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  • · Fachbeitrag · § 62 EStG

    Kindergeldanspruch in sogenannten Entsendungsfällen

    Der nationale Kindergeldanspruch gilt in Entsendungsfällen ohne Rentenbezug im Inland i. S. d. Art. 68 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 als durch den Wohnort ausgelöst.

     

    Sachverhalt

    Im Streitfall erfüllte der Antragsteller zwar die Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i. V. m § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2, § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 EStG für einen nationalen Kindergeldanspruch für seine beiden minderjährigen Kinder. Der Anspruch auf deutsches Kindergeld war im Streitzeitraum jedoch nach der unionsrechtlichen Regelung des Art. 68 der VO Nr. 883/2004 durch vorrangige Ansprüche auf Familienleistungen in Ungarn für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen vollständig ausgeschlossen.

     

    Entscheidung

    Sowohl der Antragsteller als auch die Kindesmutter unterlagen im Streitzeitraum den ungarischen Rechtsvorschriften. Hintergrund ist, dass Personen, für die die VO Nr. 883/2004 gilt, gemäß Art. 11 Abs. 1 VO Nr. 883/2004 den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats unterliegen. Eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt grundsätzlich gemäß Art. 11 Abs. 3 Buchst. a der VO Nr. 883/2004 den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats. Abweichend davon unterliegt nach Art. 12 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 eine Person, die in einem Mitgliedstaat für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und die von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird, um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen, weiterhin den Rechtsvorschriften des Entsendemitgliedstaats, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit 24 Monate nicht überschreitet.

     

    Der Antragsteller unterlag nach der Sonderregelung des Art. 12 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 im Streitzeitraum den ungarischen Rechtsvorschriften. Zwar wurde er vom 19.2.2018 bis 12.2.2020, vom 12.4.2020 bis 18.3.2022 sowie erneut ab dem 24.10.2022 bis voraussichtlich zum 23.10.2024 und damit insgesamt mehr als 24 Monate von seinem ungarischen Arbeitgeber nach Deutschland entsandt. Hierbei handelt es sich jedoch um mehrere von mehrmonatigen Pausen unterbrochene hintereinander geschaltete Entsendungen, die jeweils für sich genommen „die voraussichtliche Dauer“ von 24 Monaten nicht überschritten haben bzw. nicht überschreiten werden.

     

    Im Streitzeitraum bestand für die beiden Kinder neben dem Kindergeldanspruch in Deutschland auch im Mitgliedstaat Ungarn ein Anspruch auf Kindergeld, der gegenüber der Kindesmutter durch Zahlung von monatlichen Leistungen erfüllt wurde. Diese Anspruchskonkurrenz ist nach Maßgabe von Art. 68 der VO Nr. 883/2004 aufzulösen. Im Streitfall wurde der Kindergeldanspruch des Antragstellers in Deutschland durch den Wohnort ausgelöst, der Kindergeldanspruch der Kindesmutter in Ungarn durch ihre dortige unselbstständige Beschäftigung.

     

    Besteht deshalb ‒ wie im Streitfall ‒ ein Anspruch auf Kindergeld in einem anderen Mitgliedstaat, ist der durch den Wohnort ausgelöste Kindergeldanspruch in Deutschland gemäß Art. 68 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 883/2004 nachrangig, wenn der Familienleistungsanspruch im anderen Mitgliedstaat ‒ wie im Streitfall ‒ durch eine Beschäftigung (insbesondere auch Entsendungstätigkeit) oder eine Erwerbstätigkeit oder durch den Bezug einer Rente ausgelöst wird. Im Falle der Nachrangigkeit des Kindergeldanspruchs in Deutschland wird dieser nach Art. 68 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1 der VO Nr. 883/2004 bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt. Der an sich nach Art. 68 Abs. 2 Satz 2 Hs. 2 der VO Nr. 883/2004 vorgesehene Differenzbetrag muss gemäß Art. 68 Abs. 2 Satz 3 der VO Nr. 883/2004 allerdings nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird. Diese Voraussetzungen waren im Streitfall erfüllt. Denn der (nachrangige) Kindergeldanspruch des Antragstellers in Deutschland für die beiden in Ungarn lebenden Kinder wurde durch den Wohnort ausgelöst.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 50382347

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