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  • 02.12.2011 · IWW-Abrufnummer 114188

    Landesarbeitsgericht Köln: Urteil vom 29.08.2011 – 2 Sa 181/11

    Ein Teilzeitantrag, der über die Verringerung des Umfangs der Arbeitszeit die Einschränkung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts hinsichtlich bestimmter Tätigkeitsinhalte und Arbeitsumstände beabsichtigt, ist nicht nach dem TzBfG zu beurteilen, wenn die Verringerung der Arbeitszeit nur im Zusammenhang mit der Änderung der weiteren Arbeitsumstände gewünscht ist. Der Antrag kann nach billigem Ermessen abgelehnt werden.


    Tenor:

    Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16.12.2010 - Aktenzeichen 8 Ca 11890/09 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten über ein Teilzeitverlangen der klagenden Arbeitnehmerin.

    Die 1 geborene Klägerin begründete zum 28. März 1999 einen Arbeitsvertrag mit der Rechtsvorgängerin der beklagten Fluggesellschaft als Flugbegleiterin. Zuletzt war die Klägerin als Purserette mit einem in Vollzeit erzielten Durchschnittsgehalt von 2.600,00 - pro Monat eingesetzt.

    Nach den vertraglich einbezogenen Allgemeinen Arbeitsvertragsbedingungen richtet sich die Arbeitsleistung nach den im persönlichen Einsatzplan festgelegten Arbeitszeiten. Vollzeitmitarbeiter im Kabinenbereich haben danach, ebenso nach § 11 Nr. 2 des Manteltarifvertrages Nr. 1 für das Kabinenpersonal der G GmbH vom 17. April 2009, in Kraft getreten am 1. Juli 2009 - im Folgenden: MTV - einen Anspruch auf neun dienstfreie Arbeitstage (sog. Off-Tage) pro Monat.

    Zur Regelung von Teilzeitbeschäftigungen galt im Unternehmen der Beklagten die - zwischenzeitlich gekündigte - Betriebsvereinbarung Teilzeit Kabine vom 14. August 2006. Danach konnte Teilzeit im sog. Unterjahresmodell mit einer Freistellung für zwischen einem und sechs vollen Monaten unter entsprechender Reduzierung der Jahresarbeitszeit und Vergütung auf Anteile zwischen 91,67 % und 50 % und im sog. Untermonatsmodell mit sechs, neun oder fünfzehn Freistellungstagen pro Monat (zuzüglich Offtagen und Erholungsurlaub) unter entsprechend zeitanteilig reduzierter Vergütung auf 80,27, 70,41 oder 50,67 % pro Monat beantragt und gewährt werden.

    Die Klägerin unterlag während einer Schwangerschaft dem gesetzlichen Beschäftigungsverbot für Kabinentätigkeit und wurde in dieser Zeit an einem Arbeitsplatz am Boden eingesetzt. In dieser Zeit beantragte sie die Reduzierung ihrer Arbeitszeit auf 50 %, welche die Beklagte ihr gewährte. Nach dem Mutterschutz ging die Klägerin in Elternzeit, an die sich eine Beurlaubung anschloss. Aus dieser sollte sie nach den getroffenen Vereinbarungen am 1. Januar 2010 zurückkehren.

    Mit Schreiben vom 25. August 2009 stellte die Klägerin bei der Beklagten den Antrag auf unbefristete Gewährung von Teilzeitarbeit wie folgt: 50 Prozent Teilzeit ab dem 01.01.2010, daher maximal 10 Arbeitstage pro Monat am Stationierungsort K , mit maximal 35 Blockstunden pro Monat, keine Überstunden, Urlaubsanspruch 21 Tage pro Jahr, keine Dienste, die außerhalb der Station Köln beginnen oder enden, daher keine Übernachtungen oder Beförderungen an andere Einsatzorte.

