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  • 06.02.2013 · IWW-Abrufnummer 130548

    Hessisches Landesarbeitsgericht: Urteil vom 30.10.2012 – 13 Sa 928/12

    Der Kläger kann gemäß den §§ 727, 731 ZPO einen Anspruch auf Erteilung der Vollstreckungsklausel gegen den Beklagten aus einem Urteil gegen den ursprünglichen Betriebsinhaber haben, wenn der Beklagte den Betrieb gemäß § 613 a BGB übernommen und daher Rechtsnachfolger im Sinne des § 727 ZPO ist.


    Tenor:

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 13. Juni 2012 - 8 Ca 181/11 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird.

    Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen,

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Tatbestand

    1

    Die Parteien streiten um Arbeitsvergütung für die Monate April bis Juni 2010 und um Urlaubsabgeltung.

    2

    Der Kläger war vom 01. April 2001 bis 05. Juli 2010 bei Herrn A in dessen Landschlachterei und Metzgerei in B als Metzger beschäftigt.

    3

    Wegen ausstehender Arbeitsvergütung für den oben genannten Zeitraum erhob der Kläger gegen Herrn A vor dem Arbeitsgericht Wetzlar 2 Klagen (Aktenzeichen 2 Ca 252/10 und 2 Ca 348/10), die am 27. September 2010 und 15. November 2010 mit 2 Vergleichen endeten, in denen sich Herr A zur Zahlung von 4.000 € brutto bzw. 2.945,83 € brutto zur Abgeltung der streitbefangenen Forderungen verpflichtete.

    4

    Mit Wirkung vom 15. August 2011 wurde vom Amtsgericht Wetzlar das Insolvenzverfahren über das Vermögen von Herrn A eröffnet (Az.: 3 IN 133/11) und Herr Rechtsanwalt C, Frankfurt, zum Insolvenzverwalter bestellt.

    5

    Mit der vorliegenden, am 26. April 2011 erhobenen Klage verlangt der Kläger jetzt die ihm gemäß den oben angeführten Vergleichen zustehende Summe von 6.945,83 € brutto nebst Zinsen von dem Beklagten mit der Behauptung, der Beklagte habe inzwischen den Betrieb von Herrn A übernommen und hafte deshalb für dessen Schulden.

    6

    Der Kläger hat beantragt,

    7

    den Beklagten zu verurteilen, an ihn 6.945,83 € brutto "nebst Zinsen über dem Basiszinssatz" (?) seit dem 24. Juni 2011 zu zahlen.

    8

    Der Beklagte hat beantragt,

    9

    die Klage abzuweisen.

    10

    Der Beklagte hat behauptet, er habe den Betrieb nicht von Herrn Werner Wagner übernommen, sondern führe einen Zerlegebetrieb. Die Räumlichkeiten habe er in einem Zwangsversteigerungsverfahren durch Zuschlagsbeschluss ersteigert.

    11

    Durch Urteil vom 13. Juni 2012 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, im Wesentlichen mit der Begründung, der Kläger habe einen Betriebsübergang nicht substantiiert dargelegt. Wegen der Einzelheiten wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 53, 54 d. A.) verwiesen.

    12

    Gegen dieses dem Kläger am 12. Juli 2012 zugestellte Urteil hat dieser mit einem beim erkennenden Gericht am 16. Juli 2012 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 16. August 2012 eingegangenen Schriftsatz begründet.

    13

    Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Der Beklagte habe nicht nur das Betriebsgrundstück, sondern den gesamten Betrieb von Herrn A über den Insolvenzverwalter erworben samt aller Betriebsmittel, dem Know-how, den Kunden- und Lieferantenbeziehungen und zwei Mitarbeitern. Der Beklagte habe ohne zeitliche Unterbrechung den Metzgereibetrieb des Herrn A fortgeführt.

    14

    Der Kläger beantragt,

    15

    das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 13. Juni 2012 - 8 Ca 181/11 - abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 6.945,83 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Juni 2011 zu zahlen.

    16

    Der Beklagte beantragt,

    17

    die Berufung zurückzuweisen.

    18

    Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Er habe das Objekt im Rahmen einer Zwangsversteigerung durch Zuschlagbeschluss erworben. Die Belieferung von Herrn A sei durch die Viehhandlung, Inhaberin D, und nicht durch ihn erfolgt.

    19

    Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschrift der Berufungsverhandlung vom 30. Oktober 2012 Bezug genommen.

    20

    Die Akten des Arbeitsgerichts Wetzlar (jetzt Gießen) 2 Ca 252/10 und 2 Ca 348/10 waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

    Entscheidungsgründe

    21

    Die gemäß den §§ 8 Abs. 2 ArbGG; 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 lit. b ArbGG) keinen Bedenken. Sie ist nach Maßgabe der im Tatbestand mitgeteilten Daten form- und fristgerecht eingelegt sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG; 517; 519; 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

    22

    In der Sache ist die Berufung unbegründet.

    23

    Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, allerdings mit unzutreffender Begründung.

    24

    Die Klage ist bereits unzulässig. Darauf wurden die Parteien bereits durch Beschluss vom 25. Oktober 2012 und erneut im Termin vom 30. Oktober 2012 hingewiesen. Ihr fehlt das Rechtschutzinteresse (§ 253 ZPO).

    25

    Der Kläger hat bereits zwei rechtskräftige vollstreckbarer Titel für sein vorliegendes Klagebegehren gegenüber Herrn A erstritten. Wenn der Beklagte, wie der Kläger vorträgt, den Betrieb des Herrn A "übernommen" hat, so wirkt gemäß § 613 a BGB eine rechtskräftige Entscheidung gegenüber Herrn A als altem Arbeitgeber auch für und gegen den Beklagten als neuen Betriebsinhaber, wenn, wie hier behauptet, der Betriebsübergang nach Rechtshängigkeit erfolgt ist (§§ 265, 325 Abs. 1 ZPO analog; BAG vom 18. Mai 2010 - 1 AZR 864/08 -, NJW 2010, 2909; BAG vom 09. Juli 2003 -5 AZR 595/02-, NZA-RR 2004, 9; BAG vom 15. Dezember 1976 - 5 AZR 600/75 -, NJW 77, 1119; LAG Düsseldorf vom 10. Juli 1995 -10 Sa 508/95 -, NZA-RR 96, 242; Gottwald in MüKo-ZPO, 3. Auflage 2008, § 325 Randziffer 38; Müller-Glöge in MüKo-BGB, 6. Auflage 2012, § 613 a Randziffer 214 f.).

    26

    Dem Kläger obliegt es dann, sich gemäß den §§ 727, 731 ZPO eine vollstreckbare Ausfertigung der beiden gerichtliche Vergleiche gegen den Beklagten als Rechtsnachfolger des Herrn A zu besorgen.

    27

    Der Kläger darf und muss nach einem Betriebsübergang keinen weiteren Prozess mit dem Betriebserwerber um die ursprüngliche Forderung führen.

    28

    Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

    29

    Eine gesetzlich begründe Veranlassung zur Zulassung der Revision (§ 72 Abs. 2 ArbGG) ist nicht ersichtlich.

    Vorschriften§ 613a BGB, § 727 ZPO, § 613a BGB, § 731 ZPO