe von 7.177,00 € zu.

    1. Einen solchen Anspruch kann der Kläger nicht auf die Rückzahlungsklausel in § 10 der Fortbildungsvereinbarung i.V.m. § 241 Abs. 1 BGB stützen. Nach § 10 der Fortbildungsvereinbarung haftet der Beklagte dem Kläger mit den Kosten der Ausbildung, sofern es zum Abbruch der Ausbildung infolge von Umständen kommt, die der Beklagte zu vertreten hat. Diese Bestimmung aus der Fortbildungsvereinbarung, die nach den §§ 133, 157 BGB so zu verstehen ist, dass sie dem Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung der im Rahmen der Fortbildung entstandenen Kosten gewähren soll, ist unwirksam.

    a) Die Rückzahlungsklausel des § 10 Abs. 1 der Fortbildungsvereinbarung ist nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, weil sie den Beklagten unangemessen benachteiligt.

    aa) Die Regelungen in der zwischen den Parteien getroffenen Fortbildungsvereinbarung stellen allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB dar. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die der Verwender bei Abschluss eines Vertrages dem Vertragspartner stellt. Zwischen den Parteien war nicht im Streit, dass der Kläger mit mehreren anderen Vertragspartnern inhaltsgleiche Verträge abgeschlossen hat. Damit sind die Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen im Sinne des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB vorgesehen (vgl. BAG 23.01.2007 - 9 AZR 482/06- NZA 2007, 748; 25.05.2005 - 5 AZR 572/04- AP BGB § 310 Nr. 1) und unterliegen folglich einer Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB unter angemessener Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten, § 310 Abs. 4 S. 2 BGB.

    bb) Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind Rückzahlungsklauseln aus Fortbildungsvereinbarungen rechtsunwirksam, wenn sich die auferlegte Zahlungsverpflichtung als eine übermäßige Beeinträchtigung der arbeitsplatzbezogenen Berufswahlfreiheit des Arbeitnehmers aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG darstellt (BAG 18.11.2008 - 3 AZR 192/07, DB 2009, 853; 11.04.2006 - 9 AZR 610/05 - NZA 2006, 2134; 23.01.2007 - 9 AZR 482/06 - NZA 2007, 748).

    cc) Es mag dahinstehen, ob dies auch für die hier vereinbarte Rückzahlungsklausel nach § 10 der Fortbildungsvereinbarung gilt. Denn § 10 Abs. 1 der Fortbildungsvereinbarung ist jedenfalls nach den §§ 307 Abs. 3 S. 2, 307 Abs. 1 S. 2, 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB unangemessen benachteiligend und damit unwirksam, weil sie nicht klar und verständlich ist.

    (1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die nicht von Rechtsvorschriften abgewichen wird, sind nach den §§ 307 Abs. 3 S. 2, 1 S. 2 BGB dann unwirksam, wenn sie gegen das Transparenzgebot verstoßen. Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen in einer Klausel so genau beschrieben werden, dass zugunsten des Verwenders keine unangemessenen Beurteilungsspielräume entstehen. Dem genügt eine Klausel dann, wenn in ihr die Rechte und Pflichten des Vertragspartners so klar und präzise beschrieben werden, wie es dem Verwender unter Berücksichtigung des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren möglich ist (BAG 31.08.2005 - 5 AZR 545/04 - NZA 2006, 324; BGH 06.11.2004 - VIII ZR 215/03 - WuM 2004, 663; 03.03.2004 - VIII ZR 153/03 juris; Erfurter Kommentar/Preis, 5. Aufl. 2010, §§ 305 - 310 Rn 44). Das Bestimmtheitsgebot ist hingegen verletzt, wenn die Klausel Unklarheiten und Spielräume enthält, die vermeidbar sind (BAG 31.08.2005 - 5 AZR 545/04 - NZA 2006, 324; BGH 05.11.2003 - VIII ZR 10/03 - NJW 2004, 1598). Für Rückzahlungsklauseln im Zusammenhang mit Fort- und Ausbildungskosten ist dabei vorauszusetzen, dass die Zahlungsverpflichtung für den Vertragspartner so weit als möglich aus den Angaben in der Klausel selbst errechnet werden kann, damit eine Einschätzung des Zahlungsrisikos möglich wird (vgl. LAG Schleswig-Holstein- 23.05.2007 - 3 Sa 28/07, NZA-RR 2007, 514).