    Mit Schreiben vom 8. Oktober 2009 antwortete die Beklagte, sie freue sich, der Klägerin mitteilen zu können, dass sie ab dem 1. Januar 2010 in Teilzeit eingesetzt werden könne und übersandte die entsprechend ausgefertigte und arbeitgeberseits unterschriebene Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag mit der Bitte um Unterzeichnung und Rücksendung bis zum 30. Oktober 2009. In der Zusatzvereinbarung war die Abänderung der monatlichen Arbeitszeit auf 50,67 % nach den Regelungen der Betriebsvereinbarung Teilzeit Kabine vom 14. August 2006 mit 15 Freistellungstagen pro Kalendermonat vorgesehen.

    Die Klägerin unterzeichnete die Zusatzvereinbarung nicht. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2009 teilte sie der Beklagten mit, sie gehe davon aus, dass ihr Antrag vom 25. August 2009 über unbefristete Teilzeit als genehmigt gelte. Nachdem die Beklagte auf telefonische Nachfrage der Klägerin ihre Auffassung mitteilen ließ, es sei kein Teilzeitarbeitsverhältnis zustande gekommen, hat die Klägerin am 23. Dezember 2009 das vorliegende Verfahren anhängig gemacht, gerichtet auf die Beschäftigung in Teilzeit mit den im Schreiben vom 25. August 2009 angeführten weiteren Bedingungen, hilfsweise auf Verurteilung der Beklagten zur Abgabe einer entsprechenden vertraglichen Zustimmungserklärung.

    Die Klägerin beantragt,

    1. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin gemäß Teilzeitantrag vom 25.08.2009 in einer auf 50 % der Vollzeitarbeit reduzierten Arbeitszeit an höchstens 10 Arbeitstagen pro Monat mit höchstens 35 Blockstunden pro Monat ohne Übernachtungen oder Beförderungen an andere Einsatzorte als den Einsatzort K zu beschäftigen,

    2. hilfsweise

    die Beklagte zu verurteilen, einer Reduzierung der Arbeitszeit der Klägerin auf 50 % der Vollzeitarbeit mit einem Einsatz mit höchstens 10 Arbeitstagen pro Monat am Stationierungsort K mit höchstens 35 monatlichen

    Blockstunden und ohne Übernachtungen oder Beförde-

    rungen an andere Einsatzorte zuzustimmen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Wegen der weiteren von den Parteien umfassend schriftsätzlich dargestellten, hier gemäß § 313 Abs. 2 S. 1 ZPO knapp zusammengefassten tatsächlich und rechtlichen Argumentationen der Parteien wird gemäß § 313 Abs. 2 S. 2 ZPO auf den Akteninhalt verwiesen.

    Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgen beide Parteien ihre erstinstanzlich gestellten Anträge unter vertiefter Darlegung ihrer Rechtsansichten.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige und fristgerechte Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

    Zwischen den Parteien ist durch den Antrag der Klägerin vom 25.08.2009 der bisherige Vollzeitarbeitsvertrag nicht abgeändert worden. Ein Teilzeitarbeitsverhältnis zu den im Antrag vom 25.08.2009 von der Klägerin gestellten Bedingungen ist nicht zustande gekommen. Die Beklagte hat das Angebot der Klägerin mit Schreiben vom 08.10.2009 abgelehnt. Dieses Schreiben stellt im Sinne des § 150 Abs. 2 BGB eine Ablehnung dar, da es in mehreren Punkten von dem Angebot der Klägerin abweicht. Die Klägerin begehrte 50 % Teilzeit, die Beklagte bot ein Teilzeitmodell mit 50,67% an und wich dabei bereits bei der Teilzeitmenge vom Angebot der Klägerin ab. Die Klägerin begehrte zehn Arbeitstage pro Monat. Die Beklagte war bereit, 15 freie Tage zuzüglich anteiliger weiterer Off-Tage zu gewähren. Die Klägerin begehrte die Festlegung von 35 Blockstunden pro Monat. Die Beklagte lehnte die Beschränkung der Blockstunden dadurch ab, dass sie entsprechend dem Manteltarifvertrag für das Kabinenpersonal bei G eine Mehrflugstundenzulage ab der 71. Sollblockstunde zusagte. Die Klägerin begehrte die vertragliche Festlegung, dass keine Dienste außerhalb der Station beginnen oder enden durften und keine Übernachtungen und Beförderungen an andere Einsatzorte anfielen. Dies lehnte die Beklagte konkludent dadurch ab, dass sie die bisherigen Bestimmungen des Arbeitsvertrages und der vereinbarten Tarifverträge nicht weiter abändern wollte.

