§ 10 ErbStG - Gerichtlich geklärter Pflichtteil führt nicht zum rückwirkenden Ereignis
Zieht sich ein gerichtlicher Streit um einen Pflichtteil so lange hin, bis der Erbschaftsteuerbescheid schon verjährt ist, kann die anschließende Belastung nicht mehr als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden. Die Gerichtsentscheidung kann dem Finanzamt höchstens nachträglich nach § 173 AO bekannt werden, was aber nur innerhalb der Festsetzungsfrist Auswirkungen hat. Sie stellt aber kein rückwirkendes Ereignis dar, welches die Verjährung nach § 175 Abs. 1 S. 2 AO hemmen würde. Somit müssen die Erben den vollen Erwerb trotz angeordneter Belastung versteuern.
Nach bestätigter Rechtsprechung des BFH liegt kein rückwirkendes Ereignis vor, wenn der bereits geltend gemachte Pflichtteilsanspruch bei der Steuerfestsetzung gegenüber dem Erben nicht als Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG berücksichtigt worden ist. Das gilt auch weiterhin, wenn später im Zivilprozess eine Entscheidung hierüber ergeht. Während eine erstmalige Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs steuerliche Rückwirkung entfaltet, ist er beim Streit über die Höhe zwar bereits geltend gemacht, im Bescheid aber lediglich nicht berücksichtigt worden. Die beim Erlass bereits vorliegende Tatsache kann daher allenfalls nach § 173 AO nachträglich bekannt werden, aber nicht nach § 175 AO nachträglich eintreten. Daran ändert auch die spätere Entscheidung im Zivilprozess nichts.
Praxishinweis: Bei geltend gemachten und noch unklaren Pflichtteilsansprüchen empfiehlt es sich immer, den Bescheid insoweit vorläufig ergehen zu lassen. Im zugrunde liegenden Fall erging er unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, der die Verjährung aber nicht hemmt.
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