    Die Regelung in § 10 Abs. 1 der Fortbildungsvereinbarung beschreibt die dem Beklagten auferlegten Pflichten in den Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen hingegen nicht ausreichend bestimmt genug.

    Die Klausel sieht in § 10 Abs. 1 S. 3 der Fortbildungsvereinbarung vor, dass zu den Kosten für die Ausbildung, die der Rückzahlungsverpflichtung unterliegen sollen, die Lehrgangskosten bei der amtlich anerkannten Überwachungsorganisation, die Fahrzeugkosten, die Übernachtungskosten sowie die Kosten im Zusammenhang mit der praktischen Ausbildung gehören. Eine Bezifferung der Kosten oder eine Angabe ihrer Berechnungsgrundlage enthält die Klausel hingegen nicht. Dies wäre allerdings im Hinblick auf die Fahrtkosten ohne großen Aufwand möglich gewesen. So hätte der Kläger als Verwender in seine Klausel aufnehmen können, dass er beabsichtigt, die Fahrtkosten im Zusammenhang mit den Fahrten zur Ausbildungsstätte, die die theoretische Ausbildung vermittelt, auf der Basis einer Kilometerpauschale abzurechnen. Keine Probleme hätte es auch bereitet, die Kosten für die praktische Ausbildung im Ingenieurbüro des Klägers ausbildungstäglich der Höhe nach anzugeben.

    Die Erstattung von Verpflegungskosten, wie sie der Kläger begehrt, ist in der Rückzahlungsklausel nicht ausdrücklich vorgesehen, obwohl es sich auch insoweit um eine Position handelt, deren Anfall bereits zu Beginn der Ausbildung bekannt sein musste. Hier handelt es sich um Übrigen auch eher nicht um Kosten im Zusammenhang mit der Ausbildung, sondern um solche, die anlässlich der Ausbildung gezahlt wurden und dem Bereich der allgemeinen Lebensführung des Beklagten zuzurechnen sind. Der Kläger stützt sich in diesem Zusammenhang darauf, dass nach den Formulierungen in § 10 Abs. 1 S. 3 der Fortbildungsvereinbarung "in jedem Fall" die dort näher genannten Kostenpositionen gehören sollen. Die in der Klausel näher bezeichneten Leistungen erhalten damit den Charakter von Regelbeispielen. Die Klausel eröffnet so den Weg, auch noch weitere Positionen den Ausbildungskosten zuzurechnen. Durch die gewählte Formulierung verschafft sich der Kläger als Verwender Unklarheiten und Spielräume, die durch eine sorgfältige Abfassung der Rückzahlungsklausel hätten vermieden werden können.

    Dies zeigt sich nicht nur an der Rückforderung der dem Bereich der allgemeinen Lebensführung zuzuordnenden Verpflegungskosten. Unklar ist auch die Behandlung der Fahrtkosten, die dadurch entstanden sind, dass der Beklagte ein Firmenfahrzeug nutzen konnte, um den Weg von seinem Wohnort in W2 zur Ausbildungsstätte nach B1 an insgesamt 26 Ausbildungstagen zurückzulegen. Auch hier handelt es sich eher nicht um Kosten der Ausbildung. Dem Beklagten war das Fahrzeug nach § 5 Abs. 1 S. 2 der Fortbildungsvereinbarung ausschließlich zur privaten Nutzung überlassen. Nach § 5 Abs. 1 S. 4 der Fortbildungsvereinbarung waren die Kosten für Fahrten von und zur Betriebsstätte vom Beklagten zu tragen. Hätte der Beklagte dagegen verstoßen, stünde dem Kläger ein Schadensersatzanspruch aus den §§ 280, 241 Abs. 1 BGB in Verbindung mit der Fortbildungsvereinbarung zu. Macht der Kläger diese Kosten nun als Ausbildungskosten geltend, zu deren Rückzahlung der Beklagte über § 10 der Fortbildungsvereinbarung verpflichtet sein soll, nutzt er als Verwender die in § 10 Abs. 1 S. 3 der Fortbildungsvereinbarung enthaltenen Unklarheiten und Spielräume, um sie in seinem Sinne anzuwenden.