    Die mit dem Angebot eines anderen Teilzeitmodells verbundene Ablehnung des klägerischen Angebots erfüllte auch das Schriftformerfordernis, denn das Schreiben vom 08.10.2009 einschließlich des gesondert formulierten neuen Vertragsangebots waren jeweils für die Beklagte unterzeichnet worden.

    Die Ablehnung bedurfte darüber hinaus aber auch keiner Schriftform nach § 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG, da es sich bei dem Antrag der Klägerin um einen einheitlichen Antrag handelte, der auf eine Vertragsänderung abzielte, die nicht lediglich Dauer und Lage der Arbeitszeit beinhaltete.

    Der Teilzeitantrag der Klägerin war als einheitliches Begehren auf eine insgesamt durchzuführende Vertragsänderung auszulegen. Die Klägerin hat an der von ihr gewünschten Kombination von Dauer der Arbeitszeit und hiermit verbundenen konkreten Arbeitsinhalten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht festgehalten. Sie hat gerade die von ihr gewünschte Einschränkung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts damit begründet, dass sie andernfalls eine Kinderbetreuung nicht sicherstellen könne. Der Wunsch nach vertraglicher Zusicherung, dass die Klägerin nicht mit Diensten beschäftigt wird, die außerhalb der Station K beginnen oder enden, so dass keine Übernachtungen und Beförderungen an andere Einsatzorte für sie anfallen, ist nicht Gegenstand der Dauer der Arbeitszeit ebenso wenig wie er die Lage der Arbeitszeit regelt. Vielmehr betrifft er unmittelbar die von der Klägerin geschuldeten Arbeitsinhalte. Sie zielen darauf ab, das arbeitgeberseitige Direktionsrecht, festzulegen, mit welchen konkreten Tätigkeiten die Arbeitszeit der Klägerin gefüllt wird, vertraglich einzuschränken. Gleiches gilt für das Verlangen, die Anzahl der Blockstunden pro Monat vertraglich zu fixieren. Nach dem Angebot der Klägerin sollte die Beklagte nicht berechtigt sein, der Klägerin mehr als 35 Blockstunden zuzuteilen. Bei den Blockstunden handelt es sich um Stunden mit einer bestimmten Tätigkeit, die sich daraus ergibt, dass der Mitarbeiter sich in einem Flugzeug befindet, das sich an bestimmten Positionen (insbesondere in der Luft) befindet. Bei Vollzeitmitarbeitern ist dabei die Sollblockstundenzeit nicht auf 70 Stunden beschränkt, sondern ab Erreichen von 70 Stollblockstunden wird eine Mehrflugstundenvergütung gezahlt. Dabei sieht die von der Beklagten zur Grundlage ihres Angebots gemachte, gekündigte Betriebsvereinbarung über Teilzeit vor, dass für jeden aufgrund der Teilzeitvereinbarung anfallenden Freistellungstag 2,33 Flugstunden, also 140 Minuten pro Tag, in die Berechnung der für die Mehrflugstundenvergütung zu erreichenden 70 Flugstunden Eingang findet.

    Da somit das Angebot der Klägerin in wesentlichen Teilen eine Einschränkung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts hinsichtlich der konkreten Arbeitsinhalte bezweckte, kann es nicht als Angebot nach § 8 TzBfG behandelt werden. Die Beklagte war somit weder an die dort geregelten Fristen noch an die Schriftform gehalten. Insbesondere waren für die Ablehnung der Beklagten nicht die in § 8 Abs. 4 normierten Ablehnungsgründe zu überprüfen. Vielmehr mussten sich die Ablehnungsgründe der Beklagten lediglich am billigen Ermessen im Sinne des § 315 BGB orientieren. Dem werden die von der Beklagten vorgebrachten Ablehnungsgründe gerecht.

