· Fachbeitrag · § 4 EStG
Zahlungen wegen der Freigabe einer selbstständigen Tätigkeit keine Betriebsausgaben
Die im Gegenzug für die Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters bzgl. einer selbstständigen Tätigkeit gemäß § 35 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 295 Abs. 2 InsO a. F. (§ 295a InsO n. F.) zu leistenden Ausgleichszahlungen des Insolvenzschuldners an die Insolvenzmasse stellen keine steuermindernd zu berücksichtigenden Betriebsausgaben oder Verbindlichkeiten im Betrieb des Insolvenzschuldners dar, denn solche Aufwendungen sind nicht betrieblich veranlasst. |
Sachverhalt
Streitig war, ob die im Gegenzug für die Freigabeerklärung einer selbstständigen Tätigkeit nach § 35 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 295 Abs. 2 Insolvenzordnung in den Fassungen des Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.7.2013 (BGBl I 13, 2379) sowie des Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) 2015/848 über Insolvenzverfahren vom 5.6.2017 (BGBl I 17, 1476) ‒ InsO ‒ zu leistenden Zahlungen als Betriebsausgaben steuermindernd zu berücksichtigen sind. Das FG hat dies verneint.
Entscheidung
Eine betriebliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und subjektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt sind. In subjektiver Hinsicht ist dabei auf die Gründe als sog. „auslösendes Moment“ abzustellen, die den Steuerpflichtigen bewogen haben, die Kosten zu tragen.
Die Durchführung eines Insolvenzverfahrens zur Absetzbarkeit der Insolvenztreuhändervergütung dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt wird (§ 1 InsO). Das Verbraucherinsolvenzverfahren betrifft damit die wirtschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen als Person und mithin die private Lebensführung, indem es eine geordnete Befriedigung der Gläubiger für den Fall ermöglicht, dass das Einkommen und Vermögen nicht zu deren vollständiger Befriedigung ausreicht.
Diesem privaten Umstand ‒ die Schuldentilgung ist ausschließlich dem Vermögensbereich des Steuerpflichtigen zuzurechnen ‒ hat das FG das entscheidende Gewicht beigemessen. Es ist das „auslösende Moment“ für das Entstehen der getätigten Aufwendungen, welche damit insgesamt der Privatsphäre und nicht der einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre zuzuordnen sind. Die Aufwendungen bzw. Verbindlichkeiten sind daher auch dann nicht bei der Einkünfteermittlung abziehbar, wenn Bezüge zu einzelnen Einkunftsarten vorliegen.
Diese Rechtsgrundsätze sind dabei nicht nur auf Verbraucherinsolvenzverfahren, sondern auch auf nach den allgemeinen Grundsätzen durchgeführte Insolvenzverfahren anzuwenden, in dem eine Restschuldbefreiung nach dem neunten Teil der InsO beantragt wird. Entsprechend sind Zahlungen an den Insolvenzverwalter nach § 35 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 295 Abs. 2 InsO privat veranlasst, da auch diese Zahlungen der Gläubigerbefriedigung dienen und damit die private Lebensführung des Steuerpflichtigen bzw. Insolvenzschuldners betreffen.
Der BFH hat zwischenzeitlich auf die NZB des Klägers hin die Revision zugelassen (Rev. VIII R 12/24).
Fundstelle
- FG Münster 19.1.23, 12 K 2791/22 F, Rev. BFH VIII R 12/24, iww.de/astw, Abruf-Nr. 244164