    Ohne Probleme wäre es dem Kläger ferner möglich gewesen, die im Zusammenhang mit der in seinem Büro durchgeführten betriebspraktischen Ausbildung entstandenen Kosten dem Grunde nach zu beziffern und anzugeben, in welcher Höhe ausbildungstäglich solche Kosten anfallen.

    Vermeidbare Spielräume eröffnet die Klausel auch in § 10 Abs. 1 S. 2 BGB. Dort ist geregelt, dass die angefallenen Ausbildungskosten "entsprechend der Leistungen und ggf. nach billigem Ermessen" vom Kläger beziffert werden. Auch hier bleibt unklar, unter welchen tatbestandlichen Voraussetzungen ein billiges Ermessen anzuwenden ist, das zu einer Bezifferung von Leistungen führen soll. Für den Beklagten als Vertragspartner ist damit insgesamt in nicht mehr hinnehmbaren Umfang unklar und offen, in welcher Höhe er im Falle des Abbruchs der Ausbildung Kosten zurückzuzahlen hat.

    (2) Dem steht nicht entgegen, dass an die Transparenz einer Klausel keine überhöhten Anforderungen zu stellen sind. Dem Verwender ist nur eine solche Konkretisierung aufzuerlegen, die unter Berücksichtigung der tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten zu leisten ist. Deshalb ist von ihm nicht zu verlangen, die variablen Kosten, deren Höhe vor dem Hintergrund der individuellen Inanspruchnahme während der Ausbildung unterschiedlich hoch sein kann, bereits am Anfang der Ausbildung abschließend beziffert anzugeben. Dies ändert aber nichts daran, dass der Kläger als Verwender nicht überfordert wird, die der Berechnung der variablen Kosten zugrundeliegenden Faktoren hinreichend konkret aufzunehmen und zu beziffern, damit für seinen Vertragspartner hinreichend deutlich wird, worauf er sich einlässt.

    (3) Auch die konkreten Umstände bei Vertragsschluss führen zu keinem anderen Ergebnisnichts. Nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB sind bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher bei der Beurteilung einer unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen. Zu diesen Umständen gehören auch die persönlichen Eigenschaften der Vertragspartner, die sich auf die Verhandlungsstärke auswirken, die Besonderheiten der konkreten Situation im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss, wie beispielhaft eine Überrumpelung oder Belehrungen sowie untypische Sonderinteressen der Vertragspartner, die sowohl zur Unwirksamkeit einer ansonsten wirksamen Klausel als auch zur Wirksamkeit einer nach typisierter Inhaltskontrolle unwirksamen Klausel führen könnten (BAG 31.08.2005 - 5 AZR 545/04 - NZA 2006, 324 m.w.N.). Dabei kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass dem Beklagten zu Beginn der Ausbildung erläutert worden ist, dass neben den Lehrgangskosten auch Kosten für die praktische Ausbildung, die Unterbringung in L1 sowie für die Fahrtkosten dorthin entstünden. Dies ändert nichts daran, dass auf der Rechtsfolgenseite eine hinreichend klare und bestimmte Angabe zur Berechnung der zurückzuzahlenden Ausbildungskosten nicht erfolgt ist. Das mit 40 Jahren bereits fortgeschrittene Alter des Beklagten, seine akademische Ausbildung und dessen vom Kläger angenommene Verhandlungssicherheit in rechtlichen und vertraglichen Angelegenheiten ändert daran ebenfalls nichts.

    dd) Der Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB führt zum vollständigen Wegfall der Rückzahlungsklausel. Nach § 306 Abs. 1 BGB bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam. Weder mit dem Zweck der §§ 305 ff BGB noch mit dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB wäre es vereinbar, eine an sich unwirksame Klausel mit ihrem noch zulässigen Inhalt aufrecht zu erhalten BAG 11.04.2006 - 9 AZR 610/05 - NZA 2006, 2134; LAG Schleswig-Holstein- 23.05.2007 - 3 Sa 28/07, NZA-RR 2007, 514).