    Die Ablehnung war weder willkürlich noch in anderer Weise diskriminierend. Die Beklagte hat sich vielmehr davon leiten lassen, dass sie in den Einsatzmöglichkeiten, die ihr mit dem Teilzeitvolumen der Klägerin noch verbleiben würden, nicht noch zusätzlich durch eine Einschränkung ihres Direktionsrechts bei der gleichmäßigen Planung und Verteilung von Flugdiensten auf alle Mitarbeiter eingeschränkt werden möchte. Bei der von der Klägerin gewünschten Vertragsänderung würde die Beklagte sogleich vertragsbrüchig, wenn ein mit der Klägerin besetztes Flugzeug aufgrund von Witterungsbedingungen, Terrorismuswarnungen oder Vulkanausbrüchen nicht in Köln landen könnte und deshalb einen anderen Flughafen anfliegen müsste. Auch war zu berücksichtigen, dass jede Herausnahme der Klägerin aus der Möglichkeit, Beförderungen an andere Einsatzorte vorzusehen, die Arbeitsbedingungen für die verbleibenden Mitarbeiter, bei denen das Direktionsrecht der Beklagten nicht eingeschränkt ist, mittelbar verschlechtert. Allein diese Überlegungen rechtfertigen bereits die Ablehnungsentscheidung der Beklagten als sachlich richtig und billigem Ermessen entsprechend. Die Pflichten der Klägerin im Hinblick auf die Erziehung ihres Kindes wiegen dagegen nicht so schwer, dass die Beklagte zu der gewünschten Vertragsänderung gezwungen wäre.

    Auch der mit dem Antrag zu 2) geltend gemachte Anspruch der Klägerin auf Verurteilung der Beklagten zur Abgabe einer Willenserklärung ist nicht begründet. Auch in diesem Antrag hat die Klägerin die von ihr gewünschte Einschränkung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts mit den Änderungen hinsichtlich der Dauer der Arbeitszeit unauflösbar verknüpft, auch wenn der Antrag nunmehr insoweit nicht mehr den gewünschten vertraglichen Verzicht auf die Zuweisung von Überstunden enthält. Die Klägerin hat die Verknüpfung von Arbeitsinhalten und Dauer der Arbeitszeit auch dadurch klargestellt, dass sie dargelegt hat, dass nur bei einer inhaltlichen Einschränkung der Dienste gewährleistet sei, dass sie eine Kinderbetreuung für die Zeit ihrer Abwesenheit sicherstellen könne.

    Der Anspruch der Klägerin folgt auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung. Das Gericht folgt insoweit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.08.2006 (9 AZR 30/06). Danach sind Teilzeitmodelle, die zu einem früheren Zeitpunkt vereinbart wurden und die zum Antragszeitpunkt nicht mehr weitergeführt werden sollen, nicht geeignet, einen Anspruch auf Gleichbehandlung zu begründen. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, eine einmal aufgestellte Regelung stets beizubehalten. Er kann sie unter Wahrung des Vertrauensschutzes aufgeben. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die drei von der Klägerin genannten Vergleichsarbeitnehmerinnen sämtlich am Flughafen D eingesetzt werden. Die Klägerin macht selbst nicht geltend, dass ihre Homebase nach Do verlegt werden soll. Ob am dortigen Flughafen wegen der dort beginnenden und endenden Flugumläufe andere Arbeitszeitmodelle durchgeführt werden, ist deshalb für den Anspruch der Klägerin, am Flughafen K mit beschränkten Arbeitsinhalten eingesetzt zu werden, nicht maßgeblich. Insoweit ist der Sachverhalt nicht einmal gleichgelagert.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Revision wurde mangels allgemeiner Bedeutung nicht zugelassen.

    RechtsgebieteTzBfG, BGBVorschriften§ 8 Abs. 4 TzBfG § 8 Abs. 5 S. 3 TzBfG § 150 Abs. 2 BGB