· Fachbeitrag · § 15 EStG
Nießbrauch an einem Kommanditanteil
Hat der Nießbraucher eines Kommanditanteils nach der vertraglichen Abrede nicht lediglich die laufenden Verluste, sondern auch die aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern folgenden Verluste zu tragen, sind Verluste aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens steuerrechtlich ausschließlich dem Nießbraucher zuzurechnen, soweit dieser als Mitunternehmer anzusehen ist. |
Entscheidung und Begründung
Ob die auf einen mit einem Nießbrauch belasteten Gesellschaftsanteil entfallenden Verluste dem Gesellschafter oder dem Nießbraucher zuzurechnen sind, richtet sich grundsätzlich danach, wer die Verluste nach den vertraglichen Abreden wirtschaftlich zu tragen hat. Sind danach die Verluste von dem Nießbrauchsberechtigten wirtschaftlich zu tragen, sind sie diesem ‒ vorbehaltlich dessen Mitunternehmerstellung ‒ auch steuerlich zuzurechnen. Eine Zurechnung der Verluste an den nießbrauchsgebenden Gesellschafter ist ausgeschlossen. Eine solche Zurechnung kann auch nicht damit begründet werden, dass der Nießbraucher in Höhe der Verluste künftige entnahmefähige Gewinnanteile verliert.
Das den Nießbrauch kennzeichnende Fruchtziehungsrecht (§ 1030 Abs. 1 BGB i. V. m. § 1069 Abs. 2 BGB) beschränkt sich grundsätzlich auf den durch Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder Beschluss der Gesellschafter zur Entnahme freigegebenen Gewinnanteil. Darüber hinausgehende Ansprüche auf Zahlung von Gewinn stehen dem Nießbraucher nicht zu. Insoweit schließt das Fruchtziehungsrecht ‒ nach seiner gesetzlichen Grundregel ‒ bereits begrifflich aus, dass der Nießbraucher die auf den Gesellschaftsanteil entfallenden Verluste des Unternehmens wirtschaftlich zu tragen hat.
Dies gilt für aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern stammende Verluste umso mehr angesichts des Umstands, dass ‒ spiegelbildlich hierzu ‒ die Ausschüttung stiller Reserven eine Minderung des Anteils an einer Personengesellschaft darstellt und daher dem Gesellschafter gebührt.
Im Streitfall kam das FG zu dem Ergebnis, dass nicht lediglich die laufenden Verluste, sondern auch die aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern folgenden Verluste von den Nießbrauchern zu tragen waren. Dabei konnte dahinstehen, ob ‒ ausgehend von dem Grundsatz, dass an einem Gesellschaftsanteil nur eine einzige Mitunternehmerstellung begründet werden, lediglich der Nießbraucher oder der Gesellschafter als Nießbrauchsbesteller als Mitunternehmer einer Personengesellschaft anzusehen ist oder ob beide nebeneinander Einkünfte i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erzielen können.
Beachten Sie | Das FG hat die Revision zugelassen, da der Frage, ob und in welchem Umfang eine Regelung, nach welcher im Falle eines Nießbrauchs an einem Kommanditanteil der Nießbraucher auch aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern stammende Verluste zu tragen hat, zivilrechtlich möglich und steuerlich beachtlich ist, grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Fundstelle
- FG Rheinland-Pfalz 23.3.21, 3 K 1861/18, Rev. BFH IV R 12/21, iww.de/astw, Abruf-Nr. 223931