    b) Es mag daher offen bleiben, ob die Klausel auch nach den §§ 26, 12 Abs. 2 Nr. 1 BBiG unwirksam ist, weil danach solche Bestimmungen nichtig sind, die in einem anderen Vertragsverhältnis als einem Berufsausbildungs- oder Arbeitsverhältnis eine Verpflichtung zur Entschädigung von Ausbildungskosten für solche Personen vorsehen, die die eingestellt werden, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse oder berufliche Erfahrungen zu erwerben, und inwieweit die vom Kläger eingeforderten Kosten als in diesem Sinne unzulässig erhobene Kosten für die Ausbildung anzusehen sind.

    2.
    Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht auf §§ 812 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 2 BGB stützen. Danach ist eine Leistung herauszugeben oder Wertersatz zu leisten, wenn diese ohne rechtlichen Grund erlangt worden ist. Die Ausbildungsleistung hat der Beklagte indes nicht ohne rechtlichen Grund erlangt. Zugrunde lag als Schuldverhältnis im Sinne des § 241 Abs. 1 BGB die Fortbildungsvereinbarung der Parteien vom 15.01.2008, deren Bestand durch die Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel nach § 306 Abs. 1 BGB nicht berührt wird, wie bereits ausgeführt wurde. Die in diesem Zusammenhang erlangten Ausbildungsleistungen hat der Kläger daher mit Rechtsgrund erhalten.

    3. Dem Kläger steht gegen den Beklagten auch kein Anspruch auf Zahlung eines mit der Klage geltend gemachten Teilbetrags über 1.482,00 € für die Fahrten des Beklagten mit dem Firmenfahrzeug von dessen Wohnort in W2 zur Betriebsstätte des Klägers in B1 an 26 Ausbildungstagen wegen einer schuldhaften Pflichtverletzung der Fortbildungsvereinbarung aus den §§ 280 Abs. 1 241 Abs. 1 BGB zu.

    Zwar ist in § 5 Abs. 1 der Fortbildungsvereinbarung geregelt, dass das Firmenfahrzeug dem Beklagten nur ausschließlich zur dienstlichen Nutzung überlassen werde und der Beklagte für die Fahrtkosten von seinem Wohnort zur Betriebsstätte selbst aufzukommen habe, während der Beklagte dieses Fahrzeug streitlos nutzte, um die Ausbildungsstätte des Klägers während der Ausbildungstage dort zu erreichen.

    Doch hat der persönlich angehörte Kläger im Kammertermin vom 10.09.2010 erklärt, er habe dem Beklagten das Fahrzeug entgegen der Regelung in § 5 der Fortbildungsvereinbarung überlassen, damit er damit die Fahrten von seinem Wohnort zur Betriebsstätte in B1 zurücklegen könne, ohne dass weitere Vereinbarungen getroffen worden seien. Die Parteien haben damit abweichend von der Regelungen in § 5 der Fortbildungsvereinbarung vereinbart, dass der Beklagte das dienstliche Fahrzeug ohne Kostenaufwand auch für die Fahrten von seinem Wohnort zur Betriebsstätte nutzen konnte.

    III.

    Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1 S. 1, 97 ZPO. Dem Kläger fallen die Kosten der von ihm ohne Erfolg eingelegten Berufung zur Last. Die Revision war aus den Gründen des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.

    Nachfolgeinstanz: Bundesarbeitsgericht - AZ: 3 AZR 698/10

    RechtsgebieteBGB, GGVorschriftenArt. 12 Abs. 1 S. 1 GG § 133 BGB § 157 BGB § 241 Abs. 1 BGB § 305 Abs. 1 S. 1 BGB § 306 Abs. 1 BGB § 307 Abs. 1 S. 1, 2 BGB § 307 Abs. 3 S. 2 BGB § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB § 611 Abs. 1 BGB § 812 Abs. 1 S. 1 BGB § 818 Abs. 2 BGB